Die Neue-Welt-Gesellschaft in Guayana
AUF ihrem Wege nach dem Zandery-Flugfeld in Surinam machten der Präsident der Watch Tower Society, N. H. Knorr, und sein Reisegefährte, M. G. Henschel, im Flughafen in Britisch-Guayana einen kurzen Halt. Sie waren ganz überrascht, einige der Wachtturm-Missionare in jenem Flughafen vorzufinden, denn er ist kilometerweit von der Hauptstadt Georgetown entfernt, und die Straßen waren um diese Jahreszeit sehr schlecht. Dies zeigte, welches Interesse die Glieder der Neuen-Welt-Gesellschaft füreinander haben, und sehr schätzten die zwei Reisenden die Güte und Gastfreundschaft, die ihnen von den Brüdern in Britisch-Guayana erwiesen wurde, welche sie in wenigen Tagen wieder besuchen sollten.
Es war ziemlich spät abends, als das Flugzeug auf dem Zandery-Flugfeld landete; aber die Brüder waren da, um ihre Besucher zu begrüßen und sie voller Freude in Surinam willkommen zu heißen. Die Brüder in Surinam hatten sich wochenlang auf diesen Anlaß gefreut. Sie hatten eine große Bekanntmachungsaktion für ihren öffentlichen Vortrag veranstaltet, und von Haus zu Haus wurde ein besonderes Angebot von drei Broschüren gemacht, damit die Brüder rasch durch das Gebiet gehen und in jeder Familie eine Einladung zur Zusammenkunft, besonders zum öffentlichen Vortrag, abgeben konnten.
Alle Brüder in Surinam waren sich der Verantwortung bewußt, die sie in Verbindung mit dieser Zusammenkunft hatten, und sie benützten jede Gelegenheit, auszuziehen. Wenn sie noch Gebiete hatten, die nicht vollständig durchgearbeitet waren, setzten sie diesen Dienst immer an die erste Stelle, und andere Dinge mußten zurücktreten. Jedem war daran gelegen, daß sein Gebiet mit Einladungen richtig durchgearbeitet werde, damit die Leute etwas von der Zusammenkunft der Zeugen Jehovas in der Hauptstadt Surinams wüßten.
Das ganze Programm wurde in einem chinesischen Klublokal dargeboten, das Kong Ngie Tong hieß. Da der Besuch der Brüder mitten in der Woche erfolgte, wurden die Zusammenkünfte auf die Abendstunden anberaumt, um es jenen, welche eine weltliche Beschäftigung hatten, zu ermöglichen, den Darbietungen am Abend beizuwohnen. Die meisten Königreichsverkündiger in Surinam wohnen in der Umgebung von Paramaribo, und so war dies ihnen dienlich; und die anderen, die in anderen Städten wohnten, kamen herbei, weilten die Woche in der Hauptstadt und verbrachten so schöne Tage im Felddienste.
Die Brüder taten ihr Bestes, das Podium schön zu gestalten. Sie malten ein Bild für den Hintergrund und stellten dann viele Blattpflanzen und Blumen um das Podium auf, so daß alles einladend und frisch aussah. Jeder freute sich, nahe dabei zu sitzen.
Es war für Surinam gerade die Regenzeit des Jahres, und der Regen störte die Zusammenkünfte etwas. Gerade vor Anfang am Montag abend, am 18. Januar 1954, taten sich die Schleusen des Himmels auf, und es goß in Strömen. Wenn es in Surinam regnet, so kann man nur e i n e s tun, wenn man überhaupt trocken bleiben will: man muß Deckung suchen! Jeder, der nur wenige Sekunden im Regen bleibt, wird völlig durchnäßt, denn es gießt wie mit Kübeln. Die meisten Häuser haben Wellblechdächer, und so prasselt der Regen lustig hernieder, und es scheint, als ob in der ganzen Stadt getrommelt werde, während das Wasser herunterprasselt und die ganze Stadt mit Lärm erfüllt. Es regnete während des ersten Abends mit Unterbrechungen, dennoch fanden sich 159 Personen im Versammlungssaal ein und nahmen an der Anbetung vor Jehova teil. Am nächsten Abend war das Wetter viel besser, und 216 waren anwesend. Dann, am dritten Abend, waren 208 Personen zugegen.
