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  • Meine Verbitterung wich der Liebe zu Gott
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Erwachet! 1983
g83 8. 10. S. 20-23

Meine Verbitterung wich der Liebe zu Gott

ICH wohne in einem Viertel in Paris, wo dreißigstöckige Mietshäuser über andere, halb so hohe Häuser ragen. Verglichen mit solchen Gebäuden, bin ich sehr klein — eine Frau von 1,20 m.

Als ich im Jahre 1942 geboren wurde, war ich, wie man mir später erzählte, das größte Baby in der Familie, aber unglücklicherweise auch das schwächlichste. Acht Tage nach meiner Geburt ging meine Mutter mit mir zum Arzt, da ich einer Puppe mit verschobenen Armen glich. Er diagnostizierte die Krankheit als Lobstein-Syndroma, was bedeutete, daß ich mein ganzes Leben invalid bleiben würde. Später brach ich mir, wie zu erwarten war, viele Dutzend Male die Beine. Sie wurden deformiert und wuchsen kaum. Ich konnte nicht gehen.

Trotz meines Zustandes war ich in der Lage, regelmäßig eine Schule zu besuchen, die drei reservierte Klassen für Behinderte hatte. Ich wurde jeden Morgen abgeholt und am Abend nach Hause gebracht. Im Alter von vierzehn Jahren verließ ich die Schule und ging in ein Pariser Krankenhaus, das von Nonnen betreut wurde. Dort blieb ich mehrere Jahre, da in dieser Einrichtung der große Knochenspezialist Professor Jean Ducroquet arbeitete. Ihm verdanke ich eine der größten Freuden meines Lebens, nämlich daß ich ein wenig gehen kann. Damit das möglich wurde, mußte ich mich mehreren Operationen unterziehen und viele Monate unbeweglich in einem Gipsbett liegen und danach eine langwierige und schmerzvolle Rehabilitation durchmachen. In meiner Kindheit merkte ich, daß ich nicht so wie die anderen war und nicht dieselben Freuden genießen konnte. Noch schlimmer war, daß ich keine Lösung des Problems sah.

Es dürfte dir nicht schwerfallen, zu verstehen, warum sich in mir von klein an eine Verbitterung entwickelte. Aber mir gelang es, dieses Gefühl zu bekämpfen, und ich begann, den wahren Gott zu lieben. Wie war das möglich?

Katholische Erziehung half mir nicht

Während meines Krankenhausaufenthalts wurde ich mit der katholischen Religion näher vertraut. Ich war zwar schon getauft, aber da mein Vater Kommunist war, wurde ich nicht zum Glauben an Gott erzogen. Deshalb bezeichnete ich mich als Atheist. Wie viele andere Leute glaubte auch ich an die Evolutionstheorie, die ich in der Schule gelehrt worden war.

Sicher kannst du dir vorstellen, daß ich, wenn die Nonnen zu mir von einem Gott der Liebe sprachen, verbittert erwiderte: „Warum hat euer Gott zugelassen, daß ich mit einer solchen Behinderung geboren wurde?“ Die Antwort, die sie mir gaben, überraschte mich: „Weil er dich liebt.“ Wie absurd! Ich wehrte mich gegen die Vorstellung von einem Gott, der denjenigen, die er liebt, Leiden zufügt. Für mich war Religion lediglich eine Sache des Geldes und der Anstandsnormen. Dennoch empfing ich, um die Nonnen nicht zu enttäuschen, mit sechzehn meine erste Kommunion.

Berufsausbildung

Als ich wieder zu Hause war, wollte ich am normalen Leben teilhaben. Ich nahm Stenographieunterricht und lernte Buchhaltung in einer neuen Schule in Choisy-sur-Seine. Zum Abschluß erhielt ich ein Diplom. Damals mußte ich die Erfahrung machen, daß mich wegen meines Gesundheitszustandes niemand einstellen wollte.

