Schule dein Wahrnehmungsvermögen
1. (a) Wie sollten Christen das Streben nach weltlicher Weisheit und ihre Anwendung betrachten? (b) Was können wir aus den Vergleichen, die Paulus zwischen Gottes Weisheit und der Weisheit der Welt anstellt, lernen?
DIESER Titel mag in die Augen springen, denn viele Menschen scheuen heute keine Mühe und keine Kosten, um ihr Wahrnehmungsvermögen zu schulen und zu verbessern. Und welchen Zweck verfolgen sie dabei? Oft tun sie es, um ein eigennütziges Ziel zu erreichen, um etwa die Fähigkeit zu erwerben, ihre Geschäftskonkurrenten aus dem Feld zu schlagen oder andere zu durchschauen, damit sie ihnen dann zuvorkommen und sie übervorteilen können. Vom Standpunkt der weltlichen Weisheit aus mag dies gerechtfertigt sein; wenn wir aber Gottes Gunst erlangen möchten, dürfen wir diesen Standpunkt nicht einnehmen. Wir würden in diesem Fall aus einem falschen Beweggrund handeln. Die Bibel warnt uns jedenfalls unmißverständlich vor den Gefahren der weltlichen Weisheit und Erkenntnis. Der Apostel Paulus behandelte dieses Thema in seinem Brief an die Versammlung in Korinth eingehend. Er stellte die Weisheit dieser Welt der Weisheit Gottes gegenüber mit den Worten: „Die Welt [vermochte] durch ihre Weisheit Gott nicht zu erkennen.“ Über die zur Christenversammlung Berufenen sagte er, es seien „nicht viele, die dem Fleische nach Weise“ seien, sondern Gott habe „das Törichte der Welt auserwählt, damit er die Weisen beschäme“. Warum? „Damit sich vor Gott kein Fleisch rühme.“ Wer Gott sucht, sollte es aufrichtig und demütig tun. Paulus sagte deshalb ferner: „Wir [reden] Weisheit unter solchen, die reif sind, aber nicht die Weisheit dieses Systems der Dinge, noch die der Herrscher dieses Systems der Dinge, die zunichte werden. Sondern wir reden Gottes Weisheit in einem heiligen Geheimnis, die verborgene Weisheit.“ Und wie wunderbar Gott doch vorgegangen ist! Er hat dafür gesorgt, daß alles in der Bibel, einem Buch, das jeder lesen kann, zu finden ist. Aber nur wenige nehmen die in der Bibel verborgene Weisheit wirklich wahr. Die meisten derer, die vorgeben, die Bibel als Gottes Wort anzuerkennen, sagen, die Bibel widerspreche sich, und beweisen dadurch, daß sie deren wunderbare innere Harmonie nie kennengelernt haben. — 1. Kor. 1:21, 26-29; 2:6, 7.
2. Warum ist die Reife für einen Christen unerläßlich, und was ist alles damit verbunden?
2 Was meinte Paulus mit den Worten: „Wir [reden] Weisheit unter solchen, die reif sind“? (1. Kor. 2:6) Die Reife spielt bei der Schulung des Wahrnehmungsvermögens eines Christen eine wichtige Rolle. Wer ein Christ wird, muß seine Lebensanschauung weitgehend ändern. Er muß auch ständig Fortschritte machen und sich verbessern. In dieser Hinsicht können wir von unseren Brüdern in Korinth einiges lernen. Bei manchen von ihnen dauerte es ziemlich lange, bis sie die nötigen Änderungen vornahmen. Sie wuchsen als Christen einfach nicht heran. Statt eine enge christliche Gemeinschaft zu bilden, waren sie gespalten; sie hatten begonnen, Menschen als ihre Führer zu betrachten, statt zu Christus, ihrem alleinigen Haupt, aufzublicken, und hatten dadurch einen sektiererischen Geist aufkommen lassen. Paulus, der den weltlichen Geist der „Eifersucht“ und des „Streites“ unter ihnen bemerkt hatte, sagte zu ihnen: „So konnte ich, Brüder, zu euch nicht wie zu Geistesmenschen reden, sondern wie zu fleischlichen Menschen, wie zu Unmündigen in Christus. Ich nährte euch mit Milch, nicht mit etwas zum Essen [fester Speise], denn ihr wart noch nicht stark genug.“ Mit unseren vorangehenden Darlegungen stimmt auch der warnende Hinweis des Paulus überein, daß sich niemand selbst verführen solle, indem er denke, „er sei in diesem System der Dinge weise ... Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott.“ Hüte dich also davor, dein Wahrnehmungsvermögen im Sinne der weltlichen Weisheit und aus selbstsüchtigen Beweggründen zu schulen! — 1. Kor. 1:10-13; 3:1-4, 18, 19.
