Die Art und Weise, wie der Meister lehrte
„Niemals hat jemand so gesprochen wie dieser.“ — Joh. 7:46, NW.
1. Wer ist der größte Lehrer, den es auf Erden je gegeben hat? Welche Dinge sollten wir von ihm lernen, und was wird die Folge sein?
ALS ER vor neunzehnhundert Jahren auf Erden weilte, pflegte man ihn Meister, Herr, Lehrer und Unterweiser zu nennen. (Matth. 8:19, 21; Luk. 5:5, NW; 8:24, 45) Das war Jesus, dessen Geburt in Bethlehem die Engel des Himmels angekündigt hatten und den Gott, sein himmlischer Vater, sandte und mit seinem Geiste salbte, damit er unter den Menschen predige und lehre. (Luk. 2:4-14; 3:21-23; 4:16-22) Niemals hat auf Erden ein größerer Lehrer gelebt als Jesus! Kein unvollkommener Mensch kann seine Tüchtigkeit im Dienste übertreffen. Das hat Jesus selbst gesagt: „Ein Schüler steht nicht über seinem Lehrer; aber“, so fügte er bei, „jeder, der vollkommen unterwiesen ist, wird wie sein Lehrer sein.“ Jesus, der Meister-Lehrer, wies seine Jünger an, so zu predigen, wie er predigte, und er unterwies sie, zu lehren, wie er lehrte. Wenn wir Jesus nachahmen, indem wir Gottes Wort und nicht von uns selbst stammende Ideen vertreten, zeigen wir, daß wir ihm nachfolgen. Wenn wir dieselben Lehrmethoden anwenden, wie Jesus es tat, dann werden wir ,wie unser Lehrer sein‘. Man wird dann auch an uns erkennen, wie man es an den Aposteln erkannte, daß wir von Jesus gelernt haben. — Luk. 6:40; Apg. 4:13, NW.
2. (a) Welche Botschaft verkündigte Jesus und weshalb mit Recht? (b) Welche gute Botschaft soll in unseren Tagen gepredigt werden und auf welche Weise?
2 Jesus verkündigte folgende Botschaft: „Bereut, denn das Königreich der Himmel ist näher gerückt.“ Als er seine zwölf Jünger aussandte, sprach er zu ihnen: „Während ihr hingeht, predigt, indem ihr sagt: ,Das Königreich der Himmel hat sich genaht.‘ “ Ja das Königreich hatte sich in der Person des gesalbten Königs genaht. Über die Zeit des Endes, in der wir jetzt leben, sagte er: „Diese gute Botschaft vom Königreich wird gepredigt werden auf der ganzen bewohnten Erde, allen Nationen zu einem Zeugnis.“ Wieder sollen Jesu Nachfolger die Botschaft vom Königreich predigen, aber diesmal ist es die gute Botschaft von Gottes himmlischem Königreich, das aufgerichtet ist, die Botschaft, daß ,nun die Rettung und die Macht und das Königreich unseres Gottes und die Autorität seines Christus gekommen‘ sind. Jesus veranlaßte, daß das Königreich im Sinn seiner Zuhörer lebte, und wir sollten dasselbe zu tun lernen. Er wußte ferner, daß es Steine des Anstoßes gäbe, die einige daran hindern würden, die gute Botschaft anzunehmen, und er half, sie aus dem Wege zu räumen. Indem wir auf Jesus hören, werden wir von ihm lernen, auf welche Art wir wirkungsvollen Dienst leisten können. — Matth. 4:17; 10:7; 24:14; Off. 12:10, NW.
3. Weshalb interessiert uns Jesu Art und Weise des Lehrens, obwohl sie jahrhundertealt ist, heute besonders, und was ist erforderlich, wenn unser Evangeliumsdienst Früchte zeitigen soll?
