Die theokratische Organisation inmitten der Demokratien und des Kommunismus
„Der Gott [„theos“, griechisch] aller unverdienten Güte, der euch zu seiner ewigen Herrlichkeit in Gemeinschaft mit Christus berufen hat, [wird] eure Schulung selbst beenden, er wird euch befestigen, er wird euch stärken. Ihm sei die Macht [„kratos“, griechisch] immerdar.“ — 1. Petr. 5:10, 11.
1, 2. (a) Ist das Wort Theokratie für die heutige Zeit ein neues Wort? (b) Wer prägte dieses Wort, und wie erklärte er es?
FÜR viele unserer Leser mag das Wort Theokratie neu sein, aber es ist schon mindestens neunzehnhundert Jahre alt. Ja, es kam im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung auf und war damals wahrscheinlich ein fremdes Wort.
2 Dieses Wort wurde von Flavius Josephus, einem Geschichtsschreiber aus Jerusalem, geprägt. Als Entgegnung auf gewisse Anklagen, die gegen sein Volk erhoben worden waren, schrieb Josephus sein zweibändiges Werk, betitelt „Gegen Apion“. Im zweiten Buch, im 15. Absatz sagt er von Moses: „Unser Gesetzgeber übertrifft alle“ und erwähnt dann im Absatz 17 im Verlauf seiner in Griechisch abgefaßten Darlegungen dieses neue Wort: „Unendlich sind im Einzelnen die Verschiedenheiten in Sitten und Gesetzen im Menschengeschlecht: hier hat man die Regierung der Staaten Monarchen, dort wenigen mächtigen Familien, anderwärts den Massen in die Hand gegeben. Unser Gesetzgeber dagegen hat auf keinen solchen Vorgang hingeblickt, sondern den Staat, wie man mit einem etwas erzwungenen Worte sagen könnte, zu einer Gottherrschaft (Theokratie [theokratia, griechisch]) gemacht, indem er Gott die Gewalt und Herrschaft anheimgab und das Volk bewog, auf ihn als den Urheber alles des Guten, das die Menschen in ihrem Gemein- und im Privatleben genießen und das ihnen selbst auf ihr Gebet in der Drangsal widerfuhr, hinzuschauen: denn seinem Wissen könne nichts was sie thun und nichts was Einer auch nur bei sich denke, entgehen. Ihn selbst beschrieb er als ungeworden und in alle Ewigkeit unveränderlich, als unendlich schöner denn jede vergängliche Gestalt, als uns erkennbar durch sein Machtwirken, wiewohl er seinem Wesen nach uns unerkennbar bleibe.“a
3, 4. (a) Auf welche Regierung wandte Josephus den Ausdruck Theokratie an? (b) Worauf ist dieser Ausdruck in unserem zwanzigsten Jahrhundert im Wachtturm angewandt worden, und mit welchen Worten?
3 Das Wort Theokratie wurde also geprägt, um damit eine „Gottesherrschaft“ zu bezeichnen, eine Regierung, deren Herrscher Gott, der Höchste, ist, im Gegensatz zu einer Regierung, bei der die unumschränkte Gewalt in der Hand eines einzelnen Menschen liegt (Autokratie), zu einer „Volksherrschaft“ (Demokratie), zu einer Herrschaft des Reichtums (Plutokratie) und zu einer Beamtenherrschaft (Bürokratie). Der Geschichtsschreiber Josephus wandte den Ausdruck Theokratie auf die Herrschaft an, die der Gesetzgeber Moses im Auftrage Gottes — der ihm gesagt hatte, sein Name sei Jehova (oder Jahwe) — eingeführt hatte. In unserem 20. Jahrhundert, in dem die Zahl der Demokratien ständig zunimmt und der Kommunismus in vielen Ländern gewaltsam an die Macht gekommen ist, ist der Ausdruck Theokratie jedoch in Verbindung mit der wahren christlichen Kirche oder der wahren Christenversammlung gebraucht worden. Demnach ist die Christenversammlung eine theokratische Organisation, die von Jehova Gott, dem großen Theokraten, geleitet wird. Diese Tatsache wurde vom Wachtturm völlig anerkannt, denn in seiner Ausgabe vom 1. Juli 1938, Seite 195, Absatz 1 hieß es:
4 „Jehovas Organisation ist in keiner Weise demokratisch. Jehova ist der Höchste, und seine Herrschaft oder Organisation ist streng theokratisch. Dieser Schlußfolgerung kann nicht erfolgreich widersprochen werden.“
5. Was müssen wir zu der Frage, ob die von den Israelis in Jerusalem errichtete Regierung theokratisch ist oder nicht, sagen, obwohl Josephus damals den Ausdruck Theokratie auf die Organisation der jüdischen Nation anwandte?
