Das Internet — Warum ist Vorsicht geboten?
DAS Internet steckt sicherlich voller Möglichkeiten, was das Bildungsangebot und die tagtägliche Kommunikation angeht. Doch kratzt man etwas an dem High-Tech-Image, stößt man auf dieselben Probleme, wie man sie seit langem vom Fernsehen, vom Telefon, von den Zeitungen und den Bibliotheken her kennt. Darum ist die Frage durchaus angebracht: „Ist das Angebot im Internet etwas für meine Familie und mich?“
In zahlreichen Berichten ist über die Verfügbarkeit von pornographischem Material im Internet geschrieben worden. Soll das jedoch heißen, daß das Internet nichts anderes als ein Tummelplatz für abartige, perverse Menschen ist? Viele halten das für reichlich übertrieben. Sie meinen, man käme nur durch bewußte und gezielte Anstrengungen an fragwürdiges Material heran.
Und es stimmt, daß man sittlich verdorbenes Material im Internet gezielt suchen muß, doch nach Ansicht einiger läßt es sich weit müheloser finden als sonstwo. Ein Benutzer braucht nur ein paar Tasten zu betätigen, um auf erotisches Material, wie eindeutige Sexfotos sowie kurze Tonstücke und Videoclips, zu stoßen.
Die Frage, wieviel Pornographie im Internet verfügbar ist, wird zur Zeit heftig diskutiert. Manche meinen, man würde die Sache aufbauschen, wenn man sagt, das Internet sei von dem Problem förmlich durchdrungen. Wäre man jedoch weniger um die Sicherheit seiner Familie besorgt, wenn einem gesagt würde, daß man in seinem Garten nicht hundert, sondern nur einige wenige Giftschlangen hat? Wer Zugang zum Internet hat, tut deshalb gut daran, Vorsicht walten zu lassen.
Vorsicht bei Personen, die es auf Kinder abgesehen haben!
In letzter Zeit wurde in den Medien öfter berichtet, daß sich Pädophile in die interaktiven Online-Chats junger Leute eingeklickt haben. Diese Erwachsenen gaben sich als Kinder aus und haben unbedarften Kindern und Jugendlichen dann auf hinterhältige Weise ihren Namen und ihre Adresse entlockt.
Das Nationale Zentrum für vermißte und ausgebeutete Kinder (NCMEC) in den USA hat etliche solcher Vorfälle dokumentiert. Zum Beispiel fand die Polizei 1996 zwei Mädchen im Alter von 13 und 15 Jahren aus Südkarolina (USA), die eine Woche als vermißt galten. Sie waren mit einem 18jährigen, den sie durch das Internet kennengelernt hatten, in einen anderen Bundesstaat gegangen. Ein 35jähriger wurde angeklagt, einen 14jährigen Jungen in Abwesenheit seiner Eltern verführt zu haben. Beide Fälle begannen mit einem Dialog in einem Internet-Chat-Room. Ein anderer Mann lernte einen 15jährigen Jungen online kennen und fing ihn dreist bei seiner Schule ab. Und noch ein anderer Mann gab zu, mit einem 14jährigen Mädchen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Sie hatte den Computer ihres Vaters benutzt, um mit Jugendlichen über Online-Bulletin-Boards Kontakt aufzunehmen. Auch sie hatte diesen Erwachsenen per Online kennengelernt. Jeder dieser jungen Leute ließ sich letztendlich dazu überreden, seine Identität preiszugeben.
Elterliche Überwachung erforderlich
Auch wenn es nur relativ selten zu solchen Vorfällen kommt, müssen Eltern die ganze Sache unbedingt gründlich überdenken. Welche Möglichkeiten stehen ihnen zur Verfügung, um ihre Kinder davor zu schützen, die Zielscheibe von Verbrechern und Ausbeutern zu werden?
Firmen bieten mittlerweile Programme an, die von Bewertungssystemen (ähnlich wie für Filme) über eine Filtersoftware (die nicht wünschenswerten Inhalt herausfiltert) bis hin zu Alterskennungssystemen reichen. Manche Programme sperren Material bereits, bevor es den heimischen Computer erreicht. Die meisten dieser Systeme sind jedoch nicht absolut sicher und können auf verschiedenen Wegen umgangen werden. Man darf nicht vergessen, daß die ursprüngliche Zielsetzung bei der Entwicklung des Internets darin bestand, es für Störungen unanfällig zu machen; eine Zensur ist deshalb schwierig.
