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  • Erwachet! 1987
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Erwachet! 1987
g87 8. 7. S. 12-15

Der Papstbesuch in Australien — Nur eine Pilgerreise?

Von unserem Korrespondenten in Australien

AM Montag, dem 24. November 1986, setzte eine Boeing 767 der Air New Zealand in Canberra, der Hauptstadt Australiens, zur Landung an. An Bord befand sich Papst Johannes Paul II., der auf seiner bisher längsten Überseereise den kleinsten Kontinent der Erde besuchte.

Außer zahlreichen katholischen Würdenträgern waren zu seiner Begrüßung der Generalgouverneur und der Premierminister von Australien sowie ihre Frauen erschienen, denn der Gast war nicht nur das Oberhaupt einer Kirche, sondern auch das Oberhaupt eines Staates.

Nach dem Begrüßungszeremoniell wandte sich Johannes Paul II. in einer Ansprache an alle Australier, nicht nur an die Katholiken. Er sagte: „Zu allen Australiern, zu allen Menschen wirklich guten Willens komme ich als Freund. ... Ich umarme das ganze Land: die Jungen und die Alten, die Schwachen und die Starken, diejenigen, die glauben, und diejenigen, deren Herz durch Zweifel niedergedrückt ist.“

Wenn er mit den Worten „diejenigen, die glauben“, Katholiken meinte, so bezog er sich auf ungefähr 4 Millionen Australier — etwa 25 Prozent der Bevölkerung. Und obwohl Australien seit langem als verweltlicht gilt, ist der Anteil der praktizierenden Katholiken in diesem Land bemerkenswert hoch. Immerhin gehen 35 bis 38 Prozent der dortigen Katholiken regelmäßig zur Messe.

Dennoch hat die katholische Kirche in Australien ihren Kummer. In den 50er Jahren führte ein Arbeitskampf dazu, daß sich die Kirche spaltete und Splittergruppen aufkamen, die sich seither zunehmend kritischer gegenüberstehen. Auch gehen immer weniger Gläubige zur Messe, und die Reihen der Priester lichten sich. Obendrein sind die Laien immer seltener gewillt, sich an die kirchlichen Lehren hinsichtlich Empfängnisverhütung, Abtreibung und Scheidung zu halten.

„Seht, hört zu und dann urteilt“

Der Papstbesuch stand unter dem Motto: „Christus — der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Das war ein vorzügliches biblisches Thema, und viele hofften, der Papst werde ein gewisses Maß an Anleitung und Wahrheit in bezug auf die Probleme spenden, mit denen die australischen Katholiken, ja alle Australier zu kämpfen haben. Einige erwarteten, der Papst werde die Atomtests im Pazifik verurteilen — ein Problem, das buchstäblich vor der Haustür Australiens liegt. Andere hegten die kühne Erwartung, er werde sich für die Gebietsansprüche der Ureinwohner einsetzen oder zum Arbeitskampf und vielleicht zu den Frauenrechten Stellung nehmen.

Der Reiseorganisator, der australische Monsignore Brian Walsh, ein Mann mit 30jähriger Erfahrung, hoffte, der Papst werde in seinen Reden wichtige Themen anschneiden. Daher ermunterte er alle, sogar Skeptiker: „Seht, hört zu und dann urteilt.“

„Am Gesicht des Papstes die Hände abwischen“

Papst Johannes Paul II. hatte vor seiner Australienvisite schon 30 Überseereisen absolviert, und in den über 60 Ländern blühte während seines Besuchs der Handel mit Souvenirs aller Art, die an das Ereignis erinnern und die Brieftaschen der Sponsors füllen sollten. Australien bildete keine Ausnahme. Die Kirche bemühte sich, bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle über solche Geschäfte zu behalten, und hoffte, daß „nichts völlig Geschmackloses auftauchen“ werde. Aber das ist stets eine heikle Sache. Eine bekannte Nonne beklagte zum Beispiel, daß Geschirrtücher als Andenken verkauft wurden und daß man sich „am Gesicht des Papstes die Hände abwischen“ würde. Sie meinte auch: „Man stelle sich einmal vor, die Bergpredigt wäre inmitten von Souvenirläden, Würstchenständen, Fernsehkameras und Toilettenwagen gehalten worden.“