5 Der Geschichtsschreiber Josephus erlebte die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahre 70 u. Z. Er wandte den Ausdruck Theokratie auf die nationale jüdische Organisation an, die vor dieser furchtbaren Katastrophe bestanden hatte. Seit dem Sechs-Tage-Krieg im Jahre 1967 befindet sich die ganze Stadt, die heute als Jerusalem bekannt ist, in den Händen der Juden, und sie haben sie zu ihrer Hauptstadt gemacht. Können wir aber die Regierung, die die Juden in ihrer ursprünglichen Heimat errichtet haben, als Nachfolgeregierung der Theokratie betrachten, die durch Moses im Jahre 1513 v. u. Z. errichtet worden war? Ist die Staatsregierung, die heute ihren Sitz in ihrer Hauptstadt, im alten Jerusalem, hat, überhaupt eine Theokratie? Wie könnte ein Staat theokratisch sein, wenn er als „Republik“ bezeichnet wird, wenn er einen auf demokratische Weise gewählten Präsidenten hat und seit 1949 Mitglied der Vereinten Nationen ist, der nichtjüdischen Organisation für Weltfrieden und internationale Sicherheit? Nicht einmal der Präsident der Republik Israel und die Mitglieder des Parlaments, der Knesset, erheben den Anspruch, daß ihre Regierung eine Theokratie, eine theokratische Organisation, sei. Unter den israelischen Politikern herrschen große Meinungsverschiedenheiten über die Frage, ob man sich streng an das Gesetz Mose halten sollte oder nicht. Was ist geschehen? Folgendes:
6. Als was hörte die jüdische Nation im ersten Jahrhundert u. Z. zu existieren auf, und welche Forderung, die an den römischen Statthalter gestellt wurde, beweist dies?
6 Im ersten Jahrhundert u. Z., ja schon vor der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70, hörte die jüdische Nation auf, eine theokratische Organisation zu sein. Von Geschichtsschreibern aufgezeichnete Ereignisse weisen auf diese ernste Tatsache hin. Als sich am Passahtag des Jahres 33 eine wogende Menschenmenge vor dem römischen Statthalter, Pontius Pilatus, versammelte und verlangte, daß ihr Barabbas, ein Verbrecher, freigegeben werde statt des Mannes, den Pilatus selbst als unschuldig freilassen wollte, was schrie da jene Menge in Jerusalem? Sie schrie: „Wenn du diesen Mann freiläßt, bist du kein Freund Cäsars. Jeder, der sich selbst zu einem König macht, redet wider Cäsar ... Wir haben keinen König außer Cäsar.“ (Joh. 19:12-15, NW, engl. revidierte Ausgabe) Diese Forderung stand in schockierendem Gegensatz zu dem, was ihr Prophet Jesaja vor alters gesagt hatte: „Jehova ist unser Richter, Jehova ist unser Satzungsgeber, Jehova ist unser König.“ — Jes. 33:22, NW.
7, 8. Wer führte einige Zeit später bei einer Verhandlung im Saal des Sanhedrins den Vorsitz, und was antworteten die Männer, die verhört wurden, auf seine Anschuldigung?
