Fragen von Lesern
● Der Glaube an eine der Menschenseele innewohnende Unsterblichkeit bildet in den Religionen der Welt — seien es christliche, jüdische oder heidnische — eine grundlegende Lehre. Warum glauben Jehovas Zeugen, daß die Seele nicht unsterblich ist?
Weil es keinen Text in der Bibel gibt, der besagt, daß sie unsterblich sei, aber verschiedene Texte, die zeigen, daß sie sterblich ist. Die Seele, die sündigt, stirbt: „Die Seele, welche sündigt, die soll sterben.“ Selbst über den Menschen Jesus, der ohne Sünde war, steht geschrieben, „daß er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod“. Eine Seele ist nicht ein ungreifbares, unsichtbares, geistiges Etwas, das getrennt vom Körper eines Geschöpfes existiert, sondern „Seele“ bedeutet „Leben“. Von einem lebenden Geschöpf — ob Mensch oder Tier — kann gesagt werden, es habe Seele. Von den Wassertieren, die vor dem Menschen erschaffen wurden, sagt die Bibel, wie wir es in 1. Mose 1:20 (Fußn.) lesen: „Es wimmeln die Wasser vom Gewimmel lebendiger Seelen [‚Geschöpfe, die Seele haben‘, KJ, Fußn.].“ Weder Tiere noch Menschen haben unsterbliche Seelen; sie sind lebendige Seelen und werden zu toten Seelen: „Denn was das Geschick der Menschenkinder und das Geschick der Tiere betrifft, so haben sie einerlei Geschick: wie diese sterben, so sterben jene, und e i n e n Odem haben sie alle; und da ist kein Vorzug des Menschen vor dem Tiere, denn alles ist Eitelkeit. Alles geht an e i n e n Ort; alles ist aus dem Staube geworden, und alles kehrt zum Staube zurück.“ Der von den meisten Religionen vertretene Gedanke, daß der Mensch eine unsterbliche, sich ihres Daseins bewußte Seele habe, die nach dem Tode des Körpers weiterlebe, ist rein erfunden. „Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden; die Toten aber wissen gar nichts, und sie haben keinen Lohn mehr, denn ihr Gedächtnis ist vergessen. Alles, was du zu tun vermagst mit deiner Kraft, das tue; denn es gibt weder Tun noch Überlegung noch Kenntnis noch Weisheit im Scheol [Grab], wohin du gehst.“ Mit dem Tod endet das bewußte Dasein des Menschen: „Sein Geist [Odem, Me] geht aus, er kehrt wieder zu seiner Erde: an selbigem Tage gehen seine Pläne zu Grunde.“ — Hes. 18:4; Jes. 53:12; Pred. 3:19, 20; 9:5, 10; Ps. 146:4.
Wäre den Nachfolgern Christi wohl gesagt worden, sie sollten nach Unsterblichkeit trachten, wenn sie sie bereits besessen hätten? Es heißt von ihnen indes: „Denen, die … Herrlichkeit und Ehre und Unverweslichkeit [Unsterblichkeit, van Eß] suchen, ewiges Leben“, und: „Dieses Sterbliche [muß] Unsterblichkeit anziehen.“ — Röm. 2:7; 1. Kor. 15:53.
● In Markus 9:47, 48 steht geschrieben: „Und wenn dein Auge dich ärgert, so wirf es weg. Es ist dir besser, einäugig in das Reich Gottes einzugehen, als mit zwei Augen in die Hölle des Feuers geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt, und das Feuer nicht erlischt.“ Beweist dies nicht, daß die Bösen ewig gequält werden?
Um ewig im Feuer gequält und von Würmern verzehrt zu werden, müßte die Seele der Bösen unzerstörbar, unsterblich sein. Aber die vorhergehende Antwort zeigt, daß die Seele nicht unsterblich ist, sondern daß sündige Seelen sterben und dann vollständig ohne Bewußtsein sind. In Eden sagte Gott zu Adam nicht, daß die Strafe für Ungehorsam ewige Qual sei, sondern sagte statt dessen zu ihm: „Du wirst gewißlich sterben.“ Jahrtausende später war die Strafe immer noch dieselbe. „Der Lohn der Sünde ist der Tod“ — nicht ewige Qual. — 1. Mose 2:17; Röm. 6:23.
Wie verhält es sich nun aber mit dem in der Frage erwähnten Ausspruch aus Markus 9:47, 48? Es handelt sich hier offensichtlich um Sinnbildersprache, so daß man diese Worte nicht buchstäblich auffassen soll. Niemand, der an eine Feuerqual glaubt, würde seine Augen ausreißen, wenn sie begehrlich oder neidisch auf etwas blicken, doch müßte er das eigentlich tun, wenn er diesen Text buchstäblich nimmt, um zu vermeiden, daß er ewiglich im Feuer geröstet wird. Wenn die Würmer, die nicht sterben, und das Feuer, das nicht erlischt, als buchstäbliche, physische Gefahren aufzufassen wären, vor denen man sich hüten sollte, dann wäre auch das Mittel, durch das man sich davor schützt, buchstäblich anzuwenden. Es würde jedoch keinem vernünftigen Menschen, der an die ewige Qual glaubt, einfallen, eine Hand oder einen Fuß abzuhauen oder ein Auge auszureißen, weil sie beim Sündigen mitbeteiligt waren. Es handelt sich hier um Sinnbildersprache, auch was die Erwähnung der Würmer und des Feuers betrifft.
