Fragen von Lesern
Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage geraten immer mehr Einzelpersonen und Betriebe in Zahlungsschwierigkeiten. Wie ist es gemäß der Bibel zu betrachten, wenn ein Christ Konkurs anmeldet?
Die Antwort auf diese Frage veranschaulicht vorzüglich, wie uns Gottes Wort praktische Anleitung in Angelegenheiten gibt, die eigentlich ein Produkt der Neuzeit sind. In vielen Ländern gibt es Gesetze zur Regelung von Konkursen. Diese Gesetze sind von Land zu Land verschieden, und es ist nicht Sache der Christenversammlung, dazu rechtlichen Rat zu geben. Doch verschaffen wir uns einmal einen Überblick über die gesetzlichen Regelungen des Konkurses.
Der Gesetzgeber gestattet in verschiedenen Ländern Einzelpersonen und Betrieben, die Geld verleihen oder Kredit geben (den Gläubigern), Konkurs gegen Personen oder Betriebe anzumelden, die sich Geld leihen oder Schulden machen (die Schuldner) und ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. Den Gläubigern wird dadurch ein gewisses Maß an Schutz gewährt. Gläubiger mögen es als einzige Möglichkeit erachten, sich an die Gerichte zu wenden, um eine Bankrotterklärung des Schuldners zu erwirken, damit dessen Vermögen zur anteilmäßigen Begleichung der Schulden herangezogen werden kann.
Bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ist es in einigen Ländern, wie zum Beispiel Deutschland, die Pflicht des Schuldners, Konkurs anzumelden, woraufhin sein Vermögen größtenteils unter seinen Gläubigern aufgeteilt wird. Das Gesetz gestattet dem Schuldner möglicherweise, seine Wohnung oder ein Minimum an Vermögenswerten zu behalten.
Es ist offensichtlich, daß diese gesetzlichen Regelungen beiden Seiten bei finanziellen oder geschäftlichen Transaktionen ein gewisses Maß an Schutz bieten sollen. Betrachten wir jedoch einmal, welchen nützlichen Rat die Bibel enthält.
Jemandem, der die Bibel vollständig durchliest, wird kaum entgehen, daß sie nicht dazu ermuntert, Schulden zu machen. Man findet im Gegenteil Warnungen, wie zum Beispiel in Sprüche 22:7: „Der Reiche ist der, der über die Minderbemittelten herrscht, und wer borgt, ist ein Knecht des Leihenden.“
Denken wir auch an das Gleichnis Jesu in Matthäus 18:23-34, das von einem Sklaven handelt, der immense Schulden hatte. „Sein Herr [befahl], daß er und seine Frau und seine Kinder und alle seine Habe verkauft werden ... sollte“, doch dann ließ sich der Herr, ein König, erweichen und zeigte Barmherzigkeit. Da sich jener Sklave jedoch später als unbarmherzig erwies, befahl der König, ihn ‘den Gefängniswärtern zu überliefern, bis er alles, was er schuldete, zurückzahle’. Am besten und empfehlenswertesten ist es somit, sich kein Geld zu leihen.
Gottes Diener im alten Israel machten Geschäfte, und es kam vor, daß Dinge geliehen und verliehen wurden. Welche Anweisungen gab Jehova ihnen? Wenn sich jemand Geld leihen wollte, um ein Geschäft zu gründen oder zu vergrößern, war es für einen Hebräer rechtmäßig und üblich, Zinsen zu verlangen. Gott forderte die Israeliten jedoch auf, selbstlos zu sein, wenn sie einem bedürftigen Angehörigen ihres Volkes etwas liehen; sie durften aus einer Notlage kein Kapital schlagen, indem sie Zinsen verlangten (2. Mose 22:25). In 5. Mose 15:7, 8 heißt es: ‘Falls unter dir einer von deinen Brüdern arm wird, solltest du freigebig deine Hand für ihn öffnen und ihm auf jeden Fall auf Pfand leihen, so viel, wie er von dem benötigt, an dem er Mangel hat.’
Eine ähnliche Güte oder Rücksichtnahme zeigte sich in den Bestimmungen, die festlegten, daß Gläubiger einem Schuldner nicht das Lebensnotwendige wegnehmen durften, zum Beispiel den Mühlstein einer Familie oder ein Kleidungsstück, das die Person nachts warm hielt (5. Mose 24:6, 10-13; Hesekiel 18:5-9).
Natürlich entsprachen nicht alle Juden dem Geist dieser liebevollen Gesetze ihres großen Richters und Satzungsgebers (Jesaja 33:22). Einige habgierige Juden behandelten ihre Brüder sehr hart. Auch heute mögen manche Gläubiger hart und unvernünftig in ihren Forderungen sein, selbst gegenüber einem ehrlichen Christen, der aufgrund eines unvorhergesehenen Geschehens im Augenblick zahlungsunfähig ist (Prediger 9:11). In einigen Fällen werden sich die Gläubiger nur mit dem gesetzlichen Schritt eines Konkursverfahrens zufriedengeben. Durch ihre unnachgiebigen Forderungen könnten die Gläubiger einen Schuldner derart unter Druck setzen, daß er gezwungen ist, Konkurs anzumelden.
Man sollte allerdings auch die andere Seite nicht vergessen. Ein Christ könnte sich verschulden, weil er beim Geldausgeben einfach keine Selbstbeherrschung übt oder weil er bei seinen geschäftlichen Entscheidungen nicht in vernünftiger Weise vorausblickt. Dürfen ihm die Schulden gleichgültig sein, und darf er mit Hilfe eines Konkursverfahrens eine Lösung suchen und so andere durch sein schlechtes Urteilsvermögen schädigen? Die Bibel billigt solche Verantwortungslosigkeit auf finanziellem Gebiet nicht. Sie gibt einem Diener Gottes deutlich zu verstehen, daß sein Ja auch ja bedeuten soll (Matthäus 5:37). Man denke außerdem an Jesu Äußerung, die Kosten zu berechnen, bevor man mit dem Bau eines Turms beginnt (Lukas 14:28-30). In Übereinstimmung damit sollte ein Christ ernsthaft mögliche unerwünschte Folgen in Betracht ziehen, bevor er sich verschuldet. Falls er Schulden macht, muß er sich seiner Verantwortung bewußt sein, den Personen oder Einrichtungen das Geld, das er ihnen schuldet, zurückzuzahlen. Sollte ein Christ von vielen als verantwortungslos oder nicht vertrauenswürdig betrachtet werden, hat er möglicherweise den guten Ruf, um den er sich bemühte, befleckt und kein vortreffliches Zeugnis von Außenstehenden mehr (1. Timotheus 3:2, 7).
Denken wir daran, was für Menschen Jehova gemäß Psalm 15:4 willkommen heißt: „Er [derjenige, den Jehova anerkennt] hat zu dem, was für ihn selbst schlecht ist, geschworen, und doch ändert er es nicht.“ Ja, Gott erwartet von Christen, daß sie ihre Gläubiger so behandeln, wie sie selbst behandelt werden möchten (Matthäus 7:12).
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Bibel einen Christen, der Konkurs anmeldet, nicht unbedingt verurteilt, sondern es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Christen sollten sich jedoch durch ihre Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit auszeichnen. Sie sollten somit vorbildlich sein und den aufrichtigen Wunsch haben, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.