Gegenstand der meisten Kommentare waren keineswegs die zahllosen Medaillons, Löffel, T-Shirts und Poster. Es ging um die Art, wie die gesamte Organisation finanziert wurde. So zählte zu den Sponsors eine Brauerei, die Bier in Dosen verkaufte, auf denen die Mitra des Papstes abgebildet war. Das erwies sich als äußerst einträglich, da die Australier zu den durstigsten Biertrinkern der Welt gehören. Es kam deswegen aber auch zu Kontroversen und offener Kritik.

Ein anderer Sponsor war eine australische Bergwerksgesellschaft, von der gut bekannt ist, daß sie den Anspruch der Ureinwohner auf Land scharf verurteilt, einen Anspruch, den der Papst, wie man weiß, dagegen stark befürwortet. Daher konnte es kaum verwundern, daß die Anerkennung der Gesellschaft als Sponsor befremdete. Es wurden sogar Stimmen laut, die fragten, warum Sponsors überhaupt nötig waren. Eine weitere Nonne brachte ihre Bedenken vor, indem sie sagte: „Wenn Jesus käme, gäbe es keine Sponsors. Es ist gut möglich, daß er das gesamte Konzept der Firmensponsorschaft verurteilen würde.“

Wer hat die Rechnung beglichen?

Obwohl Einladungen oft von der katholischen Kirche selbst ausgehen, besucht der Pontifex maximus anscheinend nur Länder, deren Regierung oder Staatsoberhaupt ihn einlädt. Das heißt, daß sich sowohl die australische Bundesregierung als auch die Bundesstaaten an den Kosten beteiligten.

Da auch Nichtkatholiken zur Kasse gebeten wurden, fühlten sich einige von ihnen ungerecht behandelt, zumal der Besuch des Erzbischofs von Canterbury nach ihrer Meinung unbemerkt vorübergegangen war. Andere störte es weit mehr, daß die Papstvisite schätzungsweise 12mal soviel kostete wie ein früherer Besuch der englischen Königin Elisabeth II.

Einheit — Zu wessen Bedingungen?

In dem Bemühen, dem Besuch einen ökumenischen Anstrich zu geben, sprach der Papst in Melbourne vor Vertretern von 14 anderen Glaubensgemeinschaften und hielt einen interkonfessionellen Gottesdienst ab, bei dem er alle Anwesenden aufforderte, ihre Differenzen zu vergessen und für den Frieden zu beten. Er besuchte die anglikanische St.-Pauls-Kathedrale in Melbourne, sprach ein Gebet für den Frieden und zündete als Symbol für eine erhoffte Wiedervereinigung der christlichen Kirchen eine Kerze an.

Die Protestanten Australiens verhielten sich während des Papstbesuches im allgemeinen höflich und respektvoll. Aber Konfessionen wie die Anglikaner, die Presbyterianer und die Baptisten machten keinen Hehl daraus, daß sie den Papst als Oberhaupt aller Christen ebenso ablehnten wie die Behauptung, der Apostel Petrus sei seinerzeit Bischof von Rom gewesen. Sie wiesen darauf hin, daß solche Behauptungen jeder biblischen und kirchengeschichtlichen Grundlage entbehrten. Die Uniting Church, die in Australien eine recht große Anhängerschaft hat, begrüßte hingegen den Besuch mit den Worten, daß viele Angehörige ihrer Kirche den Papst in gewissem Sinne auch als ihren Papst betrachteten.

