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Moses unter BeschussErwachet! 2004 | 8. April
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Moses unter Beschuss
JUDEN, Christen und Muslime waren sich nicht selten uneins. Trotz aller Unterschiede haben sie aber mindestens eines gemeinsam, und zwar hohe Achtung vor einem Mann, der als Moses bekannt ist. Bei Juden gilt er als „der größte aller jüdischen Lehrer“, der Gründer der jüdischen Nation. Christen betrachten ihn als einen Vorläufer Jesu Christi. Für Moslems zählt Moses zu den ersten und größten Propheten.
Moses ist somit einer der einflussreichsten Männer der Menschheitsgeschichte. Dennoch ist er in den vergangenen gut hundert Jahren sowohl in wissenschaftlichen als auch in theologischen Kreisen unter Beschuss geraten. Viele bezweifeln nicht nur, dass Moses Wunder wirkte und die Israeliten aus Ägypten herausführte, sondern sie stellen sogar seine Existenz an sich infrage. Jonathan Kirsch kommt in seinem Buch Moses—A Life zu folgendem Schluss: „Über den historischen Moses können wir nicht mehr sagen, als dass irgendwann in fernster Vergangenheit an einem unbekannten Ort jemand wie der in der Bibel beschriebene Mann gelebt haben könnte und seine Heldentaten das Sandkorn gewesen sein könnten, um das sich im Lauf der Jahrhunderte wie bei einer Perle allmählich Legenden und Überlieferungen bildeten, bis er zu der reichen, provozierenden Figur wurde, die wir auf den Seiten der Bibel finden.“
Auf den ersten Blick erscheint eine solche Skepsis nicht ganz von der Hand zu weisen. Kritiker führen beispielsweise an, die Existenz des israelitischen Königs Jehu und anderer biblischer Personen sei archäologisch nachweisbar, nicht jedoch die Existenz Mose. Allerdings beweist das bei weitem noch nicht, dass Moses ein Mythos ist. Auch von dem babylonischen König Belsazar, dem Assyrerkönig Sargon sowie von anderen in der Bibel erwähnten Personen wurde skeptisch behauptet, sie seien nur Mythen, bis ihre Existenz später archäologisch nachgewiesen wurde.
Jonathan Kirsch gibt zu bedenken: „Die Überreste des biblischen Israel sind so spärlich, dass ein völliges Fehlen des Moses in allen Quellen mit Ausnahme der Bibel weder verwunderlich noch beweiskräftig ist.“ Wie Kirsch schreibt, vertreten daher einige die Meinung, Moses könne wohl kaum eine reine Fantasiegestalt sein, weil „eine Lebensgeschichte, die so reich an Details und Dialogen und so komplex . . . ist, unmöglich von vorne bis hinten erfunden worden sein kann“.
Wahrscheinlich haben die meisten Menschen, ob religiös oder nicht, zumindest eine vage Vorstellung von den wichtigsten Begebenheiten im Leben des Moses: die Offenbarung Gottes am brennenden Dornbusch, der Auszug der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten und die Teilung des Roten Meeres. Woher kann man aber wissen, dass auch nur eines dieser Ereignisse wirklich stattgefunden hat? Ist Moses vielleicht doch nicht viel mehr als eine mythologische Figur? Um diese hochinteressanten Fragen geht es im folgenden Artikel.
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Moses: Mensch oder Mythos?Erwachet! 2004 | 8. April
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Moses — Mensch oder Mythos?