3 Die Art und Weise, wie Jesus lehrte, ist heute ebenso wirkungsvoll, wie sie es im ersten Jahrhundert war. Die Leute sind heute gleichwie damals, nämlich voll Neugier und Fragelust, denn sie wünschten Antwort auf Fragen wie: warum? wie? und wo?, zu erhalten. Wenn sich auch die Zeiten und Weltverhältnisse ändern mögen, bleibt doch die Natur des Menschen im Grunde genommen dieselbe. So wie es damals war, ist es jetzt. Die Leute haben die gleichen Schwächen, Wünsche und Sorgen, und daher besteht die gleiche Notwendigkeit für Barmherzigkeit, Trost, Hoffnung und Sicherheit. Wir müssen nicht Wunder tun können, um andere von der Wahrheit zu überzeugen, aber wir müssen eine genaue Erkenntnis und den Geist Gottes haben, um Frucht zu tragen, die seinem Namen Ehre bereitet. Wir müssen uns dicht an Gott und seine Organisation halten. Jesus veranschaulichte dies auf folgende Weise: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner . . . Gleichwie ein Zweig nicht von sich selbst Frucht tragen kann, es sei denn, er bleibe am Weinstock, so könnt auch ihr es nicht, wenn ihr nicht in Einheit mit mir bleibt.“ Um im Dienste Erfolg zu haben, müssen wir uns eng an Gottes Wort halten und sorgfältig das Beispiel Jesu nachahmen. — Joh. 15:1, 4, NW.
4, 5. Woraus geht sein Einfühlungsvermögen im Verkehr mit den Menschen hervor?
4 Jesus wußte, wie sich die Leute unter verschiedenen Umständen verhalten, und er gebrauchte sein Wissen zur Wahl treffender Illustrationen. Um zu zeigen, weshalb er sich zu den Sündern begebe, zu jenen, die verlorenen Schafen gleichkamen, um sie zu lehren, sagte er: „Welches Weib, das zehn Drachmen hat, zündet nicht, wenn sie eine Drachme verliert, eine Lampe an und kehrt das Haus und sucht sorgfältig, bis sie sie findet? Und wenn sie sie gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und spricht: Freuet euch mit mir, denn ich habe die Drachme gefunden, die ich verloren hatte.“ Sie durchsuchte das ganze Haus, um die eine verlorene Münze zu finden. Obwohl sie noch neun besaß, wünschte sie, die verlorene wiederzuhaben, und als sie sie gefunden hatte, freute sie sich über die eine mehr als über die neun, die sie noch besaß, weil die verlorene Münze zu einem besonderen Satz von zehn Drachmen gehörte. Vielleicht war sie an ihren Hochzeits-Kopfputz, der ein Teil ihrer Aussteuer war, angenäht gewesen. Deswegen war die verlorene Münze unersetzlich. Daß sie an ihrem Kopfputz fehlte, weil sie sie verloren hatte, hätte Verdacht in bezug auf ihre eheliche Tugendhaftigkeit erwecken können. Oder wenn die zehn Münzen ein Erbstück waren, waren sie besonders wertvoll, ja jede einzelne hatte ihren besonderen Wert. Der Satz war nicht vollständig, wenn nicht alle Münzen vorhanden waren. Wenn nur eine Münze verlorenging, hätte das irgend jemanden, der das Haus besucht hatte, bevor der Verlust entdeckt wurde, in Verdacht bringen können. Besucher in einem solchen Hause wären daher um den Verlust der Münze bekümmert und würden sich freuen, wenn ihre Unschuld an den Tag käme, indem es sich zeigte, daß sie von dem Erbstück nichts entwendet hatten. Wenn also eine Frau, die eine Münze verloren hatte, ihr Haus gründlich durchsuchte, diese dann fand und ihrer Pflicht, allen Besuchern den Fund freudig anzuzeigen, nachkam, so freuten sich alle ihre Freundinnen und Nachbarinnen mit, nicht nur, weil sie von dem Verdacht eines Diebstahls befreit worden waren, sondern, weil das wertvolle Erbstück wieder vollständig beisammen war.