7 Mindestens zwei Monate später spielte sich eine andere Szene in demselben Jerusalem ab. Dies geschah im Saal des Landesgerichts, des sogenannten Sanhedrins, der aus einundsiebzig Mitgliedern bestand. Der Hohepriester führte bei jener besonderen Gerichtsverhandlung den Vorsitz, und zwölf gebürtige Juden sollten verhört werden, weil sie gewisse religiöse Lehren verkündigt hatten, die diesem Sanhedrin oder dem höchsten Gerichtshof zum Anstoß waren. Wir lesen darüber:
8 „Sie brachten sie also herbei und stellten sie in den Saal des Sanhedrins. Und der Hohepriester befragte sie und sprach: ‚Wir haben euch ausdrücklich befohlen, nicht mehr weiter aufgrund dieses Namens zu lehren, und seht, dennoch habt ihr Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt, und ihr seid entschlossen, das Blut dieses Menschen über uns zu bringen.‘ Als Antwort sagten Petrus und die anderen Apostel: ‚Wir müssen Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als den Menschen. Der Gott unserer Vorväter hat Jesus auferweckt, den ihr ums Leben gebracht habt, indem ihr ihn an einen Stamm hängtet. Diesen hat Gott als Hauptvermittler und Retter zu seiner Rechten erhöht, um Israel Gelegenheit zur Reue und Vergebung der Sünden zu geben. Und wir sind Zeugen dieser Dinge, und desgleichen ist es der heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm als dem Herrscher gehorchen.‘“ — Apg. 5:27-32.
9. Wo war gemäß dem Zeugnis, das dadurch gegeben wurde, Jehovas Theokratie zu finden?
9 Dieses Zeugnis bei jener Gerichtsverhandlung offenbarte, wer theokratisch handelte, wer Gott als den Herrscher oder den großen Theokraten anerkannte. Wo war gemäß diesem Zeugnis Jehovas theokratische Organisation zu finden — bei dem Sanhedrin, den Vertretern der jüdischen Nation, oder bei den zwölf Aposteln Jesu, dessen Tod jener Sanhedrin kurz zuvor herbeigeführt hatte? Ohne Zweifel bei jenen zwölf Aposteln Jesu Christi.
10, 11. (a) Durch welchen machtvollen Beweis wurde zu Pfingsten bekräftigt, daß die Theokratie nicht mehr bei der jüdischen Nation zu finden war? (b) Wie deutete Gamaliel durch seinen Rat, den er dem jüdischen Sanhedrin gab, an, daß dieser untheokratisch handelte?
10 Die Tatsache, daß die Theokratie nun nicht mehr bei der Nation Israel zu finden war, sondern bei jenen zwölf Aposteln und anderen Jüngern Jesu Christi, war durch einen machtvollen Beweis bekräftigt worden. Durch welchen Beweis? Dadurch, daß Gott seinen heiligen Geist auf diese Jünger Christi ausgegossen hatte, die ihn als den Herrscher anerkannten, nicht jene Menschen, die ihm als dem Herrscher widerstanden. Mit der Hilfe dieses ausgegossenen Geistes legten Petrus und die andern elf Apostel vor dem jüdischen Sanhedrin ihr mutiges Zeugnis ab. Einige Tage zuvor, am Tage des Pfingstfestes, hatte Gott diesen Geist in Erfüllung der Prophezeiung in Joel 2:28, 29 auf sie ausgegossen. Diese Prophezeiung führte der Apostel Petrus an dem Tage an, als er den Tausenden jüdischer Pfingstteilnehmer das eben geschehene Wunder erklärte. Bei dieser Gelegenheit sagte Petrus zu den fragenden Juden: „Daher erkenne das ganze Haus Israel mit Gewißheit, daß Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr an den Pfahl brachtet.“ (Apg. 2:14-36) Daß die jüdische Nation nicht mehr theokratisch handelte, deutete der jüdische Gesetzeslehrer Gamaliel an, als er zum Sanhedrin über die zwölf Apostel, die vor Gericht standen, sagte:
11 „Männer von Israel, nehmt euch in acht, was ihr hinsichtlich dieser Menschen zu tun beabsichtigt. ... [Ich] sage euch ...: Steht von diesen Menschen ab und laßt sie gehen; (denn wenn dieses Unterfangen oder dieses Werk von Menschen ist, wird es umgestürzt werden; wenn es aber von Gott ist, werdet ihr sie nicht stürzen können;) andernfalls mögt ihr vielleicht als solche erfunden werden, die in Wirklichkeit gegen Gott kämpfen.“ — Apg. 5:34-39.
12. Was bewies später, daß „dieses Unterfangen oder dieses Werk“, wie Gamaliel es nannte, „von Gott“ war, und welcher Wechsel war demnach tatsächlich eingetreten?
