Wenn Christus in der Herrlichkeit seines Königreiches kommt
DAS Kommen Jesu Christi in der Herrlichkeit seines Königreiches ist ein Thema, das viele Menschen in der ganzen Welt brennend interessiert. Seit Jahrhunderten haben gottesfürchtige Personen auf diese Zeit gehofft. Jesus selbst erweckte diese Hoffnung auf seine Wiederkunft, indem er zu vier seiner Jünger, die zu ihm auf den Ölberg gekommen waren, sagte:
„Wenn der Sohn des Menschen in seiner Herrlichkeit gekommen sein wird und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf seinen Thron der Herrlichkeit setzen. Und alle Nationen werden vor ihm versammelt werden, und er wird die Menschen voneinander trennen, wie ein Hirt die Schafe von den Ziegenböcken trennt.“ — Matth. 25:31, 32.
Gibt es eine Möglichkeit, den Zeitpunkt für dieses denkwürdige Ereignis zu ermitteln? Da von Jesus gesagt wird, er werde mit seinen unsichtbaren Engeln wiederkommen, wird er bei seiner Wiederkunft für Menschen unsichtbar sein. Gibt es also in der Bibel zuverlässige Hinweise, die erkennen lassen, wann Jesus unsichtbar in der Herrlichkeit seines Königreiches kommt? Wir wollen sehen.
„DIE BESTIMMTEN ZEITEN DER NATIONEN“
Jene vier Jünger auf dem Ölberg hatten Jesus gefragt, wann der prächtige jüdische Tempel niedergerissen werde und was das Zeichen seiner zweiten Gegenwart und des Abschlusses des Systems der Dinge oder der „Zeit des Endes“ sein werde. (Matth. 24:1-3; Luk. 21:5-7; Dan. 12:4) Nachdem Jesus diese Dinge ziemlich eingehend erörtert hatte, sprach er von der Zerstörung, die über Jerusalem kommen sollte, und sagte dann: „Sie [die Juden] werden durch die Schärfe des Schwertes fallen und als Gefangene zu allen Nationen geführt werden; und Jerusalem wird von den Nationen niedergetreten werden, bis die bestimmten Zeiten der Nationen erfüllt sind.“ — Luk. 21:24.
Die Epoche, die als „die bestimmten Zeiten der Nationen“ bezeichnet wird, ist von besonderer Bedeutung, denn Jesus verbindet sie in seinen Ausführungen mit seiner zweiten Gegenwart, seiner Gegenwart in der Herrlichkeit seines Königreiches. Sie ist ein Schlüssel, der, wenn wir ihn verstehen, uns endgültig erkennen hilft, wann Jesus in seiner Herrlichkeit kommt. Es lohnt sich daher, der Sache richtig auf den Grund zu gehen.
BEDEUTUNG DES GRIECHISCHEN WORTES „ZEITEN“
Das in Lukas 21:24 mit „Zeiten“ wiedergegebene griechische Wort geht auf den griechischen Ausdruck kairos (Mehrzahl: kairoi) zurück, den ein griechisches Wörterbuch wie folgt erklärt: „eine festgesetzte oder bestimmte Zeitperiode, ein Zeitabschnitt, manchmal eine günstige oder gelegene Zeit“.a Das Wort kairos wird daher in der Bibel auf die „Erntezeit“, auf die „Zeit der Früchte“ und auf die „Zeit der Feigen“ bezogen. — Matth. 13:30; 21:34; Mark. 11:13.
Interessanterweise wird kairos auch in Verbindung mit künftigen Zeiten oder Ereignissen in Gottes Ordnung oder „Zeitplan“, besonders in Verbindung mit Christi zweiter Gegenwart und seinem Königreich, gebraucht. Der Apostel Paulus spricht zum Beispiel davon, daß Gott das „heilige Geheimnis“ bekanntgemacht habe „für eine Verwaltung an der Grenze der Fülle der bestimmten Zeiten [kairon], nämlich in dem Christus wieder alle Dinge zusammenzubringen“. — Eph. 1:9, 10; siehe ferner Apostelgeschichte 1:7 und 3:19.
Gemäß der Bedeutung, die das Wort „Zeiten“ (kairoi), wie es in der Bibel gebraucht wird, hat, bezieht sich der Ausdruck „die bestimmten Zeiten der Nationen“ also nicht auf etwas Unsicheres oder Unklares, sondern auf eine „genau festgelegte oder festgesetzte Zeitperiode“, die einen bestimmten Anfang und ein bestimmtes Ende hat.