5 Trifft das nicht auch auf heute lebende Menschen zu? Wer ein Stück eines einzigartigen Schmuckes von unschätzbarem Wert verliert, mit dem viel liebe Gefühle oder sogar die Ehre oder Tugendhaftigkeit der Familie verknüpft sind, der ist nicht froh, solange er es nicht gefunden und es erleichtert und freudig seinen mit ihm bekümmerten Freunden und Nachbarn angezeigt hat. Ebenso ist „der Sohn des Menschen . . . gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist“. Wie klar veranschaulichte Jesus doch diesen Punkt! Er verstand die Menschen. Das zeigte sich in der Art und Weise, wie er sprach. — Luk. 15:8, 9; 19:10.
6. Warum waren die von ihm gewählten Bilder so wirkungsvoll?
6 Die Art, wie er Bilder gebrauchte, war für seine Lehrtätigkeit charakteristisch. Statt komplizierte Vergleiche zu ziehen, berief er sich auf alltägliche Dinge. Er benutzte kleine Dinge, um die großen Dinge klarzulegen, und leichte Dinge, um schwere Dinge zu erklären. Welche Frau hätte ihm zum Beispiel nicht sogleich folgen können, wenn er das Bild eines neuen Lappens auf einem alten Kleid gebrauchte? Wer konnte in einem Gebiet, wo Landwirtschaft getrieben wurde, sich nicht selbst unter dem Bilde eines Mannes erkennen, der ausging, um Samen zu säen, der auf Boden verschiedener Art fiel? Das sind Dinge aus dem Alltagsleben, und wenn geistige Wahrheiten mit ihnen verknüpft werden, werden einem die Wahrheiten bildhaft vor Augen gerückt, und man kann sich leichter an sie erinnern. — Matth. 9:16; 13:3-9, 18-23.
7. (a) Weshalb ist es für die Menschen leichter, neue Gedanken anzunehmen, wenn diese durch Bilder veranschaulicht werden? (b) Wie stellte Jesus Habsucht und Unbarmherzigkeit kraftvoll bloß?
7 Solche Bilder prägten den Menschen gewisse Gedanken so kraftvoll ein, daß niemand sie widerlegen konnte. Die meisten Leute glauben eher etwas, was sie sehen, als etwas, das sie nur gehört haben. Wer sich eines Bildes bedient, erleichtert es ihnen, das anzunehmen, was er lehrt; denn dann können sie die betreffende Wahrheit „sehen“, weil sie ihnen veranschaulicht worden ist. Als zum Beispiel Jesus gegen Habsucht und Mangel an Barmherzigkeit sprach, sagte er nicht einfach: „Habgierig zu sein ist nicht schön.“ Nein, er erzählte von einem Mann, der die Konten mit seinen Sklaven in Ordnung bringen wollte. Ein Sklave schuldete ihm zehntausend Talente, konnte aber nicht zahlen. „Der Knecht [Sklave, NW] nun fiel nieder, huldigte ihm und sprach: Herr, habe Geduld mit mir, und ich will dir alles bezahlen. Der Herr jenes Knechtes aber, innerlich bewegt, gab ihn los und erließ ihm das Darlehen. Jener Knecht aber ging hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war. Und er ergriff und würgte ihn und sprach: Bezahle, wenn du etwas schuldig bist! Sein Mitknecht nun fiel nieder und bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir, und ich will dir bezahlen. Er aber wollte nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis.“ Kannst du dir das vorstellen? Ein Mann, dem eine Schuld von mehr als 40 Millionen DM erlassen worden war, wandte sich um und brachte einen anderen ins Gefängnis, weil er verfehlte, ihm siebzig DM zu zahlen! Wie könnte jemand eine solche Habsucht und einen solchen Mangel an Barmherzigkeit verteidigen? Jesus ließ Habsucht und das Nichtvergebenwollen deshalb so widerlich erscheinen, damit seine Jünger aufrichtig versuchen würden, solches aus ihrem Leben auszurotten. — Matth. 18:23-35.
