Des Christen Sabbat
„SECHS Tage sind es, an denen man arbeiten soll; an diesen nun kommt und lasst euch heilen, und nicht am Sabbattage.“ So sprach der Vorsteher einer jüdischen Synagoge zu einer Volksmenge, die eben Zeuge gewesen war, wie der Sohn des Menschen ein Wunder der Heilung gewirkt hatte. (Luk. 13:14, NW) Diese geistige Einstellung war zweifellos den Lehren des Talmuds zuzuschreiben, wie es dort z. B. heisst: „Die Sünden eines jeden, der den Sabbat streng befolgt, sind vergeben, auch wenn er ein GÖTZEN-ANBETER ist.“ Wenn auch mit unterschiedlicher Strenge, wird doch der gleiche Sabbat (der Samstag, der tatsächlich am Freitagabend beginnt) von Juden heute beobachtet.
Im Jahre 321 n. Chr. veranlasste der heidnische (ungetaufte) Kaiser Konstantin, dass der erste Tag der Woche, der damals der Anbetung der Sonne geweiht war und deswegen Sonn-tag hiess, zum „christlichen“ Gottesdienst bestimmt wurde. Während des finsteren Mittelalters wurde das Beobachten des Sonntags von der katholischen Kirche streng durchgeführt. Auch die Führer der Reformation hielten sich an diese Beobachtung des Sonntags.
In der Frühzeit der Geschichte der amerikanischen Kolonien waren die Puritaner so streng, dass sie sogar verboten, am Sonntag zu lächeln oder ihr eigenes Kind zu küssen. Geistliche spannten Ketten über die Strassen, um ihre Kirchgemeindeglieder davon abzuhalten, Pferd und Wagen am Sonntag zu verwenden. Gesetze der Sonntagsheiligung machten unter anderem den Kirchenbesuch am Sonntag obligatorisch; wer nicht erschien, wurde gebüsst. Als dann das Automobil populär wurde, verbrachten so viele Leute den Sonntag mit Ausfahrten, dass die Geistlichen von den Kanzeln aus den Ruf erhoben, ihre Autos führten die Leute in die Hölle.
Heute wird unter den Namenchristen der Sonntag recht unregelmässig gehalten, und die magere Besucherzahl in vielen „Kirchen“ im Vergleich zu den grossen Scharen, die bei Sportsanlässen und in Filmvorführungen zugegen sind, bezeugt, in welchem Masse der Tag ernst genommen wird. Eine auffallende Ausnahme machen die 7.-Tag-Adventisten, die den siebenten Tag der Woche, den Samstag, beobachten und für die diese Beobachtung eines der bedeutsamsten Merkmale ihrer Religion ist.
WANN DIE BEOBACHTUNG DES SABBATS GEBOTEN WURDE
Wird von Christen verlangt, einen Tag von sieben zu beobachten? Haben sie einen Sabbat oder Ruhetag, und wenn ja, was ist er, und wie wird er gehalten?
Während wir Gottes Verfahrungsweise mit seinen Geschöpfen betrachten, finden wir, dass seine Gebote für sie nicht zu allen Zeiten dieselben sind. Unsern ersten Eltern in Eden gab Gott den Auftrag, fruchtbar zu sein, sich zu mehren und die Erde zu füllen usw., und sein Gebot an sie zeigte ihnen an, von welchen Bäumen sie die Früchte essen durften. Von einem Ruhetag aber sagte er nichts zu ihnen. Noah erhielt von Gott Gebote hinsichtlich des Bauens einer Arche, der Heiligkeit des Lebens und Blutes usw., doch wurde ihm kein Wort über einen Sabbat gesagt. Zu Abraham kommend, finden wir, dass Gott ihm gewisse Anweisungen hinsichtlich des Darbringens von Opfern und der Beschneidung usw. gab, doch wurde ihm weder geboten, eine Arche zu bauen noch gesagt, einen Sabbattag zu halten.
Während der Zeit, da die Kinder Israel in Ägypten Sklaven waren, konnten sie bestimmt keinen Sabbattag halten. In der Tat, erst nachdem die Israeliten aus Ägypten gekommen und in der Wüste waren, wurde irgendwelchen Geschöpfen Gottes ein Ruhetag, ein Tag von sieben, der siebente, zu halten aufgetragen, und dies in Verbindung mit dem Sammeln ihrer nötigen Nahrung, des Mannas, das vom Himmel herabfiel. Gott sagte ihnen ausdrücklich, dass sie am sechsten Tage zweimal soviel als gewöhnlich einsammeln sollten, da am siebenten Tag kein Manna vom Himmel fallen werde. Trotzdem aber gingen am siebenten Tage ‚etliche vom Volke hinaus, um zu sammeln, und sie fanden nichts‘. Dafür tadelte Jehova sie durch Mose ernstlich. Ihre Schwierigkeit, diesem Gesetz zu entsprechen, ist ferner ein Umstandsbeweis dafür, dass das Halten eines Sabbats bei ihnen nicht Brauch war. — 2. Mose 16:25-30.