12 Was jener jüdische Pharisäer Gamaliel „dieses Unterfangen oder dieses Werk“ nannte, war, wie es sich zeigte, „von Gott“, denn der Sanhedrin und das ganze jüdische Volk innerhalb und außerhalb des Römischen Reiches konnten es nicht „stürzen“, auch wenn sie die geistgesalbten Nachfolger Jesu Christi verfolgten. Im Jahre 70 u. Z. jedoch wurde die jüdische Hauptstadt Jerusalem zerstört und der Tätigkeit des nationalen jüdischen Sanhedrins ein Ende gesetzt. Und drei Jahre später, im Jahre 73 u. Z., wurde Masada, die letzte jüdische Festung in der Provinz Judäa auf der Westseite des Toten Meeres, von den römischen Legionen eingenommen. Doch vor all diesen Ereignissen waren die treuen Judenchristen aus Jerusalem und aus allen anderen Teilen der Provinz Judäa geflohen, weil Jesus Christus sie dies zu tun geheißen hatte, als er prophetisch die kommende Zerstörung Jerusalems beschrieb. (Matth. 24:15-22; Mark. 13:14-20; Luk. 21:20-24) Ganz offenbar war also Jehovas Theokratie von der natürlichen, beschnittenen Nation Israel auf die von Gottes Geist erfüllte Organisation der Jünger Jesu Christi, des Sohnes Gottes, übertragen worden. Noch heute treten sie nicht für die Republik Israel oder für irgendeine andere menschliche Regierung ein, sondern predigen Gottes Königreich.
DIE THEOKRATISCHE ORGANISATION IM ERSTEN JAHRHUNDERT
13. Ob die Gott hingegebenen Wachtturm-Leser woran festhalten, sollten wir daher untersuchen, und warum?
13 Die Zeitschrift Der Wachtturm hat schon wiederholt die Aufmerksamkeit auf die theokratische Organisation gelenkt, und um konsequent zu sein, müßten wir einmal untersuchen, ob die Gott hingegebenen, getauften christlichen Leser dieser Zeitschrift an der theokratischen Organisation festhalten oder nicht.
14. Die Apostel wußten, daß Israel in der vorchristlichen Zeit welche Art Verwaltung hatte, und wie hatte sich dies in Verbindung mit den Männern gezeigt, denen sich Moses vorstellte, als er nach Ägypten zurückkehrte?
14 Zweifellos müssen wir ins erste Jahrhundert zurückblicken, in die Tage der Apostel Christi, um zu ermitteln, wie ihre theokratische Organisation aufgebaut war. Die Apostel waren alle, wie einst Jesus Christus, natürliche, beschnittene Juden oder Israeliten. Sie wußten genau, daß es in der vorchristlichen Zeit in der theokratisch organisierten Nation Israel gewisse eingesetzte Amtspersonen oder Verwalter gegeben hatte. Sie wußten, daß Jehova zu der Zeit, als er Moses nach Ägypten zurücksandte, um sein versklavtes Volk zu befreien, zu Moses gesagt hatte: „Geh hin, und du sollst die älteren Männer [seqenim, hebräisch] Israels versammeln, und du sollst zu ihnen sagen: ‚Jehova, der Gott eurer Vorväter, ist mir erschienen.‘“ (2. Mose 3:16, NW) Jene „älteren Männer“ waren nicht einfach Männer vorgerückten Alters, sondern sie standen im Rang von „älteren Männern“ und waren bei diesem Anlaß möglicherweise die Vertreter des ganzen Hauses Israel.
15. In welchem Rang standen die siebzig Männer, die Moses auf den Berg Sinai mitnahm, und woraus ist dies ersichtlich?
15 Monate später, als der Prophet Moses als Mittler des Gesetzesbundes zwischen Gott und der Nation Israel amtete, sagte Gott zu ihm auf dem Berge Sinai: „Steige zu Jehova hinauf, du und Aaron, Nadab und Abihu und siebzig von den älteren Männern [seqenim] Israels.“ Daß diese siebzig „älteren Männer“ Vertreter der Nation waren, geht aus 2. Mose 24:11 klar hervor, wo uns gesagt wird: „Und er [Jehova] streckte seine Hand nicht gegen die Vornehmen der Söhne Israels aus, sondern sie erhielten eine Vision von dem wahren Gott und aßen und tranken.“ Somit waren es „Vornehme“ und nicht bloß Männer vorgerückten Alters. (2. Mose 24:1, 14, NW) Sie standen im Rang von „älteren Männern“.
