Die Langmut Gottes — ein ewiger Segen für die Menschheit
„DIE LIEBE IST LANGMÜTIG.“ — 1. KOR. 13:4.
1. (a) Wie wird Jehova in der Bibel beschrieben? (b) Warum ist Jehova langmütig?
DIE Bibel spricht viel von der Langmut Gottes. Sie beschreibt Jehova als einen sanftmütigen, eher segnenden als strafenden Gott. Selbst wenn eine sündige Tat nach Vergeltung schreit, hält Jehova in seiner Nachsicht den verdienten Schlag zurück. In seiner Langmut erträgt er Menschen und Engel, die ihn immer wieder herausfordern. Der Psalmist nennt ihn einen Gott, der „langsam zum Zorn“ ist. (Ps. 103:8) Jehova ist langmütig, weil er Gott und daher Liebe ist, denn „Gott ist Liebe“. — 1. Joh. 4:16.
2. (a) Erkläre den Begriff Langmut. (b) Welcher Ausdruck wird in den Hebräischen Schriften verschiedentlich anstelle von „Langmut“ gebraucht?
2 „Langmut“ bezeichnet ein beherrschtes, nicht auf Vergeltung bedachtes Ertragen einer unangenehmen Behandlung. Langmütig sein heißt Worte oder eine Handlungsweise, die Ärger, Verdruß oder Unwillen erregen könnte, ruhig hinnehmen. Das mit „Langmut“ wiedergegebene griechische Wort bedeutet auch „Geduld“, das Gegenteil von dem uns ebenfalls bekannten Ausdruck „Ungeduld“. In 2. Mose 34:6; 4. Mose 14:18 und Psalm 86:15 verwendet Hermann Menge in seiner Übersetzung das Wort „langmütig“, während die Elberfelder Bibel an diesen Stellen den Ausdruck „langsam zum Zorn“ gebraucht und damit die hebräische Redewendung „Länge des Angesichts oder der Nase, wo der Zorn aufsteigt“, buchstäblicher wiedergibt. An vielen Stellen, zum Beispiel in Nehemia 9:17; Psalm 103:8; 145:8; Jeremia 15:15; Joel 2:13; Jona 4:2 und Nahum 1:3, gebrauchen jedoch beide Übersetzungen den einen oder anderen Ausdruck. Die beiden Ausdrücke „langmütig“ und „langsam zum Zorn“ sind demnach synonym, das heißt sinnverwandt.
3. Was bedeutet das Wort „dulden“, von dem „Geduld“ abgeleitet wird, und wieso entspricht diese Bedeutung auch dem Sinn, den der Ausdruck „Geduld haben“ in der Bibel hat?
3 Eine Erklärung für das deutsche Wort „Langmut“ ist „höchst geduldiges Gemüt“. Das Wort „dulden“, von dem „Geduld“ abgeleitet wird, bedeutet unter anderem „erlauben, zulassen, sich gefallen lassen oder aufheben“, zum Beispiel ein Urteil aufheben. In der Bibel hat der Ausdruck „Geduld haben“ ebenfalls diesen Sinn. Er bedeutet „nicht schnell erregt sein, nachsichtig oder zum Nachgeben bereit sein“, das heißt den Bösen bis zu der von Gott bestimmten Zeit gewähren lassen.
4. Was bedeutet langmütig sein nicht, und warum nicht?
4 Langmütig sein bedeutet nicht, den gerechten Maßstab für Recht und Unrecht herabzusetzen. Der Prophet Moses bestätigte diese Tatsache, indem er über Jehova schrieb: „Der Fels: vollkommen ist sein Tun; denn alle seine Wege sind recht. Ein Gott der Treue und sonder Trug, gerecht und gerade ist er!“ (5. Mose 32:4) Wer Gottes Nachsicht geringachtet, weiß nicht, warum Gott nachsichtig ist. Wer sie für Schwäche, Ungerechtigkeit oder Gleichgültigkeit hält, ist in sittlicher Hinsicht blind.