DIE Geburt des Moses war vom Tod überschattet. Moses entstammte einem Volk von Nomaden, die mit ihrem Stammvater Jakob oder Israel nach Ägypten gezogen waren, um dem Hungertod zu entgehen. Sie hatten dort jahrzehntelang in friedlicher Nachbarschaft mit den Ägyptern gelebt, bis ein unheilvoller Wandel eintrat. In einem renommierten Geschichtsbericht heißt es: „Im Laufe der Zeit stand ein neuer König über Ägypten auf . . . Und er sprach dann zu seinem Volk: ‚Siehe! Das Volk der Söhne Israels ist zahlreicher und mächtiger als wir. Nun denn! Lasst uns klug mit ihnen handeln, damit sie sich nicht mehren.‘ “ Was hatten die Ägypter vor? Sie wollten die Israeliten unter Kontrolle halten, indem sie sie „tyrannisch zum Sklavendienst“ zwangen und außerdem den hebräischen Hebammen befahlen, alle Jungen, die mit ihrer Hilfe geboren würden, zu töten (2. Mose 1:8-10, 13, 14). Mutig widersetzten sich die Hebammen jedoch diesem Befehl und so nahmen die Israeliten dennoch an Zahl zu. Daher gebot der ägyptische König: „Jeden neugeborenen Sohn sollt ihr in den Nil werfen“ (2. Mose 1:22).
Amram und Jochebed, ein israelitisches Ehepaar, „fürchteten den Befehl des Königs nicht“ (Hebräer 11:23). Jochebed gebar einen Sohn, von dem es später hieß, er sei „schön vor Gott“a gewesen (Apostelgeschichte 7:20). Möglicherweise sahen die Eltern Anzeichen dafür, dass ihr Kind von Gott begünstigt war. Jedenfalls ließen sie ihren Sohn nicht umbringen. Sie beschlossen, ihn zu verstecken, obwohl sie dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten.
Nach drei Monaten konnten die Eltern Moses nicht mehr länger versteckt halten. Jetzt blieb ihnen keine andere Wahl, sie mussten handeln. Jochebed legte den Kleinen in ein Papyruskästchen und setzte es auf den Nil. Ahnungslos schickte sie Moses auf die Reise in die Geschichte! (2. Mose 2:3, 4).
Ist es glaubwürdig?
Die damaligen Ereignisse werden von vielen heutigen Gelehrten als Fiktion abgetan. „Tatsache ist“, so heißt es in der Zeitschrift Christianity Today, „dass nicht die leiseste Spur eines direkten archäologischen Beweises für die Jahre des Aufenthalts der Kinder Israels in Ägypten gefunden wurde.“ Wenn auch unmittelbare greifbare Beweise fehlen mögen, gibt es doch beachtliche indirekte Beweise für die Glaubwürdigkeit des Bibelberichts. Der Ägyptologe James K. Hoffmeier schreibt in seinem Buch Israel in Egypt: „Wie archäologische Daten deutlich zeigen, war es nicht ungewöhnlich, dass Völker der Levante [östliche Mittelmeerländer] besonders unter problematischen Klimaverhältnissen, die Dürren mit sich brachten, nach Ägypten zogen. . . . Deshalb war Ägypten in der Zeit von ungefähr 1800 bis 1540 v. u. Z. ein verlockendes Ziel der Wanderzüge der semitisch-sprechenden Völker Westasiens.“
Des Weiteren wird die biblische Schilderung der Sklaverei in Ägypten seit langem als wahrheitsgetreu anerkannt. In dem Buch Moses—A Life ist zu lesen: „Der biblische Bericht über die Unterdrückung der Israeliten scheint durch ein oft reproduziertes altägyptisches Grabbild bestätigt zu werden, das einen Trupp Sklaven bei der Herstellung von Lehmziegeln detailgetreu darstellt.“
Die biblische Beschreibung des Kästchens, das Jochebed verwendete, klingt ebenfalls glaubhaft. Gemäß der Bibel bestand es aus Papyrus, der laut dem Bibelkommentar von F. C. Cook „bei den Ägyptern gewöhnlich für leichte, schnelle Boote verwendet wurde“.