Alle freuten sich, den Rat der Besucher sowie die Unterweisung der Redner des Ortes zu hören, und mit besonderer Freude nahmen sie die lieben Grüße und Berichte über die Tätigkeit ihrer Brüder in anderen Ländern entgegen, denn Surinam ist wirklich abgelegen, nicht sehr gut bekannt und nicht sehr oft von Leuten aus dem Ausland besucht, außer vielleicht von Geschäftsleuten oder Missionaren.
Während der Zusammenkunft erzählten die Verkündiger interessante Erfahrungen. Eine Pionierin erzählte, wie sie sich in Begleitung von zwei weiteren Verkündigern für einige Wochen in abgelegenes Gebiet, in die Stadt Coronie, begeben hatte. Während sie eines Tages von Haus zu Haus wirkte, traf sie einen Katholiken, dem sie ein holländisches Exemplar der Zeitschrift Erwachet! mit einem Artikel über die von Kirchen betriebenen Lotterien zurückließ. Am folgenden Tag sah sie ihn am Fenster sitzen und die Zeitschrift lesen, doch ging sie nicht hinein. Am nächsten Tag rief er sie, bat sie herein, sagte ihr, er habe nichts gegen sie, denke aber, daß es nicht recht sei, daß die Organisation solche Dinge über seine Kirche drucke. Er dachte, es sei Verleumdung. Er hatte die Punkte im Artikel unterstrichen, von denen er dachte, sie seien falsch. Sie sagte ihm, er habe recht getan, diese Punkte zu unterstreichen, zeigte ihm aber, daß er weiterlesen und auch die Quellenangaben unterstreichen sollte, die als Grundlage zu diesen Erklärungen angeführt seien. So setzte sie sich nieder und unterstrich den Namen der Zeitung oder des Redners, die die Erklärung zuerst bekanntgegeben oder veröffentlicht hatten. Der Mann konnte die Sache verstehen, und es wurde ihm zum Lesen eine katholische Bibel geliehen. Man vereinbarte, daß die Verkündigerin wiederkomme, und er versprach, daß dann noch andere da seien, um weiteres zu hören. Weil es regnete, war nur e i n e weitere Person beim Rückbesuch anwesend, aber der katholische Hausinhaber sagte ihr, er sei bis zwei Uhr morgens aufgeblieben, um in der Bibel zu lesen. Er sagte ihr, sein Haus stehe ihr zu jeder Zeit offen. Diese Schwester kehrt nun als Sonderpionierin nach Coronie zurück
Als ein anderer Pionier von Tür zu Tür ging, traf er einen Mann aus Britisch-Indien, einen Hindu, der ihn warm aufnahm. Es wurde dem Verkündiger gesagt, dieser Mann habe sich schon Schriften beschafft, obwohl er nicht lesen könne, und habe seine Kinder geheißen, sie ihm vorzulesen und ihm zu sagen, was darin stehe. „Es tut mir leid, daß Sie unerwartet kommen“, sagte er, „sonst wäre ich mit Ihnen von Haus zu Haus gegangen.“ Als man ihn fragte, wer im Nachbarhause wohne, erwiderte er: „Das ist mein guter Nachbar. Wenigstens kann ich so weit mit Ihnen gehen.“ Darauf rief er den Nachbarn, gab ihm ein längeres Zeugnis über die schon gehörten Punkte und empfahl ihm die Wahrheit. In jener kleinen Versammlung, wo der Bruder gearbeitet hat, ist wenigstens e i n Mann aus Britisch-Indien ein Glied der theokratischen Dienstamtschule.
Auf der gleichen Plantage, Meerzorg, wo sich dies zutrug, haben die Brüder gut gearbeitet, und sie stellten fest, daß sie einen Königreichssaal brauchten. Pläne wurden gemacht. Einige pflanzten Reis und andere Bodenprodukte in größeren Mengen als gewöhnlich, und als die Ernte eingebracht wurde, konnte der Ertrag für den Bau eines Saales geschenkt werden. Ein weiterer Betrag wurde als Anleihe aufgenommen. Zementsteine und Bauholz wurden gekauft. Ein Stück Land wurde von dem Bruder gegeben, der seit vielen Jahren der einzige Verkündiger auf der Plantage gewesen war, und die Bauarbeit begann. Verkündiger aus Paramaribo hörten davon, und Brüder, Zimmerleute aus der Stadt, leisteten Hilfe. Nun fehlt nur noch das Dach aus Zinkblech und der Zementfußboden. Die Konstruktion ist sehr gut für eine Plantage in den Tropen. Mauern aus Zementsteinen erreichen eine Höhe von etwa 1,20 m auf guter Grundlage, und darüber werden die Mauern offengelassen, und von der Mauer aus werden nur Pfosten das Dachgerüst mit dem Dach aus Zinkblech tragen. Die Lage ist ausgezeichnet, nämlich nahe bei einer Hauptstraße und unter dem dichten Blätterwerk von Mango- und Orangenbäumen, die kühlen Schatten spenden werden.
