Fragen von Lesern
● Wie läßt sich Apostelgeschichte 7:16, wo von Abraham gesagt wird, er habe eine Begräbnisstätte in Sichem gekauft, mit 1. Mose 23:15-19 in Übereinstimmung bringen?
Zwischen Apostelgeschichte 7:16, wo es heißt, Abraham habe eine Begräbnisstätte in Sichem gekauft, und 1. Mose 23:15-19, wo berichtet wird, daß er ein derartiges Grundstück in Machpela, in der Nähe von Hebron, gekauft habe, besteht scheinbar ein Widerspruch. Es gibt dafür mehrere mögliche Erklärungen. Berücksichtigen wir zunächst jedoch einige Einzelheiten.
Kurz nachdem Abraham das Verheißene Land betreten hatte (1943 v. u. Z.), hielt er sich eine Zeitlang in Sichem auf, das in dem nördlichen Gebiet liegt, wo später Samaria erbaut wurde (1. Mose 12:6-8). Als Abrahams Frau Sara starb (1881 v. u. Z.), kaufte er das Feld und die Höhle von Machpela, das in der Nähe von Hebron, südlich von Jerusalem, lag, als Begräbnisstätte. „Danach begrub Abraham seine Frau Sara in der Höhle des Feldes Machpela vor Mamre, das heißt Hebron, im Lande Kanaan“ (1. Mose 23:15-19). Auch Abraham, Isaak, Rebekka und Lea wurden später dort begraben (1. Mose 25:9; 49:29-32).
Abrahams Enkel Jakob wohnte ebenfalls eine Zeitlang in der Nähe von Sichem, und er erwarb sich dort Land und baute einen Altar (1. Mose 33:18-20). Auf dem Sterbebett befahl Jakob seinen Söhnen nicht, daß sie ihn in Sichem begraben sollten, sondern bei seinen Vätern auf dem Stück Land, das Abraham in der Nähe von Hebron gekauft hatte (1. Mose 49:29-32; 50:12, 13). In Josua 24:32 ist von einem Begräbnis in Sichem die Rede, und zwar begruben die Israeliten nach Betreten des Verheißenen Landes die Gebeine Josephs „in Sichem auf dem Feldstück, das Jakob . . . erworben hatte“ und das im Gebiet Manasses, des Sohnes Josephs, lag.
Mit diesen Gedanken im Sinn wenden wir uns nun Apostelgeschichte 7:15, 16 zu. Der christliche Jünger Stephanus erklärte in seiner meisterhaften Verteidigung: „Jakob zog nach Ägypten hinab. Und er starb und ebenso unsere Vorväter, und sie [die „Vorväter“] wurden nach Sichem überführt und wurden in die Gruft gelegt, die Abraham um einen Preis von den Söhnen Chamors in Sichem mit Silbergeld gekauft hatte.“ Man könnte somit annehmen, Stephanus habe gesagt, Abraham, nicht Jakob, habe das Land in Sichem gekauft. In 1. Mose 23:17, 18 heißt es jedoch, daß Abraham eine Begräbnisstätte in Machpela, in der Nähe von Hebron, erworben hatte.
Einige Gelehrte vertreten die Ansicht, daß Abraham außer dem Stück Land in Hebron auch das Land in Sichem gekauft haben könnte, wo Jehova ihm erschienen war und wo er daraufhin einen Altar gebaut hatte (1. Mose 12:7). Wenn das zutrifft, dann könnte es sich um dasselbe Land gehandelt haben, das Jakob gemäß 1. Mose 33:18, 19 von denjenigen kaufte, die es zu seiner Zeit im Besitz hatten. Diese Ansicht würde den scheinbaren Widerspruch in Verbindung mit Apostelgeschichte 7:16 klären.
Ein anderer Standpunkt ist der, daß Stephanus einfach zwei Berichte zusammenfaßte, nämlich den in 1. Mose 23:15-19 enthaltenen Bericht über Abrahams Transaktion und den in 1. Mose 33:18, 19 erwähnten Bericht über Jakobs Kauf. Der Umstand, daß Stephanus gemäß Apostelgeschichte 7:7 Worte, die Gott zu Abraham sprach, und eine Äußerung, die er gegenüber Moses machte, offensichtlich zu einer Aussage verband, spricht für diese Möglichkeit (1. Mose 15:14; 2. Mose 3:12). Die Worte in Apostelgeschichte 7:16 können wie Apostelgeschichte 7:7 lediglich eine zusammengefaßte oder unvollständige Aussage sein, die für den Zweck, den Stephanus verfolgte, ausreichte.
Wir können aber noch eine weitere mögliche Lösung in Betracht ziehen. Abraham war Jakobs Großvater. Wenn es daher auch in 1. Mose 33:18, 19 heißt, Jakob habe das Land in Sichem gekauft, so könnte doch Stephanus Abraham, dem Patriarchen, den Kauf zugeschrieben haben. Weitere in der Bibel erwähnte Beispiele, bei denen die Namen der Vorväter auf die Nachkommen angewandt oder für sie gebraucht wurden, lassen dies als möglich erscheinen (Hos. 11:1, 3, 12; Matth. 2:15-18).
Jede dieser Möglichkeiten könnte die Lösung für den scheinbaren Widerspruch zwischen Apostelgeschichte 7:16 und 1. Mose 23:15-19 sein. Daß es mehrere plausible Erklärungen gibt, zeigt, wie unvernünftig es wäre, heute ohne Kenntnis aller Tatsachen zu schlußfolgern, Stephanus habe sich geirrt.