Der Arme erhöht und getröstet
„Lobet Jehova! . . . Der aus dem Staube emporhebt den Geringen, aus dem Kote erhöht den Armen [Bedürftigen, AS], um ihn sitzen zu lassen bei den Edlen [Fürsten, ZB], bei den Edlen [Fürsten] seines Volkes.“ — Ps. 113:1, 7, 8.
1. Zu wem müssen die Armen der Erde jetzt aufblicken, und warum zu ihm?
JEHOVA Gott ist der Eine, zu dem all die Armen der Erde an diesem Tage der Weltbedrängnis aufblicken sollten. Er verachtet ihren elenden Zustand nicht. Seine Ohren sind nicht verschlossen vor ihrem Seufzen und Jammern, sondern er nimmt Kenntnis von ihren Bedürfnissen und bietet ihnen gerade jetzt die rechte Hilfe an. Abraham Lincoln, ein Mann, der aus der Armut heraus auf den Präsidentenstuhl der Vereinigten Staaten von Amerika kam, sagte einmal: „Gott muss die Armen geliebt haben, da er ihrer so viele machte.“ Doch ist nicht Gott es, der den Menschen arm machte, ja, der die wenigen reich und die vielen arm gemacht hätte. Nicht er hat Klassenunterschiede zwischen reich und arm geschaffen. Es ist nicht sein Wille gewesen, dass die vielen so lange mit Armut geschlagen wurden, so dass die Armen schliesslich nun in Massen unter kommunistischen Führern aufstehen, um die reichen Kapitalisten zu stürzen und unter kommunistischen Diktatoren alles Volk sozial und wirtschaftlich auf die gleiche Stufe zu bringen. Gottes Widersacher, Satan, der Teufel, hat dies getan. Dieser Böse ist es, der nun falsche politische und wirtschaftliche Systeme zur Hilfe für die bedrückten Massen beantragt, um sie abzulenken von dem einzig wirksamen Mittel zur Abhilfe, von dem durch Jehova Gott bereiteten. Wenn solch menschliche Notstandsmassnahmen angewandt werden, um die Verhältnisse der Armen zu verbessern und den rückständigen Gebieten der Welt Hilfe zu bringen, werden die Bürden des Volkes dadurch nur erhöht, und es verarmt und wird immer mehr bedrückt. Gott, der Allmächtige, aber ist den Armen seines Volkes stets zu Hilfe gekommen. Nun wird er ihre Sache vollständig rechtfertigen und sie in Reichtum hineinführen, der selbst jenen übertrifft, welchen das erste Menschenpaar zu Beginn der Menschheit in Eden besass. Das Mittel, dessen sich Gott hierzu bedient, ist sein Königreich in den Händen seines Sohnes Jesus Christus.
2. Worin ist das Volk hauptsächlich arm gehalten worden, und wie?
2 Die Armut des Volkes ist nicht nur eine solche an materiellen, sondern hauptsächlich an geistigen Gütern. Die Geistlichkeit der kirchlich anerkannten christlichen und jüdischen Religionssysteme muss jetzt zugeben, dass sie das Volk in geistiger Armut gelassen hat. Sie ist zugunsten der weltlich Reichen parteiisch gewesen und hat stillschweigend der Bedrückung der Armen zugeschaut, all dies während sie sich den Schein grosser Gerechtigkeit gab. Geistiger Reichtum jedoch hätte das Los des Volkes inmitten von Ungerechtigkeit und Beschwerden dieser Welt erleichtert. Solcher Reichtum hätte einen gewaltsamen, radikalen Aufstand wider die bestehende Welteinrichtung von heute verhindert. Man braucht keinen selbstischen, materiellen Reichtum, um wirklich wohlhabend, glücklich und zufrieden zu sein.
3. Wer war der Ärmste, doch Glücklichste auf Erden, und weshalb?
3 An irdischen Gütern gemessen, gehörte Jesus Christus als Mensch auf Erden zu den Ärmsten der Armen. Er wurde bei seiner Geburt nicht in eine prächtige Wiege gelegt, sondern in die Krippe eines Tieres, weil in der Dorfherberge kein Platz für Besucher vorhanden war. Als Prediger des Königreiches Gottes konnte er kein Heim sein eigen nennen. „Füchse haben Höhlen, und Vögel des Himmels haben Schlafsitze, aber der Sohn des Menschen hat keine Stätte, wo er sein Haupt niederlege.“ (Matth. 8:20, NW) Wegen seines geistigen Reichtums aber hatte er wirkliche und treue Freunde, insbesondere seinen Vater im Himmel und die Menschen guten Willens auf Erden. Er besass eine Freude, die ihm kein Geschöpf nehmen konnte. Er war der glücklichste Mensch auf Erden, so dass er gut den wahren Zustand des Glücks in seiner Bergpredigt beschreiben konnte, die wie folgt beginnt: „Glücklich jene, die sich ihres geistigen Mangels bewusst sind, da das Königreich der Himmel ihnen gehört.“ (Matth. 5:3, NW) Durch ein Bekanntwerden mit ihm können jetzt alle Armen geistig reich gemacht werden und können sich der Hoffnung erfreuen, frühzeitig in den Besitz all der andern Reichtümer zu gelangen, die in der gerechten neuen Welt unter seinem Königreich erhältlich sind.