Wann beginnen denn „die bestimmten Zeiten der Nationen“? Wann enden sie? Und was geschieht, wenn diese festgesetzte Zeitperiode zu Ende ist? Die Beantwortung dieser Fragen steht zwangsläufig in engem Zusammenhang mit Jesu Hinweis auf das Niedertreten Jerusalems bis zur Erfüllung der „bestimmten Zeiten der Nationen“.
JERUSALEM VON DEN NATIONEN NIEDERGETRETEN
In seinen Ausführungen über die bevorstehende Vernichtung bezog sich Jesus offensichtlich auf die buchstäbliche Stadt Jerusalem, die im Jahre 70 u. Z. tatsächlich zerstört wurde. In diesem Jahr verwüsteten die römischen Heere die Stadt und rissen ihren prächtigen Tempel nieder. Der Ausspruch über die „bestimmten Zeiten der Nationen“ läßt jedoch erkennen, daß sich die Prophezeiung auf eine weit spätere Zeit bezieht. Das haben auch viele Bibelkommentatoren festgestellt. In dem bekannten Kommentar von F. C. Cook heißt es zum Beispiel in diesem Teil des Textes: „Er scheidet den ausschließlich eschatologischen Teil [das heißt den Teil, der sich auf die zweite Gegenwart Jesu bezieht] von dem Teil, der die eigentliche Zerstörung Jerusalems betrifft.“
Als Jesus deshalb davon sprach, daß „Jerusalem“ niedergetreten werde, „bis die bestimmten Zeiten der Nationen erfüllt“ seien, wies er nicht bloß auf das Niedertreten der buchstäblichen Stadt Jerusalem hin, sondern sprach noch von etwas anderem, von etwas Größerem. Von was denn? Um die Antwort auf diese Frage herauszufinden, wollen wir untersuchen, welche Bedeutung die Heilige Schrift Jerusalem beimißt.
Jerusalem war die Hauptstadt der Nation Israel. Von den Königen dieser Nation, die aus der Linie Davids waren, wurde gesagt, sie säßen auf dem „Thron Jehovas“. (1. Chron. 29:23) Jerusalem war demnach der Sitz des Vorbildkönigreiches Gottes oder der von Gott eingesetzten Regierung, die durch das Haus Davids wirkte. Zusammen mit dem Berg Zion war es „die Stadt des großen Königs“. (Ps. 48:1, 2) Jerusalem vertrat das Königreich der Dynastie König Davids somit damals ähnlich wie Washington, London, Paris und Moskau heute die herrschenden Mächte der Nationen vertreten und in Nachrichtenbulletins auch in diesem Sinne erwähnt werden.
Das Niedertreten des Königreiches der davidischen Herrscherdynastie begann nicht erst mit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahre 70 u. Z. Es begann Jahrhunderte vorher, nämlich mit dem Sturz dieser Dynastie im Jahre 607 v. u. Z.b, als der babylonische König Nebukadnezar Jerusalem zerstörte und Zedekia, den entthronten König aus der Linie Davids, gefangennahm und das Land der Verödung anheimfiel. (2. Kö. 25:1-26) Das entsprach den prophetischen Worten gemäß Hesekiel 21:30-32, die an Zedekia gerichtet worden waren: „Hinweg mit dem Kopfbund, und fort mit der Krone! Dies wird nicht mehr sein ... Umgestürzt, umgestürzt, umgestürzt will ich sie machen; auch dies wird nicht mehr sein — bis der kommt, welchem das [gesetzliche, NW] Recht gehört: dem werde ich’s geben.“
Nach den Darlegungen der Christlichen Griechischen Schriften ist Christus Jesus derjenige, dem das „gesetzliche Recht“ auf die davidische Krone gehört, die Zedekia damals verlor. Über ihn sagte der Engel, der seine Geburt ankündigte: „Jehova Gott wird ihm den Thron Davids, seines Vaters, geben, und er wird für immer als König über das Haus Jakobs herrschen, und sein Königreich wird kein Ende haben.“ — Luk. 1:32, 33.