Wie kann man Arbeit finden, wenn man aussieht wie ein Zwerg und seine Beine nicht gebrauchen kann? Es war nicht leicht. Und außerdem mußte ich eine Firma finden, die nicht zu weit weg von meinem Zuhause war, da ich mich damals mit einem handbetriebenen Dreirad fortbewegte, was mich sehr anstrengte.

Mehrere Monate vergingen, bis ich Arbeit fand. In der Zwischenzeit fertigte ich Stricksachen für einen kleinen Laden an. Am 10. Januar 1966 kam ich schließlich in die Buchhaltung eines Verlages. Das bereitete mir wirklich große Freude. Endlich arbeitete ich wie jeder andere. Sieben Jahre blieb ich dort. Seit 1973 arbeite ich nicht mehr, sondern lebe von einer Rente, die mir der Staat wegen meiner Behinderung gibt.

Erster Kontakt mit Zeugen Jehovas

Als ich zum ersten Mal von Zeugen Jehovas besucht wurde, lebte ich noch bei meiner Mutter. Ich nahm zwei Zeitschriften entgegen, vor allem deshalb, weil sie sowenig kosteten, aber ich las sie nicht. Später zogen meine Mutter und ich um — jeder von uns lebte dann allein.

Eines Samstags kamen zwei andere Zeugen an die Tür meiner neuen Wohnung. Ich nahm die Zeitschriften, aber las sie auch diesmal nicht. Da ich keine besondere Vorliebe für Religion hatte, beschloß ich, nicht die Tür aufzumachen, wenn sie am nächsten Samstag wiederkommen würden. Aber dann überlegte ich es mir anders, da ich es nicht für sehr höflich hielt, nicht die Tür aufzumachen, obwohl ich mich mit einem Besuch einverstanden erklärt hatte.

Ich hatte ihnen wahrscheinlich erzählt, was ich damals glaubte und was viele andere glauben, nämlich daß die Bibel von Menschen geschrieben sei und der Mensch vom Affen abstamme. Was sie sagten, weckte in mir große Neugierde. Die junge Frau zeigte mir, daß es doch Gründe gibt, an einen Schöpfer zu glauben. Sie erzählte von Sir Isaac Newtons Argument in Verbindung mit dem Sonnensystem, das in dem Buch Hat sich der Mensch entwickelt, oder ist er erschaffen worden? angeführt ist.b Diese Logik stimmte mich nachdenklich und ließ in mir Zweifel an meiner Überzeugung, daß es keinen Gott gibt, aufkommen.

Außerdem erklärte sie mir, daß Gott verheißen hat, alles menschliche Leid zu beseitigen. Sie erinnerte mich daran, daß Jesus auf der Erde alle Arten von Krankheiten heilte. Bei dem Besuch zeigte sie mir drei Bücher, in denen das, worüber wir gesprochen hatten, erörtert wurde. Was mich am meisten bewegte, war die Hoffnung auf ewiges Leben. Ich fragte sie: „Haben Sie die Hoffnung, ewig zu leben?“ „Ja, natürlich!“ antwortete sie und zeigte mir in der Bibel den Grund für ihre Überzeugung. „Trotz allem“, dachte ich, „scheint diese Frau weder ein bigotter noch ein dummer Mensch zu sein.“ Ich glaube, daß es ihre persönliche Erscheinung und ausgeglichene Einstellung war, was mich bewog, das Angebot eines Bibelstudiums anzunehmen. Als sie ging, bot sie mir das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt an, und ich fragte: „Kann ich nicht alle drei haben?“

Mir gefiel es, daß das Studium kostenlos war. Geizig war ich nicht, aber meiner Meinung nach waren die Religionen zu sehr auf Geld bedacht. Ich hatte bereits eine Bibel, die mir einmal ein Kollege geschenkt hatte. Ich hatte versucht, darin zu lesen, aber ohne Erfolg. Als ich in 1. Mose bei den Geschlechtsregistern angelangt war, hatte ich aufgehört. Warum sollte ich also das Angebot eines Bibelstudiums ablehnen? Womöglich war ich kein hundertprozentiger Atheist. Vielleicht suchte ich unbewußt etwas, aber die Religion schien nicht imstande gewesen zu sein, mir eine Lösung meiner Probleme anzubieten. Im Gegenteil, gläubige Behinderte schienen im allgemeinen nicht glücklicher zu sein als ich.