5. Warum hat Langmut nichts mit Pazifismus zu tun?
5 Die Langmut Gottes hat auch nichts mit Pazifismus zu tun. Oft geht sie Hand in Hand mit dem Kampf zur Vernichtung von Bosheit oder Unrecht. Der inspirierte Sprücheschreiber sagt: „Beneide nicht den Mann der Gewalttat, und erwähle keinen von seinen Wegen. — Denn der Verkehrte [wer sich auf Abwege begibt, Me] ist Jehova ein Greuel, aber sein vertrauter Umgang ist mit den Aufrichtigen. Der Fluch Jehovas ist im Hause des Gesetzlosen, aber er segnet die Wohnung der Gerechten.“ (Spr. 3:31-33, Fußnote; 2. Mose 20:5, 6) Jehova schließt mit den Bösen keine Kompromisse; er ist mit ihnen jedoch geduldig, „weil er nicht will, daß irgend jemand vernichtet werde, sondern will, daß alle zur Reue gelangen“ und leben. — 2. Petr. 3:9; 1. Tim. 2:4; Hes. 3:17-21.
6. Warum ist Langmut nicht ganz dasselbe wie Geduld, und wieso finden wir dies beim Volk Israel bestätigt?
6 Man versteht daher unter Langmut eine Geduld, die nicht so leicht erschöpft wird. Jemand, der langmütig ist, erträgt Herausforderungen nicht nur geduldig, sondern gibt auch die Hoffnung auf eine Besserung der gestörten Beziehungen nicht auf. Diesen Sinn hat „Langmut“ in folgenden Worten, die Jehova durch seinen Propheten Jesaja an die Israeliten der alten Zeit richtete: „Ich habe den ganzen Tag meine Hände ausgebreitet zu einem widerspenstigen Volke, welches seinen eigenen Gedanken nach auf dem Wege wandelt, der nicht gut ist. Das Volk, das mich beständig ins Angesicht reizt.“ Trotzdem verwarf oder vernichtete Gott die Israeliten damals nicht. Warum nicht? Der Prophet sagte weiter: „So spricht Jehova: Wie wenn sich Most in der Traube findet, und man spricht: Verdirb sie nicht, denn ein Segen ist in ihr; so werde ich tun um meiner Knechte willen, daß ich nicht das Ganze verderbe. Und ich werde aus Jakob einen Samen hervorgehen lassen, und aus Juda einen Besitzer meiner Berge: und meine Auserwählten sollen es besitzen, und meine Knechte sollen daselbst wohnen ... Ihr aber, die ihr Jehova verlasset, die ihr meines heiligen Berges vergesset, ... ich habe euch dem Schwerte bestimmt, und ihr alle werdet zur Schlachtung niedersinken; weil ich gerufen, und ihr nicht geantwortet habt, geredet, und ihr nicht gehört habt, sondern getan, was böse ist in meinen Augen, und das erwähltet, woran ich kein Gefallen habe.“ (Jes. 65:2-12) Demnach wollte Jehova denen, die ihm treu blieben, in einem besonderen Sinne Langmut erweisen. Er verhieß, sie mit einem kostbaren Besitz zu segnen, die Bösen dagegen der Vernichtung preiszugeben.
LANGMUT GEGENÜBER DER MENSCHHEIT
7. Warum können wir froh sein, daß Jehova langmütig ist, und welchem Zweck dient seine Langmut?
7 Wir können froh sein, daß Jehova langmütig ist, ein Gott, langsam zum Zorn. Denn wo wären wir, wenn er mit uns nur gestützt auf unsere Verdienste handeln würde? Hätte Jehova mit den ersten beiden Menschen nur vom Standpunkt seiner Gerechtigkeit aus gehandelt, als sie sein Gebot übertraten, so wäre es mit dem Menschengeschlecht damals schon zu Ende gewesen. (1. Mose 2:17) Nur Gottes Liebe und ihre Frucht, die „Langmut“, verhüteten damals diese Katastrophe. Gottes Langmut wirkte im Hinblick auf Gottes Verherrlichung durch den Samen der Verheißung. — 1. Mose 3:15; Joh. 3:16; Gal. 5:22.
8. (a) Warum mußte Jehova vor der Flut Langmut bekunden, und wie tat er es? (b) Welchem wichtigen Zweck diente seine Langmut?