Mit der Entthronung König Zedekias, im Jahre 607 v. u. Z., und der Verödung Jerusalems und Judas begannen die heidnischen Mächte über die ganze Erde zu herrschen. Die Herrschaft des Königreiches der Dynastie König Davids erfuhr eine Unterbrechung. Jerusalem, das den „Thron Davids“ vertrat, der Jesus Christus, dem rechtmäßigen Herrscher, gegeben werden sollte, sollte so lange niedergetreten werden, bis Gottes Königreich, vertreten durch einen Herrscher aus dem Hause Davids, von den heidnischen Mächten nicht mehr unterdrückt und nicht mehr an der Machtausübung gehindert würde.
Als Jesus Christus als Mensch auf der Erde war, beanspruchte er sein Recht, als König in Herrlichkeit zu herrschen, nicht. Jerusalem wurde im ersten Jahrhundert immer noch von den Nationen niedergetreten. Wann sollte also Jehovas Königreich unter Jesus Christus, seinem Gesalbten, zur Macht erhoben werden? Wann sollte Christus seine glorreiche Herrschaft antreten? Die Antwort auf diese Fragen ist in dem prophetischen Bibelbuch Daniel zu finden, auf das Jesus mindestens zweimal Bezug nahm, als er die prophetischen Worte über seine Gegenwart in der Herrlichkeit seines Königreiches äußerte. — Man vergleiche Matthäus 24:15, 21 mit Daniel 11:31; 12:1.
DIE VISION VOM SINNBILDLICHEN BAUM
Im Buch Daniel finden wir eine Veranschaulichung der Weltherrschaft, die die heidnischen Mächte während ihrer „bestimmten Zeiten“ ausgeübt haben. Wir erhalten diesen Aufschluß in Verbindung mit einer sinnbildlichen Vision, die Gott dem babylonischen König Nebukadnezar gab.
Es handelt sich dabei um eine Vision von einem mächtigen Baum, der auf den Befehl eines Engels umgehauen werden mußte. Der Wurzelstock des Baumes wurde dann in Fesseln von Eisen und Erz gelegt. Er sollte so im Grase des Feldes bleiben, bis „sieben Zeiten“ über ihm vergangen wären. Die Prophezeiung lautete: „Sein menschliches Herz werde verwandelt und das Herz eines Tieres ihm gegeben; und sieben Zeiten sollen über ihm vergehen ... auf daß die Lebenden erkennen, daß der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber bestellt.“ (Lies bitte den ganzen Bericht über die Vision in Daniel 4:10-17.)
Die Vision erfüllte sich offensichtlich an Nebukadnezar selbst. Er war sieben Jahre geistesgestört und durchstreifte die Felder wie ein Tier. Danach erholte er sich wieder. (Dan. 4:31-35) Manche Kommentatoren glauben daher, die prophetische Vision habe sich an ihm endgültig erfüllt. Sie sehen in ihr lediglich eine Darstellung der ewigen Wahrheit von Gottes Obergewalt über jede menschliche oder angeblich göttliche Gewalt, und obwohl sie zugeben, daß diese Wahrheit oder dieser Grundsatz nicht nur auf Nebukadnezar anwendbar ist, erkennen sie nicht, daß damit ein bestimmter Zeitabschnitt oder ein göttlicher Zeitplan in Verbindung steht.
Eine Prüfung des ganzen Buches Daniel zeigt jedoch, daß das Zeitelement in allen Visionen und Prophezeiungen, die in diesem Buch dargelegt werden, sehr stark hervortritt. Die in diesem Buch beschriebenen Weltmächte treten nicht vereinzelt auf, und die Ereignisse spielen sich nicht von ungefähr ab, sondern so, daß sie in einen historischen Rahmen oder in eine Zeitenfolge hineinpassen. — Vergleiche Daniel 2:36-45; 7:3-12, 17-26; 8:3-14, 20, 25; 9:2, 24-27; 11:2-24; 12:7-13.
Darüber hinaus weist das Bibelbuch Daniel wiederholt auf den Abschluß hin, der das Thema seiner Prophezeiungen bildet: Die Aufrichtung eines universellen, ewigen Königreiches Gottes, dessen Herrschaft durch Gottes Auserwählten, den „Sohn des Menschen“, ausgeübt wird. Eine Prophezeiung Daniels lautet: „Siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie eines Menschen Sohn ... Und ihm wurde Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben, und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm; seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergehen und sein Königtum ein solches, das nie zerstört werden wird.“ Damit ist natürlich Jesus Christus, der Herrscher aus der Linie Davids, gemeint, wenn er in der Herrlichkeit seines Königreiches kommt. Matth. 25:31; Dan. 7:13, 14; 4:17; 2:44.
