Warum ich abstürzte und doch wieder fliege
UNSERE einmotorige, sechssitzige Cessna 210 hatte gerade von einem Flugplatz in Schweden abgehoben, und wir flogen durch den Morgennebel. Plötzlich tauchte einige Meter vor uns ein dunkles Etwas auf. Sekundenbruchteile später riß der mit Treibstoff gefüllte rechte Flügel ab und explodierte. Als nächstes flog auf meiner Seite die Tür auf. Die brennende Maschine ging im Sturzflug hinunter, prallte auf dem Boden auf und pflügte eine hundert Meter lange Schneise in das Buschwerk, bevor sie zum Stehen kam.
Benommen und völlig desorientiert, hatte ich doch nur einen Gedanken: Weg von dem brennenden Wrack! Am linken Flügel, der ja ebenfalls voll Treibstoff war, züngelten die Flammen. Ich tastete nach meinem Sicherheitsgurt und löste ihn. Kopfüber stürzte ich durch ein Treibstoffeuer und landete ein paar Meter entfernt im Schlamm. Erst jetzt bemerkte ich, daß der untere Teil meines linken Beins einiges abbekommen hatte.
Mein Kollege, der Pilot des Flugzeugs, hatte zwar einen Schock, war aber ansonsten fast unverletzt. Ich rief ihm zu, er solle mir helfen, einige Meter weiter zu kommen. Nachdem er das getan hatte, rannte er weg, um Hilfe zu holen. Ich robbte weiter. Gerade als ich fast ohnmächtig wurde vor Anstrengung, flog der linke Flügel in die Luft. Überall um mich herum regnete es brennende Teile. Dann herrschte Stille bis auf das Knistern kleinerer Feuer, die das Benzin entfacht hatte.
Während ich auf dem Rücken im Schlamm lag und auf den Rettungswagen wartete, dachte ich daran, daß wir beide hätten tot sein können. Mehr denn je wurde mir bewußt, daß man das Leben nie für selbstverständlich halten, sondern es achten und weise nutzen sollte.
Aber würde ich je wieder fliegen? Vielen bereitet das Fliegen in Kleinflugzeugen an sich schon Unbehagen, und Berichte von Unfällen wie dem unseren vergrößern ihre Furcht noch. Ein genaues Wissen um die Risiken und um die Möglichkeiten, ihnen zu begegnen, kann die ungerechtfertigten Ängste nehmen, die jemand vor dem Fliegen in Kleinflugzeugen haben mag.
Warum wir abstürzten
Mein erster Flug in einer Privatmaschine liegt 20 Jahre zurück. Ich war angenehm überrascht. „Das ist eine hervorragende Art zu reisen“, dachte ich mir. „So könnte ich bei meiner Arbeit als Verkaufsleiter viel Zeit sparen.“ Bald lernte ich fliegen, und bis heute habe ich 2 000 Flugstunden hinter mir. Außerdem bin ich im Besitz einer Lizenz für den Instrumentenflug, der bei schlechten Sichtverhältnissen erforderlich ist.
Doch an diesem dramatischen Morgen wollte ich als Passagier etwa 500 Kilometer von Eslöv in Südschweden nach Stockholm fliegen. Dort wartete ein neues Flugzeug auf mich, das ich nach Eslöv bringen sollte. Die Reise endete jedoch nach 27 Sekunden. Warum? Es war menschliches Versagen — der Pilot hatte im Nebel unsere Position falsch beurteilt und die Landeklappen zu früh zurückgestellt. Daher hatten wir nicht genug Auftrieb, sackten ab und kollidierten mit einem Turm.
Die Flugsicherheit hängt hauptsächlich von drei Faktoren ab: von der Zuverlässigkeit der Maschine und dem Urteil und der Erfahrung des Piloten. Man hat allerdings eine ganze Reihe von Verfahrensweisen entwickelt, die bei Anwendung das Fliegen relativ sicher machen.
Vor dem Start
Ein gewissenhafter Pilot wird vor jedem Start sorgfältig gewisse Faktoren in Betracht ziehen, wie seine eigenen Fähigkeiten, seine körperliche Verfassung, die Maschine, das Wetter, die Passagiere und den Zustand der Flugplätze, die er benutzen will.
