Fragen von Lesern
● Mein ungläubiger Mann hat zugegeben, daß er eine andere Frau hat. Ist sein Eingeständnis ein ausreichender Grund für eine schriftgemäße Scheidung?
In einigen Fällen läge ein schriftgemäßer Grund für eine Scheidung vor, wenn der ungläubige Ehepartner eines Christen zugibt, unsittlich gehandelt zu haben, wodurch der Christ frei wäre, wieder zu heiraten, falls er dies wünscht.
Gemäß dem Gesetz, das Jehova Gott der Nation Israel gegeben hatte, war eine Scheidung aus mehreren Gründen möglich (5. Mose 24:1, 2). Unter anderem zählten Ehebruch, Homosexualität und Bestialität als Gründe für die Auflösung einer Ehe; der Schuldige sollte hingerichtet werden (5. Mose 22:22-24; 3. Mose 18:22, 23). Doch im mosaischen Gesetz war diesbezüglich folgende wichtige Voraussetzung festgelegt worden: „Auf die Aussage von zwei oder von drei Zeugen sollte, wer sterben muß, zu Tode gebracht werden. Er wird nicht auf die Aussage eines einzigen Zeugen zu Tode gebracht werden“ (5. Mose 17:6; 19:15; 4. Mose 35:30). Da Jehova ‘Gerechtigkeit und Recht liebt’, verlangte er, daß solche Entscheidungen nicht lediglich aufgrund eines Verdachts getroffen wurden, sondern aufgrund von Beweisen, aufgrund von Zeugenaussagen (Ps. 33:5). Diese Forderung galt natürlich ausdrücklich im Falle eines Todesurteils, nicht wenn es darum ging eine Ehe zu scheiden.
Eine andere Situation, die im Gesetz geregelt wurde, zeigt ebenfalls, wie wichtig ein Beweis war. Was sollte ein Mann tun, wenn er den Verdacht hatte, seine Frau habe Ehebruch begangen, sie dies jedoch leugnete und es keine Zeugen gab? Gottes Wort zeigt einen Schritt für den man sich entscheiden konnte. Es handelte sich dabei jedoch um ein drastisches Vorgehen, das entweder für die Frau im Falle ihrer Schuld oder für den Mann im Falle ihrer Unschuld dauernde Folgen haben konnte. Man konnte sie vor den Priester bringen, wo sie im Rahmen eines vorgeschriebenen Verfahrens besonderes Wasser trinken sollte. Falls sie schuldig war sollte ihr durch eine göttliche Strafe ‘die Hüfte einfallen’, was anscheinend bedeutete, daß ihre Geschlechtsteile verkümmerten und sie nicht mehr empfängnisfähig war (4. Mose 5:12-31). Offensichtlich wurde die ehebrecherische Frau in solchen Fällen, obgleich sie von Gott auf solch außergewöhnliche Weise bestraft wurde, nicht hingerichtet, weil sie die Schuld bestritt und es nicht die geforderten zwei Zeugen gab.
Wie verhält es sich heute in der Christenversammlung? Ist es möglich, stichhaltige Beweise als Grund für eine schriftgemäße Scheidung zu erhalten?
Jesus sagte selbst, daß für seine Nachfolger der einzige Ehescheidungsgrund, durch den jemand für eine Wiederverheiratung frei wäre, darin bestehe, daß sein Ehepartner pornéia, schwere geschlechtliche Unsittlichkeit, beginge (Matth. 19:9). Wäre ein ausreichender Grund für eine Scheidung vorhanden, wenn eine christliche Frau nur den Verdacht hätte, daß sich ihr Mann des Ehebruchs schuldig gemacht habe? Nein, denn auch in den Christlichen Griechischen Schriften wird der Grundsatz herausgestellt, daß eine Sache durch zwei oder drei Zeugen bestätigt werden soll, was ein vernünftiges Rechtsprinzip ist (Joh. 8:17, 18; 1. Tim. 5:19; Hebr. 10:28). Wenn daher eine Frau ihren Mann nur des Ehebruchs verdächtigt, er jedoch seine Schuld bestreitet und es keine zwei Zeugen gibt, die seine Schuld bestätigen, könnte sie vor der Christenversammlung nicht ausreichend beweisen, daß sie berechtigt ist, sich von ihm scheiden zu lassen, und frei wäre, wieder zu heiraten.
