Fragen von Lesern
● Warum spricht die Neue-Welt-Übersetzung in Johannes 1:18 vom einziggezeugten „GOTT“, statt wie viele andere Übersetzungen vom einziggezeugten „Sohn“? — D. S., Vereinigte Staaten.
Johannes 1:18 lautet nach der Neuen-Welt-Übersetzung: „Kein Mensch hat GOTT jemals gesehen; der einziggezeugte Gott, der am Busenplatz beim Vater ist, der hat über ihn Aufschluß gegeben.“ Der Apostel Johannes bezieht sich hier offensichtlich auf Jesus Christus, den Sohn Gottes. Jesus ist aber nicht nur der einziggezeugte Sohn Gottes, sondern auch ein Gott, der einziggezeugte Gott. Sehr wahrscheinlich gebrauchte Johannes das griechische Wort the̱os, „Gott“, statt huio̱s, „Sohn“, weil er in Übereinstimmung mit dem ersten Vers seines Evangeliums, in dem er von Jesus sagt: „Und das WORT war ein Gott“, die Gottheit Jesu, nicht seine Sohnschaft, hervorheben wollte.
Daß der Apostel Johannes selbst sehr wahrscheinlich das Wort the̱os, nicht das Wort huio̱s, gebrauchte, wird auch durch die ältesten und bedeutendsten griechischen Handschriften bestätigt. Deshalb hat auch der Text von Westcott und Hort, der der Neuen-Welt-Übersetzung zugrunde liegt, diesen Wortlaut.
Interessanterweise haben auch verschiedene andere deutsche Übersetzungen an dieser Stelle „Gott“ statt „Sohn“. P. Johann Perk sagt zum Beispiel: „Der eingeborene Gott“, Ludwig Thimme: „der Eingeborene, Gott von Art“, und Franz Sigge: „Der Einziggezeugte Gott“. Die Parallel-Bibel, die den Ausdruck „einziggeborener Sohn“ hat, weist in einer Randbemerkung darauf hin, daß es nach anderer Lesart „GOTT“ heiße. Auch die englische Übersetzung von Msgr. Knox sagt in einer Fußnote zu diesem Text: „Einige der besten Handschriften haben hier ‚Gott, der Einziggezeugte‘, statt ‚der einziggezeugte Sohn‘.“
Das Neue-Welt-Bibelübersetzungskomitee hatte somit genügend stichhaltige Gründe für seine Wiedergabe dieses Textes, und daß Westcott und Hort hinreichend Grund hatten, den Text so wiederzugeben, wird auch von anderen anerkannt. Viele Übersetzer nahmen an dem Ausdruck „der einziggezeugte Gott“ Anstoß und zogen deshalb die weniger bedeutenden Lesarten den besseren vor.
● Was ist mit den Gewalten gemeint, die in Kolosser 1:16 erwähnt werden? Schließen sie auch die in Römer 13:1 beschriebenen „obrigkeitlichen Gewalten“ ein? — C. W., Vereinigte Staaten.
Kolosser 1:16, 17 (NW) lautet: „Durch ihn sind alle [anderen] Dinge in den Himmeln und auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, erschaffen worden, seien es Throne oder Herrschaften oder Regierungen oder Gewalten. Alle [anderen] Dinge sind durch ihn und für ihn erschaffen worden. Auch ist er vor allen [anderen] Dingen, und durch ihn sind alle [anderen] Dinge gemacht worden, um zu bestehen.“
Bezieht sich der Apostel Paulus hier tatsächlich auf die in Römer 13:1 angeführten „obrigkeitlichen Gewalten“ oder Herrscher dieser Welt? Nein, denn von diesen „obrigkeitlichen Gewalten“ wird nicht gesagt, sie seien von Gott erschaffen, sondern es heißt: „[Sie] stehen in ihren relativen Stellungen als von Gott angeordnet.“ Von den in Kolosser 1:16 erwähnten Gewalten dagegen wird gesagt, sie seien Gottes Schöpfung durch den Sohn Gottes. Auch könnte nicht gesagt werden, die weltlichen „obrigkeitlichen Gewalten“ seien für ihn, das heißt für Jesus Christus, geschaffen. Sie sind für die Menschen auf der Erde geschaffen. Somit gibt es verschiedene Gewalten. Einige gehören zur Organisation Jehovas, andere zur Welt Satans und seiner Organisation. Das geht auch aus Kolosser 1:13 (NW) hervor: „Er hat uns von der Gewalt der Finsternis befreit und uns in das Königreich [oder unter die Gewalt] des Sohnes seiner Liebe versetzt.“ Hier wird also offensichtlich auf zwei verschiedene Gewalten Bezug genommen.
Die Gewalten „des Sohnes seiner Liebe“ gehören dem Sohn, sie wurden durch ihn, das Werkzeug Gottes, geschaffen. Zu diesen Gewalten gehören nicht nur himmlische, geistige, unsichtbare, sondern auch sichtbare Gewalten, die in der Christenversammlung Machtbefugnis haben. So, wie Jehova in den Tagen der Apostel, nach Pfingsten 33, ein Werkzeug hatte, das ihm als Gewalt oder leitende Körperschaft diente, bedient er sich auch heute einer leitenden Körperschaft, der Klasse des „treuen und verständigen Sklaven“, die das Werk der christlichen Zeugen Jehovas in der Neuen-Welt-Gesellschaft überwacht. — Matth. 24:45-47, NW.