3. Worin besteht das Geheimnis echten christlichen Wachstums?
3 Wenn wir uns nun der positiven Seite zuwenden, so stellen wir fest, daß der gleiche Bibelschreiber auch auf die enge Verbindung zwischen dieser Schulung und dem Reifeprozeß hinweist. In seinem Brief an die hebräischen Christen spricht er zunächst von der bereits erwähnten Neigung, nicht heranzuwachsen und keine Fortschritte zu machen. Er sagt: „Ihr [seid] am Gehör stumpf geworden ... Denn in der Tat, obwohl ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, benötigt ihr wieder jemand, der euch von Anfang an die elementaren Dinge der heiligen Aussprüche Gottes lehre“ und fügt dann noch hinzu: „Denn jeder, der Milch zu sich nimmt, ist unbewandert im Worte der Gerechtigkeit, denn er ist ein Unmündiger.“ Darauf zeigt er, worin das Geheimnis echten christlichen Wachstums besteht, indem er sagt: „Die feste Speise aber gehört reifen Menschen, jenen, die ihr Wahrnehmungsvermögen durch Gebrauch geübt haben zur Unterscheidung sowohl von Recht als auch Unrecht. Darum laßt uns nun, da wir die Grundlehre über den Christus hinter uns gelassen haben, zur Reife vorandrängen.“ — Hebr. 5:11 bis 6:1.
4. (a) Wovor müssen wir uns bei der Schulung unseres Wahrnehmungsvermögens hüten? (b) Inwiefern hängt die richtige Schulung von der richtigen geistigen Ernährung ab?
4 Das läßt uns deutlich erkennen, daß wir bei der Schulung unseres Wahrnehmungsvermögens uns nicht nur von richtigen Beweggründen leiten lassen sollten, sondern auch sorgfältig darauf achten müssen, daß wir dabei richtig vorgehen oder die richtige Methode anwenden. Wir dürfen uns als Christen nicht auf unseren eigenen Antrieb oder unser eigenes Urteil verlassen und dürfen nicht selbst zwischen Recht und Unrecht unterscheiden wollen. Gerade darauf zielte Satans Argument ab, das er vorbrachte, als er damals gewissermaßen das „Zeichen“ gab, indem er sagte: „Euch [werden] ganz bestimmt die Augen [der Wahrnehmung] aufgetan werden, und ihr werdet ganz bestimmt sein wie Gott, erkennend Gut und Böse.“ Und wozu führte dies? „Dann wurden ihnen beiden die Augen aufgetan“ — aber nur insofern, als sie sich ihrer Schuld bewußt wurden. Sie hatten aus einem schlechten Beweggrund gehandelt und auch eine schlechte Methode angewandt. (1. Mose 3:5-7, NW) Beachten wir nun, welch enge Verbindung zwischen der Aufnahme von fester Speise und der Schulung unseres Wahrnehmungsvermögens besteht. Paulus bezeichnet die elementaren Dinge des Wortes Gottes als Milch, wogegen er die tieferen Wahrheiten der Bibel und ihre Anwendung mit fester Speise vergleicht. Diese Wahrheiten müssen wir uns zu eigen machen, sofern wir zur Reife heranwachsen möchten, denn nur dann wird ‘unser Wahrnehmungsvermögen zur Unterscheidung sowohl von Recht als auch Unrecht geübt’, und nur so lernen wir, alle Dinge von Gottes Standpunkt aus zu sehen.
5. Wie bewies Jesus, daß er sich an diese Regel hielt, und wem sollte nach seiner Verheißung in unseren Tagen die Führung übertragen werden?
5 Selbst Jesus bildete keine Ausnahme von dieser Regel. Während seiner ganzen Dienstzeit hielt er sich an die heiligen Schriften und begegnete jeder Versuchung und jeder Herausforderung, indem er sagte: „Es steht geschrieben.“ (Matth. 4:4-10) Er lehrte und tat nichts von sich aus. Er nährte sich von Gottes Wort nicht nur dadurch, daß er sein Verständnis desselben mehrte, sondern auch dadurch, daß er es auf nutzbringende Weise anwandte, indem er sich an dessen Grundsätze hielt und dessen Prophezeiungen erfüllte, die durch sein Leben und seinen Dienst erfüllt werden sollten. Er konnte daher mit Recht sagen: „Meine Speise ist die, daß ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollende.“ Er sagte auch voraus, daß am Ende des gegenwärtigen Systems der Dinge ein „treuer und verständiger Sklave“ oder eine Klasse vorhanden sein werde, die über seine ganze Habe gesetzt und die auch die „Speise zur rechten Zeit“ austeilen werde. Er ließ somit keinen Zweifel darüber, daß auch in unserer Zeit die Austeilung von Speise aus den richtigen Beweggründen und nach der richtigen Methode erfolgen werde. — Joh. 4:34; 14:10; Matth. 24:45-47.
