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Gibt es eine Zeit zu richten?Der Wachtturm 1975 | 1. Mai
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ob solche Übeltäter wirklich bereuen und in Übereinstimmung mit biblischen Grundsätzen leben möchten. Handelt es sich um reuelose Sünder, so müssen Älteste das biblische Gebot befolgen: „Entfernt den bösen Menschen aus eurer Mitte“ (1. Kor. 5:13).
Man mag dabei jedoch beachten, daß Älteste, wenn sie eine Person als einen reuelosen Sünder verurteilen, in Übereinstimmung mit einem Urteil handeln, das bereits in Gottes Wort festgelegt ist. Sie fällen kein persönliches Urteil, das sich auf ihre eigenen Ansichten stützt. Dies wäre gefährlich, da sie sich in ihren Entscheidungen von persönlichen Vorurteilen beeinflussen lassen könnten.
Älteste müssen auch ein Urteil abgeben, wenn erwogen wird, ob christliche Brüder die Voraussetzungen für den Dienst als Dienstamtgehilfen oder Älteste in der Versammlung aufweisen. Diese Beurteilung sollte sich ebenfalls nicht auf persönliche Ansichten, sondern auf Gottes Wort stützen. Älteste müssen davon überzeugt sein, daß die Empfohlenen oder die bereits Dienenden wirklich die biblischen Erfordernisse erfüllen.
Falls daher einzelne Älteste irgendwelche ernsthafte, biblisch begründete Bedenken haben, sollten sie selbst im Beisein der Person, über deren Befähigung gesprochen wird, den Mut haben, diese zu äußern. Manchmal halten sich einige vielleicht zurück, weil sich die Mehrheit bereits für eine bestimmte Empfehlung ausgesprochen hat. Das ist jedoch nicht vernünftig. Es mag sein, daß die anderen mit bestimmten Umständen nicht vertraut sind, die bei der Frage, ob jemand wirklich die biblischen Erfordernisse für Personen in verantwortlichen Stellungen erfüllt, eine gewisse Rolle spielen würden. Oder jemandes eigene Bedenken mögen durch eine weitere Erörterung zerstreut werden. Jedenfalls ist es besser, sein biblisch geschultes Gewissen sprechen zu lassen, als später, wenn sich die Empfehlung als unvernünftig erweist, zu bereuen, daß man geschwiegen hat (1. Tim. 5:22).
Mitunter müssen Christen entscheiden, ob bestimmte Personen in der Versammlung für sie und ihre Kinder gute Gesellschaft sind (1. Kor. 15:33). Dabei sollten sie darauf achten, daß sie sich von einem Urteil leiten lassen, das bereits in der Bibel zum Ausdruck gebracht wird, und nicht von eigensüchtigen Beweggründen. Kein Christ, nicht einmal ein Ältester, ist berechtigt, aufgrund seines persönlichen Maßstabes zu richten.
Der Apostel Paulus erörterte in seinem Brief an die Versammlung in Thessalonich, wie man Personen behandeln sollte, die einen schlechten Geist offenbaren. Einige in der dortigen Versammlung waren faul. Sie nutzten die Gastfreundschaft ihrer christlichen Brüder aus und mischten sich in Dinge ein, die sie nichts angingen (2. Thess. 3:11, 12). Darüber, wie die einzelnen Glieder der Versammlung gegenüber jemandem eingestellt sein sollten, der in einem solchen Lauf verharrte, schrieb Paulus: „Haltet diesen bezeichnet und hört auf, Umgang mit ihm zu haben, damit er beschämt werde. Und doch betrachtet ihn nicht als einen Feind, sondern ermahnt ihn weiterhin ernstlich als einen Bruder“ (2. Thess. 3:14, 15).
Wenn jemand einen anderen als eine Person bezeichnen soll, mit der er keinen gesellschaftlichen Umgang pflegen würde, muß er ihn bestimmt beurteilen oder richten. Aber eine solche Beurteilung verrät gutes Urteilsvermögen, da sie von dem Wunsche getragen wird, dem Betreffenden zu helfen, damit er seine Handlungsweise ändert. Gleichzeitig schützt sich derjenige, der keinen Umgang mehr mit ihm pflegt, vor einem schlechten Einfluß.
Dies sollten besonders Eltern berücksichtigen, wenn sie ihren Kindern erkennen helfen möchten, daß selbst einige in der Versammlung kein guter Umgang sein mögen, weil ihre Einstellung, ihre Sprache und ihr Handeln stark von der Welt beeinflußt werden.
Richtet ein Christ aber nach eigenen Maßstäben, so gibt er eigentlich ein unberechtigtes Urteil über den Wert einer Person ab. Dadurch, daß er es auf sich nimmt, nach eigenen Maßstäben zu richten, bringt er sich vor Gott in eine ernste Lage. Der Jünger Jakobus wies darauf hin, als er sagte: „Wer gegen einen Bruder redet oder seinen Bruder richtet, redet gegen das Gesetz und richtet das Gesetz. Wenn du nun das Gesetz richtest, bist du nicht ein Täter des Gesetzes, sondern ein Richter. Einer ist es, der Gesetzgeber und Richter ist, er, der zu retten und zu vernichten vermag. Du aber, wer bist du, daß du deinen Nächsten richtest?“ (Jak. 4:11, 12).
