Sollte man Weihnachten feiern?
UM DIE Übereinstimmungen und die Unterschiede in bezug auf das Weihnachtsfest im Fernen Osten und in den westlichen Ländern zu zeigen, wurden die hier dargelegten Informationen in Form eines Briefwechsels zwischen einem Japaner und seinem Freund in England abgefaßt. Die Gedanken helfen einem bei der Beantwortung der Frage, ob man Weihnachten feiern sollte.
Lieber David!
Es ist wieder soweit. Die Menschen werden von den Kaufleuten gelenkt wie von Hohenpriestern. Der Weihnachtsmann ist der Zeremonienmeister. Weihnachtsbäume sind das Symbol der Feier. Opfer werden in Form von Weihnachtsgebäck und Spielzeug dargebracht. In Japan propagiert der Handel die Weihnachtsreligion. Seine Mission war in den letzten 30 bis 40 Jahren sehr erfolgreich. Eine enorme Zahl von Japanern hat sich zu dieser „Religion“ bekehren lassen — wenn auch nur für ein paar Tage im Jahr.
Das hat mich neugierig gemacht. Ich habe mich oft gefragt, warum so viele Japaner, die ja zum größten Teil keine Christen sind, ein „christliches“ Fest feiern. Wann begannen die Japaner, in diesem Umfang Weihnachten zu feiern? Wie kam es überhaupt dazu?
Als ich mich mit dem Ursprung des Weihnachtsfestes in Japan beschäftigte, stieß ich auf folgende Geschichte: Sōseki Natsume, ein großer Schriftsteller der Meidschiära (1868—1912), schickte Shiki Masaoka, einem berühmten Dichter, aus England eine Weihnachtskarte mit einer rührenden Weihnachtsszene aus dem London des Jahres 1900. Shiki schrieb sogar ein Haiku (die kürzeste Form eines japanischen Gedichtes) über eine kleine Kapelle an einem Weihnachtstag. Um die Jahrhundertwende war Weihnachten in Japan offensichtlich noch etwas ganz Neues. Doch wann feierten die Japaner ihr erstes Weihnachtsfest?
Es wird Dich vielleicht interessieren, daß in einigen Quellen angegeben wird, man habe schon im achten Jahr des Meidschi (1875) in einer Mädchenschule in Ginza Weihnachten gefeiert. Doch „der Brauch, Weihnachten zu feiern, setzte sich in Japan nicht vor 1945 durch“, heißt es in der Zeitschrift The Christian Century. Damals sahen die Japaner, wie die Angehörigen der amerikanischen Soldaten und Missionare das Weihnachtsfest begingen. Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg, die die Japaner in ein geistiges Vakuum gestürzt hatte, benötigten sie ganz einfach etwas, was sie aufmunterte.
Weihnachten befriedigte dieses Bedürfnis. Wie Du Dir vorstellen kannst, verlor der Handel keine Zeit, den Verkauf am Ende des Jahres anzukurbeln, indem man die Geschäfte weihnachtlich dekorierte. Diese Weihnachtsdekorationen „wirkten wie ein Zauber, der die Kunden anlockte“, sagte der Zeitungskolumnist Kimpei Shiba. Er fügte hinzu: „Das geschah, weil die Dekorationen hübsch anzusehen waren und Frohsinn verbreiteten.“
Als Engländer wirst Du wahrscheinlich nicht wissen, daß es bei den Japanern, bereits lange bevor Weihnachtsgeschenke aufkamen, Brauch war, sich am Ende des Jahres zu beschenken. Der Dezember war schon immer ein Segen für den Einzelhandel. Da die Leute dank ihrer Jahresgratifikation eine dicke Brieftasche haben, geben sie das Geld mit vollen Händen aus. „Die [weihnachtliche] Umgebung ... versetzte die Menschen in eine fröhliche, spendable Stimmung und verleitete sie dazu, mehr osei-bo-Geschenke [Geschenke zum Jahresende] zu kaufen als gewöhnlich. Daher wurden die Weihnachtsdekorationen beibehalten“, schrieb Kimpei Shiba.
Kaufhäuser und Einzelhändler haben sich heute darauf eingestellt, von dem offenbar hervorragend wirkenden „Geist des Weihnachtsfestes“ soviel wie möglich zu profitieren. Spielzeughersteller und Bäckereien konzentrieren sich auf diese Stimmung und machen sich die Zeit zunutze. Im Dezember sind die Umsätze bei Kiddy Land, der größten Kette von Spielwarengeschäften in Japan, viermal so hoch wie in den anderen Monaten. Schätzungsweise 5 bis 10 Prozent des Gebäcks, das jedes Jahr in Japan hergestellt wird, kann man als „Weihnachtsgebäck“ bezeichnen.