Aber kann man wirklich glauben, ein König hätte den kaltblütigen Mord an Kindern angeordnet? Der Wissenschaftler George Rawlinson erklärt: „Kindestötungen . . . waren an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten weit verbreitet und wurden als nicht weiter tragisch betrachtet.“ Ja man braucht gar nicht lange zu suchen, um in der heutigen Zeit Beispiele von ebenso grausigen Massenmorden zu finden. Der Bibelbericht ist zwar schrecklich, aber durchaus glaubhaft.
Adoptivkind im Haus Pharaos
Die Zukunft von Jochebeds Sohn blieb nicht dem Zufall überlassen. Sie „setzte . . . [das Kästchen] in das Schilf am Ufer des Nil“. Wahrscheinlich hoffte sie, dass es dort entdeckt werden könnte. Pharaos Tochter kam — vielleicht sogar regelmäßig — hierher, um zu badenb (2. Mose 2:2-4).
Das Kästchen wurde schnell entdeckt. „Als . . . [Pharaos Tochter] es öffnete, bekam sie das Kind zu sehen, und siehe, der Knabe weinte. Da hatte sie Mitleid mit ihm, obwohl sie sagte: ‚Dies ist eins von den Kindern der Hebräer.‘ “ So beschloss die ägyptische Prinzessin, den Kleinen zu adoptieren. Der Name, den ihm seine Eltern ursprünglich gegeben hatten, ist schon lange in Vergessenheit geraten. Man kennt ihn heute in aller Welt unter dem Namen, den er von seiner Adoptivmutter erhielt: Mosesc (2. Mose 2:5-10).
Ist es aber nicht weit hergeholt, zu behaupten, eine ägyptische Prinzessin würde solch ein Kind aufnehmen? Nein, denn gemäß der Religion der Ägypter waren gute Taten ein Erfordernis für den Eingang in den Himmel. Was die Adoption an sich betrifft, schreibt die Archäologin Joyce Tyldesley: „Die Ägypterinnen erlangten Gleichstellung mit den ägyptischen Männern. Sie waren — zumindest theoretisch — rechtlich sowie wirtschaftlich gleichberechtigt und . . . konnten Adoptionen vornehmen.“ Tatsächlich belegt ein altägyptischer Papyrus den Fall einer Ägypterin, die ihre Sklaven adoptierte. Was Jochebeds Beschäftigung als Amme ihres eigenen Sohnes betrifft, heißt es in The Anchor Bible Dictionary: „Der Lohn, den Moses’ leibliche Mutter als seine Amme bekam . . ., erinnert an gleichlautende Übereinkünfte in mesopotamischen Adoptionsverträgen.“
Würde man Moses nach seiner Adoption nun seine hebräische Herkunft als unliebsames Geheimnis verschweigen, wie es manche Hollywoodfilme glauben machen? Nein, denn gemäß der Bibel griff Mirjam, die Schwester von Moses, geschickt ein, und so wurde Moses’ leibliche Mutter, Jochebed, seine Amme. Diese gottesfürchtige Frau wird ihrem Sohn die Wahrheit sicher nicht vorenthalten haben! Zudem wurden Kinder in alter Zeit oft mehrere Jahre lang gestillt, wodurch Jochebed reichlich Gelegenheit hatte, Moses über den ‘Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs’ zu belehren (2. Mose 3:6). Diese Glaubensgrundlage kam Moses sehr zugute, denn nachdem er der Tochter Pharaos übergeben worden war, wurde er „in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen“. Die Behauptung des Geschichtsschreibers Josephus, Moses sei in den Rang eines Befehlshabers aufgestiegen und habe in einem Krieg gegen Äthiopien gekämpft, lässt sich nicht bestätigen, wohl aber, dass er „machtvoll in seinen Worten und Taten“ war, wie die Bibel sagt (Apostelgeschichte 7:22).d
Mit 40 Jahren wäre Moses wahrscheinlich so weit gewesen, ein berühmter ägyptischer Führer zu werden. Er hätte es zu Macht und Reichtum bringen können, wenn er am Hof des Pharaos geblieben wäre. Doch stattdessen geschah etwas, was sein Leben veränderte.