Das Buch Daniel zeichnet sich von den anderen Büchern der Hebräischen Schriften auch ganz besonders durch seine Hinweise auf die „Zeit des Endes“ aus, die Zeit, in der Christus in seiner Herrlichkeit kommt. — Dan. 8:19; 10:14; 11:35, 40; 12:4, 9; Matth. 24:3.
Angesichts dieser Tatsachen scheint es nicht vernünftig zu sein anzunehmen, daß sich die Vision von dem symbolischen „Baum“ und der Hinweis auf die „sieben Zeiten“ nur auf die siebenjährige Geistesgestörtheit eines babylonischen Herrschers und auf dessen Genesung sowie dessen Rückkehr an die Macht beziehen. Es gibt mindestens drei stichhaltige Gründe für die Annahme, daß diese Vision und ihre Deutung im Buche Daniel deshalb so eingehend beschrieben werden, weil sie die Dauer der „bestimmten Zeiten der Nationen“ und die Zeit für die Aufrichtung des Königreiches Gottes unter seinem Christus erkennen lassen:
Erstens wegen der Zeit, zu der die Vision gegeben wurde. Es war nämlich in der kritischen Zeit der Geschichte, in der Gott, der Souverän des Universums, zugelassen hatte, daß das Königreich, das er unter seinem Bundesvolk aufgerichtet hatte, gestürzt wurde. Zweitens wegen der Person, der die Vision geoffenbart wurde. Es war der Herrscher, der als göttliches Werkzeug gedient hatte, um diesen Sturz herbeizuführen, und der dadurch mit Gottes Zulassung zum Weltherrscher geworden war, das heißt, der von da an ohne die Einmischung eines Königreiches, das Jehova Gott vertreten hätte, herrschte. Drittens wegen des Themas der Vision, das lautet: „Auf daß die Lebenden erkennen, daß der Höchste über das Königtum der Menschen [das Königreich der Menschheit, NW] herrscht und es verleiht, wem er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber bestellt.“ — Dan. 4:17.
Von besonderer Bedeutung sind auch die in dieser prophetischen Vision gebrauchten Sinnbilder. Bäume werden an anderer Stelle zur Veranschaulichung der Regierungsgewalt, auch derjenigen des Vorbildkönigreiches Gottes in Jerusalem, gebraucht. (Vergleiche Richter 9:6-15; Hesekiel 17:1-24; 31:2-18.) Ein zum Sprossen gebrachter Wurzelstock oder ein „Zweig“ oder „Sproß“ wird mehrmals, besonders in den messianischen Prophezeiungen, erwähnt, um die Erneuerung einer Herrschaft in einem bestimmten Geschlecht oder einer bestimmten Linie zu veranschaulichen. (Jes. 10:33 bis 11:10; Jer. 23:5; Sach. 6:12, 13) Jesus sagte von sich selbst, er sei „die Wurzel und der Sproß Davids“. — Offb. 22:16.
DIE BEDEUTUNG DER VISION
Der wichtigste Gedanke, der in dieser Vision hervorgehoben wird, ist der, daß Jehova Gott die höchste, unwiderstehliche Macht im „Königreich der Menschheit“ ausübt, und das hilft uns, die Bedeutung der Vision völlig zu verstehen.
Der Baum stellt in erster Linie Nebukadnezar dar, der damals das Haupt der herrschenden Weltmacht, Babylon, war. Vor der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar war jedoch das Vorbildkönigreich Gottes, dessen Regierungssitz in dieser Stadt war, das Mittel, durch das Jehova seiner rechtmäßigen Souveränität über die Erde Ausdruck verlieh. Doch dadurch, daß er den Sturz des Vorbildkönigreiches in Jerusalem zuließ, gestattete er, daß das sichtbare Symbol seiner Souveränität, die er durch die davidische Königsdynastie ausübte, gewissermaßen umgehauen wurde. Symbol und Ausübung der Weltherrschaft im „Königreich der Menschheit“, ohne durch ein Königreich, das Gott vertrat, gehindert zu werden, gingen nun in die Hände der heidnischen Nationen über. — Klag. 1:5; 2:2, 16, 17.
Im Lichte dieser Tatsachen gesehen, ist der „Baum“, abgesehen von Nebukadnezar, den er in erster Linie darstellt, ein Bild von der Souveränität oder Macht des Königreiches Gottes über die ganze Welt.