● Warum bezeichnet die Neue-Welt-Übersetzung die Männer, die aus dem Osten kamen, um das Jesuskind zu sehen, als Astrologen? (Matth. 2:1) Nach Strongs griechischem Wörterbuch erscheint an dieser Stelle das Wort magos, das „Magiker, d. h. orientalischer Gelehrter, eigentlich Magier, Zauberer“, bedeutet. — R. A., Vereinigte Staaten.
Da das Wort magos Magus oder Magier bedeutet, geben es verschiedene Bibelübersetzungen (zum Beispiel die Zürcher Bibel und die Übersetzung von Menge) in einer Fußnote zu Matthäus 2:1 mit „Magier“ wieder. Andere Übersetzungen, unter anderem die Aschaffenburger Bibel und die Elberfelder Bibel haben das Wort „Magier“ sogar direkt im Text. Wer waren aber diese Magier, und wofür waren sie besonders bekannt?
In vielen Wörterbüchern werden die Magier als eine Priesterkaste bei den alten Medern und Persern beschrieben. Das Imperial Dictionary unterrichtet uns eingehend über den Ursprung der Magier:
„Nach Herodot waren die Magier ein medischer Stamm, der sich besonders der Traumdeutung widmete und mit der Ausübung der heiligen Riten betraut war. Sie waren, kurz gesagt, die Gelehrten und Priester, die wie man glaubte, die Macht besaßen, aus Büchern und aus der Beobachtung der Sterne die Zukunft vorherzusagen. Sie waren deshalb sehr einflußreich. Man unternahm sozusagen nichts von Bedeutung, ohne sie vorher zu befragen. Ob es bei den Babyloniern eine einheimische Klasse gab, die die gleichen Wissenschaften und die gleichen Künste betrieb, oder ob sich der medische Stamm bei ihnen einfach einbürgerte, ist nicht erwiesen. Eines steht jedoch fest: Es gab in Babylon eine unter dem Namen Magier bekannte Klasse, die die gleiche Stellung einnahm wie bei den Persern. Ja, sie scheinen dort so sehr zu Hause gewesen zu sein, daß das Wort ‚Chaldäer‘ bei den Griechen und Römern fast die gleiche Bedeutung annahm wie das Wort ‚Magus‘. Auch in der Heiligen Schrift wird auf die große Bedeutung hingewiesen, die die Babylonier den Geheimwissenschaften und sogenannten übernatürlichen Kräften der Magier beimaßen. Spätere Forschungen haben sogar ergeben, daß eher Babylon das Zentrum der vollentfalteten Magie war als Medien und Persien. ‚Ursprünglich wurden die medischen Priester nicht als Magier bezeichnet ... Sie erhielten den Namen Magier von den Chaldäern, und das erklärt auch, weshalb Herodot die Magier als einen medischen Stamm bezeichnet.‘“
Das Wort magos kann allerdings auch „orientalischer Gelehrter“ bedeuten. Welche Art von Gelehrsamkeit machte denn die Magier so berühmt? Waren sie Gelehrte im heutigen Sinne? Kaum. Es scheint vielmehr, daß sie sich größtenteils mit Zauberei und Astrologie befaßten. Der Prophet Jesaja sagte über Babylon und seine Magier: „Tritt doch her mit deiner Beschwörung, mit all deiner Zauberei, womit du dich abgemüht hast von Jugend an! Vielleicht kannst du doch helfen und jagst jemand einen Schrecken ein. Ach, du hast dich abgequält mit all deinen Ratgebern! Sie mögen nun herzutreten! Laß sie doch herankommen und dich erretten, die Himmelsvermesser und die Sternengucker, die dir jeden Neumond ankündigen, was er dir in Zukunft bringen soll!“ — Jes. 47:12, 13, Br.
Es ist daher nicht von ungefähr, daß die Leser des Matthäusevangeliums schon in ferner Vergangenheit unter dem in Matthäus 2:1 erscheinenden Wort magos „Astrologen“ verstanden, so auch Justinus, Origenes und Tertullian. Tertullian schrieb zum Beispiel: „Die enge Verbindung zwischen Magie und Astrologie ist uns bekannt. Die Sterndeuter waren somit die ersten ..., die ihm [Jesus] ‚Geschenke‘ brachten.“ (The Ante-Nicene Fathers, Band 3, S. 65) Der Ausdruck „Magier“ wurde „im Osten eine allgemeine Bezeichnung für Astrologen“. — The New Funk & Wagnalls Encyclopedia, Band 22, Seite 8076.
Bei den in Matthäus erwähnten „Magiern“ oder „Weisen“ handelt es sich somit höchst wahrscheinlich um Astrologen. Folgten sie nicht einem Licht am Himmel, das einem sich fortbewegenden Stern glich? (Matth. 2:2) Das ist ein überzeugender indirekter Beweis dafür, daß die Magier Astrologen waren. Ludwig Albrecht gibt in seinem Neuen Testament das fragliche Wort in Matthäus 2:1 mit „Sterndeuter“ wieder und sagt in einer Fußnote unter anderem folgendes dazu: „So hießen bei den Babyloniern die Priester und Gelehrten, die sich besonders mit Sternkunde und Sterndeuterei beschäftigten..“ Außer der Neuen-Welt-Übersetzung geben übrigens noch drei andere moderne englische Übersetzungen das Wort magos in Matthäus 2:1 mit „Astrologen“ wieder: An American Translation, The New English Bible und The New Testament in Modern English von J. B. Phillips.