Exil in Midian
Eines Tages „erblickte [Moses] einen gewissen Ägypter, der einen gewissen Hebräer von seinen Brüdern schlug“. Moses hatte bisher sowohl bei den Hebräern als auch bei den Ägyptern jahrelang viele Vorteile genossen. Als er nun aber sah, wie ein Mitisraelit geschlagen wurde — vielleicht sogar mit lebensgefährlichen Folgen —, da traf er eine bedeutsame Entscheidung (2. Mose 2:11). Er „weigerte sich . . ., der Sohn der Tochter Pharaos genannt zu werden, indem er es sich erwählte, eher mit dem Volk Gottes schlecht behandelt zu werden“ (Hebräer 11:24, 25).
Moses handelte schnell und entschieden: Er „schlug . . . den Ägypter nieder und verbarg ihn im Sand“ (2. Mose 2:12). Das war nicht die Tat eines Mannes, der „zu plötzlichen Zornausbrüchen neigte“, wie ein Kritiker behauptete. Moses handelte wahrscheinlich in dem Glauben, Gott werde seine Verheißung jetzt schon wahr machen und Israel aus Ägypten befreien, was sich aber als Irrtum herausstellte (1. Mose 15:13, 14). Vielleicht dachte Moses naiverweise, diese Tat würde sein Volk zum Widerstand aufstacheln (Apostelgeschichte 7:25). Zu seinem Leidwesen lehnten die Israeliten jedoch seine Führerschaft ab. Als Pharao von der Tötung erfuhr, sah sich Moses zur Flucht ins Exil gezwungen. Er ließ sich in Midian nieder und heiratete Zippora, die Tochter des nomadischen Vorstehers Jethro.
Vierzig lange Jahre lebte Moses als einfacher Hirte und seine Hoffnungen, ein Befreier zu werden, zerrannen. Als er eines Tages Jethros Herden an einen Ort in der Nähe des Berges Horeb trieb, erschien ihm Jehovas Engel in einem brennenden Busch. Stellen wir uns diese Szene einmal vor. Gott befiehlt Moses: „Führe du mein Volk, die Söhne Israels, aus Ägypten hinaus.“ Ein zögerlicher, zaghafter und unsicherer Moses antwortet mit flehender Stimme: „Wer bin ich, dass ich zu Pharao gehen sollte und dass ich die Söhne Israels aus Ägypten hinausführen muss?“ Moses macht sogar auf einen körperlichen Mangel aufmerksam, den manche Filmemacher vertuscht haben. Er hatte offensichtlich einen Sprachfehler. Wie sehr unterscheidet sich dieser Mann doch von den Helden der Legenden und Sagen aus alter Zeit! In den 40 Jahren seines Hirtendaseins ist er ein demütiger, reifer Mann geworden. Moses ist zwar unsicher, aber Gott traut ihm zu, dass er sich als Führer eignet (2. Mose 3:1 bis 4:20).
Befreiung aus Ägypten
Moses verlässt Midian und erscheint vor dem Pharao mit der Forderung, er solle Gottes Volk wegziehen lassen. Als sich dieser hartnäckig weigert, brechen zehn verheerende Plagen los. Bei der zehnten Plage stirbt die Erstgeburt Ägyptens, worauf ein gebrochener Pharao die Israeliten endlich freilässt (2. Mose, Kapitel 5 bis 13).