8, 9. Was für ein Mensch war Jesus, gemäß der Art, wie er sprach, und wie können wir aus seinem Beispiel Nutzen ziehen?
8 Jesus trat kompromißlos für die Wahrheit ein. Kraftvoll griff er den Stolz, die Selbstgerechtigkeit und bedrückende Überlieferungen an. Die Art, wie jemand redet, offenbart, was für ein Mensch er ist. Jesu Worte waren voll Kraft und Leben, und seine Beschreibungen waren lebendig. Die Leute lauschten Jesus gespannt, wenn er ihnen durch Wortmalerei Personen vorstellte, die einen Balken in den Augen hatten, aber aus den Augen anderer Menschen Strohhalme ziehen wollten, oder Hirten, welche Perlen vor die Schweine werfen, oder Häuser, die auf Sand gebaut waren und im Sturme einstürzten, während andere, auf Felsen gebaute, standhielten, ferner Menschen, die sich die Hände abhieben und die Augen ausrissen, um der Vernichtung zu entgehen, oder Missetäter, die, mit einem großen Mühlstein um den Hals, ins Meer gestürzt würden, oder Kamele, die sich durch ein Nadelöhr zwängten, und Menschen, die Mücken aussiebten und Kamele verschluckten. Man stelle sich doch nur einmal jemanden vor, der ein Kamel verschluckt! Nur ein dynamischer Mensch wird jemals an ein solches Wortbild denken, denn der Mensch spricht seiner Persönlichkeit entsprechend. Christus Jesus war der Löwe aus dem Stamme Juda. Er war mit dem Geiste Gottes erfüllt und sprach demgemäß. Wer ihm nachfolgen möchte, sollte seine Lehrmethode kennenlernen und als lebensfrischer, begeisterter Verfechter der biblischen Wahrheit seinem Beispiel folgen!
9 Jesu Sprache enthüllt ihn als jemanden, der sich nicht scheu zurückhielt oder zaghaft war, sondern offen und wirkungsvoll redete. Seine Gedanken schwebten weit über das Vermögen des gewöhnlichen Sprachschatzes hinaus, und bisweilen konnte nur eine hochbildliche Redeweise den Lauschenden die Tiefe seiner Gefühle enthüllen. Die Volksmengen staunten über seine Lehren und die Autorität seiner Worte. Mit Überzeugung redete er die Wahrheit im Namen seines Vaters, der ihn gesandt hatte. „Und die große Menge des Volkes hörte ihn gern“, wird uns gesagt. — Mark. 12:37.
10. Was befähigte Jesus, zu den Menschen, ihren persönlichen Bedürfnissen gemäß, zu sprechen?
10 Er besaß auch andere, sanftere Eigenschaften. Ungezwungen verkehrte er mit Menschen von aller Art, ob es sich nun um jung oder alt, Mann oder Frau, reich oder arm, Rechtschaffene oder Sünder handelte; mit jedem sprach er ganz persönlich so, wie dieser es gerade benötigte. Diese Einfühlung in die Nöte anderer war eine seiner hervorragenden Eigenschaften, und sie beeinflußte seine Lehrtätigkeit in hohem Maße. In Johannes 2:25 wird gesagt, daß Jesus nicht nötig hatte, „daß jemand Zeugnis gebe von dem Menschen; denn er selbst wußte, was in dem Menschen war“.
11, 12. Warum gab Jesus dem reichen, jungen Obersten den erwähnten Rat, doch wer handelte diesem Rat entsprechend?
