ZINS
Betrag, den ein Schuldner für den Gebrauch dessen bezahlt, was er geliehen hat.
Schon im 2. Jahrtausend v. u. Z. hatte Babylon ein voll entwickeltes Leihsystem. Der Kodex Hammurabi lässt einen 20-prozentigen Zinssatz für Geld und Getreide vermuten und bestimmte, dass ein Kaufmann, der einen höheren Zins forderte, den geliehenen Beitrag einbüßte. Im Gegensatz dazu untersagte das Gesetz, das Gott den Israeliten gab, ihren niedergedrückten Mitisraeliten Zins aufzuerlegen. Niemand sollte von den finanziellen Schwierigkeiten eines anderen profitieren (2Mo 22:25; 3Mo 25:36, 37; 5Mo 23:19). Und in Sprüche 28:8 wird angedeutet, dass Reichtum, der auf ungerechte Weise erworben wird, eventuell in den Besitz dessen gelangt, „der den Geringen Gunst erweist“.
Doch die Israeliten durften von Ausländern Zins nehmen (5Mo 23:20). Jüdische Kommentatoren sind der Meinung, dies beziehe sich nur auf Geld, das für kaufmännische Zwecke verliehen wurde, und nicht auf einen Notfall (Pentateuch und Haftoroth, herausgegeben von J. H. Hertz, Bd. 5, Berlin 1938, S. 287, 288). Gewöhnlich waren Ausländer nur vorübergehend in Israel, oft aus geschäftlichen Gründen, und es wäre vernünftig gewesen, von ihnen Zins zu verlangen, besonders weil sie anderen auf Zins liehen.
Auch wenn aufrichtige Israeliten Gottes Gesetz bezüglich des zinsfreien Darlehens befolgten (Ps 15:5; Hes 18:5, 8, 17), wurde es wahrscheinlich allgemein üblich, Zins zu verlangen, wodurch bedürftige Schuldner in Not gerieten (Ne 5:1-11; Jes 24:2; Hes 18:13; 22:12). Doch Jesus Christus verteidigte das Gesetz Gottes und erweiterte sogar seine Anwendung, indem er sagte: „Fahrt fort, ... ohne Zins zu leihen, ohne etwas zurückzuerhoffen“ (Luk 6:34, 35). Es wäre daher unangebracht, jemand seine Hilfe zu verwehren, der seine Schulden möglicherweise nicht zurückzahlen kann, weil er sich unverschuldet in anhaltender Not befindet. Wenn das Darlehen jedoch nicht der Armut abhelfen sollte, durfte man Zins für geliehenes Geld verlangen. Dass es richtig ist, Zins für investiertes Kapital zu erhalten, deutete Jesus an, als er in einem Gleichnis einen bösen Sklaven rügen lässt, weil er das Geld seines Meisters nicht bei den Bankleuten anlegte, sodass er Zins dafür erhalten hätte (Mat 25:26, 27; Luk 19:22, 23).