Diese Ereignisse sind sehr vielen Menschen gut bekannt. Ist aber irgendetwas davon wirklich geschehen? Manche sagen, der Bericht müsse erfunden sein, weil der Pharao nicht namentlich genannt wird.e Gemäß James K. Hoffmeier, der bereits zitiert wurde, ließen jedoch ägyptische Schreiber die Namen der Feinde der Pharaonen oft bewusst weg. Hoffmeier erklärt: „Bestimmt würden Historiker die Historizität der von Thutmosis III. durchgeführten Kampagne bei Megiddo nicht deshalb anzweifeln, nur weil die Namen der Könige von Kadesch und Megiddo nicht aufgeschrieben wurden.“ Laut Hoffmeier gab es „gute theologische Gründe“, den Namen des Pharaos nicht zu nennen. Der Bericht lenkt dadurch zum Beispiel die Aufmerksamkeit auf Gott statt auf den Pharao.
Trotz alledem wenden sich Kritiker gegen die Vorstellung eines massenhaften Auszugs von Juden aus Ägypten. Dem Gelehrten Homer W. Smith zufolge hätte eine solche Massenbewegung „in der Geschichte Ägyptens und Syriens mit Sicherheit großen Widerhall gefunden . . . Die Legende vom Exodus ist wahrscheinlich eher ein entstellter, aufgebauschter Bericht über die Flucht verhältnismäßig weniger Menschen von Ägypten nach Palästina.“
Bisher konnte diese Begebenheit durch ägyptische Quellen zugegebenermaßen nicht belegt werden. Man sollte aber nicht übersehen, dass die Ägypter Geschichtsberichte bedenkenlos fälschten, wenn die Wahrheit unangenehm war oder wenn sie ihren politischen Interessen zuwiderlief. Als Thutmosis III. an die Macht kam, versuchte er alle Erinnerungen an seine Vorgängerin Hatschepsut auszulöschen. Der Ägyptologe John Ray stellt fest: „Inschriften über sie wurden entfernt, ihre Obelisken ummauert und ihre Denkmäler gerieten in Vergessenheit. Ihr Name fehlt in Annalen der späteren Zeit.“ Auch in der Neuzeit sind schon Versuche gemacht worden, unangenehme Tatsachen zu verfälschen oder ganz zu vertuschen.
Was das Fehlen archäologischer Beweise für den Aufenthalt in der Wildnis angeht, darf man nicht vergessen, dass die Juden Nomaden waren. Sie bauten weder Städte noch trieben sie Ackerbau. Vermutlich hinterließen sie nicht viel mehr als Fußspuren. Die Bibel enthält dagegen überzeugende Beweise für einen solchen Aufenthalt. Er wird in der Heiligen Schrift an verschiedenen Stellen erwähnt (1. Samuel 4:8; Psalm 78; Psalm 95; Psalm 106; 1. Korinther 10:1-5). Interessanterweise bestätigte sogar Jesus Christus die Geschehnisse in der Wildnis (Johannes 3:14).
Der Bibelbericht über Moses ist also zweifellos glaubwürdig und wahrheitsgetreu. Allerdings hat Moses schon vor sehr langer Zeit gelebt. Welche Auswirkungen kann er auf unser Leben heute haben?
a Gemäß The Expositor’s Bible Commentary könnten mit den Worten „schön vor Gott“ neben den außergewöhnlichen körperlichen Merkmalen des Kindes auch seine „Herzenseigenschaften“ gemeint sein.
b Das Baden im Nil „war ein verbreiteter Brauch im alten Ägypten“, heißt es in dem Bibelkommentar von F. C. Cook. „Der Nil wurde als Emanation . . . des Osiris verehrt und seinem Wasser schrieb man eine besondere Fruchtbarkeit spendende und lebensverlängernde Kraft zu.“
c Die Etymologie dieses Namens ist unter Gelehrten umstritten. In Hebräisch bedeutet Moses „Herausgezogen“, „Aus dem Wasser errettet“. Der Geschichtsschreiber Flavius Josephus hielt „Moses“ für eine Zusammensetzung zweier ägyptischer Wörter, die „Wasser“ und „gerettet“ bedeuten. Auch heute vertreten manche die Meinung, der Name „Moses“ sei ägyptischen Ursprungs, bedeute aber höchstwahrscheinlich „Sohn“. Sie stützen sich dabei auf eine Lautähnlichkeit zwischen dem Wort für „Moses“ und einigen ägyptischen Namen. Da man allerdings weder die Aussprache des Althebräischen noch des Altägyptischen genau kennt, sind solche Theorien spekulativ.
