Neutral in einer konfusen Welt
VOR genau 40 Jahren und zwei Monaten wurde im Wachtturm vom 1. Dezember 1939 ein Hauptartikel mit dem Thema „Neutralität“ veröffentlicht. Als wie zeitgemäß erwiesen sich doch diese Informationen!
Nur drei Monate zuvor, am 1. September, hatte die nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie zum Überraschungsangriff auf Polen angesetzt. In fünf Wochen hatten die Deutschen das Land erobert; dabei waren sie von sowjetischen Truppen unterstützt worden, die von Osten her einmarschierten. In der Zwischenzeit hatten Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland, Indien, Südafrika und Frankreich Deutschland den Krieg erklärt. Sieben Monate lang blieb es aber an der Westfront ruhig; es kam nur vereinzelt zu militärischen Aktionen, so daß man schließlich von einem „Sitzkrieg“ sprach.
Gerade während dieser Zeit schenkten viele junge Männer der Bibel und dem Stoff, der in jenem Wachtturm-Artikel über die „Neutralität“ behandelt wurde, vermehrte Aufmerksamkeit. Angesichts der sich drohend zusammenballenden Wolken des Zweiten Weltkrieges tauchten die Fragen auf: Wie sollte sich ein Christ verhalten? Sollten christliche junge Männer tatsächlich ausziehen, um die auf der anderen Seite der Schlachtlinien Kämpfenden hinzuschlachten, nur weil katholische und protestantische Geistliche beider Seiten dies zur heiligen Pflicht eines jeden erklärten? Sollten diese jungen Männer verpflichtet sein, sich im Falle eines Weltkrieges auf der Seite an dem Blutvergießen zu beteiligen, auf der sie sich gerade zufällig befanden? Viele von ihnen erinnerten sich an Worte Jesu wie: „Diese Dinge gebiete ich euch, daß ihr einander liebt. ... ihr [seid] ... kein Teil der Welt ..., sondern ich [habe] euch aus der Welt auserwählt“ (Joh. 15:17-19; 17:14, 16; 18:36).
Durch ein fleißiges Studium des Wortes Gottes waren diese jungen Christen in der Lage, eine Entscheidung zu fällen. Niemand anders traf diese Entscheidung für sie. Jeder konnte sie allein, nämlich aufgrund seines eigenen biblisch geschulten Gewissens, treffen. Sie entschieden sich dafür, feindselige und kriegerische Handlungen gegen ihre Mitmenschen aus anderen Nationen zu unterlassen. Ja, sie glaubten an die berühmte Prophezeiung Jesajas, an deren Erfüllung sie einen Anteil haben wollten: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden müssen und ihre Speere zu Winzermessern. Nation wird nicht gegen Nation das Schwert erheben, auch werden sie den Krieg nicht mehr lernen“ (Jes. 2:4). Genau das taten jene jungen Männer, die aus allen Nationen stammten.
DIE FRÜCHTE EINER NEUTRALEN HALTUNG
Aus diesem Grund tötete in den folgenden stürmischen sechs Jahren nie ein Zeuge Jehovas seinen christlichen Bruder aus einer anderen Nation. Viele Protestanten fielen durch die Hand von Protestanten, und viele Katholiken fielen durch die Hand von Katholiken, aber niemals konnte irgendeine Person, die den Mann oder den Sohn verloren hatte, dessen Tod einem Zeugen Jehovas zur Last legen. Stell dir einmal vor, was die Folge gewesen wäre, wenn sich alle Katholiken, Protestanten und auch alle Juden in der ganzen Welt genauso verhalten hätten! Dann wäre es überhaupt nicht zum Krieg gekommen. Und hätte Papst Pius XII. den Katholiken Hitler exkommuniziert — was andere energisch forderten —, wieviel Blutvergießen und Leid wäre doch der Welt erspart geblieben! Das heißt, wenn es dadurch gelungen wäre, Hitler und die mitschuldigen Militärs aufzuhalten.