6. In welcher Hinsicht sollten wir stets auf Wachstum und Fortschritt bedacht sein?
6 In körperlicher Hinsicht hört der Mensch zu wachsen auf, wenn er zur Reife gelangt ist; er muß aber trotzdem weiter feste Speise zu sich nehmen. In seelischer und geistiger Hinsicht dagegen kann er ständig weiterwachsen und kann daher nie genug Speise in sich aufnehmen und verarbeiten. Wir sollten uns unablässig bemühen, ‘zur Reife voranzudrängen’. (Hebr. 6:1) Wir dürfen uns nicht mit einer Milchkost begnügen! Am Anfang, als wir als „neugeborene Kindlein“ das Wort Gottes kennenlernten, entwickelten wir „ein Verlangen nach der unverfälschten Milch, die zum Wort gehört“; wir sollten aber stets auf Fortschritt bedacht sein und eine immer größere Wertschätzung entwickeln sowie bereit sein, die daraus entstehenden Verpflichtungen zu übernehmen. — 1. Petr. 2:2.
7. Was deutet ein Mangel an Fortschritt an, und wie warnte Paulus vor den damit verbundenen Gefahren?
7 Es geht also darum, daß wir in dieser Hinsicht nicht stillstehen dürfen. Wenn wir keine Fortschritte machen, beginnen wir zurückzufallen. Das war bei vielen der damaligen hebräischen (jüdischen) Christen leider der Fall. Ihr Interesse hatte nachgelassen, sie waren „am Gehör stumpf geworden“, sie benötigten wiederum jemand, der sie von Anfang an über die elementaren Dinge belehrte. Sie hatten keine Verbindung mehr mit dem Wort der Wahrheit und waren deshalb nicht mehr bewandert darin. Das gleiche wird heute von einigen berichtet, die sich einst als wahre Christen Gott hingaben und sich taufen ließen, inzwischen aber wieder abgeglitten sind. Dürfen wir einer solchen Entwicklung — ob wir sie nun bei uns selbst oder bei anderen beobachten — gleichgültig begegnen und denken, der Betreffende werde trotzdem irgendwie gerettet werden? Paulus dachte nicht so; er zeigte deutlich, wozu es führt, wenn jemand hartnäckig einen solchen Lauf verfolgt und schließlich jede Hilfe ablehnt. Er sagte: „Es ist unmöglich, jene, die ein für allemal erleuchtet worden sind ... und die das vortreffliche Wort Gottes und die Kräfte des kommenden Systems der Dinge geschmeckt haben, aber abgefallen sind, wiederum zur Reue zu beleben.“ — Hebr. 6:4-8.
8. Womit sollte ein warnender Hinweis verbunden werden?
8 Wir dürfen aber mit denen, die gleichgültig geworden sind und abzugleiten scheinen, nicht gleich die Geduld verlieren und sie nicht gleich aufgeben. Paulus tat dies nicht. Er schrieb weiter: „Doch was euren Fall betrifft, Geliebte, sind wir von besseren Dingen überzeugt und Dingen, die Rettung mit sich bringen, wenn wir auch auf diese Weise reden.“ Indem er seinen warnenden Hinweis mit einer Ermunterung verband, zeigte er auf vorbildliche Weise, daß wir nicht einseitig sein dürfen. Wir lesen weiter: „Erinnert euch indes weiterhin der früheren Tage, in denen ihr, nachdem ihr erleuchtet worden wart, einen großen Kampf unter Leiden erduldet habt.“ Dann zitierte er aus Habakuk 2:4 die Worte: „‚Mein Gerechter aber wird zufolge des Glaubens leben‘, und ‚wenn er zurückweicht, so hat meine Seele kein Gefallen an ihm‘“ und fügte noch hinzu: „Wir nun sind nicht von denen, die zur Vernichtung zurückweichen, sondern von denen, die Glauben haben zum Lebendigerhalten der Seele.“ Welche Ermunterung! — Hebr. 6:9; 10:32, 38, 39.