11 Erkennend, was jeder brauchte, sprach er einsichtsvoll mit allen. Zum Beispiel kam ein reicher, junger Oberster zu ihm und fragte, was er tun müsse, um Leben zu erlangen, und Jesus sagte ihm, er müsse die Gebote des mosaischen Gesetzes halten. „Dies alles habe ich beobachtet von meiner Jugend an“, erwiderte der Oberste. Hatte er es aber getan? Konnte ein unvollkommener Mensch das vollkommene Gesetz halten? Nein. Jesus vergeudete aber keine Zeit damit, seine Antwort zu widerlegen, sondern sagte: „Noch eines fehlt dir: verkaufe alles, was du hast, und verteile es an die Armen, und du wirst einen Schatz in den Himmeln haben, und komm, folge mir nach.“ Der Mann ging betrübt hinweg. (Luk. 18:18-23) Er war nicht so glücklich wie Simon Petrus, der von sich und seinen Mitaposteln sagen konnte: „Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt.“ (Matth. 19:27) Er handelte nicht wie der reiche Steuereinnehmer Zachäus, der Jesus freudig in sein Haus aufnahm, ihn bewirtete und ihm zuhörte, als Jesus lehrte, und dann sagte: „Siehe, Herr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen.“
12 Warum denn sagte der Meister dem Zachäus nicht, er solle seine ganze Habe den Armen geben, damit er ein Jünger werden und Jesus nachfolgen könne? Der Grund lag darin, daß Zachäus mit der anderen Hälfte seiner Habe der Gerechtigkeit Genüge leisten und dadurch zeigen wollte, daß er ein wahrer Nachfolger Jesu geworden war. Zachäus behielt nicht materialistischerweise die zweite Hälfte seiner Güter für sich, sondern verwandte sie im Interesse der Gerechtigkeit, um seinen gerechten Verpflichtungen nachzukommen. Zachäus sagte über den Gebrauch der anderen Hälfte, die nicht den Armen gespendet wurde: „Und wenn ich von jemand etwas durch falsche Anklage genommen habe, so erstatte ich es vierfältig.“ Das mosaische Gesetz verlangte von einem Dieb, ein gestohlenes Schaf, das er veräußert hatte, durch vier Schafe zu ersetzen. Wenn das gestohlene Gut noch lebend in seiner Hand war, so brauchte er nur doppelten Ersatz zu leisten. (2. Mose 22:1, 4) Zachäus bekundete somit Reue und nicht nur Liebe zu den Armen, sondern, als Frucht seiner Reue, auch Gerechtigkeit gegenüber Bedrückten. Jesus freute sich, daß Zachäus als ein natürlicher Nachkomme des treuen Abraham auf diese Weise über seine Habe verfügte. Das geht aus seinen folgenden Worten hervor: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, dieweil auch er ein Sohn Abrahams ist; denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“ — Luk. 19:1-10.
13. (a) Warum sagte er zu Martha, es sei unweise, ‚über viele Dinge besorgt und beunruhigt‘ zu sein, und ist dieser Rat auch für andere am Platze? (b) Wie können wir diese Eigenschaft des Lehrens entwickeln, die Jesus so wirkungsvoll anwandte?
13 Als Jesus Maria und Martha in deren Heim besuchte, unterwies er Maria in der Wahrheit, während Martha ein reichhaltiges Mahl zubereitete. Schließlich beklagte sich Martha mit den Worten: „Meister, machst du dir nichts daraus, daß meine Schwester mich die Dinge allein besorgen läßt? Sage ihr doch, sie solle mir helfen!“ „Martha, Martha“, erwiderte Jesus, „du bist besorgt und beunruhigt wegen vieler Dinge. Wenige aber sind nötig oder nur eins. Maria ihrerseits hat das gute Teil erwählt, und es wird nicht von ihr genommen werden.“ (Luk. 10:38-42, NW) Während ein ganz einfaches Mahl genügt hätte, wandte Martha zuviel Zeit für große Vorbereitungen für ihren Gast auf und vernachlässigte dabei die wichtigeren, geistigen Dinge, und Jesus zeigte dies klar. Er zog aber nicht durch ganz Palästina, um den Frauen zu sagen, sie sollten für ihre Gäste keine so großen Mahlzeiten bereiten. Marthas Sorge um die Einzelheiten ihrer Arbeit zu Hause wurde ihr zum persönlichen Stein des Anstoßes. Jesu Rat war ihren Bedürfnissen wie auch den Bedürfnissen all derer angepaßt, die geneigt sind, es Martha gleichzutun. Auch in anderen Fällen, da er lehrte, zeigte es sich, daß Jesus ähnliches Wahrnehmungsvermögen offenbarte, indem er das, was jemandem zum Hindernis wurde, beleuchtete und dann den Betreffenden dieserhalb zur Wachsamkeit ermahnte. Auch wir sollten gute Beobachter sein, indem wir die Neigungen und Reaktionen derer beachten, die wir lehren, und diese dann, wenn wir ihnen weiterhin Hilfe bieten, berücksichtigen.