Der Zweite Weltkrieg nahm jedoch seinen Verlauf. Und welchen Tribut forderte dieser Krieg? In dem Werk The World Book Encyclopedia heißt es: „Der Zweite Weltkrieg forderte mehr Todesopfer, kostete mehr Geld, verursachte mehr Sachschaden, zog mehr Menschen in Mitleidenschaft und bewirkte wahrscheinlich tiefer gehende Veränderungen als irgendein anderer Krieg in der Geschichte. Mit ihm begann das Atomzeitalter, und er brachte weitreichende Änderungen in der Kriegführung mit sich.“ Ungefähr 16 Millionen Soldaten und zweieinhalbmal so viele Zivilpersonen kamen durch Kriegseinwirkungen ums Leben. Er „kostete mehr als 1 150 000 000 000 Dollar. Über 50 Länder nahmen am Krieg teil, und die ganze Welt verspürte seine Auswirkungen.“
In der Tat, es war ein Weltkrieg. Der Tod hielt furchtbare Ernte. Wie stand es aber mit denen, die sich die Ermahnung Jesu, „kein Teil der Welt“ zu sein, zu Herzen nahmen? In Wirklichkeit hatten sie es in mancher Hinsicht schwerer als die, die sich nach der Welt richteten. Mutig seinen Stand zu bewahren und der Stimme seines biblisch geschulten Gewissens zu folgen, wenn man der Beschimpfung und dem Gespött ausgesetzt ist oder wenn man in von Ungeziefer verseuchten Gefängniszellen ausharren muß oder wenn man gar vor einem Erschießungskommando steht oder das Schafott besteigt, ist etwas ganz anderes, als mitten in der Schlacht im Schützengraben Tapferkeit zu zeigen. Jene Christen, die sich im Zweiten Weltkrieg neutral verhielten, waren keine Pazifisten. Es waren Soldaten in geistigem Sinne, darin ausgebildet, „das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort“, wirkungsvoll zu gebrauchen (Eph. 6:17). Ihnen ging es darum, die Lauterkeit zu bewahren. Und oft besiegelten sie ihre Treue mit ihrem Blut. Sie scheuten nicht davor zurück, für eine gerechte Sache ihr Leben zu geben.
Dies bestätigte sich im Falle vieler junger Christen, deren Leben von Hitler und seinen Handlangern ausgelöscht wurde. Im Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974 wird berichtet: „Die zahlreichen Hinrichtungen, die während des Dritten Reiches vollstreckt wurden, nehmen einen besonderen Platz in der Geschichte der Verfolgung ein. Laut unvollständigen Berichten wurden mindestens 203 Brüder und Schwestern enthauptet oder erschossen. In dieser Zahl sind nicht diejenigen inbegriffen, die an Hunger, Krankheit oder brutaler Mißhandlung starben.“ Dies alles bestätigte die Worte Jesu: „Wenn ihr ein Teil der Welt wäret, so wäre der Welt das Ihrige lieb. Weil ihr nun kein Teil der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, deswegen haßt euch die Welt. ... Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh. 15:18-20).