9. In welcher Hinsicht ist Paulus für uns ein gutes Beispiel?
9 Durch die Art und Weise, wie Paulus die vielen Probleme in den verschiedenen Versammlungen behandelte und wie er den heftigen Angriffen seiner Feinde standhielt, bewies er, daß er wirklich ein geübtes Wahrnehmungsvermögen hatte. Ein weiterer Beweis dafür ist die Art und Weise, wie Jehova ihn durch den heiligen Geist gebrauchte, um die vielen Briefe zu schreiben, die heute einen bedeutenden Teil der Bibel ausmachen. Wie schulte Paulus sein Wahrnehmungsvermögen? Wie er selbst sagte: „durch Gebrauch“, das heißt durch ständigen, unermüdlichen Gebrauch, indem er sich fortgesetzt von der „festen Speise“ aus Gottes Wort nährte. Paulus folgte dadurch dem vollkommenen Beispiel, das Jesus während seines irdischen Daseins gegeben hatte, und konnte daher mit Recht sagen: „Werdet meine Nachahmer, so wie ich Christi Nachahmer bin.“ Wie wäre es also, wenn wir das Beispiel dieses eifrigen, treuen Dieners Gottes etwas näher ins Auge fassen würden, während wir uns bemühen, unser Wahrnehmungsvermögen auf eine gottgefällige Weise zu schulen? — Hebr. 5:14; 1. Kor. 11:1.
AUFMERKSAM UND WACHSAM SEIN
10. In welcher Hinsicht sollten wir, wie die Bibel zeigt, besonders aufmerksam sein?
10 In der Bibel finden wir viele Aussprüche, durch die wir ermahnt werden, aufmerksam und wachsam zu sein und uns von den richtigen Beweggründen leiten zu lassen. Hier folgen einige Beispiele: „Ihr sollt gut achtgeben auf eure Seele ..., damit ihr nicht verderblich handeln mögt.“ „Wenn ihr wirklich Jehova ... von dort aus sucht, dann wirst du ihn gewißlich finden, denn du wirst mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele nach ihm fragen.“ „Nimm dich in acht, daß du Jehova, deinen Gott, nicht vergissest.“ „Wie liebe ich dein Gesetz! es ist mein Sinnen den ganzen Tag.“ „Haltet Ausschau, bleibt wach.“ „Gebt ... acht, damit eure Herzen niemals ... beschwert werden.“ — 5. Mose 4:15, 16, 29; 8:11, NW; Ps. 119:97; Mark. 13:33; Luk. 21:34.
11. Wie betont dies auch Paulus, und wie weit geht er darin?
11 In den Schriften des Apostels Paulus wird dieser Gedanke noch stärker betont. Die verstandesmäßige Wahrnehmung ist zwar wichtig, aber Paulus spricht von der ‘Erleuchtung der Augen des Herzens’ und deutet dadurch an, daß die Erkenntnis nicht nur eine Sache des Verstandes, sondern auch eine Sache des Herzens sein sollte. Das ist nur dann möglich, wenn Gottes „Geist der Weisheit und der Offenbarung“ ungehindert auf uns wirken kann, so daß wir begreifen, was „die alles übertreffende Größe seiner Macht uns, den Gläubigen, gegenüber ist“, und „die Liebe des Christus“ erkennen können, „welche die [vom menschlichen Standpunkt ausgehende] Erkenntnis übersteigt“. Paulus fordert uns auch nicht nur auf zu wachen, sondern sagt: „So wacht denn streng darüber ..., weil die Tage böse sind ... [und] nehmt weiterhin wahr, was der Wille Jehovas ist.“ Diese Äußerungen bringen die höchste Steigerung zum Ausdruck und ziehen jeden möglichen Gesichtspunkt in Betracht. — Eph. 1:17-19; 3:18, 19; 5:15-17; siehe ferner Kolosser 1:9-11.
12. Welche ähnlichen Äußerungen finden sich im Hebräerbrief, und welcher weitere Gesichtspunkt erfordert unsere Aufmerksamkeit?
12 Der Brief des Apostels Paulus an die Hebräer bildet keine Ausnahme. Paulus spornt die Hebräer nicht nur an, den Dingen Aufmerksamkeit zu schenken, sondern ermahnt sie, „den Dingen ... mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit“ zu schenken. Er spricht nicht nur von denen, die Christus erwarten, sondern von denen, „welche ihn ... ernstlich erwarten“, und fordert uns auf, „unseren Blick auf Jesus ... gerichtet [zu] halten“. „Ja“, sagt er weiter, „betrachtet genau den [Jesus], der ... Widerspruch erduldet hat, damit ihr nicht müde werdet und in euren Seelen ermattet.“ Darüber hinaus führt er aber noch einen weiteren Grund an, weshalb wir aufmerksam und wachsam sein sollten: weil jemand uns Aufmerksamkeit schenkt und uns genau prüft. Wer denn? Und wie geht diese Prüfung vor sich? — Hebr. 2:1; 9:28; 12:2, 3.
13. (a) Was wird von Hebräer 3:7 an besonders hervorgehoben, und wie wird zur Veranschaulichung auf Israel hingewiesen? (b) Welche nachdrücklichen Worte finden wir in Hebräer 4:11, 12?