16. In welchem Rang standen die siebzig Männer, auf die Jehova etwas von dem Geist legte, der auf Moses war?
16 Als Jehova später beabsichtigte, etwas von dem Geist, der auf Moses war, auf siebzig andere Israeliten zu legen, sagte er zu Moses: „Versammle mir siebzig Männer von den älteren Männern [seqenim] Israels, von denen du weißt, daß sie ältere Männer des Volkes und dessen Beamte sind, und du sollst sie zum Zelt der Zusammenkunft nehmen, und sie sollen sich dort mit dir aufstellen.“ Nachdem diesem Befehl nachgekommen war, nahm Jehova etwas von dem Geist, der auf Moses war, und „legte es auf jeden der siebzig älteren Männer“, und „sie machten sich daran, als Propheten zu amten“. (4. Mose 11:16-25, NW) Jene siebzig Männer waren mit „Beamten“ verbunden oder waren als „ältere Männer“ möglicherweise selbst besondere Beamte des Volkes.
17. Was sollte es gemäß Jehovas Anweisungen an Moses in den Städten Israels geben, und was beweist, daß dies auch in den Tagen Jesu der Fall war?
17 Gemäß Jehovas Anweisungen an Moses sollten die Israeliten, wenn sie in das Verheißene Land kämen, in ihren Städten sogenannte „ältere Männer“ haben. (5. Mose 19:12; 21:2-20; 22:15-18; 25:7-9, NW) Die biblische Geschichte zeigt, daß dies in den Städten und Ortschaften im Lande Israel der Fall war. (Ri. 8:14-16; 1. Kö. 21:8-11; Esra 10:14) Es war auch der Fall in den Tagen Jesu Christi und seiner Apostel. Als Jesus diese auf seinen kommenden gewaltsamen Tod hinzuweisen begann, sagte er zu ihnen, „daß er nach Jerusalem gehen und von den älteren Männern und Oberpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet ... werden müsse“. (Matth. 16:21) Diese älteren Männer waren nicht einfach Männer vorgerückten Alters, sondern hatten die Amtsstellung von „älteren Männern“ inne. Sie waren bei der Festnahme und dem Verhör Jesu auf der Seite der Oberpriester und Schriftgelehrten. (Matth. 26:47 bis 27:41) Diese „älteren Männer“ waren einverstanden, daß die Oberpriester die Männer bestachen, die an Jesu Gruft Wache hielten, damit diese sagen sollten, er sei nicht auferstanden, sondern seine Leiche sei von seinen Jüngern gestohlen worden. — Matth. 28:12.
18. (a) Von wem mußten Jesu Apostel wie er selbst vieles leiden? (b) In welchem Sinne waren diese Männer „ältere Männer“, was benötigten sie, wenn sie zusammenkamen, und wie lange amtete der Betreffende?
18 Wie Jesus Christus, so mußten auch seine Apostel von den „älteren Männern“, die mit den Oberpriestern verbunden waren, viel leiden. Als die Apostel Petrus und Johannes nach ihrer Gefangennahme und ihrem Verhör freigelassen worden waren, begaben sie sich, wie der Bericht sagt, „zu den Ihrigen und berichteten die Dinge, die die Oberpriester und die älteren Männer zu ihnen gesagt hatten“. (Apg. 4:5-23) All das zeigt, daß diese mit den Hohenpriestern verbundenen Männer „ältere Männer“ in Amtsstellungen waren. Die Städte des alten Israel hatten nicht so etwas, was wir heute „Bürgermeister“ nennen, sondern sie hatten ihren Vorstand „älterer Männer“. Ein solcher Vorstand hatte einen Vorsitzenden oder einen vorsitzführenden Beamten, und wahrscheinlich wechselte das Amt des Vorsitzenden turnusgemäß unter ihnen, und jeder kam eine Zeitlang an die Reihe. Die Art und Weise, wie die Männer, die die erforderlichen Eigenschaften besaßen, zu „älteren Männern“ ernannt wurden, wird nicht gezeigt.
