Junge Leute fragen sich:
Ist Abtreibung die Lösung?
„Der Schwangerschaftstest fiel positiv aus, und mein Freund verlangte sofort von mir, das Kind abzutreiben. Er gab mir sogar das Geld dafür“, erinnert sich Judy.a Judy war siebzehn Jahre alt.
NACHDEM die fünfzehnjährige Marta festgestellt hatte, daß sie schwanger war, unterhielt sie sich in einer Abtreibungsklinik mit einer Beraterin. „Sie erklärte mir alles ganz ausführlich“, berichtet Marta. „Sie sagte, ich könne eine Abtreibung machen lassen oder sie würde mir dabei helfen, eine Adoptionsvermittlung oder ein Entbindungsheim ausfindig zu machen, wenn ich wolle.“
Allein in den Vereinigten Staaten werden jedes Jahr über eine Million Mädchen schwanger. Darunter sind einige Jugendliche, die trotz einer christlichen Erziehung das Gebot Gottes, sich ‘der Hurerei zu enthalten’ oder des vorehelichen Geschlechtsverkehrs, übertreten haben (1. Thessalonicher 4:3). Solch ein unmoralisches Verhalten führt unnötigerweise zu großem Kummer. Vielen dieser Jugendlichen tut ihr Verhalten im nachhinein leid, und sie möchten ihr Leben wieder in Ordnung bringen. Angesichts der beängstigenden Aussicht, ein uneheliches Kind zu haben, fragen sich jedoch womöglich einige, ob nicht eine Abtreibung eine einfache Lösung für ihr Problem sei. Schließlich entscheiden sich in den Vereinigten Staaten jährlich fast eine halbe Million schwangere Mädchen für eine Abtreibung. Ist eine Abtreibung wirklich die beste Lösung im Fall einer ungewollten Schwangerschaft?
Warum einige abtreiben
Verständlicherweise mögen starke, sogar widersprüchliche Gefühle eine Rolle spielen. Ein Mädchen wird für das Kind, das in ihm heranwächst, bestimmt mütterliche Gefühle entwickeln, aber es mag auch berechtigte Ängste und Sorgen haben.
Die achtzehnjährige Vicky hatte zum Beispiel vor, „aufs College zu gehen und vielleicht einen akademischen Grad zu erwerben“. Ihrer Ansicht nach hätte ein Kind ihre Pläne durchkreuzt (Zeitschrift ’Teen, März 1992). Marta kam zu einem ähnlichen Schluß: „Als Mutter muß man zu Hause bei seinem Kind bleiben und kann nicht mehr zur Schule gehen. Dazu war ich nicht bereit.“ Gemäß einer Studie befürchten 87 Prozent der Jugendlichen, die abtreiben, ein Kind würde ihr Leben einschneidend verändern, und sie sind nicht bereit, diese Änderung in Kauf zu nehmen.
Angst vor finanziellen Sorgen und davor, nicht in der Lage zu sein, die Verantwortung, die eine Alleinerziehende trägt, zu übernehmen, sind weitere Gründe, die häufig zu einer Abtreibung führen. Vicky drückt es so aus: „Meine Eltern sind geschieden, und meine Mutter zog ihre drei Kinder allein groß. Ich weiß, wie sie sich abgeplagt hat ... Ich sah mich schon genauso enden wie sie, nämlich als Alleinerziehende.“
Druck von anderen, besonders vom eigenen Freund, kann ebenfalls zum Abbruch einer Schwangerschaft führen. Judys Freund stellte ihr ein Ultimatum: „Wenn du nicht abtreiben läßt, will ich dich nie wiedersehen.“ Nancy wurde von ihrer Mutter und von anderen Verwandten unter Druck gesetzt.
