Kampf dem Eindringling
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Schweden
ES KÖNNTE sein, daß er im Spätsommer oder Herbst völlig unerwartet in dein Haus oder Gartenhaus eindringt. Er zieht es vor, in Holzhäusern zu wohnen, besonders in älteren ohne Keller. Wer ist der Missetäter? Merulius lacrymans, ein Pilz, der normalerweise Braunfäule verursacht.
Da dieser Pilz kein Chlorophyll hat, muß er seine Nahrung aus anderen Quellen beziehen — aus Holz, Hartfaserplatten, Korkmatten, Linoleum u. ä.
Er besteht aus sehr feinen, verzweigten Zellfäden, deren Gesamtheit man als „Myzelium“ bezeichnet. Wenn der Pilz ungestört ist, bildet er Häutchen und Stränge aus. Mit Hilfe dieser Stränge kann er sich durch den Putz und durch Risse im Beton einen Weg bahnen. Der Pilz kann in einem geeigneten Ausdehnungsraum — unter dem Boden, an einer Zimmerwand oder an einer Decke — einen Fruchtkörper bilden. Dieser Fruchtkörper kann im Durchmesser bis zu dreißig Zentimeter groß werden. In den Poren der Oberfläche entstehen braune oder rötliche Sporen.
Jeder Quadratmillimeter der mit Poren übersäten Oberfläche kann in der Minute bis zu fünfundsiebzig Sporen erzeugen. Jede Spore kann zu einem neuen Pilz werden, und dieser wiederum kann unbegrenzte Mengen an Holz zerstören. Die Sporen sind klebrig und können sich überall anheften. Bei ausreichend vorhandener Feuchtigkeit und Wärme gedeihen sie sehr schnell. Frisches, trockenes Holz dagegen ist vor den Sporen sicher.
Dieser Pilz kann nicht im Freien leben, da es dort zu trocken ist. Der hohe Feuchtigkeitsgehalt, den er braucht, um sich entwickeln zu können, ist nur an unzureichend gelüfteten, feuchten Stellen anzutreffen. Der Pilz kann aufhören zu wachsen, wenn es trocken wird, kann jedoch wieder zu wachsen anfangen, sobald es feucht wird. Hat er einmal ein gewisses Wachstum erreicht, sorgt er selbst für die Feuchtigkeit, die ein ständiges Wachstum erfordert. Die Wachstumsrate dieses Pilzes wird durch die Temperatur beeinflußt. Er benötigt eine Temperatur von mindestens 3 °C, um wachsen zu können, doch die beste Temperatur liegt zwischen 18 °C und 23 °C. Steigt die Temperatur über 26 °C, verlangsamt sich das Wachstum. Bei 20 °C ist die Wachstumsrate dreimal so hoch wie bei 10 °C.
Wie kannst du herausfinden, ob sich dieser Pilz schon in deinem Haus eingenistet hat? Vielleicht entdeckst du irgendwo eine sporenbildende „Blume“ — an der Kellerdecke, unter dem Waschbecken oder in einem Flur. Es könnte auch sein, daß du auf dem Boden oder an einer Zimmerwand Stellen siehst, die mit einem Myzelium bedeckt sind. Oder es ist bereits ein moderiger, pilzartiger Geruch wahrnehmbar. Sollte das der Fall sein, so brauchst du fachmännische Hilfe. Vielleicht muß ein Boden oder eine Wand aufgebrochen und alles beseitigt werden, wo sich der Pilz niedergelassen oder sein Geruch festgesetzt hat. Anschließend wird wahrscheinlich alles mit einer giftigen Flüssigkeit eingesprüht werden müssen, damit die Sporen und alles, was sonst noch vom Pilz übriggeblieben sein könnte, vernichtet wird.
Um sicherzugehen, daß dieser Pilz nicht Fuß fassen kann, ist während des ganzen Jahres eine gute Belüftung erforderlich. Bewegte trockene Luft ist für den Pilz tödlich. Vielfach stirbt er bei einer Temperatur von minus 6 °C. Ebenfalls achtgeben sollte man auf undichte Stellen im Dach. Ungünstig ist, wenn an der Wand in der Nähe des Sockels Wasser zum Boden fließt. In einem Zimmer, das mit Wasser überschwemmt war, sollte man den Boden und die Isolierung gründlich austrocknen lassen, bevor man wieder eine dicke Matte darüberlegt, die das Trocknen verhindern würde. Die Rohre unter dem Waschbecken, der Toilette und der Badewanne sollten dicht sein, damit kein Wasser auf den Boden tropfen kann.
Sollte bei den tragenden Balken unter den Fußbodenbrettern Verdacht auf Fäulnis bestehen oder befindet sich im Zimmer ein moderiger Geruch, dann könntest du unter den Boden eine Flüssigkeit sprühen, die Fäulnis verhindert. Manche Hauseigentümer verwenden dazu ein Pflanzenschutzmittel-Sprühgerät mit Verlängerungsschlauch; andere nehmen eine Plastiksprühflasche, die man, nachdem man sie mit Flüssigkeit gefüllt hat, zusammendrücken kann. Sie führen den Schlauch durch eine Belüftungsöffnung ein und besprühen von unten her den Boden des Zimmers. Dadurch gelangt wieder ein frischer Geruch ins ganze Haus, und der Boden ist vor Fäulnis geschützt. Kellerwände und -decken kann man dadurch vor dem Pilz schützen, daß man sie mit Kalk bestreicht.
Obwohl also Merulius lacrymans wirklich ein unerwünschter Eindringling ist, gibt es Möglichkeiten, zu verhindern, daß dieser Pilz in deinem Haus Fuß faßt.