19. (a) Welche Frage erhebt sich daher in bezug auf Gottes zu Pfingsten des Jahres 33 u. Z. errichtete neue Theokratie? (b) Was wurde hinsichtlich der „Ältesten“ angenommen, und welche Fragen erheben sich aufgrund dieser Annahmen?
19 Gab es, nachdem das natürliche, beschnittene Volk Israel aufgehört hatte, eine Theokratie zu sein, und Jehova zu Pfingsten des Jahres 33 u. Z. seine Theokratie über die Kirche oder Versammlung der Jünger seines Sohnes zu errichten begonnen hatte, in dieser neuen theokratischen Organisation auch „ältere Männer“ in Amtsstellungen? Es wurde angenommen, daß in der Christenversammlung „alle Gesalbten Gottes ... Älteste“ seien.b Diese Anwendung würde selbst die Frauen einschließen, die aufgrund ihrer Hingabe an Gott, der die Wassertaufe und die Zeugung durch Gottes Geist folgte, mit Gottes Geist gesalbt wurden. Was zeigen aber die Grundzüge der christlichen theokratischen Organisation des ersten Jahrhunderts in Wirklichkeit? Zeigen sie, daß keine Gott hingegebenen, getauften Männer in das Amt als „ältere Männer“ in der Christenversammlung eingesetzt werden sollten? Wir wollen sehen.
20. (a) Was für Männer sollte es nach den Worten, die Petrus aus Joel 2:28, 29 anführte, in der Christenversammlung geben? (b) Warum konnten diese Männer gemäß dem in Joel 2:28 angewandten Wort „Älteste“ in Amtsstellungen oder einfach „alte Männer“ sein?
20 Der Text, den der Apostel Petrus aus Joel 2:28, 29 (NW) am Pfingsttage des Jahres 33 u. Z. anführte, zeigt, daß es in der Christenversammlung „ältere Männer“ geben sollte und daß diese Männer „Träume träumen“ würden. Als aber diese Prophezeiung in Griechisch wiedergegeben worden war, hatte die Septuaginta das griechische Wort presbyteros, das Presbyter oder in Deutsch „Ältester“ bedeutet, verwandt. Dem ist so, weil das hebräische Wort [saqen], das in Joel 2:28 vorkommt, gewöhnlich auf „Älteste“, wie zum Beispiel Älteste einer Stadt, angewandt wird. Das hebräische Wort kann indes auch lediglich alte Personen bezeichnen, zum Beispiel Abraham und Sara. (1. Mose 18:11; 25:8) Auf jeden Fall gehörten die Presbyter, Ältesten oder „alten Männer“, die in Joel 2:28 und Apostelgeschichte 2:17 erwähnt werden, zu dem „Fleisch von jeder Art“, auf das Jehova in den „letzten Tagen“ seinen Geist ausgießen würde. Sie konnten „Älteste“ in Amtsstellungen oder einfach nur „alte Männer“ sein.
21. (a) An wen besonders wurden die Dinge gesandt, die als Hilfeleistung von Antiochien nach Jerusalem geschickt wurden, und was gab es demnach in der Urchristenversammlung? (b) Was ist ein „Presbyter“?
21 Gab es aber „alte Männer“ in Amtsstellungen oder Älteste oder Presbyter in der ersten Christenversammlung? Um über diesen Punkt eine befriedigende Antwort zu erhalten, laßt uns Apostelgeschichte 11:30 aufschlagen. Der christliche Prophet Agabus hatte vorausgesagt, daß „eine große Hungersnot über die ganze bewohnte Erde zu kommen im Begriffe sei“, welche Hungersnot gemäß der Geschichte zur Zeit der Regierung des Kaisers Claudius wirklich eintrat. So beschlossen die Jünger Christi in der Stadt Antiochien in Syrien, etwas als Hilfeleistung an ihre bedürftigen christlichen Brüder in der römischen Provinz Judäa zu senden. An wen nun sandten diese Spender als Hilfeleistung [diakonia, griechisch] diese Unterstützung? Der Bericht sagt: „Und das taten sie, indem sie es durch die Hand des Barnabas und Saulus an die älteren Männer [Presbyter, Ältesten] schickten.“ (Apg. 11:27-30) Somit waren die „älteren Männer“, Presbyter oder Ältesten die direkten Empfänger, und diese Amtspersonen sorgten dafür, daß es an die Versammlungen von Judäa verteilt wurde. Websters Third New International Dictionary (Websters drittes, neues internationales Wörterbuch) definiert das Wort „Presbyter“ als „eine Amtsperson in der frühchristlichen Kirche, die mit der Aufgabe betraut war, als Aufseher gewöhnlich für die Leitung einer Ortsversammlung zu sorgen“. Wir können anhand der Heiligen Schrift feststellen, ob diese Definition richtig ist oder nicht.
