Frühgeburten — Der Herausforderung begegnen
KELLY ist mittlerweile acht Jahre alt, und wie das Bild zeigt, ist sie ein glückliches, gesundes Kind. Das ist wirklich bemerkenswert, wenn man bedenkt, daß sie 14 Wochen zu früh zur Welt kam und nur 794 g wog. Vor Mitte der 60er Jahre überlebte ein so früh geborenes Kind selten, wenn überhaupt.
Aber in welcher Hinsicht unterscheidet sich ein frühgeborenes von einem termingerecht geborenen Baby? Seine Winzigkeit ist der auffallendste Unterschied. Außerdem mag die zarte Haut blaßrot und durchsichtig aussehen; winzige Adern mögen sogar zu erkennen sein. Je nachdem, wie früh das Kleine geboren wurde, hat es manchmal ganz feine Haare im Gesicht oder am Körper. Diese verschwinden jedoch bald.
Außerdem scheint der Kopf des Säuglings im Verhältnis zum übrigen Körper etwas zu groß zu sein, doch das ist kein Grund zur Besorgnis. Während das eigentliche Geburtsdatum des Babys näher rückt, nimmt es an Gewicht immer mehr zu und wird einem normal geborenen Kind immer ähnlicher.
Die kleinen Sprößlinge haben unterschiedliche Bedürfnisse. Jeder Fall ist anders. Aber es sind bereits Fortschritte erzielt worden. Die moderne Technologie, die hingebungsvolle Arbeit des Krankenhauspersonals und ein außergewöhnliches Maß an liebevoller Fürsorge von seiten der Eltern haben zu einer erstaunlichen Überlebensquote geführt.
Was Eltern tun können
Besonders ihr Eltern könnt viel für euer frühgeborenes Kind tun. Es wird geraten, ihm bald nach der Geburt einen Namen zu geben, was Eltern und Säugling einander näherbringt und ein enges Verhältnis schafft, das den Fortschritt des „Frühchens“ entscheidend fördert. Nachdem sich der Zustand des Babys stabilisiert hat, sollte man vor allem darauf bedacht sein, Körperkontakt mit ihm zu haben.
Sanftes Streicheln und leichtes Massieren der Haut des Kindes mag angebracht sein, besonders wenn man es noch nicht auf den Arm nehmen kann. Und was könnte für das Kleine angenehmer sein, als die weiche Stimme von Mama und Papa zu hören, die ihm ein Schlaflied vorsummen oder zärtliche Worte zuflüstern? Ist das Baby jedoch sehr früh geboren, ist Vorsicht am Platze. Dr. Peter A. Gorski, der zwei Jahre das Verhalten Frühgeborener beobachtete, sagte: „Sie sind schnell überlastet und erschöpft. Ich habe Babys gesehen, die durch ständigen Augenkontakt derart überfordert waren, daß sie völlig ermatteten. Wir mögen es zwar gut meinen, aber es mag nicht immer das beste sein.“
Das Kind so oft wie möglich zu besuchen trägt sicherlich dazu bei, das Verhältnis zu ihm zu vertiefen. Sollte es einem allerdings nicht möglich sein, das Kleine zu besuchen, kann man Tonbandaufnahmen von Familienangehörigen und häuslichen Geräuschen in das Krankenhaus schicken, damit das Baby sie hören kann. Ein Kleidungsstück von der Mutter, das zwar gewaschen ist, aber immer noch ihren Duft an sich hat, könnte in den Brutkasten gelegt werden. Manche haben etwa 25 cm vom Baby entfernt ein Bild von Mama, Papa oder den Geschwistern aufgestellt.
Bemerkenswert ist der Fall von Elise. Sie kam 1971 zehn Wochen zu früh zur Welt und wog 1 500 g. Ihre Eltern durften sie nur zweimal in der Woche besuchen. Betty, ihre Mutter, bemerkte: „Ich fühlte mich mit ihr nicht so eng verbunden wie mit meinem ersten Baby und den drei Kindern, die nach ihr geboren wurden.“ Doch Betty erklärte: „Im Laufe der Jahre hat sich ein enges Verhältnis zwischen uns entwickelt, und Elise ist eines der hilfsbereitesten und liebenswertesten unserer Kinder geworden.“
Eine Mutter kann dem frühgeborenen Baby die beste Nahrung geben, nämlich ihre Milch. Kanadische Wissenschaftler in Toronto haben herausgefunden, daß sich die Milch von Müttern frühgeborener Kinder in der Zusammensetzung von der Milch der Mütter normal geborener Säuglinge unterscheidet. Frühgeburten bekommt diese Milch besser. Gemäß dem Journal of the American Medical Association ist „das Frühgeborene besser in der Lage, das Eiweiß und andere Nährstoffe in der Muttermilch für das Wachstum zu verwerten“.
