Kannst du eine Unterstützung sein?
AN EINEM schönen Frühlingsmorgen fuhren einige Leute zusammen durch eine herrliche Landschaft. Unter den Reisenden befand sich auch ein älteres Ehepaar, das im Laufe der Jahre die Kunst, zu geben und zu nehmen, gelernt hatte. Das Thema der Unterhaltung gab dem Mann die Gelegenheit, seiner Frau gegenüber eine scherzhafte Bemerkung zu machen. Darauf rief sie neckisch aus: „Was soll ich mit diesem Mann bloß machen?“ Einer der Mitreisenden, der in der Ehe schon große Probleme gehabt und gelöst hatte, antwortete verständnisvoll und in ernstem Ton: „Ihn lieben und ihn unterstützen.“
„Ihn unterstützen“? Ist man nicht allgemein der Ansicht, daß es die Aufgabe des Mannes ist, seine Frau zu unterstützen? Doch, im großen ganzen verlangen die Landesgesetze, daß der Ehemann und Vater Frau und Kinder finanziell unterstützt. Eine Möglichkeit, wie ein Mann beweisen kann, daß er ‘seine Frau liebt wie seinen eigenen Leib’, besteht darin, daß er für sie sorgt (Eph. 5:28, 29).
Es gibt aber noch eine andere Art von Unterstützung: die seelische, geistige und moralische Unterstützung. Zu dieser Art gegenseitiger Unterstützung sind in einer Familie alle verpflichtet. Merkwürdigerweise haben nach der Ansicht neuzeitlicher Erforscher der menschlichen Wesensart die Männer in dieser Beziehung ein größeres Bedürfnis als ihre Frauen. Da sie einer feindlichen Welt gegenüberstehen, müssen sie das Gefühl haben können, daß ihnen ihr „Frauchen“ zu Hause loyal zur Seite steht.
Wie sehr eine Frau ihrem Mann in dieser Hinsicht helfen kann, beweist die Geschichte. Niemand wird bezweifeln wollen, daß Sir Winston Churchill viel leistete und als Englands Premierminister im Zweiten Weltkrieg eine gewaltige Aufgabe erfüllte. Er soll einmal gesagt haben: „Keiner, der im öffentlichen Leben steht, hätte durchhalten können, was ich durchgehalten habe, ohne den hingebenden Beistand der — wie man zu sagen pflegt — ,besseren Hälfte‘ des Mannes“ (Das Beste, August 1959, S. 73). Es wird von ihr weiter gesagt, sie sei eine sehr anmutige Frau gewesen, die ohne weiteres selbst hätte Karriere machen können, sie habe aber das Leben und das Wohl ihres Mannes zu ihrer Karriere gemacht. Das heißt jedoch nicht, daß sie ihm deswegen hätte schmeicheln, stets hätte nachgeben oder zu allem hätte ja sagen müssen. Keineswegs! Im Gegenteil, sie nahm ihm gegenüber kein Blatt vor den Mund und trat ihm, wenn nötig, mutig entgegen.
Ein noch besseres Vorbild in dieser Hinsicht war Sara, die Frau des Patriarchen Abraham. Wir lesen nichts davon, daß sie sich jemals darüber beschwert hätte, daß er so lange in einem fremden Land umherziehen mußte. Sie beschwerte sich nicht einmal, als er sie bat, sich um seiner Sicherheit willen als seine Schwester auszugeben. Wir lesen sogar, daß sie ihn, als sie mit sich selbst redete, „mein Herr“ nannte. Sie war aber kein willenloses Geschöpf. Das bewies sie durch ihre Aussprache mit Abraham, als das Wohl ihres Sohnes Isaak durch dessen älteren Halbbruder Ismael gefährdet war (1. Mose 18:12; 21:8-14).