Eines der sehr angenehmen Erlebnisse während der Zeit der Hauptversammlung war eine Fahrt, die der Zweigdiener, ein Missionar und die zwei Reisenden über den Paramaribo-Fluß nach einer Plantage auf der anderen Seite unternahmen, um den neuen Saal zu besuchen und zu den neuen Brüdern und Schwestern dort zu sprechen. Das Land in Surinam liegt sehr niedrig, einiges unter dem Meeresspiegel, und man kann die Farmen nur bearbeiten mit Hilfe von Entwässerungskanälen und indem man Dämme baut, die hoch genug sind, die Meereswogen fernzuhalten. Die vier Brüder mußten einen dieser Kanäle entlang ziemlich weit hinaufreisen und dann aus dem Boot aussteigen; es war ein Außenbordmotorboot. Dann wanderten sie etwa anderthalb Kilometer weit einen anderen Kanal entlang, bis sie die Verkündiger trafen. Fünfundzwanzig Personen versammelten sich in der kleinen Wohnung eines Bruders, und es hieß etwas, all die 25 in dieses Haus hineinzupferchen, und dann sprachen die Brüder Knorr und Henschel durch einen Dolmetscher, den Zweigdiener, zu ihnen.
Ein Treffen wurde an einem anderen Tage veranstaltet für all die Pioniere, um ihre Probleme zu besprechen und zu sehen, wie wir weitere Gebiete erreichen könnten.
Am Donnerstag, dem letzten Tag des Besuches der Brüder Knorr und Henschel, wurden diese von etwa 80 Verkündigern auf eine Ausfahrt zum gruppenweisen Zeugnisgeben mitgenommen. Drei Autobusse waren gemietet und Vorkehrungen getroffen worden, eine Strecke von etwa 20 km entlang zu arbeiten, was etwa fünf kleinere Dörfer und viele Pfade einschloß, die von der Straße in den Busch führten und von Farmfamilien besiedelt sind.
Ihre Methode der Landwirtschaft ist interessant, aber nicht wirtschaftlich. Jemand richtet sein Haus an einer gewissen Stelle auf, haut eine Lichtung in den Busch, läßt aber die Baumstümpfe im Boden. Das umgehauene Strauchwerk wird verbrannt, und Kassawa-Schosse werden gepflanzt, indem man einfach die Erde mit einer Machete etwas löst, einen kleinen Erdhügel macht, einen Kassawa-Stengel, der ausgeschlagen hat, in den Boden steckt und einige Blätter als Dünger darüber streut. Wenn die Kassawa reif geworfen ist, wird sie herausgezogen, ein Schoß wird vom Stamm der Pflanze abgeschnitten, in das nämliche Loch gesetzt und einige weitere Blätter darüber gestreut. Diese Blätter über dem neuen Hügel zeigen dem Farmer an, daß er hier schon ein neues Schoß gesetzt hat. Auch anderes wird gepflanzt, wie Mais, eine Art Kürbis und verschiedene Gemüse. Wenn der Boden etwa drei Jahre lang bearbeitet worden ist, ist der Ertrag wegen Bodenmüdigkeit nicht mehr so groß, und so wird diese Lichtung aufgegeben und eine andere weiter weg ebenso angelegt. Es gibt Leute, die kilometerweit zu ihrem „gron“ gehen müssen.