Auf den Ebenen Moabs, wo Gottes Gesetz den Israeliten von neuem dargelegt wurde, wurde ihnen deutlich gesagt: „Jehova, unser Gott, hat am Horeb einen Bund mit uns gemacht. Nicht mit unseren Vätern hat Jehova diesen Bund gemacht, sondern mit uns, die wir heute hier alle am Leben sind.“ Dieser Sabbat war auch nicht für andere Völker bestimmt, er sollte ein Zeichen zwischen ihnen und Jehova sein. — 5. Mose 5:2, 3; 2. Mose 31:17.
Ferner war der Sabbat für die Israeliten nicht nur auf den siebenten Tag der Woche beschränkt. Der siebente Monat wurde sowohl durch den Versöhnungstag, den zehnten Tag, als durch das Laubhüttenfest, das am fünfzehnten Tag begann, hervorgehoben. Das siebente Jahr war ein Sabbatjahr; man pflanzte weder an, noch erntete man, und Gott verhiess, dass im sechsten genug wachsen werde, damit sie bis zur Ernte des achten Jahres versehen seien. Nach sieben solchen Sabbatjahren kam das Jubeljahr, in welchem Freiheit ausgerufen wurde durchs ganze Land, wann alle Schulden aufgehoben und wann, mit wenigen Ausnahmen, alles, was man während der vergangenen neunundvierzig Jahre verloren hatte, zurückerstattet wurde. Alle diese Sabbate waren ein Teil von e i n e m Sabbatsystem. Wenn e i n Sabbat noch zu beobachten ist, dann müssen auch die andern beobachtet werden. Ja, überhaupt das ganze Gesetz mit seinen Opfern usw. müsste gehalten werden, „denn“, so sagt Jakobus, „wer irgend das ganze Gesetz beobachtet, aber in e i n e m Punkt einen falschen Tritt tut, der wird ein Übertreter aller“. — Jak. 2:10, NW; 3. Mose 16:29-31; 23:34; 25:2-28; 26:2.
CHRISTEN NICHT UNTER DEM GESETZ
Der Apostel Paulus versichert uns jedoch, dass Christen von allen Verpflichtungen der Gesetzeseinrichtung befreit seien: „Er vergab uns huldvoll all unsere Übertretungen und tilgte die aus Verordnungen bestehende handschriftliche Urkunde, die gegen uns war, und er hat sie weggeräumt, indem er sie an den Marterpfahl nagelte. Daher richte euch niemand in bezug auf Essen und Trinken oder einen Festtag oder in Beobachtung des Neumondes oder eines Sabbats, denn diese Dinge sind ein Schatten kommender Dinge, aber die Wirklichkeit gehört dem Christus.“ (Kol. 2:13, 14, 16, 17, NW) Man beachte ferner, dass Paulus hier keinen Unterschied zieht zwischen dem sogenannten „Zeremonial“-Gesetz und den Zehn Geboten, ebensowenig als Jesus dies in seiner Bergpredigt tat. — Siehe Matthäus 5:23-43.
An Christen, die zur Annahme der Knechtschaft des Mosaischen Gesetzes verleitet worden waren, schrieb Paulus: „Wie kehret ihr wieder um zu den schwachen und unzulänglichen elementaren Dingen und wollt diesen wiederum Sklaven sein? Ihr beobachtet gewissenhaft Tage und Monate und Zeiten und Jahre.“ (Gal. 4:9, 10, NW) Ja, warum sollten sie es denn tun, wenn doch das Opfer Christi ‚die Feindschaft aufhob, das Gesetz der Gebote, bestehend in Verordnungen‘? — Eph. 2:13-15, NW.
Weil in der Urkirche einige darauf bestanden, dass Bekehrte aus den Heiden beschnitten werden und das Gesetz halten sollten, sandten die zu Jerusalem versammelten Apostel und die älteren Männer folgende Anweisungen aus, und man beachte, dass das Halten eines Sabbats darin nicht inbegriffen ist: „Denn der heilige Geist und wir selber haben vorgezogen, euch keine weitere Bürde hinzuzufügen als diese notwendigen Dinge: euch zu enthalten von Dingen, die Götzen geopfert sind, und von Blut und von Getötetem, das nicht ausgeblutet ist, und von Hurerei.“ — Apg. 15:1-29, NW.