13 Um es kurz zu sagen, es ist Jehova, der uns so genau betrachtet, und zwar mit Hilfe seines Wortes. Wenn wir feststellen, wie er dies tut, hilft uns das, unser Wahrnehmungsvermögen richtig zu schulen. Im ersten Teil des Briefes an die Hebräer (beginnend mit Kapitel 3, Vers 7), wo Paulus Gottes Handlungsweise mit dem alten Volk Israel bespricht, führt er zweimal das an, was „der heilige Geist“ gemäß Psalm 95:7, 8 sagte: „Heute, wenn ihr auf seine [Gottes] Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht.“ (Hebr. 3:7, 8, 15) Er betont hier also, daß wir hören sollten, wenn Gott spricht, und daß wir entsprechend handeln sollten. Das hilft uns, ihm näherzukommen, und dadurch wächst unser Glaube. Paulus warnt eindringlich davor, entgegengesetzt zu handeln, indem er sagt: „Nehmt euch in acht, Brüder, daß sich nicht in einem von euch jemals ein böses Herz des Unglaubens entwickelt, indem er sich von dem lebendigen Gott zurückzieht.“ Er warnt auch davor, sich „durch die trügerische Macht der Sünde“ zu verhärten. (Hebr. 3:12, 13) Israel als Nation gehorchte dem Wort Gottes nicht und ging daher nicht in Gottes Ruhe ein. Beachten wir, daß Paulus Ungehorsam und Unglauben miteinander verbindet. (Siehe Hebräer 3:18, 19.) Dann (in Kapitel 4) zeigt er, daß für die, die zum geistigen Israel, zur Christenversammlung, gehören, noch eine geistig aufzufassende Ruhe verbleibt, und betont wiederum die Notwendigkeit, aufmerksam und wachsam zu sein, indem er sagt: „Laßt uns daher unser Äußerstes tun, in jene Ruhe einzugehen, damit nicht jemand nach demselben Beispiel des Ungehorsams zu Fall komme.“ Um dann den Gedanken endgültig klarzumachen, fügt Paulus die nachdrücklichen Worte hinzu: „Denn das Wort Gottes ist lebendig und übt Macht aus und ist schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch selbst bis zur Scheidung von Seele und Geist, und von Gelenken und ihrem Mark, und ist imstande, die Gedanken und Absichten des Herzens zu beurteilen.“ — Hebr. 4:11, 12.
14. (a) Von welchem Standpunkt aus sollte man die Bibel betrachten? (b) In welchem Sinne kann davon gesagt werden, sie sei lebendig und vermittle Leben? (c) Wie betrachtet und beurteilt demnach Gott seine Diener?
14 Welch bezeichnende Beschreibung des Wortes Gottes! Es wird so dargestellt, als ob es eine lebendige Person wäre, die durch ihr Wahrnehmungsvermögen erkennen kann, wie es in deinem Herzen wirklich aussieht. Es geht den Dingen richtig auf den Grund. Wie denn? Nun, die Bibel ist nicht nur ein religiöses Buch, das vor langer Zeit von frommen Männern geschrieben und zusammengestellt wurde, eine Sammlung von Aufzeichnungen über die tote Vergangenheit. Nein, sie ist der Kanal des Geistes Gottes und als solcher ein lebendiges Buch. Sie ist Gottes Wort, „seine Stimme“. Was David unter Inspiration schrieb und redete, waren nicht seine eigenen Worte, sondern es war das, was ‘der heilige Geist sagte’, wie Paulus und David es auch richtig erkannt hatten. (2. Sam. 23:2; Hebr. 3:7) Das Wort Gottes ist nicht nur selbst lebendig, sondern kann auch Leben vermitteln, und zwar weit vorzüglicheres Leben als das menschliche Leben. Der Apostel Petrus sagt von denen, die Christen geworden sind, es sei ihnen „eine neue Geburt ... zuteil geworden, nicht durch verweslichen, sondern durch unverweslichen reproduktiven Samen, durch das Wort des lebendigen und bleibenden Gottes“. (1. Petr. 1:23) Beachten wir nun aber die Erklärung des Apostels Paulus in Hebräer 4:13: „Und es gibt keine Schöpfung, die vor seinen Augen nicht offenbar ist, sondern alle Dinge sind nackt und bloßgelegt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft zu geben haben.“ Paulus spricht hier von Jehova selbst und von dessen Augen, die alles durchdringen. Jehovas Wahrnehmungsvermögen ist in jeder Hinsicht unvergleichlich, und er wendet es stets aus guten Beweggründen und auf die wirksamste Weise an. Können wir aus all dem nicht schließen, daß Gott uns durch sein Wort betrachtet und uns danach beurteilt, wie wir darauf reagieren? Das ist die beste Methode, denn sie ermöglicht es uns weitgehend, uns ebenfalls anhand seines Wortes zu prüfen, um festzustellen, wo wir stehen. Bemühen wir uns aufrichtig, uns in all unserem Tun dem Worte Gottes anzupassen, und versuchen wir es immer wieder, obwohl wir immer wieder Fehler machen? Wie wir später noch sehen werden, sollten wir dies tun. — Spr. 17:3.