Das hier mit „Hölle des Feuers“ wiedergegebene griechische Wort ist Gehenna. Es stammt von dem hebräischen Ausdruck Ge-Hinnom, womit ein Tal bezeichnet wurde, das westlich und südlich der alten Stadt Jerusalem lag. Unter den späteren Königen von Juda wurde in diesem Tal Götzendienst getrieben. Um diesem ein Ende zu machen, ließ der treue König Josia das Tal entweihen, und von da an wurde es als Abladeplatz und Verbrennungsstätte für den Kehricht der Stadt Jerusalem benutzt. Um die Verbrennung des Mülls zu beschleunigen, warf man noch Schwefel hinein. Tierleichen wurden in dieses Tal geworfen, um sie zu verbrennen, und gelegentlich auch die Leichen hingerichteter Verbrecher, von denen angenommen wurde, daß sie einer Auferstehung nicht würdig seien. Wenn die Leichen im Feuer landeten, wurden sie davon verzehrt, wenn sie aber an einem Felsvorsprung der tiefen Schlucht hängenblieben, wo die Flammen sie nicht erreichten, wurden sie eine Speise der Würmer. Die Juden der Zeit Jesu betrachteten daher dieses Tal Hinnom, in das wertlose Dinge geworfen wurden, mit seinen Schwefelflammen und verzehrenden Würmern als ein Symbol für den Tod, aus dem es keine Auferstehung gibt. Es bedeutete Ausrottung, den „zweiten Tod“, die ewige Vernichtung oder Strafe. Von diesem buchstäblichen Tal Hinnom oder der Gehenna und seiner Bedeutung stammt der symbolische Ausdruck der „See, der mit Feuer und Schwefel brennt“. Man verstand darunter den Tod ohne die Hoffnung auf eine Auferstehung. „[Der] See, der mit Feuer und Schwefel brennt, welches der zweite Tod ist.“ — Off. 21:8; 19:20; 20:10, 14, 15.
Wenn also die Worte in Markus 9:47, 48 richtig verstanden werden, widersprechen sie den Texten in der Bibel nicht, die besagen, daß die Strafe für Sünde der Tod ist. Im Gegenteil, sie unterstützen die Lehre von der Todesstrafe und nicht die Lehre von der ewigen Qual.
● In Jesaja 41:6 lesen wir: „Einer half dem anderen und sprach zu seinem Bruder: Sei mutig!“ Wer erfüllt diese Prophezeiung heute? Kann sie als Beispiel gebraucht werden, das angeführt werden könnte, um einander zu ermutigen, das Zeugnis für das Königreich Jehovas, dem Christus vorsteht, heute zu geben? — F. F., Vereinigte Staaten.
Wenn wir den Begleittext in Betracht ziehen, mag es scheinen, als ob der angeführte Bibelvers ein schöner Text für Christen sei, den sie auf sich selbst anwenden könnten, indem sie einander helfen und ermutigen, begeistert im Königreichsdienst mitzuwirken. Aber durch all die Jahre ihrer Geschichte hindurch hat die Wachtturm-Gesellschaft in ihren gebundenen Büchern, Broschüren und Zeitschriften Jesaja 41:6 nie so angewandt, ja tatsächlich hat sie diesen Vers nie eingehend behandelt. Warum nicht? Weil er sich nicht auf Jehovas Zeugen bezieht.
In Vers 1 gebietet Jehova den Gemeinden der Inseln, vor ihm zu schweigen, und den Völkern, zu einer gesetzlichen Auseinandersetzung vor ihn zu kommen. Vers 5 sagt, daß die Inseln das, was Jehova tut, sehen und sich fürchten und daß sie zusammenkommen, um den zu bekämpfen, den Jehova aus dem Osten erweckt, damit er sein Gericht vollziehe. Dann beginnen sie, jeder seinem Nächsten zu helfen, und jeder heißt seinen Bruder, mutig zu sein. Daß sie einander im Widerstand gegen Jehovas Willensvollstrecker helfen und sich gegenseitig Mut zusprechen, geht aus dem nächsten Vers (7) hervor: „Und der Künstler ermuntert den Goldschmied, und der mit dem Hammer glättet, den, der auf den Amboß schlägt. Gut so! sagt er von der Lötung und befestigt es mit Nägeln, daß es nicht wackle.“ (ZB) Was sollte ‚nicht wackeln‘? Das Götzenbild, wofür der Künstler den Holzrahmen gemacht hat. Er ermuntert dann den Goldschmied, es zu vergolden. Der Bildhauer hämmert das Ganze platt und bezeichnet die Lötung als gut. Danach wird das Götzenbild auf einen Fuß oder Sockel festgenagelt, damit es nicht umfalle, sondern auch bei einer Prozession getragen werden könne.
Vers 7 weist zurück auf den 19. Vers des vorangehenden Kapitels. In der Tat zeigen die Zürcher und die Menge-Bibel, daß die Verse 6 und 7 eigentlich dem Text in Jesaja 40:19 folgen sollten. (Siehe auch die Fußnote in der Übersetzung von Knox, ferner AÜ und Moffatt.) So wird gezeigt, wie die Leute einander in einem dämonischen Werke helfen und einander ermuntern, indem sie sich an falsche Götter wenden, sie vor dem Strafvollzug zu retten.
Sicherlich wird dadurch vorausgesagt, wie treulose Weltlinge sich heute ihre eigenen Macht-Götzen schaffen und diese falschen Götter anrufen, sie vor Jehovas Scharfrichter, Jesus Christus, im universellen Krieg von Harmagedon zu retten. Jehovas heutige Zeugen haben keinen Anteil an der Erfüllung des Textes von Jesaja 41:6. Nur zufolge einer Nachlässigkeit, eines Übersehens des Begleittextes, ist er fälschlich auf Jehovas Zeugen angewandt worden. Wir bedauern es.