Jakobus gebrauchte zu Recht solch nachdrückliche Worte, denn Christen wird geboten, ihre Brüder zu lieben (Jak. 2:8; 1. Joh. 3:14-17). Wären sie liebevoll, wenn sie gegen ihre Brüder redeten oder deren Handeln, deren Beweggründe und deren Lebensweise nach einem anderen als dem biblischen Maßstab richteten? Gewiß nicht. Vielmehr würden sich Personen, die so richteten, sozusagen selbst über das Gesetz der Liebe, das Gott gab, erheben (Matth. 22:36-40; Röm. 13:8-10). Sie würden ‘dieses Gesetz richten’, als ob es auf sie nicht anzuwenden sei.
Was kann dazu führen, daß jemand seine Brüder falsch „richtet“ oder beurteilt? Er mag erwarten, daß sie in rein persönlichen Angelegenheiten nach seinem Gewissen entscheiden. Er mag ihren Wert und ihre Beweggründe aufgrund seines Geschmacks und der Art, wie er handelt, beurteilen. Dabei läßt er die Tatsache außer acht, daß Menschen sehr verschieden sind und verschiedene Bedürfnisse, Neigungen und Abneigungen haben. Es ist daher wichtig, darüber zu wachen, daß man keine allzu hohe Meinung von sich hat. Kein unvollkommener Mensch kann sich selbst als Maßstab betrachten, nach dem er andere richten könnte.
Christen wird auch davon abgeraten, Ungläubige zu „richten“. Der Apostel Paulus erinnerte die Christen in Korinth daran, daß „Gott die richtet, die draußen sind“ (1. Kor. 5:13). Gottes ergebenes Volk hat kein Recht, Personen außerhalb der Versammlung zu richten und ihnen eine Strafe zuzudiktieren. Christen gilt die Ermahnung: „Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt dem Zorn Raum; denn es steht geschrieben: ,Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht Jehova‘“ (Röm. 12:19).
Christen können in dieser Hinsicht das gute Beispiel des Erzengels Michael nachahmen. Als Michael wegen des Leibes Mose mit dem Teufel einen Wortwechsel hatte, „wagte er nicht, über ihn in lästernden Worten ein Gericht zu bringen, sondern sprach: ,Jehova schelte dich‘“ (Jud. 9). Auf diese Weise zeigte Michael gebührende Achtung und erkannte Jehova als höchsten Richter an.
Überdies sollten Christen nicht urteilen, andere seien zu sündhaft, als daß sie es verdienten, die „gute Botschaft“ von Gottes Königreich zu hören. Wie sie wissen, ist es Gottes Wille, daß alle Menschen, wenn sie es nur wünschen, zu einer genauen Erkenntnis der Wahrheit kommen und gerettet werden (1. Tim. 2:3, 4). Daher sollten sie ihre Liebe zum Nächsten dadurch zeigen, daß sie sich unvoreingenommen bemühen, einen jeden mit der tröstenden Botschaft der Bibel zu erreichen.
Es steht somit fest, daß Christen andere Personen nur auf biblischer Grundlage richten oder beurteilen können. Würden sie sich auf ihre persönliche Meinung oder Vorliebe stützen, so könnte es dazu führen, daß sie von Jehova Gott, dem höchsten Richter, verurteilt würden.
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Die große Debatte wird fortgesetztDer Wachtturm 1975 | 1. Mai
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Die große Debatte wird fortgesetzt
WANN beginnt das Leben? Bei der Geburt oder bei der Zeugung? Diese grundsätzliche Frage beschäftigt zur Zeit die Gesetzgeber mehrerer Länder. In einem Hearing, das unlängst vor dem amerikanischen Senat im Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wurde, äußerten sich verschiedene Wissenschaftler über den Beginn des Lebens. Einer von ihnen, Dr. J. Lejeune, ein französischer Genetiker, sagte: „Das ,Etwas‘, womit wir begonnen haben, ist von Anfang an ein Mensch gewesen ..., dasselbe menschliche Wesen von der Fekundation [Befruchtung] an bis zum Tod.“ In seiner Argumentation, in der er dafür eintrat, daß das Leben bei der Zeugung beginnt, führte er aus: „Die Tatsache, daß wir uns während der neun Monate im Innern des schützenden Leibes unserer Mutter entwickeln müssen, ändert daran nichts.“
Ein Wissenschaftler, der für den Schwangerschaftsabbruch eintrat, sagte bei diesem Hearing, es gehe hierbei hauptsächlich um eine „religiös-sittliche“ Frage.
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