Ein Blick ins All
Vom Awake!-Korrespondenten in Australien
WANN hast du das letzte Mal bei Nacht bewußt zum Sternenhimmel aufgeschaut? Falls du das gelegentlich tust, wird dir klar sein, daß du kein Fernglas oder Fernrohr brauchst, um überwältigt zu sein von der Größe, der Vielfalt und der Pracht des Alls. Was viele von uns dabei empfinden, drückte schon vor nahezu 3 000 Jahren König David von Israel aus. Er schrieb: „Wenn ich deine Himmel sehe, die Werke deiner Finger, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der sterbliche Mensch, daß du ihn im Sinn behältst?“ (Psalm 8:3, 4).
David sprach hier von den Sternen, die er mit bloßem Auge sehen konnte. Doch seit den Tagen Galileis ist das natürliche Sehvermögen durch das Teleskop ergänzt worden, und dem Menschen ist zu Bewußtsein gekommen, wieviel gewaltiger das All ist, als er vermutete. Er hat herausgefunden, daß viele der für ihn sichtbaren glitzernden Sterne in Wirklichkeit riesige Sonnen sind, manche weitaus größer als unsere Sonne. Allein die Entfernung läßt sie so klein erscheinen. Inzwischen weiß er auch, daß es im All Milliarden große, rotierende Sternsysteme, Galaxien genannt, gibt.
Die Galaxis, die allgemein als Milchstraße bekannt ist und zu der unsere Sonne gehört, umfaßt noch Milliarden andere Sonnen. Manche Galaxien sind so riesig, daß das Licht, das sich ja mit einer Geschwindigkeit von fast 300 000 km pro Sekunde fortpflanzt, eine halbe Million Jahre braucht, um von einem Ende bis zum anderen zu gelangen. Allerdings sind die meisten Galaxien trotz ihrer unzähligen Sterne, die ebenso hell oder noch heller als unsere Sonne sind, für das bloße Auge zu weit entfernt.
Das ist ja gar kein Stern!
In den vergangenen Jahrzehnten sind zu den optischen Teleskopen noch andere Instrumente, nämlich die Radioteleskope, hinzugekommen, mit denen man Radiowellen einfangen kann, die die Erde vom Weltraum aus erreichen. Mit dieser Ausrüstung konnten die Astronomen unser Wissen über „den Mond und die Sterne“ noch mehr erweitern. Gelegentlich entdeckten sie kosmische Objekte, von deren Existenz sie vorher nichts gewußt hatten. Zum Beispiel entdeckten im Jahre 1963 Astronomen, die das optische Teleskop auf dem Mount Palomar in Kalifornien benutzten, mit Unterstützung des Radioteleskops plötzlich ein neues Objekt im All — völlig unerwartet und absolut unglaublich.
Damals, Anfang der 60er Jahre, war die Radioastronomie gerade im Kommen. Obwohl man Radiowellen aus dem All empfangen konnte, hatten die Wissenschaftler Schwierigkeiten, die Quelle genau ausfindig zu machen. Die Situation änderte sich entscheidend im Jahre 1963, als vorausgesagt wurde, daß eine bestimmte Radioquelle wahrscheinlich vorübergehend durch den Mond verdeckt werden würde. Da die Position des Mondes bekannt ist, konnte man also diesen Umstand nutzen, um genau festzustellen, woher die Radiowellen kamen. Die Beobachtungen wurden mit dem Radioteleskop in Parkes (Australien) erfolgreich durchgeführt, und als Quelle der Radiowellen entdeckte man einen schwachen, bläulichen Stern.
Daraufhin untersuchte man diesen Stern genauer mit Hilfe des riesigen 200-Zoll-Spiegelteleskops auf dem Mount Palomar. Zur allgemeinen Überraschung entdeckte man, daß das Objekt gar kein Stern ist. Daher bezeichnete man es als Quasar (quasistellare Radioquelle). Er ist, wie man errechnete, so weit entfernt, daß sein Licht 2 Milliarden Jahre braucht, bis es uns erreicht. Es gibt Anzeichen dafür, daß er verhältnismäßig klein ist, obschon er eine unglaubliche Menge Licht ausstrahlt.