Beobachtete aber Jesus, als er auf Erden weilte, den Sabbat nicht? Doch, er beobachtete ihn. Warum? Weil er kam, „geboren unter Gesetz, auf dass er die, welche unter Gesetz waren, loskaufte“. (Gal. 4:4, 5) Erinnert euch aber, dass er nicht nur den Sabbattag sondern auch das Passah beobachtete sowie all die andern Dinge des Mosaischen Gesetzes. „Wähnet nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen“, sagte er und fügte bei, dass selbst nicht der kleinste Teil des Gesetzes vergehen werde, bis alles erfüllt sei. Indem Christus Jesus die bildlichen Einzelheiten der Gesetzeseinrichtung erfüllte, verging sie, und an ihrer Stelle setzte er einen neuen Bund ein. — Matth. 5:17, 18; Joh. 1:29, 36; 1. Kor. 5:7; 2. Kor. 3:5-11.
ANDERE SABBATE
Während wir so sehen, dass Christen nicht verpflichtet sind, einen wöchentlichen Ruhetag zu halten, haben sie dessenungeachtet doch eine Ruhe, einen Sabbat: ‚So bleibt denn eine Sabbatruhe für das Volk Gottes; denn wer immer in Gottes Ruhe eingeht, der steht auch ab von seinen Mühen, gleichwie Gott von den seinigen.‘ (Heb. 4:9, 10, Rev. AS) Gott ruhte von seinen Werken; nicht dass er müde gewesen wäre, denn er ermattet nicht, sondern in dem Sinne, dass er von weiterer Schöpfertätigkeit hinsichtlich dieser Erde „abstand“. Er betrachtete seine Schöpfung mit erquickender Befriedigung und wurde so „erquickt“. — 1. Mose 2:1-4; 2. Mose 31:17.
Bedeutet dies, dass Gott noch in demselben Sinne ruht? Ja, es bedeutet dies. Man beachte Psalm 95:7-11, wo Gott erklärt, er habe geschworen, dass die rebellischen Israeliten in der Wüste nicht in seine Ruhe eingehen würden, und dies geschah etwa 2500 Jahre nach der Schöpfung. Und da Paulus Christen den Rat gibt, in Gottes Ruhe einzugehen, muss diese bis zu seiner Zeit, was 4000 Jahre nach der Schöpfung war, weitergedauert haben. Andere Schrifttexte zeigen an, dass Gottes Tag weiterdauern wird bis zum Ende der Tausendjahrherrschaft Christi, so dass er insgesamt 7000 Jahre dauert. — Heb. 4:11; 1. Kor. 15:25-28; Off. 20:5, 6.
Waren also die in 1. Mose, Kapitel 1, erwähnten Tage nicht 24 Stunden lang? Nein; man erinnere sich, dass die Sonne erst am vierten Tage auf die Erde schien, und die Sonne ist es, die uns den 24-Stunden-Tag gibt. Ausserdem zeigt sich aus der Wissenschaft, wie z. B. aus der Geologie, dass sowohl das Pflanzen- als das Tierleben weit mehr als 6000 Jahre bestanden hat. Man beachte auch, dass die ganze Schöpfungsperiode erwähnt wird als ‚der Tag, da Jehova Gott Erde und Himmel machte‘. (1. Mose 2:4) Ein Tag ist in der Bibel nicht immer 24 Stunden lang; 7000 Jahre für jeden der Schöpfungstage wie auch für den Ruhetag zu rechnen, ist mit der Schrift in Übereinstimmung. — 2. Pet. 3:8.
Kehren wir nun zum Ruhetag Gottes zurück. Wie also geht der Christ in diese Ruhe ein? Paulus erklärt, dass die Juden zufolge von Ungehorsam und Mangel an Glauben verfehlten, in sie einzugehen. Also: „Wir, die wir Glauben geübt haben, gehen in die Ruhe ein . . . Lasst uns daher unser Äusserstes tun, in jene Ruhe einzugehen, aus Furcht, jemand falle nach demselben Beispiel des Ungehorsams.“ (Heb. 4:3-11, NW) Jawohl, indem wir Glauben an Gott üben und den Fussstapfen Christi folgen, werden wir Ruhe haben von allen selbstischen Werken, eine Ruhe, die nicht nur einen Tag in der Woche dauert, sondern jeden Tag.
Da der Sabbat ein Teil des Gesetzes war und das „Gesetz einen Schatten der kommenden guten Dinge hat“, wovon war also der Sabbat ein Schatten? Von dem grossartigen Ruhetag für die ganze Menschheit, dem 1000-Jahr-Reich Christi, den siebenten 1000 Jahren des Ruhetages Gottes. Sechstausend Jahre lang hat die Menschheit sich abgemüht und unter dem „Gott dieser Welt“, unter Satan, dem Teufel, gelitten. An jenem gegenbildlichen Sabbat wird Christus die Menschen frei machen von der Knechtschaft Satans und seiner Dämonen, von Sünde, Krankheit und Tod, gleichwie er eine „Tochter Abrahams“ von der Knechtschaft körperlicher Gebrechlichkeit vor 1900 Jahren an einem vorbildlichen Sabbat frei machte. — Heb. 10:1; 2. Kor. 4:4; Off. 20:1-3; 21:1-4; Luk. 13:16.