Fragen von Lesern
● Das Gesetz, das den Israeliten gegeben wurde, war etwas Gutes. Wieso konnte der Apostel Paulus dann sagen, das Gebot sei ein ‘Anlaß zur Sünde’? — USA.
Um zu zeigen, daß das mosaische Gesetz nicht bewirken konnte, daß unvollkommene Menschen vor Jehova Gott als gerecht dastehen könnten, schrieb der Apostel Paulus: „Als wir mit dem Fleisch in Übereinstimmung waren, waren die sündigen Leidenschaften, die durch das ,Gesetz‘ erregt wurden, in unseren Gliedern wirksam, damit wir für den Tod Frucht brächten. ... Was sollen wir also sagen? Ist das ,Gesetz‘ Sünde? Dazu komme es nie! Tatsächlich hätte ich die Sünde nicht kennengelernt, wenn nicht das ,Gesetz‘ gewesen wäre; und ich hätte zum Beispiel die Begierde nicht erkannt, wenn das ,Gesetz‘ nicht gesagt hätte: ,Du sollst nicht begehren.‘ Die Sünde aber, die durch das Gebot Anlaß [buchstäblich: einen Anstoß, Königreichs-Interlinearübersetzung, engl.] erhielt, bewirkte in mir jederlei Begierde, denn ohne Gesetz war die Sünde tot.“ — Röm. 7:5-8.
Wäre das Gesetz nicht gewesen, so hätte der Apostel Paulus „die Sünde nicht kennengelernt“, das heißt, er hätte nicht den vollen Umfang und das Ausmaß der Sünde erkannt, alles, was sie einschließt, zum Beispiel die Sündhaftigkeit des Begehrens. Wie Paulus aber sagt, „erregte“ das Gesetz sündige Leidenschaften und war das Gebot gegen das Begehren ein „Anlaß“ für die Sünde. Heißt das, daß Paulus nie etwas getan hätte, was das Gesetz verurteilte, wenn es keine Gebote gegeben hätte?
Nein, denn das würde bedeuten, daß die Gesetze gegen Ehebruch, Mord, Diebstahl und dergleichen zur Ausbreitung von Verbrechen und Gewalttat beigetragen hätten. Das wäre im Widerspruch mit Gottes Verfahrensweise. Schon bevor das Gesetz gegeben wurde, gab es Personen, die begehrten oder sich des Mordes, des Diebstahls und ähnlicher Dinge schuldig machten. Das Gesetz sollte also nicht die Gesetzlosigkeit unter den Israeliten fördern, sondern ihre Handlungen einschränken. Der Psalmist erklärte: „Das Gesetz Jehovas ist vollkommen, bringt die Seele zurück. Die Mahnung Jehovas ist zuverlässig, macht den Unerfahrenen weise.“ (Ps. 19:7) In welchem Sinne erregte denn das Gesetz sündhafte Leidenschaften und war es ein „Anlaß“ für die Sünde?
Das wird uns klar, wenn wir daran denken, daß der Apostel Paulus sagte: „Ohne Gesetz war die Sünde tot“, das heißt, der Begriff Sünde war nicht näher bestimmt. Man kann nicht einer Sünde beschuldigt werden, die vom Gesetz nicht als Sünde bezeichnet wird. Bevor also das Gesetz kam, hätten Paulus und die Angehörigen seiner Nation nicht wegen einer Sünde verurteilt werden können, die nicht näher bestimmt war. Ohne das Gesetz bestand die Hoffnung auf Leben. Als daher Gottes Gesetz, das Sünden näher bestimmte, zum Erlangen des Lebens eingeführt wurde, starben Paulus und die Angehörigen seines Volkes. Warum? Weil sie als verfluchte, zum Tode verurteilte Sünder gekennzeichnet wurden. Sie mußten feststellen, daß sie größere Sünder waren, als sie sich gedacht hatten. Das Gesetz brachte ihnen ihre Sündhaftigkeit in höherem Maße zum Bewußtsein. Wenn sie sich im Lichte des Gesetzes betrachteten, erkannten sie, daß sie in verschiedenen Punkten Sünder waren. Folglich kamen aufgrund des Gesetzes mehr Sünder zum Vorschein. Das heißt nicht, daß das Gesetz sie zur Sünde angeregt hätte, sondern es stellte sie lediglich als Sünder bloß. Auf diese Weise erhielt die Sünde durch das Gesetz einen Anlaß und führte bei Paulus und seinem Volk zur Sünde. Das Gesetz bildete die Grundlage, auf der mehr Personen als Sünder verurteilt werden konnten und wegen einer weit größeren Zahl von Anklagepunkten.