ER ROTTETE SELBSTGEFÄLLIGKEIT AUS
14, 15. Wie begann Jesus seine Bergpredigt, und welche Wirkung hatte dies?
14 Jesu berühmte Bergpredigt würde nicht mehr als zwanzig Minuten dauern, wenn sie so, wie sie in Matthäus 5:1 bis 7:27 zu finden ist, gehalten würde, und doch hat sie neunzehnhundert Jahre lang gedauert, und keine Predigt ist ihr seither je gleich gewesen! Jesus weilte in der Nähe von Kapernaum, und die Volksmengen folgten ihm, und so begab er sich auf den Berg und setzte sich nieder, um die zu lehren, die ihm folgten. Was sagte er? War es das, was die Mehrheit gerne annahm? Sagte er, daß die Reichen keine Bedürfnisse hätten oder daß die Glücklichen keinen Trost brauchten? Lobte er jene, die von Menschen geliebt werden? Nein! Statt dessen sagte er Dinge, die überraschten.
15 „Glücklich seid ihr Armen, denn euer ist das Königreich Gottes. Glücklich seid ihr, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. Glücklich seid ihr, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. Glücklich seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausstoßen, euch schmähen und um des Menschensohnes willen euren Namen als etwas Böses verwerfen. Freut euch an jenem Tage und springt [hüpft]; denn siehe! euer Lohn ist groß im Himmel, denn ihre Vorfahren pflegten es mit den Propheten ebenso zu machen.“ Die geistig Hungrigen, Durstigen, Geschmähten, Verfolgten, Bedürftigen und Trauernden pries er als glücklich. — Luk. 6:20-23, NW.
16. Welch hohe Maßstäbe stellte er auf, und wie beeinflußten diese Lehren seine Zuhörer?
16 Jesus fuhr fort: „Ihr habt gehört, daß zu denen der alten Zeiten gesagt wurde: ,Du sollst nicht morden; doch wer immer einen Mord begeht, wird dem Gerichtshof Rechenschaft geben müssen.‘ Indes sage ich euch, daß jeder, der in seinem Zorn über seinen Bruder verharrt, dem Gerichtshof Rechenschaft wird geben müssen.“ (Matth. 5:21, 22, NW) Viele Menschen können sagen: „Ich habe niemals einen Mord begangen. Ich habe dieses Gesetz gehalten.“ Doch wie viele können sagen: „Ich bin niemals über meinen Bruder zornig gewesen“? Dann sagte Jesus: „Ihr hörtet, daß gesagt wurde: ,Du sollst nicht Ehebruch begehen.‘ Aber ich sage euch, daß jeder, der andauernd ein Weib anblickt, so daß er in Leidenschaft zu ihr entbrennt, in seinem Herzen schon mit ihr Ehebruch begangen hat.“ (Matth. 5:27, 28, NW) Viele seiner Zuhörer haben wohl sagen können: „Ich habe niemals Ehebruch begangen“, doch wie viele von ihnen konnten ehrlich sagen, daß sie in ihrem Leben niemals an sinnliche Begierden gedacht hätten? Jesus sagte ferner: „Ihr hörtet, daß gesagt wurde: ,Auge um Auge und Zahn um Zahn.‘ Doch ich sage euch: Widersteht nicht dem, der böse ist; sondern wer dich auf deine rechte Backe schlägt, dem wende auch die andere zu.“ Viele können erklären, daß sie nicht umhergehen und Streit anfangen; doch wenn jemand daherkommt und sie provozierend zuerst schlägt — wie viele können sich da beherrschen und ihre Hände zurückhalten und einen Streit vermeiden? — Matth. 5:38, 39, NW.