Beachte nun die folgenden Berichte, die von einigen handeln, die ihre Lauterkeit bewahrten:
Kurz vor seiner Hinrichtung am 9. November 1940 schrieb ein junger Mann an seinen Vater: „Nun ist auch mir Gelegenheit gegeben, dem Herrn gegenüber die Treue zu beweisen, ja die Treue nicht nur bis an den Tod, sondern bis in den Tod. Schon jetzt ist das Todesurteil gegen mich ausgesprochen, ich liege Tag und Nacht in Fesseln — die Druckstellen [auf dem Papier] stammen von den Handschellen —, aber ich habe noch nicht bis aufs Blut widerstanden. Das Stehen wird einem Zeugen Jehovas nicht so leicht gemacht. ... Mein lieber Vater, im Geiste rufe ich Dir zu, bleibe auch Du treu, wie ich mich bemühe, treu zu sein, dann werden wir uns wiedersehen. Ich werde auch Deiner bis zuletzt gedenken. Dein Sohn Johannes. Auf Wiedersehen!“
Eine christliche Ehefrau beschrieb den Höhepunkt monatelanger bitterer Drangsal wie folgt: „Am 11. Oktober 1941 wurde mein Mann ... enthauptet. In seinem letzten Brief, den er nur wenige Stunden vor seiner Hinrichtung schreiben durfte, brachte er zum Ausdruck: ,Wenn Dich dieser Brief erreicht, meine geliebte Maria, und meine vier Kinder, Christa, Walter, Waltraud und Wolfgang, ist alles schon geschehen, und ich habe den Sieg errungen durch Jesus Christus und hoffe, ein Überwinder zu sein. Ich wünsche Euch von Herzen einen gesegneten Eingang in Jehovas Königreich. Bleibt getreu! Nebenan sitzen drei junge Brüder, die morgen früh denselben Weg gehen wie ich. Ihre Augen strahlen.‘“
Viele weitere Beispiele sind urkundlich belegt.
WAHRHAFTIG „KEIN TEIL DER WELT“
Welchen Standpunkt Jehovas Zeugen in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten einnahmen, beschrieb die polnische Soziologin Anna Pawelczynska in ihrem Buch Values and Violence in Auschwitz (Werte und Gewalttätigkeit in Auschwitz), das 1973 herauskam:
„Diese kleine Gruppe von Häftlingen bildete eine geschlossene ideologische Kraft, die in ihrem Kampf gegen den Nazismus den Sieg davontrug. Die deutsche Gruppe dieser Sekte war eine winzige Insel unbeugsamen Widerstandes inmitten einer terrorisierten Nation gewesen, und mit derselben Unerschrockenheit traten sie auch im Lager Auschwitz auf. Es gelang ihnen, die Achtung ihrer Mithäftlinge ..., der Funktionshäftlinge und sogar der SS-Offiziere zu gewinnen. Jeder wußte, daß kein Zeuge Jehovas einen Befehl ausführen würde, der seiner religiösen Überzeugung widersprach, noch irgendeine feindselige Handlung gegen jemand anders beginge, selbst dann nicht, wenn dieser Jemand ein Mörder und SS-Offizier war. Andererseits würde er jede andere Arbeit, selbst die verhaßteste, nach besten Kräften ausführen, wenn sie moralisch neutral für ihn war. Die politischen Häftlinge im Lager führten einen aktiven Kampf, indem sie den Widerstand organisierten und ums Überleben ihrer Mitinsassen kämpften. Die Zeugen Jehovas leisteten um ihres Glaubens willen — der mit Krieg und Gewalttätigkeit völlig unvereinbar war — passiven Widerstand“ (Kursivschrift von uns).
Doch nicht nur in Deutschland, sondern in allen kriegführenden Nationen stellten Jehovas Zeugen vereint das Gebot Gottes, den ‘Nächsten zu lieben’, über das, was die Welt von ihnen verlangte: den Mitmenschen zu hassen (Matth. 22:39; Apg. 5:29). Je nach dem Land, in dem sie lebten, wurden sie entweder mit monate- bzw. jahrelanger Haft oder sogar mit dem Tode bestraft. In einem Gefängnis sagte ein Mann, der eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verbüßte, zu einem Zeugen: „Ich ,sitze‘, weil ich einen Polizisten getötet habe, und du ,sitzt‘, weil du niemanden töten willst. Ist das nicht komisch?“ Ob es nun anderen „komisch“ erschien oder nicht, Jehovas Zeugen handelten stets in Übereinstimmung mit dem biblischen Erfordernis, „kein Teil der Welt“ zu sein, und nahmen an dem weltweiten Blutvergießen nicht teil.