15. Wie deutet die Heilige Schrift an, daß alle Geschöpfe Gott „Rechenschaft zu geben haben“?
15 Früher oder später werden alle Geschöpfe Jehova, dem höchsten Richter, „Rechenschaft zu geben haben“. Es scheint, daß sie alle ebenfalls aufgrund dessen beurteilt werden, wie sie zur Zeit des Gerichts auf Gottes Wort reagieren. (Offb. 20:12) Unsere Generation läßt durch ihre Reaktion auf die biblische Botschaft der Wahrheit, die Botschaft von Gottes Königreich, immer deutlicher erkennen, wie sie eingestellt ist. (Matth. 24:14) Der inthronisierte König Christus Jesus geht bei der Scheidung der „Schafe“ und „Böcke“ ähnlich vor, denn er beurteilt ihre Einstellung ihm gegenüber nach ihrer Einstellung und ihrem Verhalten gegenüber ‘einem der geringsten seiner Brüder’, das heißt einem seiner Jünger, die die himmlische Hoffnung haben. — Matth. 25:31, 32, 40, 45.
DEN WICHTIGEREN DINGEN GRÖSSERE AUFMERKSAMKEIT SCHENKEN
16. (a) Welche beiden Dinge sollten allem vorangestellt werden, und warum? (b) Wie hob Jesus dies in seiner Prophezeiung hervor?
16 Wenn wir unser Wahrnehmungsvermögen schulen möchten, müssen wir wissen, welchen Dingen wir den Vorrang geben sollten. Zwei Dinge sind besonders kostbar: Zeit und Leben. In einem gewissen Sinne sind beide kurz oder nur in begrenztem Maße vorhanden. Unter der Herrschaft des Königreiches Gottes wird das Leben nicht kurz sein, aber es wird nur eine Möglichkeit geben, Leben zu erlangen, nur einen Weg, der zur Rettung führt: das „kostbare Blut“ Christi. (1. Petr. 1:19) Da nun bereits etwa 56 Jahre der Generation vergangen sind, die das Zeichen der „Zeit des Endes“ beobachten konnte, ist die Zeit bestimmt kurz. (Matth. 24:34) Wir müssen daher wählerisch sein. Wir benötigen eine zuverlässige Richtschnur, die uns entscheiden hilft, welches die wichtigeren Dinge sind, die Dinge, denen wir größere Aufmerksamkeit schenken sollten, und welches die weniger wichtigen sind, die, die wir immer weniger beachten sollten. Wir sollten uns bei dieser Entscheidung von der Bibel leiten lassen. Jesus sagte zum Beispiel in seiner Prophezeiung über die „Zeit des Endes“, nachdem er den Ernst der Zeit hervorgehoben hatte: „Gebt auf euch selbst acht, damit eure Herzen niemals durch zuviel Essen und zuviel Trinken und Sorgen des Lebens beschwert werden und jener Tag plötzlich, in einem Augenblick, über euch komme wie eine Schlinge. ... Bleibt also wach [bleibt sehr aufmerksam] und fleht ..., damit es euch gelinge, all diesen Dingen, die geschehen sollen, zu entgehen [entrinnen, Menge]“, und zwar werden wir ihnen nicht entrinnen, indem wir vom Schauplatz der Handlung weggenommen werden, sondern indem wir durch unsere Wachsamkeit davor bewahrt werden. Wir werden dann schließlich „vor dem Sohn des Menschen ... stehen“, indem wir wegen unserer Lauterkeit und unseres Ausharrens seine Gunst erlangen. — Luk. 21:34-36; siehe ferner 1. Korinther 10:13.
17. Auf welche Verbindung zwischen dem Entrinnen und der Wachsamkeit wies Paulus hin?
17 Jesus spricht hier vom Entrinnen, und das erinnert uns wiederum an den Hebräerbrief. Dieser Brief wurde kurz vor dem Beginn der Verfolgung der Judenchristen in Jerusalem und nur neun Jahre vor der Zerstörung dieser Stadt geschrieben. Wir befinden uns heute in einer ähnlichen Situation. Die Zeit läuft ab. Die „große Drangsal“ rückt eilends näher, und die Frage erhebt sich deshalb, wie ein Entrinnen möglich ist. Beachten wir die warnenden Worte des Paulus: „Seht zu, daß ihr euch nicht von dem losbittet, der redet [indem ihr nicht auf ihn hört oder ihm keine Aufmerksamkeit schenkt]. Denn wenn jene nicht entronnen sind, die sich von dem losbaten, der eine göttliche Warnung auf der Erde [als die Israeliten am Fuß des Berges Sinai waren] ergehen ließ, werden wir noch viel weniger entrinnen, wenn wir uns von dem abwenden, der von den Himmeln her redet“ und der nun bald das alte System der Dinge erschüttern und vollständig beseitigen wird. — Hebr. 12:25-27.