Manchmal gibt der ungläubige Ehepartner indes zu, unsittlich gehandelt zu haben. Vielleicht brüstet er sich sogar damit, um seine Frau zu verhöhnen und sie zu verletzen. Sie mag sich entschließen, seinen Fehltritt zu übersehen. Was aber, wenn sie glaubt, sie könne oder sollte es nicht tun? Ist sein Bekenntnis Beweis genug?
In diesem Fall verhält es sich nicht so, wie wenn er behauptet, unschuldig zu sein, oder nachdrücklich bestreitet, Ehebruch begangen zu haben, sondern er gibt es ihr gegenüber zu, wenngleich er nicht bereit sein mag, es vor Gericht oder vor anderen Personen einzugestehen, weil er seinen Ruf gefährdet. Was kann die Frau tun?
Da sie ein Teil der Christenversammlung ist, sollte sie sich der Wichtigkeit bewußt sein, die Angelegenheit entsprechend zu regeln, damit nach ihrer Scheidung von ihrem Mann bei einer eventuellen späteren Wiederverheiratung nicht daran gezweifelt werden kann, daß sie ‘das Ehebett unbefleckt’ hält (Hebr. 13:4). Deshalb sollte sie den Ältesten, die die Versammlung vertreten, in einem Brief ihre Situation erläutern und erklären, daß ihr ungläubiger Mann ihr gegenüber bekannt habe, unsittlich gehandelt zu haben. Außerdem könnte sie erwähnen, daß sie sich im Einklang mit Matthäus 19:9 von ihm trennen und gesetzlich scheiden lassen und so mit die Ehe schriftgemäß und gesetzlich auflösen lassen möchte.
Die Ältesten würden erwägen, ob irgendein Grund bekannt ist, der darauf schließen ließe, daß der ungläubige Partner nicht unsittlich gehandelt habe. Wenn dies nicht der Fall ist, könnten sie ihre unterzeichnete Erklärung annehmen.
Jemand könnte sagen: „Wäre es aber nicht möglich, daß jemand eine irreführende, unwahre Erklärung abgibt und behauptet, der Ehemann habe eine unsittliche Handlung gestanden, obgleich er so etwas nie gesagt hat?“ Wer so etwas täte, würde sich einer schweren Täuschung schuldig machen. David betete einmal: „Du hast mein Herz geprüft, du hast bei Nacht Besichtigung vorgenommen, du hast mich geläutert, du wirst herausfinden, daß ich nichts Böses geplant habe“ (Ps. 17:3). Jehova weiß es aber auch genau, wenn jemand Böses geplant hat, und er wird dafür sorgen, daß der Betreffende auf die Dauer kein Gelingen hat. Wenn daher eine christliche Frau erklärt, ihr Mann habe unsittlich gehandelt, kennt Jehova den wahren Sachverhalt. Die Bibel sagt: „Es gibt keine Schöpfung, die vor seinen Augen nicht offenbar ist, sondern alle Dinge sind nackt und bloßgelegt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft zu geben haben“ (Hebr. 4:13; Spr. 5:21; Jer. 16:17).
Wenn daher kein Grund besteht, die Erklärung der Frau anzuzweifeln, können die Versammlungsältesten die Angelegenheit ihr und Jehova überlassen. In diesem Fall würde sie vor Gott die Verantwortung dafür tragen, daß es wirklich zutrifft, daß sich ihr Mann eine unsittliche Handlung zuschulden kommen ließ, was ein schriftgemäßer Grund wäre, die Ehe aufzulösen, selbst wenn die gesetzliche Scheidung aus einem anderen Grund erfolgt.