Heutzutage sind Flugzeugabstürze, an denen das Material oder die Mechanik schuld ist, selten. Dennoch gibt es in jedem Flugzeug ein Bordbuch, in das der Pilot jeden Flug und jeden Defekt, den er bemerkt, eintragen muß. Solche Defekte müssen vor dem nächsten Flug von einem autorisierten Mechaniker behoben werden. Außerdem darf man verschiedene Bauteile wie Motoren, Propeller und die meisten Instrumente nur für eine bestimmte Zeit verwenden, und dann müssen sie gewartet werden. Gewöhnlich verlangen die Vorschriften, daß sie nach Ablauf ihrer Einsatzzeit ersetzt oder generalüberholt werden, selbst wenn sie noch völlig einwandfrei arbeiten. Vor dem ersten Flug eines Tages muß der Pilot die Maschine anhand einer festgelegten Checkliste überprüfen. Die meisten Piloten halten sich genau an diese Sicherheitsvorschriften. Letztendlich hängt ja auch ihr eigenes Leben davon ab.
Interessanterweise sind gewisse Bauteile wie die Zündmagnete, die Zündanlage, der Höhenmesser und das Fahrwerk doppelt ausgelegt. Selbst wenn das Primäraggregat versagt, ist es mit Hilfe des Ersatzaggregats möglich, sicher zu landen. Natürlich kann ein Pilot nicht jeden möglichen Ausfall vorhersehen, doch mit ausreichendem Geschick kann er die Katastrophe vermeiden, wenn die Mechanik irgendwie versagt.
Vor dem Flug muß der Pilot auch entscheiden, ob er nach Sichtflugregeln (VFR) oder nach Instrumentenflugregeln (IFR) fliegt. Maschinen, die nach IFR fliegen, werden von der Flugsicherungskontrolle mittels Radar überwacht. Viele Piloten von Kleinflugzeugen haben allerdings keine Lizenz für den Instrumentenflug.
Die Risiken des Sichtflugs ausschalten
Nach VFR zu fliegen ist nur bei ausreichender Sicht möglich. Was aber, wenn das Wetter schlecht wird? Der Pilot kann z. B. tiefer gehen und unter den Wolken bleiben. Das erfordert von ihm viel Disziplin und große Vorsicht. Es mag besser sein, umzukehren und auf einem Ausweichflugplatz zu landen. Entscheidet er sich zum Weiterflug, kann er in noch größere Schwierigkeiten geraten, da bei geringen Flughöhen Funk und Navigationsinstrumente normalerweise nicht mehr zu gebrauchen sind.
Wenn es dem Piloten nicht möglich ist, in geringer Höhe zu fliegen, kann er rasch die Flugsicherungskontrolle um Hilfe bitten. Doch vielleicht muß er zuerst einmal auf eine sicherere Höhe steigen. Für jemanden, der nicht auf den Instrumentenflug geschult ist, mag es verwirrend sein, in Wolken zu fliegen. Daher muß er ruhig bleiben und sich auf die wichtigsten Dinge konzentrieren. Er sollte geradeaus mit der richtigen Geschwindigkeit und im richtigen Winkel steigen; bald dürfte der Funk- und Navigationskontakt wiederhergestellt sein. Dann kann das Flugzeug vom Radar identifiziert werden und zur Landung auf einem geeigneten Flugplatz geleitet werden.
Es gibt noch andere Gefahren beim nichtunterstützten Sichtflug. Das Fliegen in Lufträumen mit starkem unkontrolliertem Verkehr erfordert ständige Aufmerksamkeit und das Beobachten aller Richtungen. Kollisionen in solchen Lufträumen haben zufolge des dichteren Verkehrs und der höheren Geschwindigkeiten zugenommen. Navigationsfehler und starke Gegenwinde können die Ursache für Treibstoffmangel sein.