Wie kann eine Frau heute ihren Mann unterstützen? Eine Möglichkeit wird in einem vor kurzem veröffentlichten Buch über das Thema, wie man das Familienleben glücklich gestalten kann, beschrieben. Über die Rolle der Frau heißt es darin: „Was ein Mann braucht, ist eine Frau, die ihn nicht nur liebt und respektiert, sondern ihm auch eine echte Gehilfin ist und ihn in seinen Entscheidungen unterstützt. Das ist nicht schwer, wenn Entscheidungen nach einer gemeinsamen Besprechung getroffen werden. Es mag aber nicht so leicht sein, wenn du nicht um Rat gefragt wirst oder wenn du nicht einverstanden bist. . . . Wenn er [jedoch] sieht, daß du dich trotz deiner Einwände um das Gelingen seines Vorhabens bemühst, wird ihn dann deine loyale Unterstützung nicht veranlassen, dich um so mehr zu lieben?“
Was kann eine Frau, die ihren Mann wirklich unterstützen möchte, sonst noch beachten? Sie muß sich vor einer allgemeinen weiblichen Schwäche hüten: vor dem Nörgeln. König Salomo wies mit gutem Grund schon in alter Zeit auf diese Schwäche hin (Spr. 21:19; 25:24). Warum geben manche Frauen dieser Schwäche nach, obwohl sie ihren Mann wirklich lieben? Es könnte ohne weiteres sein, daß sie sich dadurch unbewußt gegen die Stellung ihres Mannes als Haupt auflehnen, weil sie entweder mehr zu sagen haben wollen oder ihren Mann daran erinnern möchten, daß auch er unvollkommen ist. Es kann aber auch darauf zurückzuführen sein, daß Nebensächlichkeiten zu große Bedeutung beigemessen wird. Ein gesellschaftlicher Verstoß des Mannes bei einem geselligen Beisammensein mag seine Frau kränken. Oder vielleicht ist ihm ein grammatischer Fehler unterlaufen, und sie glaubt, ihn korrigieren zu müssen. Sie mag seine äußere Erscheinung kritisieren, ihm sagen, sein Schlips habe nicht richtig gesessen oder er sei nicht richtig gekämmt gewesen, als er vor ein Publikum trat. Eine Frau, die auf solchen Nebensächlichkeiten herumreitet und ihren Mann deswegen ständig bekrittelt, unterstützt ihn nicht, sondern reißt ihn in Wirklichkeit nieder.
Das bedeutet aber nicht, daß es vor allem die Aufgabe der Frau ist, eine Unterstützung zu sein. Wie bereits erwähnt, sind Mann und Frau sowie Eltern und Kinder verpflichtet, sich gegenseitig zu unterstützen. Manchmal mag eine Unterstützung schon darin bestehen, daß man darauf verzichtet, etwas zu sagen, was nicht positiv wäre. Warum Belanglosigkeiten zu einer Streitfrage machen? Ein Sprichwort sagt dem Sinne nach, daß ein kleiner Topf schnell überkocht. Wenn wir weitherzig sind, werden wir nicht über jede Kleinigkeit unser Mißfallen äußern.
Andererseits können sich Mann und Frau auf verschiedene Weise in positivem Sinne unterstützen. Am besten geschieht es natürlich durch Worte der Dankbarkeit oder des Lobes. Man kann es aber auch durch ein ermunterndes, freundliches Lächeln tun oder indem man seinem Partner aufmerksam zuhört, wenn er mit einem selbst oder in der Öffentlichkeit spricht. Schon allein durch die körperliche Nähe, dadurch, daß sie lieber mit ihrem Partner zusammen sind als mit anderen Personen, oder durch einen Händedruck können sich Ehegefährten gegenseitig unterstützen. Besonders wenn ein Mißgeschick passiert ist, können Worte, die Mitgefühl, Liebe und Treue zum Ausdruck bringen, die den Schaden als geringfügig hinstellen und auf das Gute hinweisen, das dadurch bewirkt worden sein mag, für den Betreffenden eine Unterstützung sein. Das alles kann sich für beide zum Guten auswirken, denn ‘wer andere tränkt, wird selbst getränkt werden’ (Spr. 11:25).
Befolgen übrigens Familienglieder, die sich gegenseitig unterstützen, nicht einfach die Goldene Regel: „Wie ihr wollt, daß euch die Menschen tun, so tut auch ihnen.“? Ohne Zweifel tun sie das (Luk. 6:31).
Kannst du also eine Unterstützung sein? Du KANNST es nicht nur, sondern du SOLLTEST es auch sein — in deinem eigenen Interesse und im Interesse anderer.