AUS WEM SETZTE SICH DIE LEITENDE KÖRPERSCHAFT ZUSAMMEN?
22. Wem unterbreitete die Versammlung in Antiochien die Frage der Beschneidung, wer empfing ihre Vertreter, und wer versammelte sich danach, um sich mit dieser Sache zu befassen?
22 Wem unterbreitete die Versammlung in Antiochien (Syrien) die Frage der Beschneidung nichtjüdischer zum Christentum Bekehrter, als diese in ihrer Mitte zu einer heißumstrittenen Streitfrage geworden war? „Den Aposteln und den älteren Männern“ in Jerusalem. Von wem wurden Paulus und Barnabas und einige andere aus Antiochien bei ihrer Ankunft in Jerusalem empfangen? „Von der Versammlung und den Aposteln und den älteren Männern [Presbytern oder Ältesten]“. Aus diesem Bericht entnehmen wir, daß die „älteren Männer“ wie auch die Apostel sich von der Versammlung unterschieden. Nicht die ganze Versammlung in Jerusalem, sondern ‘die Apostel und die älteren Männer versammelten sich, um sich mit dieser Angelegenheit zu befassen’. — Apg. 15:2, 4, 6.
23. Wer befand es für gut, die in Jerusalem erlassene Verordnung an die Versammlungen zu senden, und wer unterzeichnete diese Verordnung?
23 Als der Entscheid gegen die Beschneidung der neubekehrten Heiden gefällt war, „da“ — sagt der Bericht — „befanden es die Apostel und die älteren Männer [Presbyter, Ältesten] zusammen mit der ganzen Versammlung für gut, Männer aus ihrer Mitte auszuwählen und sie mit Paulus und Barnabas nach Antiochien zu senden, nämlich Judas, der Barsabbas genannt wurde, und Silas, führende Männer unter den Brüdern; und durch ihre Hand schrieben sie: ‚Die Apostel und die älteren Brüder den Brüdern in Antiochien und Syrien und Zilizien, die aus den Nationen [Heiden] sind: Grüße!‘“ — Apg. 15:22, 23.
24. Wer gehörte zu jenen „älteren Männern“, in welcher Eigenschaft handelten die Apostel und die älteren Männer, und wer amtete bei dieser Zusammenkunft als Vorsitzender?
24 So zeigt es sich, daß die Apostel und die mit ihnen verbundenen „älteren Männer“ (Presbyter, Älteste) als leitende Körperschaft für alle christlichen Versammlungen der ganzen Erde amteten, doch hatten sie die Unterstützung der Versammlung Jerusalem. Zu jenen „älteren Männern“ gehörten Jakobus, der Halbbruder von Jesus Christus, und Judas (Barsabbas) und Silas (Silvanus). (2. Kor. 1:19; 1. Thess. 1:1; 2. Thess. 1:1; 1. Petr. 5:12) Es wird gewöhnlich verstanden, daß bei dieser Zusammenkunft der leitenden Körperschaft in Jerusalem jener ältere Mann (Presbyter oder Älteste) namens Jakobus, der Sohn der Maria, als Vorsitzender amtete. Die Tatsache an sich aber, daß er die Verordnung und ihren Inhalt hinsichtlich der notwendigen Pflichten neubekehrter Heiden beantragte, läßt nicht mit Gewißheit erkennen, daß er das Amt des Vorsitzenden innehatte. — Apg. 15:13-21.
