ESAR-HADDON
(Ẹsar-Hạddon) [aus dem Assyrischen „Assur gibt einen Bruder“].
Ein jüngerer Sohn und der Nachfolger Sanheribs, des Königs von Assyrien. In einer seiner Inschriften bestätigt Esar-Haddon den Bibelbericht über den Tod seines Vaters (Jes 37:37, 38) mit den Worten: „Ein [un]getreues [Tracht]en ... bemächtigte sich meiner Brüder, sodass sie die Götter verließen und auf ungeheuerliche Taten[,] ... auf Böses sannen ... Um auszuüben die Königsherrschaft, töteten sie [Sanherib (ihren Vater)]“ (Altorientalische Texte zum Alten Testament, herausgegeben von H. Greßmann, Berlin und Leipzig 1926, S. 355).
Nach Esar-Haddons eigener Aussage war er schon vor dem Tod seines Vaters als rechtmäßiger Erbe erwählt worden, und allem Anschein nach diente er als Vizekönig in Babylon, bevor er König von Assyrien wurde. Er berichtet, dass er nach der Ermordung seines Vaters den Mördern bis nach Armenien (das „Land Ararat“ [2Kö 19:37]) nachgejagt sei und sie geschlagen habe. Seine offizielle Regierungszeit soll 12 Jahre gedauert haben.
Kurz nach Beginn seiner Herrschaft begann Esar-Haddon mit dem Wiederaufbau Babylons, das Sanherib zerstört hatte. Der Tempel von Esagila wurde wiederhergestellt, und über die Stadt selbst sagt Esar-Haddon: „Babel, die kidinnu-Stadt, ... liess ich vom Fundamente bis zur Zinne neu bauen, und machte sie grösser, höher und herrlicher (als zuvor)“ (R. Borger, Die Inschriften Asarhaddons, in Archiv für Orientforschung, Beiheft 9, Graz 1956, S. 21).
Seine Annalen berichten von den Feldzügen gegen die Gimirru oder Kimmerier, die man für die Nachkommen Gomers hält. (Vgl. 1Mo 10:2; Hes 38:6.) Er eroberte auch die Stadt Sidon und erbaute in der Nähe eine neue Stadt, die er Kar-Assurahi-iddin (Kar-Esar-Haddon) nannte. In einer seiner Inschriften zählt er etwa 20 Vasallenkönige auf, darunter auch Manasse von Juda (Minasi, König von Jahudi).
Nach dem Bericht in 2. Chronika 33:10-13 wurde Manasse von den „Heerobersten, die dem König von Assyrien gehörten“, gefangen genommen und „nach Babylon“ gebracht. In der Vergangenheit dachten einige, dieser Hinweis auf Babylon sei ein Irrtum; sie nahmen an, Manasse sei nach Ninive gebracht worden. Wie bereits erwähnt, baute aber Esar-Haddon, der gemäß seinen Inschriften ein Zeitgenosse Manasses war, Babylon wieder auf, und er soll „an der Verschönerung Ninives, seiner Hauptstadt, weit weniger interessiert gewesen sein als irgendein anderer assyrischer König“ (The Interpreter’s Dictionary of the Bible, herausgegeben von G. A. Buttrick, 1962, Bd. 2, S. 125). Wenn Manasse während der Herrschaft Esar-Haddons gefangen genommen wurde, war es durchaus möglich, dass er nach Babylon gebracht wurde, von dessen Wiederaufbau Esar-Haddon so prahlerisch redete. Hierzu sei jedoch noch bemerkt, dass auch Esar-Haddons Sohn Assurbanipal Manasse erwähnt, und zwar soll dieser ihm während seiner Herrschaft tributpflichtig gewesen sein.
Die „fünfundsechzig Jahre“. Zu der Zeit, als der Tempel in Jerusalem wieder aufgebaut wurde, sprachen einige nichtisraelitische Bewohner des Landes davon, dass sie von „Esar-Haddon, dem König von Assyrien“, nach Samaria gebracht worden seien (Esr 4:2). Demnach verfolgten die Assyrer ihre Umsiedlungspolitik noch während der Herrschaft Esar-Haddons, was einige als Anhaltspunkt zum Verständnis der in Jesaja 7:8 erwähnten Zeitspanne von „fünfundsechzig Jahren“ betrachten, innerhalb deren Ephraim (samt seiner Hauptstadt Samaria) verwüstet werden sollte. In den zwischen der Herrschaft Tiglath-Pilesers III. (der kurz nach Jesajas Prophezeiung mit der Deportation von Bewohnern des Nordreiches Israel begann) und der Herrschaft Esar-Haddons liegenden Zeitraum könnte ohne Weiteres eine Zeitspanne von 65 Jahren fallen, an deren Ende Ephraim vollständig ‘zerschmettert sein sollte, sodass es kein Volk sei’.
Eroberung Ägyptens. Esar-Haddons hervorragendste militärische Leistung war die Eroberung Ägyptens durch den Sieg über das ägyptische Heer unter dem äthiopischen Herrscher Tirhaka (in 2Kö 19:9 „König von Äthiopien“ genannt) und die Einnahme der Stadt Memphis. Esar-Haddon fügte daraufhin seinen vielen Titeln den Titel „König der Könige von Ägypten“ hinzu.
Obwohl Esar-Haddon Ägypten in Bezirke aufteilte, über deren Fürsten er assyrische Statthalter einsetzte, brach schon nach wenigen Jahren ein Aufstand aus. Der assyrische König unternahm einen weiteren Feldzug, um diesen Aufstand niederzuschlagen, starb aber unterwegs in Haran. In einer seiner Inschriften hatte Esar-Haddon gesagt: „Ich bin mächtig, obmächtig, ein Held, herrlich, kräftig, geehrt, gewaltig“ (Archiv für Orientforschung, Beiheft 9, S. 98). Es zeigte sich indes, dass er wie alle übrigen Menschen der Herrschaft der Sünde und des Todes unterworfen war, die nun von ihm ihren Tribut forderten. (Vgl. Ps 146:3, 4; Pr 9:4; Rö 5:21.)
Esar-Haddon hatte schon vor seinem Tod dafür gesorgt, dass sich die Thronfolge reibungslos abwickeln sollte, indem er seinen Sohn Assurbanipal zum Kronprinzen erklärte und Schamasch-Schum-Ukin, einen anderen Sohn, als König von Babylon einsetzte. Demzufolge wurde nach Esar-Haddons Tod Assurbanipal Assyriens nächster Herrscher.