„Vielleicht braucht er einen neuen Redenschreiber“

Die Reden des Papstes stammten anscheinend ausnahmslos aus australischer Feder und wurden nach Rom gesandt, wo der Papst sie ins Polnische übertrug und, wenn nötig, mit Zusätzen versah. Jemand anders übersetzte sie ins Englische zurück, und ein australischer Bischof begutachtete das Endergebnis. Der Papst studierte sie dann mit dem gegenwärtigen päpstlichen Zeremoniar, einem Iren, ein.

Vieles von dem, was der Papst in seinen vorbereiteten Reden sagt, hören routinierte Vatikan-Korrespondenten nicht zum erstenmal. Trotzdem erweist sich sein „Papalesisch“, wie manche es nennen, zuweilen selbst für sprachbegabte Journalisten als harte Nuß. Der Sprecher einer italienischen Nachrichtenagentur ist der Meinung, daß die Reden des Papstes oft undurchsichtig und zu lang seien. Ein australischer Reporter beklagte sich darüber, daß die Homilien fad und voller Binsenwahrheiten gewesen seien. Ein anderer Journalist, der für die Zeitung Sunday Telegraph schreibt, sagte: „Seine Reden sind konservativ, enthalten oft Selbstverständlichkeiten und sind zuweilen unklar. ... Vielleicht braucht er einen neuen Redenschreiber ... Wenn seine Reden schon den erfahrenen Korrespondenten verwirren, müssen sie den Durchschnittszuhörer, der geistige Anleitung sucht, erst recht irreführen.“

„Die Kirche breitet ihre Arme aus“

Doch trotz der Verwirrung, die einige Korrespondenten feststellten, hoffte die Kirche, daß die Predigten den Durchschnittszuhörer, der geistige Anleitung suchte, nicht irreführen würden. Die Australier waren aufgefordert worden, zu kommen, zu sehen und zuzuhören, und sie kamen zu Tausenden. Die meisten Besucher waren in das Randwick-Hippodrom in Sydney gekommen — schätzungsweise eine viertel Million. Dort richtete Johannes Paul II. in seiner Predigt sein Augenmerk vornehmlich auf diejenigen, die er als Abgefallene vom katholischen Glauben ansah. Mit weit ausgestreckten Armen ließ er die Einladung ergehen: „All denen, die sich von ihrem spirituellen Heim entfernt haben, möchte ich sagen: Kehre zurück! Die Kirche breitet ihre Arme aus. Die Kirche liebt dich.“

Für den 66jährigen Pilger war der Australienbesuch gewiß strapaziös. Insgesamt legte er in nur einer Woche 11 000 Kilometer zurück und wohnte 50 verschiedenen Anlässen bei, darunter den Eucharistiefeiern (Messen) in den Landeshauptstädten sowie in Darwin und Alice Springs. Für eine große Zahl von Gläubigen war es ein Gefühlserlebnis. Ein Mann aus Westaustralien bemerkte: „Die Ankunft des Papstes [in Perth] glich dem Einzug Christi in Jerusalem.“ In Melbourne sagte jemand: „Seine Gestik erinnert an indianische Mystiken.“ Viele ließen ihren Tränen freien Lauf.

Die Reiseorganisatoren waren angesichts der hohen Besucherzahlen bei den Veranstaltungen allgemein zufrieden. Die Anwesenden erfreuten sich meist an Darbietungen wie dem Auftritt einer 14köpfigen Rock-Band, dem gut einstudierten Gesang von Kirchenchören, den 21 Salutschüssen zur Begrüßung sowie dem Anblick der päpstlichen Wachen, der Prozessionen und der Fahnen. Man hatte sogar Spaßmacher verpflichtet, „um die Mienen der Leute zu erheitern“.