FREI VON BLUTSCHULD BLEIBEN
In seiner berühmten Bergpredigt sagte der Führer der Zeugen Jehovas, Jesus Christus, unter anderem folgendes: „Glücklich sind die Friedsamen, da sie ,Söhne Gottes‘ genannt werden. ... Ihr habt gehört, daß zu denen, die in alten Zeiten lebten, gesagt wurde: ,Du sollst nicht morden; wer immer aber einen Mord begeht, wird dem Gerichtshof Rechenschaft geben müssen.‘ Doch ich sage euch, daß jeder, der seinem Bruder fortgesetzt zürnt, dem Gerichtshof Rechenschaft wird geben müssen; wer immer aber ein unaussprechliches Wort der Verachtung an seinen Bruder richtet, wird dem höchsten Gerichtshof Rechenschaft geben müssen, während jeder, der sagt: ,Du verächtlicher Tor!‘, der feurigen Gehenna verfallen sein wird.“ Die Gehenna steht bildlich für die ewige Vernichtung, denn später sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Werdet nicht furchtsam vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als Leib in der Gehenna vernichten kann“ (Matth. 5:9, 21, 22; 10:28). Deshalb haben Jehovas Zeugen immer danach getrachtet, sich in einer konfusen Welt friedsam zu verhalten. Sie haben es sogar stets vermieden, auch nur durch zornige oder verletzende Worte eine mörderische Gesinnung zu offenbaren.
Daher haben sie auf geistigem Gebiet Krieg geführt, was sich mit der Friedsamkeit vereinbaren läßt. Der Apostel Paulus schrieb nämlich an seine Mitchristen im 1. Jahrhundert: „Denn die Waffen unserer Kriegführung sind nicht fleischlich, sondern machtvoll durch Gott, um starke Verschanzungen umzustoßen. Denn wir stoßen Vernunftschlüsse und jede Höhe um, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt; und wir nehmen jeden Gedanken gefangen, um ihn dem Christus gehorsam zu machen“ (2. Kor. 10:4, 5). Auf diese Weise sind Jehovas Zeugen frei von Blutschuld geblieben.
Blutschuld trug schon zum Untergang des Volkes Israel bei, und in dieser Verbindung ist es interessant, die Handlungsweise des Königs Manasse zu betrachten. Von ihm heißt es: „Und er fuhr fort, dem ganzen Heer der Himmel in zwei Vorhöfen des Hauses Jehovas Altäre zu bauen. Und er selbst ließ seine eigenen Söhne im Tal des Sohnes Hinnoms [als Menschenopfer] durch das Feuer gehen und trieb Magie und benutzte Wahrsagerei und trieb Zauberei und machte Leute zu spiritistischen Medien und berufsmäßigen Vorhersagern von Ereignissen. Er tat in großem Maße, was böse war in den Augen Jehovas, um ihn zu kränken“ (2. Chron. 33:5, 6). Im Laufe seiner 55jährigen Regierungszeit bereute Manasse später seine schlechte Handlungsweise und ergriff Maßnahmen, um mit dem Götzendienst in Jerusalem aufzuräumen. Die Blutschuld blieb aber bestehen, denn „Manasse [hatte] ... auch unschuldiges Blut in sehr großer Menge [vergossen], bis er Jerusalem von einem Ende bis zum anderen damit angefüllt hatte“ (2. Kö. 21:16). Dieses Blut war eigenmächtig vergossen worden, nicht in einem gerechten, von Jehova gebotenen Krieg.
Die Blutschuld, die König Manasse verursacht hatte, wurde durch seinen Tod nicht getilgt. Sie blieb als Makel auf Israel lasten. Der Gerechtigkeit war noch nicht Genüge geschehen, so daß die Blutschuld getilgt worden wäre. Jehova sandte deshalb Nebukadnezar, den König von Babylon, als Urteilsvollstrecker nach Jerusalem. „Fürwahr, nach dem Befehle Jehovas geschah dieses wider Juda, um es vor seinem Angesicht hinwegzutun, wegen der Sünden Manasses, nach allem, was er getan hatte; und auch wegen des unschuldigen Blutes, das er vergossen, da er Jerusalem mit unschuldigem Blute erfüllt hatte. Und Jehova wollte nicht vergeben“ (2. Kö. 24:1-4, Elberfelder Bibel).
