APOSTELGESCHICHTE
Studienanmerkungen zu Kapitel 23
habe … gelebt: Das hier verwendete griechische Verb politeuomai könnte man auch mit „sich als Bürger benehmen“ wiedergeben. Paulus wies darauf hin, dass er sich als guter Bürger erwiesen hatte, der die Gesetze seines Landes einhielt. Römische Bürger brachten sich im Allgemeinen aktiv ins politische Geschehen ein, denn das Bürgerrecht hatte einen sehr hohen Stellenwert und war mit Pflichten und Privilegien verbunden (Apg 22:25-30). Als Paulus davon sprach, wie er vor Gott „gelebt“ oder „sich benommen“ hatte, könnte er darauf angespielt haben, dass er in erster Linie ein Bürger von Gottes Königreich war (Php 3:20; vergleiche Anm. zu Php 1:27, wo dasselbe griechische Verb verwendet wird).
Ich bin ein Pharisäer: Einige der Anwesenden im Sanhedrin kannten Paulus (Apg 22:5). Sie wussten, dass er inzwischen ein überzeugter Christ war. Ihnen war also klar, dass er sich mit seiner Aussage, er sei ein Sohn von Pharisäern, nicht als Pharisäer ausgeben wollte, sondern sich auf seine gemeinsamen Wurzeln mit ihnen bezog. Seine Aussage ist daher nicht wortwörtlich zu verstehen. Sie bedeutet lediglich, dass er sich mehr mit den Pharisäern identifizierte, die wie er an eine Auferstehung glaubten, als mit den Sadduzäern. Dadurch, dass er die Auferstehung – ein kontroverses Thema – aufbrachte, schuf er eine gemeinsame Grundlage mit den anwesenden Pharisäern. Allem Anschein nach hoffte er, einige im Sanhedrin für sich und seine Argumente gewinnen zu können – was ihm auch gelang (Apg 23:7-9). Seine Aussage im vorliegenden Vers passt auch zu dem, was er später bei seiner Verteidigung vor König Agrippa über sich sagte (Apg 26:5). Und als er von Rom aus den Christen in Philippi schrieb, erwähnte er ebenfalls seinen Hintergrund als Pharisäer (Php 3:5). Interessant ist auch, wie andere Christen, die früher Pharisäer waren, in Apg 15:5 beschrieben werden. (Siehe Anm. zu Apg 15:5.)
legten einen Eid ab, dass sie verflucht sein sollten: Wtl. „belegten sich selbst mit einem Fluch“. Hier steht im Griechischen das Verb anathematízō. Es bedeutet, dass jemand einen Eid leistete, der für ihn zu einem Fluch werden sollte, wenn er ihn nicht erfüllte oder es sich herausstellte, dass der Eid nicht aufrichtig gemeint war.
Ältesten: Das Wort bezieht sich hier auf die Führer des jüdischen Volkes. Häufig werden sie zusammen mit Oberpriestern und Schriftgelehrten erwähnt. (Siehe Anm. zu Mat 16:21.)
Wir haben feierlich geschworen, dass wir verflucht sein sollen: Wtl. „Wir haben uns selbst mit einem Fluch verflucht“. (Siehe Anm. zu Apg 23:12.)
haben geschworen, dass sie verflucht sein sollen: Wtl. „haben sich selbst mit einem Fluch belegt“. (Siehe Anm. zu Apg 23:12.)
heute Nacht zur 3. Stunde: Gerechnet von Sonnenuntergang an, also gegen 21 Uhr. Die Schreiber der Christlichen Griechischen Schriften geben die Zeit der zwölf Nachtstunden gewöhnlich in „Wachen“ an und orientieren sich dabei an der Zeiteinteilung, die bei den Griechen und Römern üblich war (Luk 12:38; siehe Anm. zu Mat 14:25; Mar 6:48). Das ist die einzige Stelle, wo auf eine spezielle Stunde in der Nacht Bezug genommen wird. (Vgl. Apg 16:25, 33; siehe Anm. zu Mar 13:35.)
Claudius Lysias an Seine Exzellenz, den Statthalter Felix: Grüße!: In der Antike war das eine übliche Einleitung in Briefen. Zuerst wurde der Schreiber genannt, dann der Adressat und danach folgte eine Grußformel. Als Gruß verwendete man oft das griechische Verb cháirō (wtl. „sich freuen“), das so viel ausdrückt wie: „Hoffentlich geht es dir (euch) gut!“ Dieser Gruß taucht auch häufig in außerbiblischen Papyrusbriefen auf. Im vorliegenden Kontext ist „Grüße!“ eine angemessene Wiedergabe für cháirō. In Apg 15:23 und Jak 1:1 findet man eine ähnliche Briefeinleitung. (Siehe Anm. zu Apg 15:23.)
Römer: D. h. ein römischer Staatsbürger. (Siehe Anm. zu Apg 16:37; 22:25.)
Palast: Oder „Prätorium“. In den Evangelien und der Apostelgeschichte bezeichnet der griechische Ausdruck praitṓrion (von dem lateinischen praetorium) einen Palast oder eine Residenz. Ursprünglich wurde nur das Zelt der Militärbefehlshaber Prätorium genannt, mit der Zeit wandte man diesen Ausdruck aber auch auf die Residenz der Provinzstatthalter an. Hier bezieht sich praitṓrion auf einen Palast in Cäsarea, der von Herodes dem Großen erbaut wurde. Um 56 u. Z. – als sich die im vorliegenden Kapitel geschilderten Ereignisse abspielten – diente er als Residenz des römischen Statthalters. (Siehe Anm. zu Mat 27:27.)