Gott zeigt in diesem Zusammenhang jedoch deutlich, daß er die Weltmacht nicht für immer den heidnischen Mächten überlassen wird. Die Vision zeigt, daß Gottes Selbstbeschränkung, dargestellt durch die Fesseln von Eisen und Erz um den Wurzelstock des Baumes herum, andauern würde bis ‘sieben Zeiten über ihm vergangen sein würden’. (Dan. 4:16, 23, 25) Dann würde Gott, der als Höchster „Herrscher ist im Königreich der Menschheit“, die Weltherrschaft verleihen, „wem er will“, nämlich dem verherrlichten „Sohn des Menschen“, Jesus Christus! (Dan. 4:17, NW; Da 7:13, 14; Matth. 25:31) Auf diese Weise sollte der symbolische „Wurzelstock“, der Gottes vorübergehenden Verzicht auf das Recht, die Weltherrschaft im „Königreich der Menschheit“ auszuüben, darstellt, im Königreich seines Sohnes wieder sprossen. — Ps. 89:27, 35-37.
Doch wann sollte dies geschehen? Wann würden die symbolischen „sieben Zeiten“ oder die „bestimmten Zeiten der Nationen“ ablaufen? Wann würde Jerusalem oder Gottes Königreich unter einem Herrscher aus dem Hause Davids, das durch „Jerusalem“ versinnbildlicht wurde, nicht mehr niedergetreten werden? Ja, wann würde der, dem das „gesetzliche Recht“ auf den „Thron Davids“ gehört, in der Herrlichkeit seines Königreiches kommen? — Hes. 21:32; Luk. 1:32.
DIE DAUER DER „SIEBEN ZEITEN“
Bei der Erfüllung der Vision an Nebukadnezar waren die „sieben Zeiten“ sieben Jahre, in denen er, wie er selbst zugab, geistesgestört war, seinen Thron aufgab und Gras aß wie ein Tier auf dem Feld. (Dan. 4:33-36) Es ist bemerkenswert, daß die Ausübung der Weltherrschaft durch die heidnischen Mächte in der Bibel durch wilde Tiere, die gegen das heilige Volk Gottes und gegen seinen „Fürsten der Fürsten“ kämpfen, sinnbildlich dargestellt wird. (Man vergleiche Daniel 7:2-8, 12, 17-26; 8:3-12, 20-25; Offenbarung 11:7; 13:1-11; 17:7-14.) Das in der Prophezeiung Daniels angewandte Wort „Zeiten“ (das auf das aramäische Wort iddan zurückgeht) bedeutet nach den Erklärungen von Lexikographen „Jahre“.c
Ein Jahr entspricht in diesem Falle 360 Tagen. Das wird durch Offenbarung 12:6, 14 bestätigt, wo gezeigt wird, daß dreieinhalb Zeiten ‘tausendzweihundertundsechzig Tagen’ entsprechen. (Vergleiche Offenbarung 11:2, 3.) Wenn also dreieinhalb symbolische „Zeiten“ 1260 symbolische Tage sind, dann ergeben zweimal dreieinhalb (oder sieben) symbolische „Zeiten“ zweimal 1260 Tage, das heißt 2520 Tage. Bei der größeren Erfüllung, in Verbindung mit der Dauer der „bestimmten Zeiten der Nationen“, handelt es sich jedoch nicht um buchstäbliche Tage. Worum denn?
Daß in den biblischen Aufzeichnungen eine bestimmte Anzahl Tage prophetisch eine entsprechende Anzahl Jahre darstellen kann, geht aus 4. Mose 14:34 und Hesekiel 4:6 hervor. Nur wenn wir die in diesen Texten angeführte Regel von ‘einem Tag für ein Jahr’ auf die „sieben Zeiten“ dieser Prophezeiung anwenden, ist eine besondere Erfüllung der Vision, die im vierten Kapitel des Buches Daniel beschrieben wird, in der Zeit nach Nebukadnezar möglich, und das lassen die bis dahin angeführten Tatsachen erwarten. Die „sieben Zeiten“ stellen demnach 2520 Jahre dar.