Die verbreitete Ansicht, bei einer Abtreibung würde in Wirklichkeit kein Kind getötet, übt ebenfalls einen starken Einfluß aus. Vicky sagt: „Ich habe es mir bewußt nicht als Baby vorgestellt. ... Dann las ich, daß der Embryo in der fünften Schwangerschaftswoche kleiner ist als der Fingernagel des kleinen Fingers. Daran habe ich mich geklammert. Ich sagte mir, wenn es nur so groß ist wie der kleine Fingernagel, dann ist es auch kein richtiges Baby. Den Gedanken, daß es ein richtiges Baby ist, ließ ich erst gar nicht aufkommen, damit ich die Sache durchziehen konnte.“
Einige behaupten außerdem, eine Abtreibung sei, zumindest in technisch fortschrittlichen Ländern, eine sichere Angelegenheit — für eine schwangere Heranwachsende vermutlich ungefährlicher als eine Geburt. Alles in allem mag eine Abtreibung daher als willkommene Lösung erscheinen. Dennoch zeigen die Tatsachen, daß viele, die abgetrieben haben, es später bereuen. Eine Frau sagt: „Ich ließ mit 20 abtreiben. Jetzt bin ich 34, und ich werde mit dem, was ich damals getan habe, nur schwer fertig. Ich wollte das Kind haben, nur mein Freund nicht. Ich habe immer noch unter dem Trauma zu leiden, und den Schmerz spürt man für den Rest seines Lebens.“
Emotionelle Narben
Statt ein einfacher Ausweg zu sein, kann eine Abtreibung jemand in noch größere Schwierigkeiten bringen. Zumindest läuft eine Abtreibung dem uns innewohnenden Sinn für Recht und Unrecht zuwider — dem Gewissen, das Gott dem Menschen eingepflanzt hat (Römer 2:15). Zudem wird von einer Jugendlichen verlangt, die Tür ihrer Gefühle innigen Erbarmens vor dem winzigen Lebewesen, das sich in ihr entwickelt, zu verschließen. (Vergleiche 1. Johannes 3:17.) Wie demoralisierend!
Marta erzählt: „Erst nach ein paar Wochen [nach der Abtreibung] kamen Schuldgefühle in mir auf, und irgendwie schämte ich mich für das, was ich getan hatte.“ Als der Februar näher kam, wurde alles noch schlimmer — dann wäre nämlich ihr Kind geboren worden. Eliasa berichtet: „Vor fünfzehn Jahren ließ ich eine Abtreibung vornehmen. Daraufhin litt ich an schweren Depressionen, und einige Male mußte ich stationär behandelt werden. Ich wollte mir sogar das Leben nehmen.“
Natürlich reagiert nicht jede junge Frau so. Viele sind aufrichtig davon überzeugt, ein Embryo sei kein menschliches Leben. Was aber sagt der Schöpfer — „der Quell des Lebens“ — zu diesem Thema? (Psalm 36:9). Die Bibel sagt ganz deutlich, daß ein ungeborenes Kind, das im Mutterleib heranwächst, für Jehova Gott weit mehr ist als nur fetales Gewebe. Gott inspirierte König David, folgendes niederzuschreiben: „Deine Augen sahen sogar den Embryo von mir, und in dein Buch waren alle seine Teile eingeschrieben“ (Psalm 139:16). Der Schöpfer betrachtet einen Embryo demnach als Individuum, als lebenden Menschen. Aus diesem Grund sagte er, jemand, der ein Ungeborenes verletzen würde, würde zur Rechenschaft gezogen (2. Mose 21:22, 23). Vom Standpunkt Gottes aus ist die Tötung eines Ungeborenen die Tötung menschlichen Lebens. Für ein Mädchen, das Gott gefallen möchte, kann eine Abtreibung daher keine akzeptable Alternative sein — ganz gleich, wie sehr sie auch unter Druck gesetzt wird.b
Beistand erhalten
Judy, die anfangs erwähnt wurde, entschied sich dafür, ihr Kind auszutragen. Sie sagt: „Meine ältere Schwester bekam mit, daß ich schwanger war, und sie war mir von Anfang an eine große Stütze, vor allem in emotioneller Hinsicht. Sie sagte sogar, sie würde mir auch dann noch beistehen, wenn das Kind da sei. Genau das brauchte ich, um so zu handeln, wie ich es tief im Innern als richtig empfand. Ich machte meine Pläne und brachte das Kind zur Welt.“ Das war vor neun Jahren. Heute sagt Judy mit Blick auf ihren achtjährigen Sohn: „Eine Abtreibung wäre der größte Fehler meines Lebens gewesen.“