18. Sollten wir nur aus Pflicht aufmerksam sein? Begründe deine Antwort.
18 Findest du es vielleicht ermüdend, wenn nicht sogar etwas beängstigend, ständig aufmerksam und wachsam sein zu müssen? Das braucht nicht der Fall zu sein, und es sollte auch nicht der Fall sein. Bleibe aufmerksam und wachsam, damit dein Glaube stark bleibt und deine Treue durch nichts erschüttert werden kann. Mit anderen Worten, gib auf dein Herz acht. Das ist das Wichtigste, was du persönlich tun kannst, „denn von ihm [dem Herzen] aus sind die Ausgänge des Lebens“. (Spr. 4:23) Ist es nicht so, daß in Wirklichkeit nicht dein Verstand, sondern dein Herz — das Organ, das ausschlaggebend ist für deine Beweggründe, deine Neigungen und deine Wünsche — entscheidet, worauf du deine Aufmerksamkeit vorwiegend und mit besonderer Freude richtest?
19. (a) Was führt dazu, daß das Schenken von Aufmerksamkeit zu einem beglückenden Erlebnis wird? (b) Kann die agápe-Liebe auch in einem persönlichen Verhältnis entstehen, und inwiefern trifft dies besonders auf unser Verhältnis zu Jehova zu?
19 Hast du dich zum Beispiel, als du den Kinderschuhen entwachsen warst, nicht dabei ertappt, daß du einer bestimmten Person auf einmal mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit geschenkt hast? Welch ein beglückendes Gefühl kann dies doch hervorrufen, ein Gefühl, das einen so gefangennimmt, daß man den ganzen Tag nicht mehr davon loskommt! Und warst du nicht begeistert, als du merktest, daß die betreffende Person freundlich reagierte und begann, dir ebenfalls mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit zu schenken? Schenktest du ihr dann nicht erst recht mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit? „Ja, sicher“, magst du sagen, „aber ein solch persönliches Verhältnis ist doch etwas ganz anderes als das, was wir eben besprochen haben.“ Nun, vielleicht ist es doch nicht so etwas ganz anderes. Es geht dabei um Liebe, und die Liebe ist bestimmt eine Sache des Herzens. Die höchste Form der Liebe ist, wie es im Wachtturm erklärt wurde, die agápe-Liebe. Aufgrund dessen, was über diese Liebe schon gesagt worden ist, könnte man den Eindruck gewinnen, sie sei deshalb so erhaben und so erstrebenswert, weil sie über die Liebe zwischen Personen hinausgeht, weshalb sie als eine auf guten Grundsätzen beruhende Liebe bezeichnet wird. So erklärte Der Wachtturm das griechische Wort agápe aber nicht. Als Petrus dieses Wort gebrauchte, sagte er nicht: „Liebt einander von Herzen, indem ihr euch streng an gute Grundsätze haltet“, sondern er sagte: „Liebt einander inbrünstig von Herzen.“ (1. Petr. 1:22) Ja, die agápe-Liebe kann sehr persönlich sein, hält sich aber stets an gute Grundsätze. Sie ist, wie Der Wachtturm sagte, eine „grundsatztreue Liebe“, was aber nicht bedeutet, daß sie unpersönlich ist. Das trifft ganz besonders auf unsere Liebe zu Jehova zu. Es genügt nicht und wäre auch nicht richtig, Gott als eine weit entfernte, unsichtbare, abstrakte Verkörperung guter Grundsätze, als den großen Ursprung, zu lieben. Das war der große Fehler, den die Tröster Hiobs machten. Wenn sie von Gott sprachen, erwähnten sie immer nur seinen Titel, nie seinen Namen Jehova. Ähnlich handelt die Geistlichkeit, die neuzeitlichen Tröster Hiobs, heute. Jehova ist jedoch das höchste Wesen, die größte Persönlichkeit, und er fordert uns auf, ihm fortgesetzt unsere besondere Aufmerksamkeit zu schenken, um ihn als denjenigen kennen- und liebenzulernen, der es verdient, daß wir ihm alles geben, was wir geben können: unser ganzes Herz, unseren ganzen Sinn, unsere ganze Seele und unsere ganze Kraft. Er ist der Urheber und Beurteiler aller guten Grundsätze.