8 Auch kurz nach der Austreibung des Menschen aus Eden mußte Jehova gegen die Menschheit nachsichtig sein. In den Tagen des Enos begann man, verächtlich „den Namen Jehovas anzurufen“. (1. Mose 4:26) Mit der Zunahme der Bevölkerung breitete sich die Bosheit immer mehr aus. Menschen und Engel widersetzten sich Gott. Schließlich war „alles Gebilde der Gedanken seines [des Menschen] Herzens nur böse den ganzen Tag“. Der göttliche Bericht lautet: „Und die Erde war verderbt vor Gott, und die Erde war voll Gewalttat. Und Gott sah die Erde, und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erden.“ (1. Mose 6:5-12) Im Interesse der Erde und einiger rechtschaffener Menschen auf ihr (es waren insgesamt nur acht) gebot Gott der Bosheit Einhalt, indem er die Bösen in der Flut vernichtete. (1. Petr. 3:20; 1. Mose 7:17-23) Seine Geduld hatte ihren Höhepunkt erreicht. Doch seine Langmut hatte einem wichtigen Zweck gedient: der Rechtfertigung seines Entschlusses, die Erde zu reinigen. Von den Überlebenden der Flut zweifelte niemand auch nur einen Augenblick daran, daß Jehovas Machttat ein weiser Eingriff war. Gottes Langmut ließ keinen Raum für einen Zweifel daran, daß sie gerechtfertigt war.
9. Wieso wirkte sich Jehovas Langmut für die Menschen auch nach der Flut zum Segen aus? Wofür hielten sie sie jedoch?
9 Die Nachsicht Jehovas gab der Menschheit Gelegenheit zu einem neuen Anfang auf der Erde. Sie ermöglichte den Fortbestand des Menschengeschlechts. Die Flut hätte den Menschen für alle Zeiten einprägen sollen, daß sie Jehova, ihren Retter, fürchten und ehren sollten, doch das war nicht der Fall. Die Nachkommen derer, die die Flut überlebt hatten, faßten die Langmut Gottes jedoch bald als Gleichgültigkeit auf. Sie dachten ähnlich wie die, von denen der Psalmist schrieb, sie sprächen in ihrem Herzen: „Gott vergißt; er verbirgt sein Angesicht, niemals sieht er’s! Warum verachtet der Gesetzlose Gott, spricht in seinem Herzen, du werdest nicht nachforschen?“ (Ps. 10:11, 13; Pred. 8:11-13) In den Tagen Abrahams erreichte die Bosheit einen weiteren Höhepunkt.
10, 11. (a) Wie zeigte sich Jehovas Langmut in Verbindung mit den Städten Sodom und Gomorra? (b) Warum ist das für uns ein warnendes Beispiel?
10 In Mamre bat Abraham, der treue Diener Jehovas, seinen Gott, Sodom und Gomorra nicht zu vernichten. Jehova führte ihm jedoch vor Augen, daß diese Städte vollständig verderbt seien. „Das Geschrei von Sodom und Gomorra [ist] groß, und ... ihre Sünde sehr schwer“, sagte Jehova zu Abraham. (1. Mose 18:20) Trotzdem bat Abraham um die Bewahrung dieser Städte. Offenbar konnte er nicht glauben, daß sie völlig verderbt und darum rettungslos verloren seien. Er fragte darum bittend: „Willst du denn den Gerechten mit dem Gesetzlosen wegraffen?“ (1. Mose 18:23) Abraham dachte, es wären doch noch einige gute Menschen in Sodom und es wäre den Gerechten gegenüber ungerecht, die Stadt zu vernichten. Bittend sagte er daher zu Gott: „Vielleicht sind fünfzig Gerechte innerhalb der Stadt; willst du sie denn wegraffen und dem Orte nicht vergeben um der fünfzig Gerechten willen, die darin sind? Fern sei es von dir, so etwas zu tun, den Gerechten mit dem Gesetzlosen zu töten, so das der Gerechte sei wie der Gesetzlose; fern sei es von dir! Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben?“ — 1. Mose 18:24, 25.
