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g82 22. 7. S. 18-20

Männer, die man „Götter“ nannte

Vom „Awake!“-Korrespondenten in Japan

IN DEN meisten Staaten sind die Regierenden ein beliebtes Thema der Kommunikationsmittel, und das Volk kennt ihre Persönlichkeit genau. Ganz anders verhält es sich mit dem japanischen Kaiser. Berichte über sein Privatleben erscheinen selten; selbst sein Eigenname wird kaum gebraucht. Für den gewöhnlichen Japaner ist er der „Tenno“ oder „Ten no Heika“, was „Seine Majestät“ oder „Kaiser“ bedeutet. Den meisten Japanern kommt der persönliche Name des Kaisers erst nach kurzem Nachdenken in den Sinn.

Der Kaiser wird hochgeachtet, ja sogar verehrt. Das kann man immer wieder feststellen, wenn an einem bestimmten Tag während des Neujahrsfestes der Palastgarten dem Volk geöffnet wird und Tausende hereinströmen, um den Kaiser und seine Familie zu sehen, die sich dann auf einem Balkon zeigen, der mit kugelsicheren Scheiben versehen ist.

Im 20. Jahrhundert hat sich jedoch die Ansicht über den Kaiser stark gewandelt. Viele Japaner ziehen sogar die Abstammung des Kaisers und das offizielle Datum der Gründung der Nation — 11. Februar 660 v. u. Z. — in Frage. Warum tun sie das, und was sind die Tatsachen?

Intensivere Forschungen

Es ist schwierig, die Tatsachen zu ermitteln. Dr. Michiko Y. Aoki erklärt den Grund dafür wie folgt: „Von 1935 bis 1945 durften keine objektiven Werke über die Entstehung der japanischen Kultur veröffentlicht werden, weil damals ernsthafte Forscher auf diesem Gebiet direkt oder indirekt verfolgt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch wurde das Verbot, solche Studien zu betreiben, aufgehoben, und seither ist niemand mehr engherziger Voreingenommenheit ausgesetzt. Die uralten nationalistischen Gefühle der Japaner sind aber immer noch so stark, daß sie objektive Studien über die Entstehung der japanischen Kultur behindern.“ Dieser Bericht stammt aus dem Jahre 1974.

Gegenwärtig bemühen sich die japanischen Geschichtsforscher um eine wahrheitsgetreue Darstellung der japanischen Geschichte. Die Archäologen sind eifrig mit Grabungen in alten Dörfern und Schlössern beschäftigt. Auch in Gräbern sind vorsichtige archäologische Grabungen erlaubt. Aber wie steht es mit Schriftdokumenten?

Der „Kodschiki“ (Geschichte der Begebenheiten im Altertum)

Tatsächlich gibt es gar keine wirklich alten schriftlichen Zeugnisse. Das erste von historischer Bedeutung ist der Kodschiki. Er soll im 8. Jahrhundert (712 u. Z.) vollendet worden sein. Das würde bedeuten, daß über mehr als 1300 Jahre — vom Beginn der Linie des japanischen Kaiserhauses bis zur Abfassung des Kodschiki — keine geschichtlichen Aufzeichnungen bestehen. Wie wurden die Daten in all diesen Jahrhunderten vor ihrer Niederschrift übermittelt? Angeblich dienten die Kataribe (professionellen Erzähler) diesem Zweck.

In einem Fachbuch heißt es über den Kodschiki, eine alte Kammerfrau habe ihn aus dem Gedächtnis zusammengestellt und er bestehe hauptsächlich aus einer kurzen Mythologie und aus Geschlechtsregistern. Eine weitere Geschichtsquelle ist der Nihongi. Er enthält mehr Einzelheiten als der Kodschiki und wurde acht Jahre nach diesem vollendet. Der Nihongi ist nicht japanisch, sondern chinesisch geschrieben.

Wenn man diese beiden Werke untersucht, stellt man fest, daß sie nur das Ziel haben, zu beweisen, daß die Kaiser von der Sonnengöttin Amaterasu Omikami abstammen. Bis 1939 diente der Nihongi in Japan als Lehrbuch im Geschichtsunterricht.