17. Wen sollten wir lieben und weshalb? Und wie kann Haß überwunden werden?
17 „Ihr hörtet, daß gesagt wurde: ,Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.‘ Doch ich sage euch: Fahrt fort, eure Feinde zu lieben und für die zu beten, die euch verfolgen. Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, was ist dann euer Lohn?“ (Matth. 5:43, 44, 46, NW) Es fällt dir nicht schwer, die zu lieben, die dich lieben, aber es fällt dir äußerst schwer, die zu lieben, die dich hassen und verfolgen. Jehova vermag seine Feinde zu lieben, und wir müssen ihn nachahmen, wenn wir seine Kinder sind. Warum sich in seinem Benehmen von dem schlechten Benehmen anderer anstecken lassen? Warum hassen, nur weil andere hassen? Weshalb sich in den verderblichen Zyklus einschalten, in welchem Böses mit Bösem vergolten wird? Warum sich zu den niedrigen Maßstäben der Feinde herablassen? Haß mit Haß zu vergelten führt zu Schwierigkeiten, aber Haß mit Liebe zu vergelten mag die Schwierigkeit beenden. Welcher Segen wäre es doch, wenn du durch dein richtiges Benehmen selbst deinen Feind gewinnen könntest! „Vergeltet niemand Böses mit Bösem“, sagte Paulus, „sondern besiege das Üble stets mit dem Guten.“ — Röm. 12:17, 21, NW.
18. Wie faßte Jesus in seiner Lehrtätigkeit das Übel bei der Wurzel, und wie verhalten sich Christen auf seinen Rat hin?
18 Jesus faßte das Übel an der Wurzel, indem er in den Menschen das Gefühl der Selbstgefälligkeit auszurotten suchte. Er zeigte, daß mehr nötig ist, als sich nur von Gewalttat und Unsittlichkeit zurückzuhalten. Er wies auf die Gedanken hin, die zu solch falschen Taten führen, und drang darauf, daß man anders denke, indem man gottgefällige Wünsche pflegt, so daß Liebe einen zu rechten Taten antreibt. Auf welche Weise man es vermeiden kann, in den verderblichen Zyklus zu geraten, beschrieb Jakobus, als er sagte: „Jeder wird versucht, indem er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Wenn dann die Begierde befruchtet ist, gebiert sie Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, bringt den Tod hervor.“ (Jak. 1:14, NW) Christen nehmen sich Jesu Rat zu Herzen und suchen ihn ernstlich zu befolgen; doch welcher sündhafte Mensch kann ehrlich sagen, daß er dem vollkommenen Maßstab völlig entspricht? Wer kann sagen, daß er die Langmut Gottes, Jehovas, und seine durch den Messias getroffene Vorkehrung nicht brauche? In Jesu Tagen beunruhigten die Wahrheiten, die die Aufmerksamkeit auf menschliche Mängel lenkten, die religiösen Traditionsanhänger sehr, da ihre Selbstgerechtigkeit auf der äußerlichen Beachtung von Regeln und Vorschriften beruhte. (Matth. 23:23) Jesus versetzte der Selbstgefälligkeit einen schweren Schlag, um ehrliche Menschen zu Verstand zu bringen und sie von der Schlinge des Stolzes und der Selbstgerechtigkeit zu erretten.
JESUS PREDIGTE TÄTIGKEIT
19. Von welchen Besorgnissen hatte Jesus Kenntnis, doch worauf sollten wir gemäß seiner Unterweisung unsere Aufmerksamkeit richten?
