Junge Leute fragen sich:
Warum ist es so schwer, Freunde zu bleiben?
EIN Mädchen redete nicht mehr mit Sabina, weil sie bei einem Baseballspiel in der Schule versagt hatte. Eine andere Jugendliche kündigte ihr die Freundschaft, weil Sabina sie bei einem Test nicht abschreiben ließ. Ein drittes Mädchen kritisierte und beleidigte sie ständig vor anderen. Sabina wurde dadurch eine schmerzliche Wahrheit vor Augen geführt: Eine Freundschaft zu erhalten ist nicht immer leicht.
„Sie hat mein Geheimnis ausgeplaudert!“ „Er beachtet mich nicht!“ „Sie hat sich hinter meinem Rücken über mich lustig gemacht!“ „Ich fühle mich vereinnahmt.“ Manch eine feste Freundschaft ist aufgrund solcher Klagen zerbrochen.
Zerbrechliche Freundschaften
Warum zerbrechen Freundschaften oft? Die Bibel sagt: „Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes“ (Römer 3:23). Zufolge unserer Unvollkommenheit neigen wir nicht nur zu Fehlern, sondern fällt es uns auch schwer, ein harmonisches Verhältnis zu Gott und zu unserem Nächsten zu haben. Wir werden von Schuldgefühlen und Unsicherheit geplagt, sind schnell beleidigt und fühlen uns leicht bedroht. Da wir außerdem zu Zornausbrüchen, Reizbarkeit, Ungeduld und Eifersucht neigen — weitere Kennzeichen unserer Unvollkommenheit —, „zerschlagen“ wir einander eher, als daß wir eine Freundschaft erhalten (Sprüche 18:24).
Daher sind Freundschaften zwischen Teenagern mitunter zerbrechlich. Solche Freundschaften (besonders zwischen Mädchen) sind oft sehr eng. Es hat zwar seine Vorteile, einer Freundin alle Gedanken und Gefühle mitteilen zu können, aber es sind auch Nachteile damit verbunden. Die sowjetischen Forscher Kon und Losenkow schreiben: „Das dringende Bedürfnis, sich gegenseitig etwas anzuvertrauen, ist eine potentielle Ursache für Mißverständnisse und Konflikte.“
Das emotionelle Wachstum in der Jugend kann Freundschaften ebenfalls entgegenwirken. Eine Autorin schrieb über die Zeit der frühen Jugend: „Die Persönlichkeit ist weniger ausgeprägt; die Interessen und Ziele sind weniger festgelegt; man ist sich noch nicht ganz darüber im klaren, wer man ist.“ Doch in der späteren Jugend „wird man mehr wie ein Erwachsener, ein Individuum mit eigenen Zielen, Idealen und Interessen. Das ... kann es erschweren, mit früheren Freunden verbunden zu bleiben, die sich anders entwickeln als man selbst. Es ist somit unvermeidlich, daß die Wege etwas auseinandergehen.“
Außerdem gründen sich manche Freundschaften eher auf Selbstsucht als auf gegenseitige Liebe, eher auf Nehmen als auf Geben. Das Beispiel Sabinas, die eingangs erwähnt wurde, zeigt, wie leicht sogenannte Freundschaften auseinandergehen, wenn selbstsüchtige Erwartungen nicht erfüllt werden. Was also, wenn in einer engen Freundschaft Schwierigkeiten auftreten?
Sei treu
Joanna vertraute ihrer Freundin ein Geheimnis an — eine persönliche Angelegenheit. Sie bat die Freundin ausdrücklich, mit niemandem darüber zu sprechen. Ein paar Tage später erfuhr sie, daß mehrere davon wußten. Als Joanna merkte, daß ihre Freundin sie hintergangen hatte, sagte sie: „Ich habe ihr verziehen, aber ich könnte ihr nie mehr vertrauen. Unsere Freundschaft wird nie wieder sein wie früher.“ Treue ist in einer Freundschaft sehr wichtig. In der Bibel wird berichtet, daß David und Jonathan sich sogar gegenseitig einen Treueschwur leisteten (1. Samuel 20:15-17). Muß aber eine Freundschaft zerbrechen, wenn der eine etwas Vertrauliches ausplaudert?
Nicht unbedingt. Für einen Vertrauensbruch gibt es zwar keine Entschuldigung, doch es könnte sein, daß es unvernünftig von dir war, deinen Freund mit der Information zu belasten. „Wer jedes Gerücht weiterträgt, plaudert auch Geheimnisse aus“, sagt die Bibel warnend. „Darum meide Leute, die zuviel reden“ (Sprüche 20:19, Die Bibel in heutigem Deutsch). Jugendliche sind oft nicht reif genug, etwas Vertrauliches für sich zu behalten. Dr. Jane Anderson, eine Jugendpsychiaterin, gibt außerdem zu bedenken: „Selbst ein guter Freund kann gelegentlich versucht sein, etwas Vertrauliches zu verraten, wenn er dadurch Aufmerksamkeit und Ansehen erlangt. Das macht ihn nicht zu einem schlechten Menschen, sondern ist lediglich ein Zeichen von Unreife.“ Du könntest dich einem reifen Erwachsenen anvertrauen, falls du ein ernstes Problem hast.
Wie steht es, wenn dir eine private Angelegenheit anvertraut wurde? Sei treu, und „verrate nicht das Geheimnis eines andern, sonst wird dich schmähen, wer es hört, und dein Geschwätz wird auf dich zurückfallen“ (Sprüche 25:9, 10, Einheitsübersetzung).