Sind diese Geschichtswerke eindeutig? Ob die Frage bejaht werden kann oder verneint werden muß, mag folgendes Beispiel zeigen. Der erste japanische Herrscher wurde nach seinem Tod Kaiser Jimmu genannt. Es steht jedoch keineswegs fest, wie sein persönlicher Name gelautet hat. Aus den folgenden Namen kann sich der Leser den aussuchen, der ihm am besten gefällt: Hatsukunishirasu Sumeramikoto, Kami-yamoto Ihare Biko Hohodemi, Kanyamato Iware Hiko no Mikoto oder Prinz Ihare.

Zweifel

Sind die japanischen Gelehrten überzeugt davon, daß das in diesen Geschichtsquellen angegebene Datum für den Beginn der japanischen Dynastie der Wahrheit entspricht? Eigentlich nicht. Man beachte, was der Verfasser des Buches Fifty Years of Light and Dark — The Hirohito Era (Fünfzig Jahre Licht und Finsternis — Die Hirohito-Zeit) schreibt. Im Jahre 1926 wurde der heutige Kaiser nach dem Tod seines Vaters, des Kaisers Joschihito, mit folgenden Worten eingeführt: „Hirohito ist nun ,göttlicher Kaiser‘ der fast 2 600 Jahre alten Nation; er ist der 124. in der Linie seines Vorfahren göttlicher Herkunft namens Jimmu. Obschon die Gelehrten sagen, der Anfang des kaiserlichen Stammbaumes sowie das genaue Datum der Gründung der Nation seien außerordentlich ungewiß, rechnete man nicht damit, daß ein einziger der ,geliebten Untertanen‘ die ,etablierte‘ Göttlichkeit des neuen japanischen Herrschers in Frage zog.“

Im Jahre 1966 erklärte die Regierung den 11. Februar — das traditionelle Datum der Gründung der Nation — zu einem Staatsfeiertag. Darauf reagierte die Bevölkerung unterschiedlich. In einem vor kurzem erschienenen Leitartikel schrieb der Verfasser ganz unverblümt: „Es ist nicht nachgewiesen, daß das der historische Gründungstag ist.“

Dann warf der Leitartikler die Frage auf: „Ist unsere Besorgnis grundlos, daß die Erhebung des Gründungstages der Nation zum Staatsfeiertag die Wiederherstellung des Kigensetsu, des Festes der Thronbesteigung Kaiser Jimmus, bedeutet, einer Legende, die einst von der militärischen Führung reichlich ausgenützt wurde, um in der Vorkriegs- und in der Kriegszeit ihre Ziele zu verwirklichen?“

Wie dieser Leitartikel erkennen läßt, hat die Erhebung des Gründungstages zum Staatsfeiertag zu Meinungsverschiedenheiten Anlaß gegeben. Die Leute, die dafür beziehungsweise dagegen sind, haben sich an verschiedenen Stellen versammelt und über tragbare Lautsprecher ihre Meinung zum besten gegeben. Der Masse der Bevölkerung ist die Bedeutung des Tages indessen gleichgültig. Die meisten freuen sich darüber, einen arbeitsfreien Tag zu haben.

Wandel in der Denkweise

In den vergangenen 40 Jahren hat sich vieles geändert. Der Japan Photo Almanac 1941 war eine Sonderausgabe zur Erinnerung an das 2 600jährige Bestehen des japanischen Kaiserreiches. Das Vorwort begann wie folgt: „Die 100 Millionen Untertanen Seiner Majestät des Kaisers feiern gemeinsam das 2 600jährige Bestehen des Reiches; sie gratulieren zu der ununterbrochenen Herrschaft der kaiserlichen Familie, was in der Weltgeschichte ohne Beispiel ist, und geloben dem Herrscher erneut ihre Treue.“

Damals hätte niemand den Gründungstag der Nation in Zweifel gezogen oder irgend etwas anderes, was mit dem Kaiser zusammenhing. Der Kaiser galt als Gott, und man war ihm gegenüber absolut loyal. „Für Tenno Heika [Seine Majestät den Kaiser] zu sterben“ war in den Augen des ganzen Volkes eine große Ehre. Wie kam es zu einer solchen Denkweise?