Wie ich Gott und sein Volk liebenlernte

Das Bibelstudium ermöglichte es mir, mich eingehender mit den Gedanken zu beschäftigen, die die junge Frau geäußert hatte. Die Erklärung der Bibel in Römer 5:12 leuchtete mir ein: „So, wie durch e i n e n Menschen die Sünde in die Welt hineingekommen ist und durch die Sünde der Tod und sich so der Tod zu allen Menschen verbreitet hat, weil sie alle gesündigt hatten ...“ Ich verstand, daß meine Körperbehinderung eine der zahllosen Folgen von Adams Sünde war. Auch gelangte ich zu der Hoffnung auf eine Heilung des Körpers, die in Bibeltexten wie Jesaja 35:6 zum Ausdruck kommt, wo gesagt wird: „Zu jener Zeit wird der Lahme klettern wie ein Hirsch, und die Zunge des Stummen wird jubeln.“

Doch am schwersten fiel mir, den Gott liebenzulernen, der eine wirkliche Person ist und den Namen Jehova hat. Meiner Meinung nach sollte Religion nicht als Lockmittel — wie eine Mohrrübe, die vor einem Esel baumelt — benutzt werden, aber trotzdem wollte ich von Anfang an die Vorteile haben. Später untersuchte ich die Richtlinien der Bibel und erkannte, daß man gute Ergebnisse erzielt, wenn man sie befolgt. Zum Beispiel half mir das Ausharren, das in 1. Timotheus 6:11 empfohlen wird, in emotionaler Hinsicht meine Behinderung zu bewältigen.

Jocelyne, die Zeugin, die das Bibelstudium mit mir durchführte, lud mich oft zu Zusammenkünften im Königreichssaal ein. Ich hatte jedoch beschlossen, nicht dorthin zu gehen, da ich dachte, die Zusammenkünfte ähnelten den katholischen Gottesdiensten. Schließlich gab ich nach, und Jocelyne holte mich mit einem Taxi ab. Ich muß zugeben, daß ich von dem, was ich während des Vortrages hörte, nicht viel verstand. Aber ich war zutiefst ergriffen von dem herzlichen Empfang. Obwohl ich niemanden kannte, kamen die Leute auf mich zu, um mir die Hand zu geben und sich mit mir zu unterhalten. Ein Zeuge und seine Familie fuhren mich nach Hause. Er war sehr freundlich und sagte, er wolle mich in der nächsten Woche abholen. Da ich nicht lügen wollte und keinen triftigen Einwand hatte, nahm ich an. So kam es, daß ich schließlich regelmäßig die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas besuchte.

Meine Dankbarkeit Jehova gegenüber wuchs, je mehr ich aus seinen geistigen Segnungen Nutzen zog. Ich erkannte, daß die Bibel eine feste moralische Grundlage enthält. Dadurch erhielt ich viele Segnungen. Jetzt hatte ich etwas, was ich glauben konnte, und wußte, was ich tun mußte. Es war nicht nur die Hoffnung, einmal nicht mehr behindert zu sein, die mich umstimmte, obwohl das offensichtlich wichtig war. Ich wollte bereits jetzt getröstet werden, und ich fand Trost — durch die Freude über die Gemeinschaft mit meinen neuen christlichen Freunden und die Freude, anderen in geistiger Hinsicht helfen zu können.

Etwa zehn Monate nachdem ich mit dem Bibelstudium begonnen hatte, wurde ich im August 1971 getauft.

Mein neues, christliches Leben

Das Hochhausviertel, in dem ich zur Zeit wohne, hat für mich mehrere Vorteile. Da ich mich nur im Rollstuhl bewegen kann, nutze ich die Aufzüge und kann mit vielen Leuten in der Nachbarschaft Verbindung aufnehmen. Ich bin von drei christlichen Familien umgeben, die in der Nähe wohnen.