Natisa, eine andere junge Frau, berichtet ähnliches: „Vor fünf Jahren saß ich in einer Abtreibungsklinik und wartete darauf, daß man mich aufrief. Aber statt den Termin wahrzunehmen, überlegte ich mir die Sache noch einmal und verließ die Klinik. Heute habe ich einen niedlichen vierjährigen Sohn, ein zweites Kind ist unterwegs, und mein Mann ist ein liebevoller Vater.“
Wer unverheiratet ist und ein Kind erwartet, sollte keine voreilige Entscheidung treffen. So verzweifelt die Lage auch erscheinen mag, sie ist nicht ausweglos. Allerdings ist bestimmt Unterstützung und Anleitung von erfahrenen Personen nötig. Den Eltern das Herz auszuschütten ist schon ein guter Anfang, besonders dann, wenn sie Christen sind (Sprüche 23:26). Zweifellos werden sie zuerst verletzt und zornig sein. Doch mit der Zeit werden sie sich wahrscheinlich gedrängt fühlen, Beistand zu leisten. Beispielsweise können sie dafür sorgen, daß ihre Tochter Schwangerschaftsvorsorge in Anspruch nimmt. Oder sie sorgen dafür, daß sie staatliche Programme nutzt, für die sie in Frage kommt. Das wichtigste aber ist, daß sie ihre Tochter ermuntern können, von den Versammlungsältesten die erforderliche Hilfe in geistiger Hinsicht anzunehmen (Jakobus 5:14, 15).
Einige ledige Mütter entscheiden sich, ihr Kind zur Adoption freizugeben, weil sie der Meinung sind, sie könnten ihm nicht das Beste geben. Ein Kind zur Adoption freizugeben ist sicherlich besser, als sein Leben zu beenden; Gott macht jedoch die Eltern dafür verantwortlich, ‘für ihre Hausgenossen zu sorgen’ (1. Timotheus 5:8). Eine Alleinerziehende mag ihrem Kind materiell nicht sehr viel bieten können, aber sie kann ihm etwas weit Wichtigeres schenken — Liebe (Sprüche 15:17). In den meisten Fällen ist es daher ratsamer, daß eine ledige Mutter ihr Kind selbst großzieht.
Was empfindet eine ledige Mutter wohl bei dem Gedanken, ein Kind aufzuziehen und einschneidende Änderungen im Leben vorzunehmen? Das alles kommt ihr womöglich wie ein riesiger Berg vor. Die Bibel bietet aber praktischen Rat, der dabei helfen kann, diese Herausforderung anzunehmen. Reuevolle ledige Mütter können außerdem von geistiger Hilfe profitieren, die sich voll und ganz auf Gottes Wort stützt. Ja, durch liebevollen Beistand und richtige Anleitung können sie aus ihrer Lage das Beste machen.c Eine Abtreibung ist ganz einfach keine Lösung!
[Fußnoten]
a Einige Namen wurden geändert.
b Falls jemand früher den Fehler gemacht und ungeborenes Leben abgetrieben hat, braucht er nicht zu denken, jetzt sei alles verloren. Er kann davon überzeugt sein, daß Jehova reuevollen Sündern beisteht und ‘in großem Maße vergibt’ (Jesaja 55:7). Die emotionellen Narben bleiben womöglich, doch der Psalmist versichert: „So fern der Sonnenaufgang ist vom Sonnenuntergang, so weit hat er unsere Übertretungen von uns entfernt“ (Psalm 103:12).
c Siehe den Wachtturm vom 15. Dezember 1980 „Sich als alleinstehender Elternteil in der heutigen Welt behaupten“. Siehe auch den Artikel „Junge Leute fragen sich: Wie können unverheiratete Mütter aus ihrer Lage das Beste machen?“ im Erwachet! vom 8. Oktober 1994.
[Bild auf Seite 26]
Oftmals wird ein Mädchen von seinem Freund unter Druck gesetzt abzutreiben