„Ich fühle mich vereinnahmt“
Immer wenn Joe mit jemand anders zusammensein oder auch nur allein sein wollte, wurde sein Freund wütend. Joe fühlte sich deshalb unter Druck gesetzt und war frustriert.
Einen Freund für sich allein zu beanspruchen kann die Freundschaft stören. Es ist zwar ganz natürlich, sich verletzt und unsicher zu fühlen, wenn ein guter Freund anfängt, mit anderen Umgang zu haben, aber wird die Situation dadurch, daß man versucht, ihn an sich zu binden, besser? Nein, denn in Sprüche 25:17 heißt es: „Mach dich rar im Haus deines Nächsten, sonst wird er dich satt und verabscheut dich“ (EÜ).
Jesus Christus fühlte sich besonders zu seinem Jünger Johannes hingezogen (Johannes 13:23). Doch Jesus schob andere nicht beiseite, sondern sagte zu allen seinen Jüngern: „Ihr seid meine Freunde“ (Johannes 15:14). Selbst die engste Beziehung läßt Raum für andere Freundschaften. Die Bibel fordert Christen auf, in ihren Freundschaften „weit“ zu werden (2. Korinther 6:13).
Was aber, wenn du von einem besitzergreifenden Freund eingeengt wirst? Dann „führe deine eigene Rechtssache mit deinem Mitmenschen“, und teile deinem Freund mit, wie du empfindest (Sprüche 25:9). Daß du dich für andere Leute und andere Dinge interessierst, kann für ihn schmerzlich sein. Er befürchtet vielleicht, dies sei ein Anzeichen für das Ende eurer Freundschaft. Versichere deinem Freund, daß dies nicht der Fall ist und daß du lediglich etwas mehr Bewegungsfreiheit wünschst.
Respektlosigkeit
Die Forscher Youniss und Smollar haben festgestellt, daß „respektlose Handlungen“ zu den häufigsten Ursachen für Konflikte in Teenagerfreundschaften gehören. Klagen wie „Er hat mich mit Schimpfnamen belegt!“ oder „Sie macht mich vor anderen schlecht!“ sind üblich. Es tut weh, von jemandem, den man gern hat, lieblos behandelt zu werden. Die Art und Weise, wie man behandelt wird, spiegelt jedoch oft wider, wie man selbst mit anderen umgeht. Jesus sagte: „Alles daher, was ihr wollt, daß euch die Menschen tun, sollt auch ihr ihnen ebenso tun.“ Kann es sein, daß du bei deinen Freundschaften etwas mehr auf die Goldene Regel achten solltest? (Matthäus 7:2, 12).
Auch kannst du dich fragen, ob du dich selbst zur Zielscheibe des Spotts gemacht hast — vielleicht durch zuviel oder dummes Gerede (Sprüche 15:2). Wenn ja, dann mußt du dich womöglich ändern. Als Jesus auf der Erde war, hatten sogar seine Feinde Achtung vor ihm. Aber Jesus forderte das nicht. Nein, er verhielt sich so, daß sich andere bewogen fühlten, ihm respektvoll zu begegnen. Durch christliche Reife ‘im Reden und im Wandel’ kannst du dies ebenfalls erreichen (1. Timotheus 4:12).
Wie steht es aber, wenn die respektlose Behandlung völlig unberechtigt ist? Dann kannst du ruhig etwas sagen. ‘Jemandem die andere Wange zuzuwenden’ muß nicht bedeuten, eine ungerechte Behandlung stillschweigend zu ertragen (Matthäus 5:39; vergleiche 2. Korinther 11:20). Warum also nicht mit deinem Freund ‘Wahrheit reden’ und ihn wissen lassen, wie seine Handlungsweise dich berührt? (Epheser 4:25). Sprich in Ruhe über die Sache, und laß dich dabei von dem Ziel leiten, die Freundschaft zu kitten, nicht von Rachegedanken.
„Meide Bemerkungen wie ‚Du behandelst mich wie Dreck!‘“, empfiehlt ein Artikel in der Zeitschrift ’Teen. „Hebe statt dessen hervor, wie du empfindest: ‚Ich fühle mich verletzt, wenn du mich vor den anderen hänselst oder mich links liegenläßt. Ich habe dann das Gefühl, daß ich dir gleichgültig bin. Können wir nicht einmal darüber reden?“
Samantha war gezwungen, mit ihrer Freundin ein solches ernstes Gespräch zu führen. Sie hatte gemerkt, daß ihre Freundin sie hinter ihrem Rücken schlechtmachte. Samantha beschloß, die Sache zu klären. „Am Anfang war ich nervös“, gibt sie zu, „aber das war es wert.“ Samantha erfuhr, daß es zu Mißverständnissen gekommen war und daß die Äußerungen ihrer Freundin nicht so nachteilig waren, wie man ihr berichtet hatte (Sprüche 15:22). „Jetzt sind wir bessere Freundinnen als vorher“, erzählt sie.
Zugegeben, nicht alle Auseinandersetzungen unter Freunden haben einen so glücklichen Ausgang. Und falls dein Freund oder deine Freundin nicht bereit ist, sich zu ändern, oder selbstsüchtig und rücksichtslos ist oder ihr oder ihm deine Gefühle gleichgültig sind, ist es wohl an der Zeit, dir jemand anders zu suchen (Sprüche 17:17). Doch wenn ihr beide entschlossen seid, etwas für eure Freundschaft zu tun, kann sie sicher gerettet werden. Die Freude und Befriedigung, die eine gute Freundschaft mit sich bringt, ist bestimmt die Mühe wert (Sprüche 27:9).
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Wer einen Freund für sich zu vereinnahmen sucht, behandelt ihn wie sein persönliches Eigentum