Es konnte sich nur in Japan ereignen
Von Wachtturm-Missionaren in Japan
EINE Gruppe heimwärts reisender Kongreßteilnehmer richtete sich ein für eine ruhige Nachtreise von Sendai nach Tokio. Es war ein freudiger Kongreß gewesen, und jeder sprudelte an Gutem über. Das wurde so offenbar, daß Mitreisende sich nach dem Warum und Weshalb erkundigten. Einer davon abonnierte zehn Minuten vor Mitternacht des letzten Tages im Wachtturm-Feldzug den Wachtturm in Japanisch.
Dann geschah es! Die schläfrigen Wageninsassen wurden aufgeweckt durch das plötzliche Zusteigen von ungefähr zwanzig ungepflegten Bauern, von denen jeder auf seinem Rücken ein Bündel in Menschengröße trug. Man stellte die Ladungen im Durchgang ab, löste die Schnüre und teilte die Ladung in viele kleinere Päckchen auf. Pakete mit bunter Verpackung brachte man im Gepäcknetz, unter den Sitzen, zwischen den Sitzen und überall unter, wo noch freier Platz war. Größere Papiersäcke schob man ungestüm unter die Sitze, bis man kaum noch für die Beine Platz hatte. Die Verkäufer „schwarzen“ Reises, ungeschlachte Kreaturen der japanischen Unterwelt, hatten für ihren Nachtausflug nach Tokio aus allen Wagen unseren Wagen erwählt!
Ein Schauder geht durch unsere Gruppe. Diese fremden Männer und Frauen nehmen Messer heraus! Wenn wir durch den nebligen Gestank des Tabakrauches blicken, bemerken wir, daß jeder von ihnen ein Messer in der Hand hält, zur Tarnung in ein Taschentuch eingeschlagen, aber die Spitze ist deutlich sichtbar. Werden wir alle erstochen? Wir nähern uns einem Bahnhof. Die Schwarzhändler springen schnell mit nervös zuckenden Händen auf, ziehen alle Vorhänge herunter und schirmen so das Wageninnere von außen ab. Während der Zug zum Stehen kommt, nageln Lümmel an jedem Wagenende schwere Bretter quer über die Türen. Ihr Wachmann ruft: „Polizei! Untersuchung!“, und ein Lärm bricht los.
Ein stämmiger Polizist erscheint an einer Türe. In nur einer halben Minute schlägt er die Scheibe ein, ist aber dann zu fett, sich hindurchzuzwängen. Ein Zivilist erzwingt schließlich seinen Weg ins Innere und reißt mit Gewalt die Tür auf. Doch wertvolle Sekunden hat man damit verloren! Unsere Aufmerksamkeit konzentriert sich wieder auf die Schwarzhändler. In alle Richtungen fliegen Messer und ebenso der Reis! Fluten von Reis! Links von uns Reis, rechts von uns Reis, Reis in unseren Schuhen. Während wir auf unsere Sitze hochsteigen, bedeckt sich der Wagenboden zentimetertief mit glitzerndem weißem Reis. Jetzt erscheint eine zornige Polizeigruppe, aber nur ein großes unbeschädigtes Paket kann beschlagnahmt werden. Jemand festnehmen hat keinen Zweck. Man kann nicht beweisen, wer den Reis dorthin geschafft hat. Die Polizei schaufelt durch das Fenster auf den Bahnsteig hinaus, was sie kann, aber die Zugpfeife ertönt und gibt der Polizei ein Zeichen, durch eine Wolke von Reisstaub den Zug zu verlassen. Aber die Flut von Reis bleibt im Zug.
Dann beginnt eine fieberhaftere Tätigkeit! Die Schwarzhändler schwärmen um die Sitze herum und machen sich unter den Sitzen zu schaffen. Neue Papiersäcke, Schnüre und provisorische Schaufeln werden hervorgeholt, und in zehn Minuten ist der Wagen wieder sauber. Die getarnten Pakete holt man wieder aus dem Gepäcknetz, und die großen Reisbündel werden wieder zusammengestellt. Nach Erreichung der Vorstädte von Tokio wankt die Armee der Schwarzhändler mit ihren Ladungen hinaus, und mit einem Siegeslächeln auf dem Gesicht verbeugen sie sich vor den Mitreisenden mit den Worten: „Wir verursachten eine schreckliche Ruhestörung.“ Wir erwidern: „Macht uns nichts aus!“ Es war eine Nacht der Unterhaltung — kostenlos!