Nachdem die Verkündiger in diesen Dörfern und die Wege entlang gearbeitet hatten, wurden sie mit den Autobussen wieder abgeholt und nach Republiek gebracht, wo eine Schwester sie in ihrem Landhaus gastfreundlich aufnahm. Hier sprachen die Brüder Knorr und Henschel nochmals zu den Brüdern, wiesen auf die Notwendigkeit der Führerschaft durch die Diener hin, die Notwendigkeit der Eignung der Diener, einer guten Zusammenarbeit der Diener und der Zusammenarbeit von Dienern und Verkündigern, dann auf die Notwendigkeit, das Werk durch Verwendung von Sonderpionieren auszudehnen und jeden, der es irgendwie möglich machen kann, zum Ferienpionierdienst zu ermuntern, damit sie nach entlegenen Orten gehen und dort zwei bis drei Wochen Samen aussäen. Auch Fragen der Verkündiger wurden beantwortet, solche über die Taufe und Ehen nach dem Gewohnheitsrecht, über Geburtstage und das Tragen von weißen oder schwarzen Kleidern als Zeichen der Trauer sowie über andere wichtige Dinge, den Dienst und die damit verbundenen Vorrechte betreffend. Bald sollte es hier in Surinam mehr Versammlungen geben — so wurde ihnen gesagt, und dies mit Recht.
Es wurde 18 Uhr, und die Verkündiger bestiegen die Autobusse zur Heimfahrt nach der Stadt, und sie ließen Bruder Knorr und Henschel mit einigen Missionaren zurück, die auf das Taxi warteten, das sie nach dem nicht weit entfernt gelegenen Flughafen bringen sollte. Während man noch über Erfahrungen sprach, einige belustigender, andere ernsterer Art, wie sie typisch sind vom Zeugniswerk überall auf der Erde, verging die Zeit rasch. Dann das Taxi, der Flughafen, und nach kurzem Warten hob das Flugzeug die Brüder vom Boden empor und trug sie ihrer nächsten Dienstaufgabe in Britisch-Guayana entgegen. Die praktischen Anregungen, die sie hinterließen, werden in die Tat umgesetzt werden und sollen im Einklang mit Gottes Willen zu einer noch größeren Mehrung führen.
Weil sich der Sonntagabend als die einzig günstige Zeit zu einem öffentlichen Vortrag erwiesen hat, wurde dieser für den Sonntag der Woche des Besuchs der zwei Brüder angesagt. So wurden weitere Vorkehrungen zur Bearbeitung des Gebietes getroffen. Wie zuvor erwähnt, bekundeten die Verkündiger einen guten Geist, indem sie sich ihrer Gebiete gut annahmen; und soweit festgestellt werden kann, erhielt sozusagen jedes Haus in Paramaribo eine Einladung, herzukommen und den Vortrag am Sonntag abend im Cultuurtuin auf einem Fußballfelde mit bedeckten Tribünen anzuhören. Während der ganzen Woche hatte es hin und wieder fast jeden Tag stark geregnet, und als der Sonntag kam, fragten sie sich, was für Wetter sie wohl hätten. Am Morgen regnete es, aber am Nachmittag hellte es auf, und als die Zeit für den öffentlichen Vortrag kam, leuchteten einige Sterne. Beim Vortrag waren 379 Personen anwesend, wovon etwa 300 dablieben, um die zwei Schlußansprachen anzuhören.
Mehr Brüder waren von außerhalb her zu diesem Treffen gekommen denn je zuvor, um sich an der notwendigen Speise zu erlaben, und wenn den Brüdern in Paramaribo eine Gelegenheit geboten wird, Zusammenkünften in den anderen kleinen Städten und Plantagen beizuwohnen, werden sie bestimmt dazu erscheinen. Es ist so ermutigend, wenn sie hören können, wie Brüder von anderen Orten am Programm teilnehmen und gute Ansprachen halten. Es nimmt ihnen das Gefühl der Isolierung und des Daseins als einzelne Versammlung und bringt sie mehr in Verbindung mit dem ganzen Kreis. Es vereinigt die Versammlungen zu einem Kreis und hilft den Verkündigern, an das Werk im ganzen Felde zu denken, wofür sie verantwortlich sind, an dieses Land Surinam, in dem sie sich befinden. Sie werden sich bestimmt in dieser Richtung aufs beste bemühen, denn es ist ihnen gesagt worden, was zu tun sei und wie es getan werden könne, und sie sind willens, es zu tun.
[Karte auf Seite 556]
(Genaue Textanordnung siehe gedruckte Ausgabe)
BRITISCH GUAYANA
Georgetown
NIEDERL.-GUAYANA (SURINAM)
Coronie
Paramaribo
Republiek
ININI
FR. GUAYANA