Die Folgerungen, zu denen man kommt, wenn man die prophetischen „sieben Zeiten“ als einen Zeitabschnitt von 2520 Jahren auffaßt, sind wahrscheinlich der beste Beweis dafür, daß dies die richtige Erklärung ist. Wie bereits gezeigt, begannen die „bestimmten Zeiten der Nationen“ mit dem Sturz und dem Niedertreten Jerusalems und der Verödung Judas, das heißt um die Mitte des Monats Tischri, des siebenten jüdischen Mondmonats, oder um den 1. Oktober des Jahres 607 v. u. Z. Wenn wir von diesem Datum an 2520 Jahre vorwärtsrechnen, kommen wir (wenn wir berücksichtigen, daß es zwischen v. u. Z. und u. Z. kein Jahr „null“ gibt) in den Herbst des Jahres 1914 u. Z. als Zeitpunkt für den Ablauf der „sieben Zeiten“ der von Gott zugelassenen Heidenherrschaft.
WAS DAS BEDEUTET
Das bedeutet also, daß die „bestimmten Zeiten der Nationen“ im Jahre 1914 u. Z. zu Ende waren. In jenem Jahr endete auch das Niedertreten Jerusalems. Gottes Königreich unter einem Herrscher aus dem Hause König Davids gelangte an die Macht und begann zu herrschen. Ja, Jesus Christus, derjenige, dem das „gesetzliche Recht“ gehört, wurde damals als König eingesetzt und auf „den Thron Davids, seines Vaters“, erhoben. — Hes. 21:32; Luk. 1:32.
Entgegen den Erwartungen einiger, bedeutete dies nicht, daß Jesus damals im irdischen Jerusalem zu herrschen begann. Nein, er begann im „Jerusalem droben“ zu herrschen. (Gal. 4:26) Das langersehnte messianische Königreich ist eine himmlische Regierung, eine Regierung, deren Sitz in einer „Stadt“ ist, die die Bibel sinnbildlich als ‘eine Stadt des lebendigen Gottes, als das himmlische Jerusalem’, bezeichnet. (Hebr. 12:22) Darum sagte Jesus zu den vier Jüngern, die mit ihm auf dem Ölberg waren, er werde in seiner Herrlichkeit mit allen seinen Engeln kommen und werde „sich auf seinen Thron der Herrlichkeit setzen“. — Matth. 25:31.
Wir können uns also freuen, denn wir leben heute in der Zeit des „Abschlusses des Systems der Dinge“, in der „Zeit des Endes“. (Matth. 24:3; Dan. 12:4) Was seit dem Jahre 1914 geschehen ist, bestätigt diese Tatsache. Im Jahre 1914 brach der Erste Weltkrieg der Geschichte aus. Es war der erste Krieg, in dem es nicht allein um die Herrschaft über Europa, Afrika oder Asien ging, sondern um die Weltherrschaft. Ein Vergleich dieses Ereignisses und anderer nach 1914 eingetretener Ereignisse mit den Worten, die Jesus in Verbindung mit den „bestimmten Zeiten der Nationen“ äußerte, läßt eine Erfüllung deutlich erkennen. Ja, die Dinge, von denen Jesus und seine Apostel sagten, sie würden Jesu zweite Gegenwart kennzeichnen, sind heute überall zu sehen! — Luk. 21:7-33; 2. Tim. 3:1-5; 2. Petr. 3:3, 4; Offb. 11:15-18.
Das bedeutet, daß der rechtmäßige Herrscher, Jesus Christus, nun dabei ist, „die Menschen voneinander [zu] trennen, wie ein Hirt die Schafe von den Ziegenböcken trennt“. Er kennzeichnet dich entweder als zu denen gehörend, die bewahrt werden, um ‘das Königreich zu ererben, das für sie bereitet ist’, oder als zu denen gehörend, die in der nun eilends herannahenden Schlacht von Harmagedon vernichtet werden. Was du tun mußt, um zu der großen Volksmenge zu gehören, die aus Harmagedon gerettet wird, erfährst du, wenn du den nächsten Artikel liest. — Matth. 25:31-46.
[Fußnoten]
a Expository Dictionary of New Testament Words, von W. E. Vine, 1962, Band IV, Seite 138.
b Eine Anmerkung von J. N. Darby in der chronologischen Tabelle der ‘Holy Scriptures’ — A New Translation from the Original Languages (1949) lautet: „Nebukadnezar, der zunächst mit Nabupolassar zusammen regiert, führt die Juden nach Babylon weg. Die ,Zeiten der Heiden‘ beginnen. Beginn der siebzigjährigen Gefangenschaft in Babylon.“
c Siehe Lexicon in Veteris Testamenti Libros, von Koehler und Baumgartner, Seite 1106; A Hebrew and English Lexicon of the Old Testament, von Brown, Driver und Briggs, Seite 1105.