Das neuzeitliche Gegenstück des untreuen Jerusalem ist die Christenheit, in deren Bereich die zwei blutigen Weltkriege unseres Jahrhunderts ausbrachen. Somit hat auch die Christenheit zahllose ‘Söhne und Töchter’ dem Kriegsgott geopfert (Jer. 7:31). Welch eine Blutschuld lastet doch auf ihr, wenn man an die vielen Millionen Toten denkt! Wenn schon die Blutschuld des Manasse keine Vergebung finden konnte, wieviel weniger dann die Blutschuld der Christenheit! Religiöse Organisationen, die die Anwendung von Gewalt in den beiden Weltkriegen und in anderen Kriegen dieses Jahrhunderts unterstützt haben, sind an dieser Blutschuld beteiligt. Die Christenheit macht einen bedeutenden Teil „Babylons der Großen“ aus, des Weltreiches der falschen Religion, das nach der Beschreibung des Apostels Johannes „trunken war vom Blute der Heiligen und vom Blute der Zeugen Jesu“. Es ist daher kein Wunder, daß die „Stimme aus dem Himmel“ gerechtigkeitsliebenden Menschen zuruft: „Geht aus ihr [Babylon] hinaus, mein Volk, wenn ihr nicht mit ihr teilhaben wollt an ihren Sünden und wenn ihr nicht einen Teil ihrer Plagen empfangen wollt. Denn ihre Sünden haben sich aufgehäuft bis zum Himmel, und Gott hat ihrer Taten der Ungerechtigkeit gedacht“ (Offb. 17:5, 6; 18:4, 5).
Wenn auch die Christenheit wegen ihres Götzendienstes und wegen der Blutschuld, die sie auf sich geladen hat, für die Vernichtung bestimmt ist, konnten doch Hunderttausende aufrichtige Personen aus diesem System herauskommen; sie haben ihre frühere Verbindung zur Christenheit bereut und in den Augen Gottes und des Lammes, Christus Jesus, Reinheit erlangt (Offb. 7:9, 10). Zu ihnen gehören viele Tausende, die in den Weltkriegen und anderen Konflikten unseres Jahrhunderts als Soldaten kämpften. Diese reumütigen Personen können dessen gewiß sein, daß Gott ihnen ihre frühere Handlungsweise vergeben hat (1. Joh. 1:9, 10; Jes. 1:18). Sein Segen wird sie begleiten, wenn sie sich heute als Jünger des „Friedefürsten“ erweisen, der anläßlich seiner eigenen Verhaftung und des Prozesses, den man ihm machte, erklärte: „Mein Königreich ist kein Teil dieser Welt. Wäre mein Königreich ein Teil dieser Welt, so hätten meine Diener gekämpft“ (Joh. 18:36; Jes. 9:6, 7). Folglich dürfen auch sie „kein Teil“ dieser mit Blutschuld beladenen Welt sein. Sie müssen unter dem Schutz Christi bleiben. (Vergleiche 4. Mose 35:11, 32.)
NEUTRALITÄT — EIN SCHUTZ
Viele christliche Zeugen Jehovas im nationalsozialistischen Deutschland und in anderen Ländern verloren ihr Leben, weil sie ihre Neutralität bewahrten. Angesichts des Todes fanden sie Trost in den Worten Jesu: „Werdet nicht furchtsam vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als Leib in der Gehenna [dem ewigen Tod] vernichten kann“ (Matth. 10:28). Ihre Auferstehung ist sicher (1. Kor. 15:22, 23; Hebr. 11:35). Für andere hat sich eine neutrale Haltung als ein Schutz erwiesen, oft sogar unter ungewöhnlichen Umständen.