d In dem Buch Israel in Egypt wird ausgeführt: „Die Vorstellung, Moses sei am ägyptischen Hof aufgewachsen, erscheint legendär. Wenn man jedoch den Königshof des Neuen Reiches etwas näher betrachtet, wird man eines Besseren belehrt. Unter Thutmosis III. . . . wurde es Brauch, die Prinzen unterworfener Könige Westasiens nach Ägypten zu holen, um sie nach ägyptischer Weise auszubilden . . . Daher waren ausländische Prinzen und Prinzessinnen am ägyptischen Hof nicht fremd.“
e Manche Historiker sagen, während des Auszugs der Israeliten aus Ägypten sei Thutmosis III. Pharao gewesen, nach anderen war es Amenhotep II., Ramses II. usw. Da die ägyptische Chronologie lückenhaft und unsicher ist, lässt sich nicht sicher sagen, wer damals Pharao war.
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Moses: Wie sich sein Leben auf uns auswirktErwachet! 2004 | 8. April
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Moses — Wie sich sein Leben auf uns auswirkt
FÜR zahlreiche Gelehrte und Kritiker ist Moses nicht viel mehr als eine mythologische Figur. Sie lehnen den Bericht der Bibel ab und legen dabei Beweiskriterien an, nach denen auch Männer wie Platon und Sokrates als Mythos verworfen werden müssten.
Wie wir gesehen haben, besteht jedoch kein triftiger Grund, den biblischen Bericht über Moses als unwahr abzutun. Ganz im Gegenteil: Gläubige Menschen können eine Fülle von Beweisen anführen, dass die gesamte Bibel „das Wort Gottes“ ist (1. Thessalonicher 2:13; Hebräer 11:1).a Wenn sie das Leben des Moses betrachten, ist das für sie nicht lediglich eine akademische Übung, sondern vielmehr eine Glaubensstärkung.
Moses, wie er wirklich war
In Filmen über Moses werden oft seine Heldenhaftigkeit und sein mutiger Einsatz als publikumswirksame Eigenschaften herausgestellt. Ja, Moses hatte wirklich Mut (2. Mose 2:16-19). Aber in erster Linie war er ein Mann des Glaubens. Gott war für ihn real, so real, dass der Apostel Paulus später schrieb, Moses sei „standhaft [geblieben], als sähe er den Unsichtbaren“ (Hebräer 11:24-28).
Wir lernen also von Moses, dass wir ein Verhältnis zu Gott aufbauen müssen. Auch wir können jeden Tag so leben, als hätten wir Gott vor Augen! Dann werden wir alles vermeiden, was ihm missfällt. Beachten wir auch, dass Moses seinen Glauben schon als kleines Kind eingepflanzt bekam. So war er stark genug, um „aller Weisheit der Ägypter“ standzuhalten (Apostelgeschichte 7:22). Ist das nicht ein schöner Ansporn für Eltern, ihre Kinder schon über Gott zu belehren, wenn sie noch ganz klein sind? (Sprüche 22:6; 2. Timotheus 3:15).
Ebenfalls bemerkenswert ist Moses’ Demut. Er war „der sanftmütigste aller Menschen, die es auf der Oberfläche des Erdbodens gab“ (4. Mose 12:3). Deshalb gab er seine Fehler offen zu. Er schreibt, dass er es versäumte, seinen Sohn beschneiden zu lassen (2. Mose 4:24-26). Auch erzählt er ganz unverblümt, dass er bei einer Gelegenheit Gott nicht die Ehre gab und dafür von ihm hart bestraft wurde (4. Mose 20:2-12; 5. Mose 1:37). Außerdem nahm Moses bereitwillig Vorschläge an (2. Mose 18:13-24). Ist das nicht ein nachahmenswertes Vorbild für Ehemänner, Väter und andere Männer mit Verantwortung?
