Stellungnahmen zum Thema Bluttransfusion
Vielen ist bekannt, daß sich Jehovas Zeugen durch eine besondere Ansicht über das Blut auszeichnen.
Die meisten Kirchen schweigen sich über dieses Thema aus, doch Jehovas Zeugen zögern nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß Gottes Wort von wahren Anbetern verlangt, ‘sich des Blutes zu enthalten’ (Apg. 15:28, 29; 1. Mose 9:3, 4). Wie in der Broschüre Jehovas Zeugen und die Blutfrage gezeigt wird, schließt dies Bluttransfusionen aus. Die Broschüre führt auch medizinische Beweise dafür an, daß dieser religiöse Standpunkt von ärztlicher Seite berücksichtigt werden kann. In fast allen Fällen kann eine erforderliche Operation ausgeführt werden, ohne Blut zu verabreichen, wenn erfahrene Ärzte auf andere anerkannte Therapiemaßnahmen ausweichen.
Fällt es schwer, diesen Hinweis auf das medizinisch Mögliche zu akzeptieren? Einigen schon. Beachten wir aber, was in der Zeitschrift Bulletin, einer Veröffentlichung des American College of Surgeon, Ausgabe Juni 1978 (Bd. 63, Nr. 6) zu lesen ist.
In dieser Ausgabe wurde das Thema „Ethik, Moralbegriffe und Religion in der Chirurgie“ behandelt. Sie enthielt den Artikel „Ethik in der Chirurgie: mehr als reine Wissenschaft“, verfaßt von Dr. J. E. Dunphy, den man als „einen der großen alten Männer der amerikanischen Medizin“ bezeichnet. Er ist emeritierter Professor für Chirurgie an der Medizinischen Fakultät der Universität von Kalifornien, San Francisco. Dr. Dunphy schreibt:
„Meiner Ansicht nach reicht die Wissenschaft allein nicht aus. Vor einigen Jahren sagte Lord Hunt in einem Vortrag vor der Königlichen Ärztegesellschaft in England: ,Der Glaube als solcher und der Glaube an Gott stehen sich sehr nahe. Ich glaube nicht, daß man als Arzt tätig sein kann oder überhaupt eine Tätigkeit gut verrichten und ein inhaltsreiches und nützliches Leben führen kann, ohne an irgend etwas zu glauben, worauf sich Gedanken und Handlungsweise stützen. ... Alles, was den Glauben eines Patienten an Gott oder an sich selbst, an seine Behandlung oder an seine Ärzte vertieft, ist die Mühe wert und verdient, gefördert zu werden.‘“
Damit kam Dr. Dunphy auf das Thema „Jehovas Zeugen und die Bluttransfusion“ zu sprechen. Er sagte:
„Wir hatten während der vergangenen 12 Jahre in unserem Krankenhaus mehrere Patienten, die Zeugen Jehovas waren und die wir ohne Bluttransfusion operiert haben. Wenn ich mich nicht irre, gab es keinen Patienten, der starb, weil er keine Transfusion erhalten hatte. Ich gebe allerdings zu, daß ein Patient im Laufe des Tages vielleicht anämisch wurde.
Ich war fasziniert, als ich einen kürzlich veröffentlichten Aufsatz von Denton Cooley [einem Herzchirurgen] las, der von über 500 schweren Herzoperationen an Zeugen Jehovas berichtet, die ohne Transfusion vorgenommen wurden und bei denen eine Sterblichkeitsrate von 5 Prozent zu verzeichnen war. Diese Zahl läßt sich mit der Zahl von Patienten vergleichen, denen eine adäquate Transfusion verabreicht wurde.“
Dr. Dunphy schlußfolgerte: „Sicherlich ist eine Transfusion für den Chirurgen beruhigend, aber vielleicht nicht für den Patienten. Wahrscheinlich neigen wir alle zu Transfusionen, weil wir uns dabei sicher fühlen. Ich denke, wenn ein Zeuge Jehovas kommt, sollten wir seinen Standpunkt berücksichtigen.“
In der Zeitschrift Bulletin erschien auch Dr. Dunphys Antwort auf die Frage, was mit einem Patienten, der ein Zeuge Jehovas ist, zu tun sei, wenn nach der Operation Blutungen auftreten und blutfreie Plasmaexpander nicht ansprechen würden.
„Ich denke, ich würde den Patienten auffordern, seine Meinung zu ändern und einer Transfusion zuzustimmen. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, daß bei einem Patienten — ich spreche von einer unkomplizierten Operation ... —, dem es nicht gutgeht und bei dem Blutungen vermutet werden, eine Transfusion ohnehin nicht das richtige ist. Das richtige ist eine Operation, um die Blutung zu stoppen. Ich denke, durch einen schnellen Eingriff kann der Patient immer noch gerettet werden. Deshalb sage ich, daß ich mich nicht erinnern kann, daß einer meiner Patienten, der ein Zeuge Jehovas war, an einer anhaltenden Blutung starb.“
Aus einer ganz anderen Quelle stammt ein Bericht über einen interessanten einschlägigen Fall, bei dem es um eine Operation ohne Blut ging. Eine Mutter aus Nordkarolina schrieb kürzlich an die Watch Tower Society:
„Meine neunjährige Tochter, Jill, hatte sich einem seltenen und gefährlichen neurochirurgischen Eingriff an der Wirbelsäule zu unterziehen und gleichzeitig einem orthopädischen Eingriff zur Korrektur einer Wirbelsäulenkrümmung. Ich möchte Euch berichten, wie es im einzelnen dazu kam, daß die Sache für Jill so gut ausging.