Heute kennt man viele weitere Quasare. Man schätzt, daß mit einem großen Teleskop mindestens 10 Millionen zu sehen sind. Bis auf wenige Ausnahmen nehmen alle Astronomen an, daß die Quasare von der Erde weit entfernt sind, 2 bis 15 Milliarden Lichtjahrea. Der Astronom und Physiker Dr. Edward R. Harrison beschreibt sie folgendermaßen: „Wenn man sich vorstellt, die Galaxis hätte das Ausmaß eines großen Zimmers, dann wäre der stark leuchtende Quasar nichts weiter als ein Staubkörnchen, das in der Luft schwebt.“ Dennoch strahlt jedes dieser „Staubkörnchen“ im Durchschnitt hundertmal mehr Energie ab als all die Milliarden Sterne in unserer Milchstraße zusammen.
Was sind diese Quasare? Das weiß niemand, aber es gibt Theorien darüber. Im folgenden wird eine sehr faszinierende Theorie erklärt. Das Licht von den am weitesten entfernten Quasaren braucht 15 Milliarden Jahre, bis es uns erreicht. Das bedeutet, daß wir sie so sehen, wie sie vor 15 Milliarden Jahren waren. Keiner der bekannten Quasare ist weiter als 15 Milliarden Lichtjahre entfernt; daher stellen sie etwas dar, was sich vor 15 Milliarden Jahren abspielte.
Gemäß der heute populären Theorie entstand das Universum vor etwa 18 bis 20 Milliarden Jahren durch den „Urknall“. Folglich kamen die Quasare ins Dasein, als das Universum „erst“ 3 bis 5 Milliarden Jahre alt war. Der Theorie zufolge war das etwa die Zeit, in der die Galaxien zu entstehen begannen. Quasare könnten folglich im Entstehen begriffene Galaxien sein.
Dann die Pulsare
Im Jahre 1967 waren die Astronomen wieder einmal verblüfft, weil sie ein Objekt entdeckten, das so bizarr war, daß sie dachten, außerirdische intelligente Wesen würden versuchen, mit der Erde Verbindung aufzunehmen.
Bei Routinebeobachtungen am Mullard-Observatorium für Radioastronomie in Cambridge (Großbritannien) wurde plötzlich eine neue Art von Signal entdeckt. Es war ein Radiosignal, das „an- und ausging“, also pulsierte, und zwar in einem regelmäßigen Rhythmus. Wie du dir vorstellen kannst, muß man in der Radioastronomie „irdische“ Störfaktoren, wie zum Beispiel vorbeifahrende Autos, in Kauf nehmen. Daher wurden diese fremdartigen Signale anfangs ignoriert. Allerdings zeigte es sich bei einer systematischen Untersuchung, daß sie nicht vom Verkehrslärm, sondern aus dem All kamen.
Von woher im All? Diesmal schienen die Quellen Sterne innerhalb der Milchstraße zu sein. Wegen ihrer eigenartigen, pulsierenden Licht- und Radiostrahlung nannte man sie Pulsare. Pulsare sind jedoch anders als gewöhnliche Sterne. Damit sie ihre unverkennbaren Signale aussenden können, müssen sie rotieren, etwa wie ein Leuchtfeuer. Da sie ungefähr jede Sekunde pulsieren — es gibt einen, der 30mal in der Sekunde pulsiert —, sind sie offensichtlich sehr klein und drehen sich wie Kreisel. Die Astronomen nehmen heute an, daß die Pulsare einen Durchmesser von nur 24 km haben, aber so dicht sind, daß ein Kubikzentimeter ihrer Masse Millionen Tonnen wiegen würde. Ihrer Meinung nach sind die Pulsare auch sehr heiß und haben ein riesiges Gravitationsfeld. Wirklich eigenartige Objekte!