Manche Kritiker bezweifeln, dass Moses wirklich sanftmütig war, denn er habe ja schließlich zu Gewalt gegriffen (2. Mose 32:26-28). Jonathan Kirsch schreibt hierzu: „Der biblische Moses ist selten demütig, nie milde und man kann auch nicht behaupten, er habe immer gerecht gehandelt. In gewissen schrecklichen Momenten . . . erwies sich Moses als überheblich, grausam und blutdürstig.“ Eine solche Kritik ist ausgesprochen undifferenziert. Sie verkennt völlig, dass Moses nicht aus Grausamkeit heraus handelte, sondern aus tiefer Gerechtigkeitsliebe und weil er Bosheit und Schlechtigkeit nicht duldete. In der heutigen Zeit, in der es modern ist, Unmoral zu tolerieren, mahnt uns das Beispiel des Moses, kompromisslos an moralischen Grundsätzen festzuhalten (Psalm 97:10).
Moses’ schriftliches Vermächtnis
Moses hinterließ eine erstaunliche Sammlung von Schriften. Sie umfasst poetische Texte (Hiob, Psalm 90), historische Prosa (1., 2. und 4. Mose), Geschlechtsregister (1. Mose, Kapitel 5, 11, 19, 22, 25) und eine bemerkenswerte Gesetzessammlung, das so genannte Gesetz Mose (2. Mose, Kapitel 20 bis 40; 3., 4. und 5. Mose). Dieses von Gott inspirierte Gesetz enthielt Regierungskonzepte, Gesetze und Grundsätze, die ihrer Zeit Jahrhunderte voraus waren.
In Ländern, in denen das Staatsoberhaupt gleichzeitig Oberhaupt der Kirche ist, herrschen oft Intoleranz, religiöse Unterdrückung und Machtmissbrauch. Im mosaischen Gesetz war der Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat festgelegt. Der König hatte keine priesterlichen Befugnisse (2. Chronika 26:16-18).
Ferner enthielt das mosaische Gesetz Vorschriften zur Hygiene und zur Krankheitsbekämpfung, die mit der heutigen Wissenschaft in Einklang sind — zum Beispiel Quarantänemaßnamen und die Beseitigung menschlicher Exkremente (3. Mose 13:1-59; 14:38, 46; 5. Mose 23:13). Das ist schon deshalb erstaunlich, weil die ägyptische Medizin damals im Großen und Ganzen eine gefährliche Mischung aus Aberglauben und Quacksalberei war. Würde man in den Entwicklungsländern heutzutage den Hygienestandard anlegen, den Moses lehrte, dann blieben Millionen Menschen Krankheit und vorzeitiger Tod erspart.
Christen sind nicht verpflichtet, das mosaische Gesetz zu befolgen (Kolosser 2:13, 14). Dennoch ist ein Studium dieses Gesetzes auch heute von großem Wert. Das mosaische Gesetz ermahnte Israel ernsthaft, nur Gott allein ergeben zu sein und Götzendienst zu meiden (2. Mose 20:4; 5. Mose 5:9). Es gebot Kindern, ihre Eltern zu ehren (2. Mose 20:12). Außerdem verurteilte es Mord, Ehebruch, Diebstahl, Lügen und falsches Begehren (2. Mose 20:13-17). Diese Grundsätze haben bei Christen immer noch einen hohen Stellenwert.