Ein katholischer Priester, der in Sydney als Kolumnist für die Zeitung Sunday Telegraph tätig ist, schrieb: „Das ist also die Art, wie der pilgernde Papst der Bevölkerung Australiens begegnet: Nichtkatholiken und Katholiken in einer schnell ablaufenden Multimillionen-Dollar-Straßenshow mit viel Tamtam.“ „Der Papst kam als Pilger mit allen Extravaganzen und allem Wirbel eines Superstars.“ In einem Leitartikel der Zeitung Sydney Morning Herald kommentierte man den offensichtlichen Schwerpunkt der „Spektakel“-Methode: „Das ist das Spiel, das der pilgernde Papst spielt. Wie es scheint, ist Spektakel die Botschaft. ... Es drängt sich allerdings die Frage auf: Wie lange wird der Eindruck anhalten?“

Botschaft für die Australier

Welche Botschaft enthielten die (in Australien verfaßten) Reden für die zu Tausenden herbeigeströmten Zuhörer?

An die Behinderten: Aus Behinderungen kann durch die Liebe Christi etwas Gutes und Wunderschönes werden, und sie können jemanden für die persönliche Berufung würdig machen, für die er erschaffen wurde.

Zum Thema Arbeitslosigkeit: Die Gesellschaft muß erkennen, daß Menschen wichtiger sind als Dinge. Man muß stets daran denken, daß der Arbeiter wichtiger ist als Gewinn oder Maschinen.

An die Medien: Sie müssen berücksichtigen, daß es ihnen obliegt, über Schlechtes nicht nur zu berichten, sondern auch an dessen Ausrottung mitzuwirken, und daß sie der Herausforderung begegnen müssen, über gute Taten nicht nur zu berichten, sondern auch dazu zu ermuntern.

An die Ureinwohner: Geschehenes kann nicht ungeschehen gemacht werden. Reservate für die Ureinwohner bestehen heute noch, und diese Frage erfordert eine gerechte und richtige Lösung, etwas, was immer noch aussteht.

Johannes Paul II. sprach auch über die Notwendigkeit des Friedens, zumal das Internationale Friedensjahr seinem Ende entgegenging. Anläßlich einer Jugendfeier in Sydney sagte der Papst vor einer Menge von über 30 000 Menschen, vorwiegend jungen Leuten: „Wenn ihr den Frieden wollt, arbeitet für Gerechtigkeit, ... verteidigt das Leben, ... verkündet die Wahrheit, ... behandelt andere so, wie ihr von ihnen behandelt werden möchtet.“

In dieser Abschiedsrede forderte er die Australier auf, daran zu denken, wer sie sind und was aus ihnen werden soll, indem er ihnen sagte, daß sie als Nation zur Größe berufen seien. Begleitet von den Liedern „Gott segne Australien“ und „Auf der Straße nach Gundagai“, stieg Johannes Paul II. die Stufen zu dem schneeweißen Qantas-Jet hinauf, der ihn über die Seychellen zurück nach Rom brachte.

Irgendwelche Langzeitergebnisse?

Welche Ergebnisse hat der Papstbesuch gezeitigt? Die Brisbaner Zeitung Courier Mail kam zu folgendem nachdenklich stimmenden Schluß: „Es war eine Reise mit Hoch- und Tiefpunkten, mit erfreulichen Überraschungen und mit Enttäuschungen. ... Die katholische Kirche in Australien wird sich etwas einfallen lassen müssen. Wenn selbst Johannes Paul II. mit seinem bemerkenswerten Charisma die Katholiken nicht in die Kirchen zurückzuziehen vermag, scheint es aussichtslos zu sein, daß irgend etwas anderes, was die Bischöfe des Landes anbieten werden, mehr Erfolg haben wird.“

[Herausgestellter Text auf Seite 13]

„Wenn Jesus käme, gäbe es keine Sponsors“

[Herausgestellter Text auf Seite 14]

„Der Papst kam als Pilger mit allen Extravaganzen und allem Wirbel eines Superstars“

[Bild auf Seite 15]

Ureinwohner stehen Schlange, um Papst Johannes Paul II. die Hand zu küssen

[Bildnachweis]

Reuters/Bettmann

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