Ein Polizeisergeant, der Ermittlungen über die Ausbeutung von Kindern in Kalifornien leitet, gab in einem Interview mit Erwachet! folgenden Rat: „An elterlicher Überwachung geht kein Weg vorbei. Ich selbst habe einen 12jährigen Sohn. Meine Frau und ich haben ihm erlaubt, das Internet zu nutzen, aber wir machen es zu einem Familienprojekt und achten sorgfältig darauf, wieviel Zeit wir dafür verwenden.“ Besonders auf der Hut ist dieser Vater bei Chat-Rooms, und er schränkt ihre Nutzung stark ein. „Der Computer steht nicht im Zimmer unseres Sohnes, sondern an einem für jedermann sichtbaren Platz in der Wohnung“, fügte er hinzu.
Eltern müssen ein reges Interesse daran haben, zu entscheiden, ob und inwieweit ihre Kinder das Internet nutzen dürfen. Welche praktischen und vernünftigen Vorsichtsmaßnahmen sollten ergriffen werden?
David Plotnikoff, Redaktionsmitglied der Zeitung San Jose Mercury News, gab Eltern, die sich für einen heimischen Internet-Anschluß entschieden haben, einige gute Tips.
• Den größten Nutzen ziehen Jugendliche aus dem Internet-Erlebnis, wenn sie mit den Eltern gemeinsam im Internet unterwegs sind und von ihrem Urteil und ihrer Anleitung profitieren. Ohne die Anleitung der Eltern, meinte er warnend, würden die Kinder „in einem Ozean von Informationen ertrinken“. Die Regeln, auf denen man als Eltern bestehe, seien nichts anderes als „eine Erweiterung der vernünftigen Regeln, die man für seine Kinder sowieso schon aufgestellt hat“. Ein Beispiel hierfür wäre das Verhalten gegenüber Fremden.
• Das Internet ist eine öffentliche Einrichtung und sollte nicht als Babysitter benutzt werden. „Schließlich würde man sein 10jähriges Kind ja auch nicht einfach irgendwo in der Großstadt absetzen und zu ihm sagen, es solle sich ein paar Stunden vergnügen, oder?“
• Man sollte unterscheiden lernen zwischen Internet-Angeboten wie Spiele oder Chat-Runden und der Möglichkeit, Hilfe für die Hausaufgaben zu bekommen.
In dem NCMEC-Faltblatt Child Safety on the Information Highway werden jungen Leuten einige Richtlinien gegeben. Zum Beispiel:
• Keinerlei Auskünfte über die eigene Adresse, die private Telefonnummer oder den Namen und den Ort der Schule geben. Keine Fotos ohne die Erlaubnis der Eltern verschicken.
• Beim Erhalt von Nachrichten, die einem komisch vorkommen, sofort die Eltern unterrichten. Auf gemeine oder aggressive Nachrichten niemals antworten. Umgehend die Eltern in Kenntnis setzen, damit sie Verbindung mit dem Online-Dienst aufnehmen können.
• Mit den Eltern zusammenarbeiten, wenn sie Regeln darüber aufstellen, wann und wie lange man online gehen und welche Abschnitte man bereisen darf; ihre Entscheidungen respektieren.
Vorsichtsmaßnahmen sind auch für Erwachsene von Vorteil. Manche Erwachsene sind bereits ungewollt in Beziehungen hineingeschlittert und haben sich auf Grund ihrer Sorglosigkeit ernste Schwierigkeiten eingehandelt. Der geheimnisvolle Nimbus, der die Chat-Welt umgibt — der fehlende Augenkontakt und die Anonymität durch die Spitz- oder Decknamen —, hat manche sorglos werden lassen und ihnen ein trügerisches Gefühl der Sicherheit vermittelt. Erwachsene, aufgepaßt!
Eine ausgeglichene Ansicht bewahren
Etliches Material und viele Dienste, die das Internet anbietet, sind pädagogisch wertvoll und können nützlich sein. Immer mehr Firmen stellen interne Datenverzeichnisse auf ein internes Netz, Intranet genannt. Auf dem Internet basierende Audio- und Videokonferenzen könnten die Gepflogenheiten in Verbindung mit Reisen und Geschäftsbesprechungen nachhaltig verändern. Etliche Firmen nutzen das Internet, um ihre Computer-Software zu vertreiben und dadurch Kosten zu sparen. Auch viele Anbieter von Dienstleistungen, wie Reisebüros und Börsenmakler, die für geschäftliche Transaktionen gegenwärtig Personal benötigen, werden es wahrscheinlich zu spüren bekommen, wenn Nutzer des Internets ihre Angelegenheiten teilweise oder sogar vollständig selbst regeln können. Ja, das Internet hat tiefgreifende Veränderungen mit sich gebracht und wird wahrscheinlich auch in Zukunft ein wichtiges Medium für die Kommunikation, die gemeinsame Nutzung von Informationen und die Abwicklung von Geschäften sein.