11 Jehova gab Abraham zur Antwort: „Wenn ich in Sodom, innerhalb der Stadt, fünfzig Gerechte finde, so will ich um ihretwillen dem ganzen Orte vergeben.“ Abraham drang jedoch weiter in ihn. Er sagte dem Sinne nach: „Angenommen, es sind darin fünfundvierzig oder nur vierzig, dreißig oder nur zwanzig oder gar nur zehn zu finden, was dann?“ Wären in Sodom tatsächlich nicht einmal zehn rechtschaffene Menschen zu finden gewesen, dann hätte Abraham offenbar auch gedacht, es verdiene nicht weiterzubestehen. Es waren aber keine zehn Gerechten zu finden, sondern nur vier. Heute denken viele Menschen, die Welt sei geistig und moralisch nicht so schlecht, wie Jehovas Zeugen es sagen. Sie sprechen sehr hoffnungsvoll von ihr. Die Bibel vergleicht die heutige Welt jedoch mit den Städten Sodom und Gomorra, in denen am Tage ihres Gerichts keine zehn Gerechten zu finden waren. Diese Städte wurden durch Feuer und Schwefel vernichtet, was sowohl Jesus Christus als auch die Archäologen bestätigen. Die heutige Welt geht gemäß dem Worte Gottes ebenfalls ihrem Ende entgegen. — 1. Mose 18:26-33; 19:1-29; Luk. 17:29, 30; 2. Petr. 3:7.
12. Welchem guten Zweck diente Jehovas Langmut in Verbindung mit diesen Städten?
12 Abraham beklagte sich nicht bei Gott, als Sodom und Gomorra in Flammen aufgingen. Er bedauerte weder den materiellen Schaden noch den Verlust an Menschenleben dort. Die Gottlosen erhielten ihren gebührenden Lohn. Die göttliche Langmut verpflichtet, ja zwingt Gottes Diener, mit Gottes Rechtsprechung völlig zufrieden zu sein. Sie läßt sie nicht im Zweifel darüber, daß den Bösen Recht widerfahren ist und Jehova tatsächlich ein Gott ist, der langsam zum Zorn und voll liebender Güte und Wahrheit ist. Sie hilft ihnen ferner die Wahrhaftigkeit der Worte erkennen: „Die Rettung der Gerechten ist von Jehova, der ihre Stärke ist zur Zeit der Bedrängnis; und Jehova wird ihnen helfen und sie erretten; er wird sie erretten von den Gesetzlosen und ihnen Rettung verschaffen, denn sie trauen auf ihn.“ — Ps. 37:39, 40.
GOTTES LANGMUT UND ISRAEL
13. Wie übte Jehova dem Volk Israel der alten Zeit gegenüber Langmut? Wie betrachtete es sie jedoch?
13 Nirgends in der Bibel kommt Gottes Langmut so offensichtlich zum Ausdruck wie in den Berichten über Gottes Handlungsweise mit dem damaligen Volk Israel. Jehova hatte dieses Volk aus der ägyptischen Sklaverei befreit und zu einer mächtigen Nation gemacht. Er begünstigte die Israeliten und zeichnete sie vor allen anderen Völkern aus. Er segnete sie jahrhundertelang in irdischer und geistiger Hinsicht. Schließlich sandte er ihnen seinen einziggezeugten Sohn. Obwohl sie seinen Sohn an den Marterpfahl hinrichteten, ordnete Jehova in seiner unendlichen Barmherzigkeit an, daß seine gute Botschaft ihnen zuerst verkündet werden sollte. Durch seine Propheten, Apostel und seine übrigen Diener bat er sie dringend, die von ihm vorgesehene Rettung durch seinen Sohn Jesus Christus anzunehmen. Die meisten gingen jedoch nicht darauf ein. Sie faßten den Zweck der Güte Gottes falsch auf. Gottes Güte hätte sie zur Reue führen sollen. Das bewirkte sie auch bei einem Überrest; doch in ihrer Undankbarkeit nahmen weitaus die meisten daran Anstoß und verachteten sie. Die Juden folgerten, Gott werde sie in seiner überströmenden Barmherzigkeit und Langmut weiterhin begünstigen, und lehnten sich in ihrer Undankbarkeit gegen ihn auf. Die Geschichte beweist aber, daß sie sich gründlich irrten. — Siehe Nehemia 9:4-35 und Apostelgeschichte 2:14-47; 7:51-53.