Ich habe festgestellt, daß sich einige Leute daran stören, daß die Weihnachtsszene in Japan vom Kommerz beherrscht wird. In der Zeitung The Daily Yomiuri äußerte sich zum Beispiel ein Amerikaner, der seit langem in Japan lebt, wie folgt: „Die Japaner haben fast jeden Werbetrick in Verbindung mit Weihnachten übernommen, aber irgendwie vermißt man hier die weihnachtliche Stimmung.“ Er meinte den religiösen Aspekt des Weihnachtsfestes.
Das veranlaßte mich, die religiöse Seite dieses Festes einmal näher zu untersuchen. Die Kirchgänger behaupten, Weihnachten (der 25. Dezember) sei der Geburtstag Christi. Ich war daher ziemlich überrascht, daß in der Encyclopedia of Japanese Religions gesagt wird, man könne nicht beweisen, daß Jesus an diesem Tag geboren worden sei. Es heißt in der Enzyklopädie: „Obwohl das tatsächliche Datum der Geburt Jesu nicht bekannt ist, wird etwa seit dem dritten Jahrhundert Weihnachten am 25. Dezember gefeiert ... Dieses Datum fällt ungefähr auf den Tag der Wintersonnenwende, und es [das Weihnachtsfest] trat an die Stelle des vorchristlichen Festes der Wiedergeburt der Sonne.“ Wiedergeburt der Sonne? Ich dachte immer, es sei der Geburtstag Jesu. Wie können aufrichtige Christen ein Fest feiern, das ursprünglich ein heidnisches Fest anläßlich der Wintersonnenwende war? Nicht der Geburtstag Jesu, sondern die Wiedergeburt der Sonne wird gefeiert. Wie können westliche Kirchgänger die Japaner als prinzipienlos kritisieren, weil sie einen „christlichen“ Feiertag begehen, während sie selbst im Grunde genommen genauso prinzipienlos handeln?
Ich würde es sehr schätzen, David, wenn Du mir diese Fragen beantworten könntest, da sie mich sehr beunruhigen.
Dein Freund
Ichiro
Lieber Ichiro!
Vielen Dank für Deinen Brief, der zeigt, daß Du Dich mit dem Weihnachtsfest in Deinem Land auseinandergesetzt hast. Für einen Europäer ist es höchst interessant, zu erfahren, wie Asiaten ein westliches Fest feiern.
Um es ganz deutlich zu sagen: Du hast vollkommen recht, wenn Du schreibst, daß Weihnachten ein heidnischer Feiertag ist. In fast jedem Nachschlagewerk wird gesagt, daß das Weihnachtsfest seinen Ursprung in der heidnischen Saturnalienfeier, dem römischen Fest zu Ehren Saturns, des Gottes des Ackerbaus, hat.
Genauso, wie die Japaner das Weihnachtsfest in ihre buddhistische und schintoistische Kultur übernommen haben, so haben die Kirchen der Christenheit heidnische Feste in ihre „christliche“ Tradition übernommen. In gewisser Hinsicht ist das eigentlich eine noch größere Sünde, denn während die Japaner Weihnachten als ein fremdes Fest feiern, betrachten die Kirchgänger die heidnische Saturnalienfeier als „christliche“ Weihnacht.
Hier in England gab es eine Zeit, in der die weltliche und die religiöse Feier des Weihnachtsfestes als heidnisch geächtet war. Das war, als in England die Puritaner regierten. Auch in der Massachusetts Bay Colony in Nordamerika verboten die Puritaner, die England wegen ihres Glaubens verlassen hatten, das Weihnachtsfest und stellten es unter Strafe, in dieser Zeit Feste zu veranstalten.
Ich möchte Dir aber gern einmal zeigen, was die Bibel dazu zu sagen hat, daß man das Christentum mit heidnischen Religionen verschmilzt. „Laßt euch nicht in ein ungleiches Joch mit Ungläubigen spannen“, sagte der Apostel Paulus gemäß 2. Korinther 6:14-17. Er fuhr mit einem Zitat aus dem Bibelbuch Jesaja (52:11, wenn Du es nachschlagen möchtest) fort: „‚Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab‘, spricht Jehova, ‚und hört auf, das Unreine anzurühren.‘“
Doch wie kann man sich von Andersgläubigen absondern, wenn man weiterhin ein Fest feiert, das seinen Ursprung in der heidnischen Religion hat? Diese Frage hat viele aufrichtige Christen bewogen, den Brauch, Weihnachten zu feiern, aufzugeben. (Es dürfte für Dich interessant sein, in Deiner Bibel Matthäus 15:3-6 aufzuschlagen und die dort aufgezeichneten Worte Jesu zu lesen.) Es gibt jedoch noch mehr Gründe, solche Feste nicht zu feiern.
Wenn Jesus nicht am 25. Dezember geboren wurde, dann ist es mit einer Lüge gleichzusetzen, diesen Tag als den Geburtstag Jesu zu begehen. Ja, man muß sich fragen, wie Du es ja auch in Deinem Brief erwähnst, wie ein Christ, der die Wahrheit liebt und dem geboten wird, ehrlich zu sein, die Unwahrheit fördern kann (Epheser 4:25). Angefangen vom Datum bis zur Geschichte mit dem Weihnachtsmann ist Weihnachten voller Lügen. Christen wird jedoch in Offenbarung 22:15 gesagt, daß „jeder, der einer Lüge zuneigt und sie verübt“, des göttlichen Segens, d. h. des ewigen Lebens, verlustig gehen wird.