Mit dem Internet läßt sich wie mit den meisten Hilfsmitteln allerhand Nützliches anfangen. Es läßt sich jedoch auch Mißbrauch damit treiben. Manche möchten vielleicht in die konstruktiven Abschnitte des Internets tiefer einsteigen, andere hingegen nicht. Einem Christen steht es nicht zu, jemandes Entscheidung in persönlichen Fragen zu verurteilen (Römer 14:4).
Die Nutzung des Internets ist wie eine Reise in ein fremdes Land, in dem es viel Neues zu sehen und zu hören gibt. In Verbindung mit einer Reise muß man vernünftige Vorsichtsmaßnahmen treffen und gute Manieren zeigen. Genau das ist auch nötig, wenn man sich zu einer Reise im Internet entschließt — auf dem Information-Superhighway.
[Herausgestellter Text auf Seite 12]
„Der Computer steht nicht im Zimmer unseres Sohnes, sondern an einem für jedermann sichtbaren Platz in der Wohnung“
[Herausgestellter Text auf Seite 13]
Das Internet ist eine öffentliche Einrichtung und sollte nicht als Babysitter benutzt werden
[Kasten/Bild auf Seite 11]
Höflichkeit und Vorsicht erforderlich
Höflichkeit
Man muß die Regeln der Höflichkeit oder die Etikette erlernen. Die meisten Internet-Dienste-Anbieter geben Richtlinien heraus für rücksichtsvolles und annehmbares Verhalten. Mitbenutzer werden unser Feingefühl und unsere guten Manieren zu schätzen wissen.
Vorsicht
Manche Diskussionsgruppen debattieren über religiöse oder umstrittene Themen. Vorsicht, wenn man zu solchen Debatten Diskussionsbeiträge liefern will; wahrscheinlich wird unsere E-Mail-Adresse und unser Name auf dem Bildschirm aller Teilnehmer erscheinen. Das führt oft zu zeitraubender und unerwünschter Korrespondenz. Manche Newsforen sollten sogar überhaupt nicht gelesen werden, geschweige denn, daß man aktiv daran teilnimmt.
Wie sieht es aus, wenn man selbst eine Diskussionsgruppe oder ein Newsforum für Mitchristen einrichten will? Das kann größere Probleme und Gefahren mit sich bringen, als man zuerst vielleicht denkt. Beispielsweise ist bekannt, daß einige Personen Hintergedanken haben und sich im Internet anders darstellen. Momentan läßt sich die Identität eines anderen Internet-Benutzers noch nicht bestätigen. Außerdem ließe sich eine solche Gruppe in gewisser Hinsicht mit einem großen, andauernden geselligen Beisammensein vergleichen, das den Gastgeber, der die verantwortungsvolle Aufgabe der Aufsicht hat, viel Zeit und Kraft kostet. (Vergleiche Sprüche 27:12.)
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Wie kostbar ist meine Zeit?
Das Leben im 20. Jahrhundert ist nach und nach immer komplizierter geworden. Erfindungen, die zum Vorteil mancher Menschen waren, entpuppten sich für viele andere oft als Zeiträuber. Unsittliche und gewaltverherrlichende Fernsehsendungen, pornographische Literatur und entartete Musik sind Beispiele für Technologien, mit denen Mißbrauch getrieben wurde. Sie rauben den Menschen nicht nur kostbare Zeit, sondern schaden ihnen auch in geistiger Hinsicht.
Natürlich haben für einen Christen geistige Dinge absoluten Vorrang; dazu gehört das tägliche Bibellesen und die eingehende Beschäftigung mit den unschätzbaren biblischen Wahrheiten, wie sie in den Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! und in anderen Veröffentlichungen der Watch Tower Society erläutert werden. Verbringt man, statt im Internet zu surfen, seine Zeit damit, Erkenntnis über den allein wahren Gott und seinen Sohn, Jesus Christus, aufzunehmen und diese Erkenntnis voll Eifer umzusetzen, wird man dauerhaften Nutzen davon haben (Johannes 17:3; siehe auch Epheser 5:15-17).