14, 15. (a) War Jehova den Juden gegenüber vergeblich langmütig? (b) Was können wir aus Gottes Langmut ferner lernen?
14 Gott war nicht vergeblich langmütig gegen die Juden. Seine Langmut erfüllte ihren Zweck. Sie ermöglichte es einem Überrest zu bereuen. Als die zu diesem Überrest Gehörenden Gottes Barmherzigkeit erkannten, fühlten sie sich gedrängt, ihre frühere böse Handlungsweise aufzugeben und fortan das zu tun, was recht war. Dadurch wurde ihnen die Gunst zuteil, Gottes geistige Söhne zu werden, die für ein himmlisches Königreich unter der Leitung Christi bestimmt waren.
15 Die Juden, die Gottes Langmut verwarfen, waren aber schließlich die Verlierer. Ihr Verlust bedeutete für die Heiden, denen wegen des Unglaubens der Juden die Gelegenheit geboten wurde, Glieder des himmlischen Königreiches zu werden, Gewinn. Wegen ihrer fortgesetzten Widerspenstigkeit verloren die Juden die Gunst Jehovas und demzufolge auch Gottes Schutz und Segen. Das war im Jahre 70 u. Z., als die Stadt Jerusalem von den Römern zerstört wurde, eindeutig zu erkennen. Es ist weder für Juden noch für Nichtjuden gut, Gottes Langmut außer acht zu lassen. — Römer, Kapitel 11.
WARUM GOTT NACHSICHTIG IST
16. Warum ist — gemäß den Worten des Apostels Paulus — Jehova langmütig?
16 Was bezweckt Gott aber mit seiner Langmut? Erträgt er die Schmähungen der Menschen tatsächlich nur ihrer Rettung wegen? Paulus, ein Apostel Jesu Christi, antwortet: „Wenn nun Gott, obwohl gewillt, seinen Zorn an den Tag zu legen und seine Macht kundzutun, die zur Vernichtung passendgemachten Gefäße [des Zornes] mit viel Langmut duldete, damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit an Gefäßen der Barmherzigkeit kundtun könnte, die er zur Herrlichkeit im voraus bereitet hat, nämlich uns, die er nicht nur aus den Juden berufen hat, sondern auch aus den Nationen, was dann? Es ist so, wie er auch in Hosea sagt: ‚Die nicht mein Volk sind, will ich „mein Volk“ nennen, und sie, die Nichtgeliebte, „Geliebte“; und an dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: „Ihr seid nicht mein Volk,“ werden sie „Söhne des lebendigen Gottes“ genannt werden.‘“ (Röm. 9:22-26) Mit anderen Worten, Gottes Langmut dient dem Zweck, aus den Nationen ein Volk für seinen Namen herauszunehmen. Durch dieses Volk verherrlicht er sich auf der ganzen Erde. — 1. Kor. 3:9, 16, 17; 2. Kor. 6:16; Apg. 15:14.
17. Welche Segnungen erwuchsen der Menschheit aus der Langmut Gottes?
17 Die Glieder dieses Volkes werden Zeugen Jehovas, die dazu ordiniert sind, die Vorzüglichkeiten ihres Gottes, Jehovas, weit und breit zu verkünden. Der Apostel Petrus schrieb über sie: „Ihr ... seid ‚ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, eine heilige Nation, ein Volk zum besonderen Besitztum, damit ihr die Vorzüglichkeiten dessen weit und breit verkündet‘, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat. Denn einst wart ihr kein Volk, jetzt aber seid ihr Gottes Volk; ihr wart die, welchen nicht Barmherzigkeit erwiesen worden war, seid jetzt aber die, welchen Barmherzigkeit erwiesen worden ist.“ (1. Petr. 2:9, 10) Gottes Barmherzigkeit und Langmut ermöglichte es ihnen, seine Söhne, seine Kinder oder sein Volk zu werden. „Wenn wir also Kinder sind“, schrieb Paulus, „sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes, doch Miterben mit Christus, vorausgesetzt, daß wir mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden. Demzufolge halte ich dafür, daß die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden wird.“ (Röm. 8:3, 4, 14-18; 2. Kor. 5:17; Gal. 6:15) Welch wunderbare Aussicht! Sie werden mit Christus zusammen das himmlische Königreich bilden und mit ihm tausend Jahre über die Erde herrschen und die Menschen mit ewigen Segnungen erfreuen. Durch sie wird Jehova gemäß seiner schriftlich niedergelegten Verheißung die Stätte seiner Füße herrlich machen. (Jes. 60:13) Wir sehen also, daß Gott langmütig ist, um durch Christus und sein Königreich seinen Namen und sein Wort zu rechtfertigen.