19 Seine Predigt ging weiter: „Hört auf, um eure Seelen besorgt zu sein hinsichtlich dessen, was ihr essen oder was ihr trinken werdet, oder um euren Leib besorgt zu sein hinsichtlich dessen, was ihr tragen werdet. Bedeutet nicht die Seele mehr als Nahrung und der Leib mehr als Kleidung?“ Dann holte er sich seine Bilder am Bergeshang. Er sagte seinen Zuhörern, sie möchten die Vögel betrachten, die ernährt werden, ohne zu säen, und die Lilien des Feldes, die schön gekleidet seien, ohne zu spinnen. Auch sollte der Mensch es lernen, zu Gott aufzublicken und ihm für die Dinge, für die er sorgt, zu danken. „Wenn nun Gott das Gras des Feldes, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wird er nicht viel eher euch kleiden, ihr Kleingläubigen?“ Jesus legte Nachdruck auf geistige Dinge, auf das Königreich und Gottes Gerechtigkeit, die man voranstellen sollte, statt soviel Zeit und Ängste auf materielle Dinge zu verwenden. — Matth. 6:25-34, NW.
20. (a) Welche Dinge hob Jesus hervor, und welche Beweise kannst du anführen? (b) Berührt das unsere Lehrtätigkeit? Wie?
20 Jesus belehrte seine Jünger über die Tatsache, daß Tätigkeit wichtig sei. Er hob eher den Gedanken hervor, daß man Gutes tun soll als daß man Schlechtes unterlassen muß. Wer das tut, was recht ist, kann nicht gleichzeitig etwas tun, was unrecht ist. „Jeder gute Baum bringt edle Früchte hervor, aber jeder faule Baum bringt schlechte Früchte hervor; ein guter Baum kann keine schlechten Früchte tragen, noch kann ein fauler Baum edle Früchte hervorbringen. Nicht jeder, der zu mir sagt: ‚Meister, Meister‘, wird in das Königreich der Himmel hineingelangen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist.“ Einfach zu behaupten, man sei ein Christ, und sich nicht auf Übeltaten einzulassen, genügt nicht. Statt eine lange Liste von Dingen aufzustellen, die seine Jünger nicht tun sollten, spornte Jesus sie an, den Willen Gottes zu tun. Er drang besonders auf positives Handeln, statt auf negative Frömmigkeit, öfter verurteilte er die Menschen dafür, daß sie verfehlt hatten, Gutes zu tun, als dafür, daß sie Schlechtes getan hatten. Zum Beispiel denke man an den Priester und den Leviten, die auf der anderen Seite der Straße vorübergingen und ein Opfer von Räubern hilflos liegenließen, ferner an jene, die er mit Böcken verglich, weil sie den Brüdern des Königs nicht Gutes getan hatten, und an den Reichen, der für den armen Lazarus nichts tat. Jesus warnte seine Jünger vor falschen Wegen und legte Nachdruck auf Gottes Wege. Er war für die christlichen Lehrer ein Vorbild, dem sie folgen konnten. — Matth. 7:17, 18, 21.
21. Welche Wirkung löste seine Predigt bei seinen Hörern aus, und wodurch werden die biblischen Vorfälle beleuchtet, in denen er eine Rolle spielte?
21 „Als Jesus diese Reden beendet hatte, erstaunten die Volksmengen sehr über die Art, wie er lehrte; denn er lehrte sie wie einer, der Autorität hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.“ Wie lehrten denn die Schriftgelehrten? Wer waren sie? Welche anderen religiösen Gruppen gab es in Palästina, als Jesus dort lehrte? Etwas über die religiöse Situation zu wissen, die in Palästina zur Zeit, da Jesus predigte, herrschte, wird uns eine Hilfe sein, viele Vorfälle, die in der Bibel aufgezeichnet sind, besser zu verstehen. (Matth. 7:28, 29) Auch werden wir besser verstehen, weshalb die Mengen der Zuhörer erstaunt waren über die so ganz andere Lehrmethode Jesu, des Meisters.