25. Von wem waren die Verordnungen herausgegeben worden, die Paulus und Silas den Versammlungen in den Städten, die sie besuchten, überbrachten, und was wird über die Männer gesagt, die mit den Aposteln verbunden waren, als über diese Verordnungen entschieden wurde?
25 In Apostelgeschichte 16:4 wird über die Reise des Apostels Paulus und seines Gefährten Silas (eines Gliedes der leitenden Körperschaft) berichtet und gesagt: „Als sie nun durch die Städte [Kleinasiens] reisten, überbrachten sie denen, die dort waren, die zu beachtenden Verordnungen, welche von den Aposteln und älteren Männern, die sich in Jerusalem befanden, beschlossen worden waren.“ Die Tatsache, daß diese „älteren Männer“ mit den Aposteln verbunden waren und zu der christlichen leitenden Körperschaft gehörten, läßt mit Gewißheit erkennen, daß sie „ältere Männer“ in Amtsstellungen, Presbyter, Älteste, waren.
26. Mit wem hatte Paulus auf seiner letzten Reise nach Jerusalem eine Abschiedszusammenkunft in Milet, und was erfahren wir aus Apostelgeschichte 21:17, 18 über den Aufbau der Versammlung in Jerusalem?
26 Jahre später befand sich der Apostel Paulus auf seiner letzten Reise nach Jerusalem. Er hielt im Seehafen von Milet an und setzte sich mit der Versammlung in der nahe gelegenen Stadt Ephesus (Kleinasien) in Verbindung. Ließ er nun die ganze Versammlung von Ephesus holen, um ihr einen Abschiedsbesuch zu machen? Hier folgt, was uns der Text in Apostelgeschichte 20:17 sagt: „Von Milet aus sandte er jedoch nach Ephesus und rief die älteren Männer [Presbyter, Ältesten] der Versammlung herbei.“ Somit hatte die Versammlung in Ephesus ihre „älteren Männer“ in Amtsstellungen oder ihre Ältesten. Apostelgeschichte 21:17, 18 erinnert uns daran, daß die Versammlung Jerusalem ebenfalls solche Amtspersonen hatte, denn dort lesen wir den Bericht des Arztes Lukas: „Als wir nach Jerusalem kamen, nahmen uns die Brüder freudig auf. Am folgenden Tag aber ging Paulus mit uns zu Jakobus hinein; und alle älteren Männer waren anwesend.“ Jakobus, der Halbbruder Jesu Christi, war auch einer jener „älteren Männer“. In Galater 2:9 spricht Paulus von Jakobus als einer geistigen Säule, indem er sagt: „Jakobus und Kephas [Petrus] und Johannes, sie, die Säulen zu sein schienen, [gaben] mir und Barnabas die rechte Hand der Mitteilhaberschaft.“
27. Wer sollte gemäß 1. Timotheus 5:17 doppelter Ehre würdig gehalten werden, und warum, und wessen Gebete waren besonders segensreich?
27 Um Zeugnis zu geben von der Amtsstellung eines „älteren Mannes“ (oder Presbyters, Ältesten) der Versammlung, gab der Apostel Paulus an Timotheus ungefähr in den Jahren 61 bis 64 u. Z. folgende schriftliche Anweisungen: „Die älteren Männer, die in vortrefflicher Weise als Vorsteher dienen, halte man doppelter Ehre würdig, besonders jene, die hart arbeiten in Wort und Lehre.“ (1. Tim. 5:17) Solche „älteren Männer“ dienten also in dem Amt als Vorsteher in der Versammlung und arbeiteten in Wort und Lehre der Bibel. Gemäß Jakobus 5:14 waren die Gebete solch „älterer Männer“ besonders segensreich.
[Fußnoten]
a Siehe Seite 836 der Übersetzung von Heinrich Paret, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler’schen Buchhandlung, 1856.
b Siehe Der Wachtturm, 1. Oktober 1932, Seite 298, 5. Absatz.
[Bild auf Seite 110]
Die leitende Körperschaft, die sich aus den Aposteln und anderen älteren Männern zusammensetzte, entschied gegen die Beschneidung der Heidenchristen. Der Jünger Jakobus mag als Vorsitzender geamtet haben.