JESUS CHRISTUS, EIN BEISPIEL FÜR LANGMUT
18. Durch wen und wie wurde Jehovas Langmut am besten veranschaulicht?
18 Unter den Menschen auf der Erde wurde Jehovas Langmut durch das Leben Jesu Christi am besten veranschaulicht. Der Apostel Paulus schrieb: „Wir [halten] unseren Blick auf Jesus, den Hauptvermittler und Vervollkommner unseres Glaubens, gerichtet ... Für die vor ihm liegende Freude erduldete er einen Marterpfahl, der Schande nicht achtend und hat sich zur Rechten des Thrones Gottes niedergesetzt.“ (Hebr. 12:2) Wie langmütig Jesus doch den Armen und Kranken gegenüber war! Wie langmütig er gegenüber Pilatus und Herodes war! Sogar denen gegenüber, die ihn an den Pfahl schlugen, war er langmütig, denn er sagte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Luk. 23:34) Der Prophet Jesaja schrieb über Jesus Christus: „Er wurde mißhandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, gleich dem Lamme, welches zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern, und er tat seinen Mund nicht auf.“ (Jes. 53:7) Er beklagte sich nicht, noch murrte er, sondern er freute sich in seinen Leiden über die vor ihm liegende Freude.
19. In welcher Hinsicht ist die Langmut Christi für uns ein gutes Beispiel?
19 Jesus zeigte den Menschen, wie man Leiden mit echter Würde erträgt. Durch sein Beispiel lehrte er seine Nachfolger, einander trotz Schwächen zu ertragen. Denken wir nur daran, wie er Petrus, Thomas und die anderen Apostel trotz ihrer Schwachheiten ertrug und wie er sie nach seiner Auferstehung auferbaute. (Joh. 20:24-29; 21:15-17) Er bewies seine Langmut auch dadurch, daß er sich mit Trinkern, Aussätzigen und Prostituierten trotz ihrer Fehler und Schwächen befaßte. Er ertrug die Lästerungen der Unwissenden, die ihn befragten, und die Boshaftigkeit derer, die ihm schlecht gesinnt waren, ohne sich zu ärgern, ohne zornig zu werden oder an Vergeltung zu denken. Dadurch gab er uns ein nachahmenswertes Beispiel.
20. Was müssen wir lernen, um langmütig sein und Leiden ertragen zu können?
20 Um langmütig sein und Leiden ertragen zu können, muß man manches lernen, und selbst der vollkommene Mensch Jesus mußte in dieser Beziehung lernen. Die Bibel sagt: „In den Tagen seines Fleisches brachte Christus Flehen und auch Bitten mit starkem Schreien und Tränen vor den, der ihn aus dem Tode zu erretten vermochte, und er wurde wegen seiner Gottesfurcht erhört. Obwohl er Sohn war, lernte er Gehorsam durch die Dinge, die er litt; und nachdem er vollkommen gemacht worden war, wurde er für die ewige Rettung all derer verantwortlich, die ihm gehorchen.“ (Hebr. 5:7-9) Gehorsam ist etwas, was alle lernen müssen, die errettet werden. — 1. Sam. 15:22, 23.