Jill hatte bei ihrer Geburt einen halben Wirbel und eine Rippe zuviel, wodurch eine Neigung ihres Rückgrats hervorgerufen wurde. Diese führte zu einer angeborenen Skoliose oder einer seitlichen Rückgratverkrümmung.
An einer Skoliose leiden viele Kinder. Oft kann sie mit einem Stützkorsett erfolgreich behandelt werden. Da aber die Behandlung schwieriger ist, wenn es sich um einen Geburtsfehler handelt, wird oft eine Operation notwendig, die bei einer Rückgratverkrümmung von 30 Grad empfohlen wird. Die Verkrümmung kann sehr langsam fortschreiten und sich dann plötzlich beschleunigen. Bis Jill sieben Jahre alt war, hatte sich ihr Rückgrat langsam bis zu 12 Grad gekrümmt. Zwei Monate nach der regelmäßigen Untersuchung betrug die Krümmung 26 Grad. Und einen Monat später waren es 34 Grad. Jill mußte sich sofort einem orthopädischen Eingriff unterziehen.
Der Orthopäde, der sich um Jill seit ihrem vierten Lebensjahr gekümmert hatte, erklärte meinem Mann und mir, ein Patient verliere während einer Spondylodese [einer Operation zur Versteifung von Wirbelsäulenabschnitten] in einer Stunde einen Liter Blut. Die Operation würde wenigstens vier Stunden dauern. Mit anderen Worten: Jill würde alles Blut verlieren. Er sagte: ,Niemand kann Ihnen helfen.‘ Um die fortschreitende Krümmung der Wirbelsäule aufzuhalten, legte er Jill ein Stützkorsett an.
Während sich Jill zu diesem Zweck im Krankenhaus befand, machte man das übliche Myelogramm [eine Röntgenaufnahme des Rückenmarks]. Der Befund enthielt jedoch nicht das Übliche. Man hatte einen Knochensplitter entdeckt, der in das Innere des Rückgrats hineinragte. Er konnte Nerven beschädigen und bedurfte daher sorgfältiger Beobachtung.
Unser Arzt nahm mit anderen Fachkollegen Kontakt auf. Durch seine Freundlichkeit kamen wir zu einem Chirurgen, der glaubte, Jill helfen zu können: Dr. B. vom Duke University Medical Center, Durham (Nordkarolina). Das Ergebnis des Besuchs war erschütternd.
Dr. B., ein Orthopäde, stellte Anzeichen dafür fest, daß durch den Knochensplitter bereits eine Lähmung des rechten Beins eingesetzt hatte. Der Splitter hatte bereits begonnen Jills Rückenmark zu durchtrennen. Ohne Operation würde Jill von der Hüfte an abwärts gelähmt werden. Was die Chancen bei einer Operation betraf, so konnten bei Jill möglicherweise alle Körperfunktionen unterhalb der Hüfte lahmgelegt werden.
Dr. B. sorgte für einen Neurochirurgen, Dr. O., und versicherte uns, daß eine Operation ohne Blut erfolgen könne und werde. Er sagte, dieser Eingriff werde nicht lange dauern, und falls Jills Werte gut blieben, werde er auch noch durch eine Spondylodese die Verkrümmung beheben. Auf diese Weise habe sich Jill nur einer einzigen Operation zu unterziehen.
Am frühen Morgen des 9. Juni 1977 entfernte Dr. O. den Knochensplitter. Es dauerte nur ungefähr eineinhalb Stunden. Dann führte Dr. B. die orthopädische Operation aus. Diese nahm viereinhalb Stunden in Anspruch. Er sagte uns später Jill habe insgesamt 300 cm3 [nicht einmal einen halben Liter] Blut verloren. ,Überhaupt nicht der Rede wert. Eine sechsstündige Operation, und sie ist nicht einmal anämisch!‘
Aber den Befund, den wir mit großer Sorge erwarteten, hatten wir noch nicht erhalten. Solange Jill auf der Intensivstation noch nicht aufgewacht war und Dr. O. bei ihr keinen neurologischen Test vornehmen konnte, wußte man nicht, ob eine Lähmung eingetreten war.
Nach drei Stunden bangen Wartens flogen die Türen plötzlich auf. Dr. B. kam mit fliegendem Mantel aus dem Saal gestürzt, die Arme hoch erhoben, die Finger zum Siegeszeichen ausgestreckt. Noch bevor er ein Wort sagte, wußten wir, daß mit Jill alles in Ordnung war.
Jill war 18 Tage im Krankenhaus. Ich kann nicht genug betonen, wie gut sich das dortige Personal um sie kümmerte. Sie erholte sich schnell. Damit der versteifte Teil besser heilen konnte und als Stütze des Rückgrats mußte Jill sechs Monate lang einen Gipsverband (ähnlich einem Schildkrötenpanzer) tragen.
Nun ist ihr Verband abgenommen worden. Ihr Rücken ist normal und gerade, und sie kann praktisch alle Tätigkeiten ausführen. Jehova hat ihr während der Jahre Kraft verliehen, die Schmerzen zu ertragen und mutig einer schweren Operation entgegenzublicken. Wir können sehen, daß sie jetzt gehen kann, und das macht uns ganz demütig.“
Berichte und Stellungnahmen dieser Art mögen dazu beitragen, daß man dem, was der Schöpfer des Menschen über das Blut zu sagen hat, mehr Aufmerksamkeit schenkt.