Die Hygienevorschriften des mosaischen Gesetzes können zur Vorbeugung von Krankheiten beitragen
Ein Prophet gleich Moses
Wir leben heute in schwierigen Zeiten. Die Menschheit braucht dringend einen Führer wie Moses — jemanden, der neben Macht und Autorität auch Integrität, Mut, Mitgefühl und eine tiefe Liebe zur Gerechtigkeit besitzt. Als Moses starb, fragten sich die Israeliten bestimmt, ob die Welt wohl jemals wieder einen Mann wie ihn sehen würde. Moses gab selbst die Antwort.
Er berichtet in seinen Schriften über den Ursprung von Krankheit und Tod und erklärt, warum Gott dem Bösen kein Ende setzte (1. Mose 3:1-19; Hiob, Kapitel 1 und 2). In 1. Mose 3:15 ist die allererste göttliche Prophezeiung aufgezeichnet — die Verheißung, dass das Böse eines Tages beseitigt werden wird! Auf welche Weise? Gemäß der Prophezeiung sollte ein Mensch geboren werden, durch den Rettung kommen würde. Aus dieser Verheißung erwuchs die Hoffnung auf einen Messias, einen Erlöser der Menschheit. Doch wer würde dieser Messias sein? Moses hilft uns, ihn eindeutig zu identifizieren.
Er äußerte vor seinem Tod folgende bedeutungsvollen Worte: „Einen Propheten gleich mir wird dir Jehova, dein Gott, aus deiner eigenen Mitte, aus deinen Brüdern, erwecken — auf ihn solltet ihr hören“ (5. Mose 18:15). Der Apostel Petrus bezog diese Worte später direkt auf Jesus (Apostelgeschichte 3:20-26).
Die meisten jüdischen Kommentatoren wehren sich entschieden dagegen, Moses und Jesus irgendwie zu vergleichen. Moses’ Worte seien auf jeden wahren Propheten anwendbar, der nach ihm kam. In der Bibelübersetzung Die vierundzwanzig Bücher der Heiligen Schrift von Leopold Zunz heißt es dagegen: „Es stand fortan nicht auf ein Prophet in Jisraël wie Moscheh, den der Ewige erkannt, Angesicht zu Angesicht“ (5. Mose 34:10).
Ja, auf Moses folgten noch viele treue Propheten, wie zum Beispiel Jesaja und Jeremia. Aber keiner von ihnen hatte ein so einzigartiges Verhältnis zu Gott wie Moses, der mit Gott von „Angesicht zu Angesicht“ sprach. Deshalb kann sich die Ankündigung des Moses, es werde ein Prophet ‘gleich ihm’ aufstehen, nur auf einen Mann beziehen — auf den Messias! Das sahen jüdische Gelehrte vor der Entstehung des Christentums — und vor der religiösen Verfolgung durch falsche Christen — interessanterweise nicht viel anders. Einen Niederschlag im jüdischen Schrifttum finden wir unter anderem im Midrasch Kohelet Rabba, wo Moses als Vorläufer des letzten Erlösers, des Messias, beschrieben wird.
Dass sich Jesus und Moses in vielerlei Hinsicht glichen, ist nicht zu bestreiten. (Siehe den Kasten „Jesus — ein Prophet gleich Moses“.) Jesus hat Macht und Autorität (Matthäus 28:19). Er ist „mild gesinnt und von Herzen demütig“ (Matthäus 11:29). Er hasst Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit (Hebräer 1:9). Somit kann uns Jesus die Führerschaft bieten, die wir so dringend brauchen! Er ist es, der bald Schlechtigkeit und Bosheit beseitigen und auf der Erde die paradiesischen Verhältnisse schaffen wird, die in der Bibel beschrieben werden.b
a Siehe das von Jehovas Zeugen herausgegebene Buch Die Bibel — Gottes oder Menschenwort?.
b Wenn Sie die biblische Verheißung von einer paradiesischen Erde unter Christi Königreich näher kennen lernen möchten, können Sie sich gern an Jehovas Zeugen wenden. Sie würden sich freuen, mit Ihnen kostenlos die Bibel zu studieren.
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