GOTTES LANGMUT AUCH HEUTE NOTWENDIG
21. Wie bewies Jehova seine Langmut in der heutigen Zeit?
21 Daß Gottes Langmut auch in unserer Zeit notwendig wäre, hob Jesus Christus hervor, als er sagte: „Sollte also Gott ... nicht auch seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, Recht verschaffen, auch wenn er ihnen gegenüber langmütig ist? Ich sage euch: Er wird ihnen eilends Recht verschaffen. Dessenungeachtet: wird der Sohn des Menschen, wenn er gekommen ist, wirklich den Glauben auf der Erde finden?“ (Luk. 18:7, 8) Als Jehova Gott mit seinem Sohn und inthronisierten König zu seinem Tempel kam, um Gericht zu halten, mußte er gegenüber den sich zum Christentum Bekennenden auf der Erde sehr langmütig sein. Diese ihm hingegebenen Christen steckten tief in der babylonischen Religion. Ihre Kleider waren gleichsam mit religiöser Heuchelei und politischen Kompromissen befleckt. Gott hatte ihre Schwachheiten lange ertragen. Die Aufrichtigen erkannten die Langmut Gottes rechtzeitig; sie bereuten ihre Sünden und brachten ihr Leben in Ordnung. Jehova segnete sie, indem er ihnen das Vorrecht verlieh, auf der ganzen Erde seine Zeugen zu sein. Sie erhielten von ihm den herrlichen Schatz des Dienstes, der darin bestand, das aufgerichtete Königreich Gottes und den eilends herannahenden Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen, der an dem Ort, Harmagedon genannt, stattfinden wird, anzukündigen. — Matth. 24:14; Offb. 16:16.
22. Wieso hat sich Jehovas Langmut für die Menschheit segensreich ausgewirkt?
22 Gottes Langmut hat sich tatsächlich segensreich ausgewirkt. Sie hat bewirkt, daß Gott in vermehrtem Maße verherrlicht wurde und die Menschheit einen Erlöser erhielt und dadurch erneut hoffen konnte, ewiges Leben zu erlangen. (Tit. 1:1, 2; 1. Joh. 2:25) Sie ermöglichte die Bildung einer aus vielen geistigen Söhnen bestehenden Königreichsregierung, durch die die Menschen gesegnet werden sollen. In den gegenwärtigen letzten Tagen konnte dank der Langmut Jehovas nicht nur die Zahl der Glieder der Königreichsklasse vervollständigt, sondern auch einer großen Volksmenge die Gelegenheit geboten werden, Gottes Barmherzigkeit anzunehmen und aus seiner Rettungsvorkehrung Nutzen zu ziehen. Darüber hinaus bewirkte sie, daß auf der ganzen Erde die wahre Anbetung wiederhergestellt wurde und heute eine Gesellschaft von Menschen vorhanden ist, die diese Anbetung pflegt und dem Vorhaben Gottes treu dient. Das ist in unseren Augen wunderbar, denn wäre Jehova nicht langmütig gewesen, so wäre kein Fleisch gerettet worden. (Matth. 24:22) Nun sehen wir aber die kostbare Frucht der göttlichen Langmut: über eine Million Menschen, die Gott lobpreisen. Jehova hat durch seine Langmut in der Tat seinen Ruhm erhöht!
23. (a) Wovor werden wir in Verbindung mit der Langmut Gottes gewarnt? (b) Was dürfen Christen nie vergessen, wenn die Langmut Gottes ihren Zweck nicht verfehlen soll?
23 Mit dieser guten Botschaft ist jedoch auch ein Wort der Warnung verbunden: Wir sollten als einzelne und auch als Gesamtheit dafür sorgen, daß die Langmut Gottes ihren Zweck nicht verfehlt. Der Apostel Petrus mahnt in dieser Hinsicht treffend zur Vorsicht, wenn er sagt: „Jehova ist hinsichtlich seiner Verheißung nicht langsam, wie es einige für Langsamkeit halten, sondern er ist geduldig mit euch, weil er nicht will, daß irgend jemand vernichtet werde, sondern will, daß alle zur Reue gelangen.“ Dann sagt er weiter: „Jehovas Tag wird kommen wie ein Dieb.“ Die Bösen werden vernichtet. Wir sollten von dieser Tatsache — daß der Tag Jehovas kommt und die Bösen vernichtet werden — fest überzeugt sein. Wir sollten darum „die Geduld unseres Herrn als Rettung“ betrachten und daraus Nutzen ziehen. Allen, die das tun, stehen ewige Segnungen in Gottes neuer Ordnung unter Christus bevor, Segnungen, die die Frucht der Langmut Gottes sind. — 2. Petr. 3:9-18; Gal. 6:9.