Unsere nächsten Nachbarn
Auch das Wissen über unsere nächsten Nachbarn hat in den letzten Jahrzehnten einige überraschende Änderungen erfahren. Wie du weißt, ist unsere Erde nur einer der mindestens neun Planeten, die die Sonne umkreisen. Unbemannte Raumschiffe haben auf ihrer Reise durchs All die anderen Planeten passiert und Bilder zurückgefunkt. Unsere Nachbarn haben sich als ehrfurchteinflößend, aber nicht als einladend erwiesen.
Die Venus ist ein heißer Planet, ständig von Wolken aus Schwefelsäure umgeben und an der Oberfläche heißer als geschmolzenes Blei. Der Mars ist kalt und leblos — ohne jegliche Spur der legendären Marsmenschen. Der Jupiter scheint hauptsächlich ein Gasball zu sein. Er strahlt Energie ab (jedoch nicht genügend, um als Sonne zu gelten) und ist von einem Miniatur-Sonnensystem umgeben, zu dem sechzehn Monde gehören. Der nächste Planet, der Saturn, verlor seine Sonderstellung als einziger Planet mit Ringsystem, als man auch bei Jupiter und Uranus Ringe entdeckte. Aber im Vergleich dazu sind die Ringe des Saturns immer noch die schönsten.
Im Jahre 1979 entdeckte die Raumsonde Voyager 1, daß es nicht nur auf der Erde aktive Vulkane gibt. Als die Raumsonde am Io, einem großen Mond des Jupiters, vorbeiflog, fotografierte sie einen Vulkanausbruch. Zudem stellte man fest, daß der höchste Berg der Erde, der Mount Everest, nicht gerade zur Klasse der wirklich hohen Berge zählt. Nix Olympica, ein Schildvulkan auf dem Mars, überragt die allgemeine Oberfläche des Planeten um 24 000 Meter.
Unvorstellbare Zahlen
Es ist unmöglich, sich mit dem Universum zu befassen, ohne einige sehr große Zahlen zu nennen. Zum Beispiel hat unsere Erde einen Durchmesser von etwa 12 700 km. Vergleiche das mit der Sonne, die 1 392 000 km im Durchmesser mißt und mehr als eine Million Erden aufnehmen könnte. Die Oberflächentemperatur der Sonne beträgt fast 6 000 °C, und im Kern erreicht sie vermutlich 15 000 000 °C.
Doch verglichen mit einem Stern, der 1981 von einem Explorersatelliten untersucht wurde, ist unsere Sonne ziemlich klein. Dieser heiße blaue Stern, bekannt als R 136a, ist 10mal heißer als unsere Sonne, hat eine 2 500mal größere Masse und ist 1 000 000mal größer sowie 100 000 000mal heller. Kannst du all das begreifen?
Zweifellos werden viele der Theorien, die entwickelt worden sind, um diese außergewöhnlichen Erscheinungen zu erklären, von Zeit zu Zeit revidiert werden. Doch eines ist sicher: Wir leben in einem wunderbaren Universum, und je tiefer wir in das All vordringen, um so überzeugter müssen wir König David zustimmen. Der „sterbliche Mensch“ ist wirklich unbedeutend, verglichen mit ‘dem Mond und den Sternen’!
Während unser zunehmendes Wissen über das All unsere eigene Winzigkeit verdeutlicht, vertieft es unsere Wertschätzung und Bewunderung für Jehova Gott, den dynamischen Quell all dieser Wunder. Die Bibel lädt uns ein: „Hebt eure Augen in die Höhe und seht. Wer hat diese Dinge erschaffen? Er ist der Eine, der ihr Heer selbst der Zahl nach herausführt, sie alle sogar mit Namen ruft. Wegen der Fülle dynamischer Kraft, da er an Macht auch kraftvoll ist, fehlt nicht eines davon“ (Jesaja 40:26).
[Fußnote]
a Ein Lichtjahr ist die Entfernung, die das Licht in einem Jahr zurücklegt: etwa 9,46 Billionen km.
[Bild auf Seite 17]
In unserem Sonnensystem hat der Saturn immer noch das schönste Ringsystem