Die meisten dieser Probleme sind jedoch durch sorgfältige Planung zu vermeiden. Ein guter Pilot kontrolliert alle 15 oder 20 Minuten seine Position und nimmt notwendige Kurskorrekturen vor. Ist es ihm nicht möglich, seine Position zu bestimmen, kann er sich mit der Flugsicherungskontrolle in Verbindung setzen. Sie wird dann seine Position entweder mit Radar oder Funkpeilung feststellen. Wenn auch das nicht funktioniert, kann er auf einen großen See, einen Fluß oder eine andere leicht zu identifizierende Geländeform zufliegen. (Ein unerfahrener Pilot versucht vielleicht, durch Kreisen einen verfehlten Geländepunkt zu entdecken. Doch das ist gewöhnlich vergeblich und verbraucht wichtigen Treibstoff.)
Vereisung
Unter bestimmten Wetterbedingungen gibt es möglicherweise Probleme mit Vereisung. Die meisten Privatflugzeuge verfügen nur über eine begrenzte Enteisungsausrüstung oder über gar keine. Und wenn sich an verschiedenen Teilen des Flugzeugs Eis bildet, nimmt die Geschwindigkeit eventuell nach und nach so weit ab, daß die Maschine ihre Flugfähigkeit verliert. In höheren Wolkenschichten besteht sogar an warmen Sommertagen die Gefahr der Vereisung.
Kommt es zu Vereisungen, kann der Pilot der Situation einfach dadurch entgehen, daß er in wärmere Luftschichten absteigt. Aber was ist, wenn die Temperatur am Boden nahe dem Gefrierpunkt ist? Das ist möglicherweise eine ernste Situation, und ein Pilot sollte sich sorgfältig überlegen, ob es wirklich ratsam ist zu starten. Ist die Luft allerdings trocken und klar, so besteht trotz der niedrigen Temperatur normalerweise kein hohes Vereisungsrisiko.
In Gewitterwolken
Das Fliegen in Gewitterwolken (Kumulonimbus) birgt eine weitere Gefahr in sich. Sowohl Kleinflugzeuge als auch große Verkehrsmaschinen sind schon in solchen Wolken stark beschädigt worden. Die große Gefahr stellen nicht die Blitze dar, sondern die gewaltigen Windkräfte und manchmal faustgroße Hagelsteine. Normalerweise kann ein Pilot diese Wolken sehen und ihnen ausweichen. Doch was ist zu tun, wenn es keine Möglichkeit gibt, bei solchen Bedingungen sicher zu fliegen? Ein kluger Pilot kennt die Fliegerweisheit, nie zu versuchen, schlechtes Wetter zu besiegen. Daher gilt dann: Bleib am Boden!
Das sind einige der Risiken beim Fliegen kleiner Privatmaschinen. Und man muß ehrlich zugeben, daß es nicht möglich ist, jegliches Risiko auszuschließen. Aber trifft das nicht auf alle Transportmittel zu? Ein Privatflugzeug, das entsprechend ausgerüstet ist und mit dem man richtig umgeht, ist vergleichsweise sicher und bequem. Wer als Passagier mitfliegt, sollte sich deshalb vergewissern, daß der Pilot nicht nur die nötigen Fähigkeiten besitzt, sondern auch umsichtig und zuverlässig ist, jemand, der Respekt vor dem Leben hat.
Da ich mir der Sicherheitsfaktoren bewußt bin, fliege ich weiter. Als Pilot frage ich mich immer, ob ich nicht noch irgend etwas für die Sicherheit tun könnte, und ich plane stets genügend Alternativen ein, falls etwas passieren sollte. Für das Leben anderer verantwortlich zu sein ist eine ernst zu nehmende Angelegenheit. Daher darf das Fliegen nie zu einem leichtsinnigen Abenteuer werden. Es sollte zum eigenen Nutzen und zur Freude dienen. Und vor allem sollte es sicher sein. (Eingesandt.)
[Bilder auf Seite 15]
Nicht jeder Absturz ist so zerstörerisch und ruft solche Verletzungen hervor wie in meinem Fall (oben). Drei Personen überlebten diese Bruchlandung unverletzt (kleines Bild).