Im April 1978 hatte ich eine Operation am Schienbein, die einen dreimonatigen Aufenthalt in einem Erholungsheim erforderte. In der Ortsversammlung wurde ich mit christlichen Brüdern und Schwestern bekannt, die mich zu sich nach Hause einluden. Ihre Freundlichkeit bewegte mich sehr. Währenddessen nutzten die Zeugen in meiner Heimatversammlung meine Abwesenheit und tapezierten meine Wohnung. All diese Hilfe ist wirklich ein Segen für mich.

Trotz meiner Körperbehinderung bin ich in der glücklichen Lage, meinen Mitmenschen geistig zu helfen. Oft sind die Leute erstaunt, mich an ihrer Tür zu sehen. Manche denken, ich würde hausieren. Andere nehmen die christlichen Publikationen entgegen, um mir einen Gefallen zu tun. In seltenen Fällen sind die Leute empört und sagen, Jehovas Zeugen würden eine Behinderte benutzen, um das Herz der Menschen zu erreichen. Doch die meisten Leute sind freundlich zu mir, und der Name Jehovas ist in meiner Nachbarschaft besonders gut bekannt. Ich „blühe auf“ bei dem Gedanken, daß ich mich nützlich mache, indem ich Menschen, die Gott nicht kennen, die Wahrheit der Bibel unterbreite.

Ja, das Christentum hat mir genau das gebracht, wonach ich suchte — die „Verheißung auf gegenwärtiges und künftiges Leben“ (1. Timotheus 4:8). Zudem hatte ich seit 1976 mehrmals im Jahr das Vorrecht, 60 Stunden im Monat der Predigt- und Lehrtätigkeit zu widmen. Seit Dezember 1981 setze ich sogar etwa 100 Stunden im Monat ein.

Mein Leben hat jetzt einen Sinn

Bis heute bin ich ein dutzendmal operiert worden — einmal am Arm und elfmal an den Beinen. Es tut mir immer noch weh, wenn jemand auf meine kleine Gestalt oder auf meine Behinderung anspielt, aber die biblische Hoffnung, daß meine Gliedmaßen einmal wiederhergestellt werden, macht mich froh.

Immer, wenn ich in Selbstmitleid zu verfallen drohe, nehme ich einen Ordner zur Hand, in dem ich ermunternde Artikel aus den Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! aufbewahre. Dazu gehören die Artikel „Werte, die wir schätzen sollten“ und „Mit dem Unabänderlichen leben lernen“. Ich erinnere mich auch an Artikel über andere Behinderte, wie zum Beispiel den gelähmten Zeugen, der ans Bett gefesselt ist und sich dank einer Telefonverbindung an den Zusammenkünften beteiligen und als Versammlungsältester dienen kann.c Solche Beispiele helfen mir erkennen, daß ich trotz meiner Behinderung glücklich sein kann. Mit der Hilfe der Bibel und des Geistes Gottes habe ich meine Verbitterung überwunden und führe ein besseres und glücklicheres Leben. (Ein Bericht, wie er von Colette Regnier erzählt wurde.)

[Fußnoten]

a Knochenbrüchigkeit, die zu mehrfachen Frakturen der Gliedmaßen führt.

b Newton erklärte, daß — da ein geschickter Mechaniker nötig war, um ein einfaches mit einer Kurbel betriebenes Modell des Sonnensystems herzustellen — es töricht ist, zu glauben, das Original sei ohne Konstrukteur und Schöpfer zustande gekommen.

c Erwachet!, 22. November 1978, S. 3—5; Der Wachtturm, 15. Juni 1978, S. 3, 4 und 15. Februar 1980, S. 5, 6.

[Herausgestellter Text auf Seite 23]

Ich untersuchte die Richtlinien der Bibel und erkannte, daß man gute Ergebnisse erzielt, wenn man sie befolgt.

[Bild auf Seite 22]

Colette Regnier gibt von ihrem Rollstuhl aus Zeugnis.

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