Sie war das natürliche Ergebnis der Verfassung, die 1889 mit Gutheißung Kaiser Meidschis, des Großvaters des gegenwärtigen Kaisers, eingeführt wurde. Kaiser Meidschi gilt als Schöpfer des modernen Japan. Zusammen mit seinen Beratern schuf er eine Verfassung, die aus Japan eine konstitutionelle Monarchie machte und klar und deutlich die Verehrung des Kaisers forderte. Seine Stellung galt als „heilig und unverletzlich“. Die endgültige Entscheidung lag bei ihm, und alle Untertanen mußten ihm bedingungslos gehorchen.

Dem wurde Nachdruck verschafft, indem der Schintoismus zum Staatskult erhoben und von allen buddhistischen Elementen gereinigt wurde. Mit Hilfe dieser Religion wurde das Volk dazu erzogen, dem Kaiser absolut treu zu sein.

Nur ein Mensch

Doch nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg änderte sich das alles. Soweit es sich feststellen läßt, war das die erste Niederlage in der langen Geschichte Japans. Das japanische Volk war bestürzt und fragte sich, warum sein Kaiser so etwas geschehen ließ.

Die Siegermächte entschieden, es sei besser, der Kaiser gebe öffentlich bekannt, kein Gott zu sein und die Auffassung von der Göttlichkeit des Kaisers sei ein Irrtum, als ihn als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen.

Fotos, die nach Kriegsende aufgenommen wurden, zeigen Japaner, die vor dem Kaiserpalast auf den Knien liegen — einige weinen sogar — und ihr Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, daß es ihnen nicht gelungen war, die Niederlage abzuwenden. Ebenso aufschlußreich sind die am 1. Januar 1946 aufgenommenen Fotos, auf denen man die Bestürzung in den Gesichtern vieler Japaner sieht. An jenem Tag gab der Kaiser seinen Untertanen bekannt, daß die Auffassung, er sei ein Nachkomme der Götter, ein Irrtum sei. Er sei ein Sterblicher wie sie.

Das war ein Schock für das ganze Volk. Viele wurden bitter. Einige begingen Selbstmord. Andere glauben bis auf den heutigen Tag jener Bekanntmachung nicht und betrachten den Kaiser immer noch als einen Gott. Fragt man aber einen Japaner, der um 30 oder jünger ist, so wird er sagen, er habe den Kaiser noch nie als etwas anderes als einen sterblichen Menschen angesehen.

Streben nach der Wahrheit

Die Japaner sahen in ihrem Kaiser 2 600 Jahre lang einen Gott. Doch im 20. Jahrhundert hat der Mann, den früher viele als göttlich ansahen, realistisch erklärt, er sei das nicht.

Obschon damals viele Japaner schockiert waren, hat sich diese Erklärung für sie günstig ausgewirkt. Die japanischen Gelehrten, von dem Göttlichkeitskult befreit, können jetzt die Geschichte ihres Landes erforschen und sich bemühen, herauszufinden, was sich in den vielen Jahren, die seit der Entstehung der japanischen Nation vergangen sind, zugetragen hat.

Indessen hat die Tatsache, daß Gott in den Augen der Japaner kein Mensch mehr ist, etwas ermöglicht, was vielleicht noch wichtiger ist: Viele von ihnen haben sich auf die Suche nach dem wahren Gott gemacht. In mindestens 93 000 japanischen Wohnungen studieren einzelne und ganze Familien die Bibel, um Gott kennenzulernen. In vielen Fällen erweist sich dieses Studium als erfolgreich. Mehr als 66 000 Japaner sind zu einer Erkenntnis Jehovas gekommen, des Schöpfers und Souveräns des ganzen Universums, nicht nur Japans. Ihm zu dienen ist weit segensreicher, als einem Menschen zu dienen, der sich als Gott ausgibt.

[Bild auf Seite 19]

Bronzestatue, die Kaiser Jimmu darstellt

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