Warum feiern die angeblichen Christen in den westlichen Ländern das Weihnachtsfest? Es sind — genau wie in Deinem Land — unter anderem kommerzielle Gründe. Ich habe gelesen, daß ein Baptistenprediger in den Vereinigten Staaten geklagt haben soll: „Ließe man den kommerziellen Aspekt völlig weg, wären die meisten Leute der Meinung, nichts von Weihnachten zu haben. Der religiöse Aspekt könnte jedoch gänzlich fallengelassen werden, und viele würden den Unterschied überhaupt nicht merken.“ Das trifft genauso auf England zu.
Interessanterweise deckt die Bibel eine enge Verbindung zwischen dem Kommerz und einer Organisation auf, die sie „Babylon die Große“ nennt. Nachdem der Fall „Babylons der Großen“ beschrieben worden ist, heißt es in der Bibel (in Offenbarung 18:2, 11-19): „Die reisenden Kaufleute der Erde weinen und trauern über sie, weil niemand mehr da ist, der ihr volles Lager kauft ... Die Kaufleute, die mit diesen Dingen reisten und durch sie reich wurden, werden aus Furcht vor ihrer Qual in der Ferne stehen und weinen und trauern.“
Weißt Du, wer „Babylon die Große“ ist? Nun, wer verhilft denn den „reisenden Kaufleuten der Erde“ sowohl hier in England als auch in Japan zu enormen Gewinnen, indem sie falsche Lehren über Weihnachten verbreiten? Sind es nicht die Kirchen der Christenheit? Ja, ich habe durch ein Studium der Bibel erfahren, daß „Babylon die Große“ ein Synonym für das Weltreich der falschen Religion ist, zu dem auch die Christenheit gehört.
Wie würdest Du angesichts dessen handeln? Mir hat der Bibelbericht über „Babylon die Große“ geholfen, eine Entscheidung zu treffen. In Offenbarung 18:4 finden wir die Aufforderung: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk, wenn ihr nicht mit ihr teilhaben wollt an ihren Sünden und wenn ihr nicht einen Teil ihrer Plagen empfangen wollt.“
‘Aus ihr hinauszugehen’, d. h. die Religion zu verlassen, die die Unwahrheit fördert, erforderte von mir entschiedenes Handeln. Es war für mich nicht leicht, mit allen Bräuchen zu brechen, die mit Weihnachten verbunden sind. Weihnachten ist hier sowohl ein gesellschaftliches als auch ein religiöses Fest. Ich mußte den Mut haben, anders zu sein als die anderen. Folgende Worte aus Sprüche 29:25 waren mir dabei eine Hilfe: „Vor Menschen zu zittern ist das, was eine Schlinge legt, wer aber auf Jehova vertraut, wird beschützt werden.“
Jehovas Zeugen haben mir geholfen, diese Dinge zu erkennen. In England haben bereits Tausende denselben Schritt getan und sind ‘aus Babylon der Großen hinausgegangen’, was einschließt, daß sie mit all ihren falschen religiösen Bräuchen, zu denen auch das Weihnachtsfest gehört, Schluß gemacht haben. Das bedeutet jedoch nicht, daß wir Zeugen Jehovas Jesus Christus nicht ehren würden. Aber wir ehren ihn nicht nur einmal im Jahr, wenn wir in „Weihnachtsstimmung“ sind, sondern das ganze Jahr über, indem wir versuchen, einen christusähnlichen Geist zu bekunden.
Dein ergebener Freund
David
Was den christusähnlichen Geist betrifft, den Jehovas Zeugen hervorzubringen suchen, siehe Epheser 4:20-24, Philipper 2:1-6 und Kolosser 3:1-14 (Red.).
[Herausgestellter Text auf Seite 4]
Die Kaufleute gleichen Hohenpriestern. Der Weihnachtsmann ist der Zeremonienmeister.
[Herausgestellter Text auf Seite 5]
Der Handel bediente sich des Weihnachtsfestes, um den Verkauf am Jahresende anzukurbeln
[Herausgestellter Text auf Seite 5]
Das veranlaßte mich, die religiöse Seite des Weihnachtsfestes einmal näher zu untersuchen
[Herausgestellter Text auf Seite 6]
„Darum geht aus ihrer Mitte hinaus ..., und hört auf, das Unreine anzurühren“
[Herausgestellter Text auf Seite 6]
„Die reisenden Kaufleute der Erde weinen und trauern über sie“
[Herausgestellter Text auf Seite 7]
„Vor Menschen zu zittern ist das, was eine Schlinge legt, wer aber auf Jehova vertraut, wird beschützt werden“