20. Was ist von jeher eine bedeutende Ursache für das Abgleiten von der Wahrheit gewesen?
20 Bekanntlich haben in den letzten Jahren Tausende die Wahrheit erkannt und sind Zeugen Jehovas geworden, sind dann aber wieder von der Wahrheit abgekommen und haben sich nie mehr sehen lassen oder mußten aus der Christenversammlung ausgeschlossen werden. Im letzteren Fall ist die Ursache oft ein starker persönlicher Einfluß, der der Wahrheit und ihren hohen Grundsätzen entgegenwirkt. Wie geschieht dies? Im Grunde genommen ist es nur möglich, weil die Betreffenden nicht lange genug in der Wahrheit geblieben oder nicht tief genug in sie eingedrungen sind, um Jehova wirklich als eine Person, als die Person, kennen- und liebenzulernen. Sie liebten zwar die Wahrheit, die beglückende Gemeinschaft mit den Brüdern und die Hoffnung auf Gottes Königreich, entwickelten aber nie das vertraute, persönliche Verhältnis zu Jehova, das zwischen zwei Personen besteht, die durch eine innige Zuneigung und eine unerschütterliche Treue miteinander verbunden sind.
21. Wie und wodurch werden wir ermuntert, auf dem rechten Weg zu bleiben?
21 Ein solches Verhältnis zu entwickeln ist nicht unmöglich. Es ist nicht allzu schwierig, sofern man sein Herz darauf gerichtet hält. Gerade das taten die gottesfürchtigen Männer und Frauen der alten Zeit, von denen in Hebräer, Kapitel 11 die Rede ist. Durch Glauben bewiesen sie ihre Treue und ihre Liebe trotz schwerer Leiden, denn sie wußten, daß Jehova alle, „die ihn ernstlich suchen“, das heißt alle, die ihm mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit schenken, belohnen wird. (Hebr. 11:6) Wie der Bericht in unserem Jahrbuch zeigt, gibt es auch heute in der ganzen Welt unzählige Menschen, die genauso ihre Lauterkeit bewahren und unerschütterlich an ihrer Treue festhalten. Es gibt ferner viele Gott hingegebene Ehemänner und Ehefrauen, die tagtäglich beweisen, daß sie ihrem Ehegefährten treu sind. Bestimmt wird niemand bestreiten wollen, daß die Liebe zwischen einem Mann und einer Frau schon von dem Zeitpunkt an, wo sie beginnen, einander besondere Aufmerksamkeit zu schenken, etwas Persönliches ist. Deshalb wird auch die wichtigste Verpflichtung des christlichen Ehemanns durch das griechische Wort agápe klargemacht. Wir lesen: „Ihr Ehemänner, fahrt fort, eure Frauen zu lieben, wie auch der Christus die Versammlung [ja jedes einzelne Glied der Brautklasse, die aus der Christenversammlung besteht] geliebt ... hat.“ — Eph. 5:25.
22. Wie können wir Christus Jesus vom richtigen Standpunkt aus sehen, und inwiefern hilft uns dies?
22 Jesus Christus ist natürlich unser größtes Vorbild. Nach dem eben erwähnten Bericht in Hebräer, Kapitel 11 werden wir aufgefordert, den „vor uns liegenden Wettlauf mit Ausharren [zu] laufen, während wir unseren Blick auf Jesus ... gerichtet halten. ... Ja, betrachtet genau den [Jesus], der von Sündern gegen deren eigene Interessen einen derartigen Widerspruch erduldet hat.“ (Hebr. 12:1-3) Wie betrachtest du Jesus? Mit wessen Augen siehst du ihn? Verdient er es in deinen Augen, daß man ihm nachfolgt, oder betrachtest du ihn so wie die, von denen vorhergesagt wurde, sie würden sagen: „Wenn wir ihn sehen werden, da ist kein Aussehen, daß wir ihn begehren würden.“? (Jes. 53:2, NW) Wenn wir ihn vom richtigen Standpunkt aus sehen möchten, müssen wir bei unserer Betrachtung Gottes Wort als Spiegel benutzen. So wie wir manchmal einen Spiegel benutzen, um jemand von einem anderen Blickwinkel aus zu sehen, können wir mit Hilfe der Bibel Gottes Sohn von einem neuen Gesichtspunkt aus sehen. Das wird uns helfen, eine neue Persönlichkeit anzuziehen, eine Persönlichkeit, die der seinen entspricht. Es wird uns auch anspornen, unser Leben in jeder Hinsicht dem göttliche Vorbild anzupassen, und dazu beitragen, daß wir wie Jesus bis zum Ende ausharren können. — Jak. 1:22-25.
[Bild auf Seite 728]
Gott beurteilt uns danach, wie wir auf sein Wort reagieren.