Nehmen wir zum Beispiel Jehovas Zeugen in Afrika. Sie sind sehr gastfreundlich; für irgendeinen Fremden, der vorbeikommt, halten sie immer etwas zu essen bereit. Ihre Gastfreundschaft hört aber auf, wenn es darum geht, in irgendeiner Parteiorganisation oder zu deren Gunsten zu arbeiten. So geschah es, daß in einem Dorf Guerillas eine Zusammenkunft einberiefen, in der die Dorfbewohner politischen Unterricht erhalten sollten. Die neutralen Zeugen weigerten sich, daran teilzunehmen. Während der Zusammenkunft drangen gegnerische Soldaten ins Dorf ein und mähten 105 der Anwesenden mit dem Maschinengewehr nieder; die Zeugen hingegen blieben am Leben, weil sie der Veranstaltung ferngeblieben waren. Als die Feindseligkeiten an Schärfe zunahmen, wurde die Lage der Zeugen immer schwieriger, doch stets bewiesen sie, daß sie „kein Teil der Welt“ waren.
Im herannahenden Krieg von Har-Magedon, dem „Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen“, wird die neutrale Stellung des Volkes Jehovas wiederum zu seiner Rettung ausschlagen (Offb. 16:14, 16). Da es „kein Teil der Welt“ ist, wird es von ihrer Blutschuld frei sein. Andererseits wird Gott an der mit Blutschuld beladenen Christenheit (ja sogar an der ganzen Welt) das gleiche Strafgericht vollstrecken, das über das Jerusalem der alten Zeit hereinbrach und von Hesekiel mit folgenden Worten prophezeit worden war: „Dies ist, was der [Souveräne] Herr Jehova gesprochen hat: ,O Stadt, die in ihrer Mitte Blut vergießt, bis ihre Zeit kommt, und die bei sich mistige Götzen gemacht hat zur Verunreinigung, durch dein Blut, das du vergossen hast, hast du dich verschuldet, und durch deine mistigen Götzen, die du gemacht hast, bist du unrein geworden. ... siehe! Ich habe mit meiner Hand ... über deine Taten des Blutvergießens [geschlagen], die sich in deiner Mitte vorgefunden haben. ... und ich will deine Unreinheit aus dir vernichten. Und ... du wirst erkennen müssen, daß ich Jehova bin‘“ (Hes. 22:3, 4, 13-16).
„Der große Tag Jehovas ist nahe“ (Zeph. 1:14). Sehr bald wird über die ganze mit Blutschuld beladene Welt die Vernichtung hereinbrechen. An alle Furchtlosen aber, die „kein Teil der Welt“ sind, läßt Jehova Gott die Einladung ergehen: „Geh, mein Volk, tritt ein in deine inneren Gemächer, und schließe deine Türen hinter dir zu. Verbirg dich für nur einen Augenblick, bis die Strafankündigung vorübergeht. Denn siehe! Jehova kommt hervor aus seiner Stätte, um das Vergehen des Bewohners der Erde wider ihn zur Rechenschaft zu ziehen, und die Erde wird gewißlich ihr Blutvergießen enthüllen und wird nicht mehr ihre Getöteten zudecken“ (Jes. 26:20, 21). Nachdem Jehova mit der Welt, die mit Blutschuld beladen ist, abgerechnet hat, wird sein rein gebliebenes Volk aus seinem auf wunderbare Weise geschaffenen Versteck hervorkommen. Es wird sich dann ewigen Friedens auf einer Erde erfreuen können, die nie wieder mit Blut, das in Kriegen und anderen Auseinandersetzungen vergossen wurde, befleckt sein wird (Ps. 46:8, 9). Dann werden alle, die „kein Teil der Welt“ waren, immerdar in Gottes neuer Ordnung leben können, indem sie seinen Willen tun (1. Joh. 2:17). Sie haben ihren Beitrag zur Geschichte neutraler Christen geleistet, die in einer konfusen Welt frei von Blutschuld geblieben sind.