Was andere tun können
Bist du ein Freund oder Angehöriger von Eltern, die ein frühgeborenes Baby haben? Wenn ja, dann kannst du viel tun. Du kannst Einkäufe machen, Mahlzeiten zubereiten, Hausarbeit verrichten, Wäsche waschen und vielleicht auf ihre anderen Kinder aufpassen. Deine Unterstützung in dieser Hinsicht kann für Eltern eines Babys, das in einem Brutkasten liegt und das sie häufig besuchen müssen, wobei sie oft lange Strecken zurückzulegen haben, äußerst hilfreich sein.
Christy, die Mutter eines Säuglings, der mehr als fünf Wochen zu früh zur Welt kam, sagte, daß ihre christlichen Brüder und Schwestern genau das taten, was oben erwähnt wird. „Sie waren in den ersten Wochen eine ständige Quelle der Freude und Kraft für uns“, erklärte sie.
Man kann Eltern auch unterstützen, indem man ihnen Karten und Geschenke schickt. Die Geschenke können Artikel sein, die man für ein termingerecht geborenes Kind kaufen würde. Natürlich muß die Größe des Kindes in Betracht gezogen werden. Es gibt Wegwerf- und Stoffwindeln sowie Schnittmuster und Kleidung in Frühgeborenen-Größe.
Die emotionale Unterstützung kann nicht genug betont werden. Sei positiv und optimistisch. Mary, Kellys Mutter, bemerkte: „Ich brauchte Menschen, die mich ermunterten und erbauten. Ich konnte es einfach nicht hören, wenn jemand sagte: ‚Du darfst nicht zu sehr an dem Kind hängen.‘ Gerade die Hoffnung gab mir Kraft.“ Ein biblischer Gedanke, der ihr half, ist in Jesaja 41:13 zu finden: „Denn ich, Jehova, dein Gott, ergreife deine Rechte, der zu dir spricht: ‚Fürchte dich nicht. Ich selbst will dir helfen.‘“
Mary wurde besonders durch die Besuche von christlichen Ältesten ihrer Versammlung erbaut. Beide Mütter, sowohl Christy als auch Mary, sagten, daß die Unterstützung von seiten ihres Ehemannes von unschätzbarem Wert war und daß sich die Eheleute durch dieses Erlebnis noch näherkamen.
Vorbeugung ist das beste Mittel
Es ist weitaus besser, alles daranzusetzen, eine Frühgeburt zu verhindern, als hinterher für das Frühgeborene zu sorgen. Gemäß einer in den Vereinigten Staaten durchgeführten Studie werden durch jede Stunde, um die eine Schwangerschaft zwischen der 24. und der 28. Woche verlängert wird, 150 $ Krankenhauskosten gespart. Es wäre also nützlich, vor der Geburt eines Kindes Informationen über Frühgeburten zu sammeln und sich zu überlegen, wie man in einem solchen Fall vorzugehen hat. Aber noch wichtiger ist, daß eine werdende Mutter versucht, eine Frühgeburt zu verhindern.
Erstens sollte eine Schwangere nicht rauchen. Rauchen während der Schwangerschaft schädigt offensichtlich die Arterien des Fetus, wie aus einem Bericht in der Zeitschrift Medical World News hervorgeht. Ein Professor an der Cornell-Universität äußerte sich wie folgt: „Daß die Gefäße des Fetus verletzt werden, denke ich, läßt sich aus dem schließen, was wir über das niedrige Geburtsgewicht und das häufige Auftreten angeborener Mißbildungen sowie über Frühgeburten bei Säuglingen von Raucherinnen wissen.“
Zweitens sollte sich eine Schwangere nicht überanstrengen, indem sie beispielsweise etwas Schweres hebt. Drittens sollte sie Situationen aus dem Weg gehen, bei denen sie körperliche oder seelische Schäden erleiden könnte. Die Bibel zeigt, daß eine Körperverletzung oder eine niederschmetternde Nachricht plötzlich eine Geburt auslösen kann (2. Mose 21:22; 1. Samuel 4:19).
Sollte eine Frau zur Frühgeburt neigen, wäre es gut, zum Beispiel mit einem Geburtshelfer zu sprechen, der im Umgang mit Schwangeren Erfahrung hat. Zu den gefährdeten Frauen gehören solche, die schon eine Frühgeburt hatten, die mehr als ein Kind erwarten, die bereits über 40 Jahre alt oder noch Teenager sind, und solche, die übermäßig Alkohol trinken. Des weiteren besteht ein erhöhtes Risiko bei Frauen, die hohen Blutdruck haben, die zuckerkrank sind oder bei denen die Plazenta abnormal ist. Solche Frauen sollten sich während der Schwangerschaft häufiger untersuchen lassen. Es ist außerdem wichtig, auf eine vernünftige Ernährung zu achten, um sich und das Baby so gesund wie möglich zu erhalten.
Doch selbst wenn eine werdende Mutter ihr möglichstes tut, um eine normale Geburt zu gewährleisten, gibt es keine Garantie. Frühgeburten kommen recht häufig vor, und es hat den Anschein, als würden sie an Zahl zunehmen. Aber wird das immer so sein? Besteht die Aussicht, daß dieser Fehler im menschlichen Fortpflanzungssystem einmal korrigiert wird?