4. Für welche Veränderung der Sachlage war nun die Zeit gekommen, wie Jesus dies zeigte, und wie veranschaulichte er es?
4 Jesus wusste damals, dass Satans Welt andauern sollte, ohne dass Gott dazwischenträte, bis die „bestimmten Zeiten der Nationen“ im Jahre 1914 endeten. So bemühte er sich, die Menschen, die sich ihres geistigen Mangels bewusst waren, geistig mit der Botschaft vom Reiche Gottes und mit einem vermehrten Verständnis seines aufgezeichneten Wortes reich zu machen. Er zeigte, dass die Zeit gekommen war, da sich, veranlasst durch Gott, das Blatt für die wendete, die reich waren an weltlichen Gütern, an politischer Macht und religiöser Gewalt und Einfluss, und da er die erhöhte, die ihren geistigen Mangel fühlten. Dies illustrierte er in einem Gleichnis, das er sprach, im Gleichnis vom reichen Mann und Lazarus. „Gleichnis“ nennen wir es, denn wenn wir diese Beschreibung der Angelegenheiten des Reichen und des Lazarus buchstäblich deuteten, würde damit das interessante Wortbild Jesu zu einer Ungereimtheit herabgewürdigt. Wegen des klaren Sinnes, den es für uns heute hat, werden wir eine Betrachtung dieses trostreichen Gleichnisses aufnehmen. In seinem Verlaufe werden wir die Punkte beachten, die zeigen, dass es nicht buchstäblich aufgefasst werden kann, so wie es Religionsgeistliche darlegen, um die Menschen unter ihre Macht zu bekommen, indem sie sie schrecken durch die Furcht, sie würden nach dem Tode in einem buchstäblichen Feuer und Schwefel ewiglich gequält.
DER REICHE MANN
5, 6. a) Wem zur Warnung gab Jesus das Gleichnis, und warum? b) Wen stellt der reiche Mann im allgemeinen dar?
5 Als Jesus dieses Gleichnis sprach, hörten Anhänger der strengen religiösen Sekte der Pharisäer zu, und zweifellos war es ihnen eine Warnung. „Die Pharisäer nun, die geldliebend waren, hörten all diesen Dingen zu, und sie begannen, über ihn hohnzulachen.“ So sagte denn Jesus nach einigen passenden Bemerkungen: „Um fortzufahren: Ein gewisser Mann war reich, und er pflegte sich in Purpur und Leinwand zu kleiden, und Tag für Tag erfreute er sich eines prunkvollen Lebens.“ (Luk. 16:14, 19, NW) Sein Name war nicht etwa „Di’ves“, doch benutzt die lateinische Vulgata-Version der Bibel das Wort in bezug auf ihn, weil es das lateinische Wort für „reicher Mann“ ist. Deswegen wird der Reiche [im englischen Sprachgebiet] allgemein „Di’ves“ genannt, und auch wir können das tun. Die Frage erhebt sich nun: Wer ist dieser Reiche?
6 Jesus zeichnete den reichen Mann nicht durch einen Namen aus, sondern beschrieb ihn lediglich, um eine Klasse Menschen zu beschreiben, die er darstellt. Übereinstimmend mit seinem Reichtum, kleidete er sich in Purpur und Leinwand und erfreute sich täglich eines prunkvollen Lebens, wozu auch ein reich gedeckter Tisch gehörte. Da Jesus seine Worte direkt zu den Juden sprach, veranschaulicht der Reiche zuerst eine Klasse unter ihnen, welche Vorrechte und Vorteile gleich den beschriebenen besitzt. In der endgültigen Anwendung des Gleichnisses zu unserer Zeit veranschaulicht er eine ähnliche Klasse von heute, das Gegenstück von derjenigen zur Zeit Jesu. Jesus sprach zum Teil zum Nutzen der Pharisäer, die zuhörten und die geldliebend waren. So zeigen denn die Tatsachen und die Schriften, dass der reiche Mann eine Klasse religiöser Führer darstellt, die reich sind an geistigen Vorrechten und günstigen Gelegenheiten und die sich so benehmen wie der reiche Mann.
7. Was wird dadurch dargestellt, dass der reiche Mann sich in Purpur kleidete?
7 Kleidung ist ein Sinnbild von Stellung, Rang, materiellen Mitteln und Kenntlichmachung. Purpur war eine Farbe der Königswürde. Als die römischen Soldaten über die königlichen Ansprüche und die Abstammung Jesu spotteten, da „warfen sie ihm ein purpurnes Oberkleid um“ und sagten zu ihm: „Guten Tag, du König der Juden!“ (Joh. 19:2-5, NW; Mark. 15:16-20) Die Führer erhoben den Anspruch, für Gottes Königreich bereit zu sein, indem sie sich der Worte Gottes erinnerten, die Mose am Berge Sinai zu ihnen gesprochen hatte: „Und nun, wenn ihr fleissig auf meine Stimme hören und meinen Bund halten werdet, so sollt ihr mein Eigentum sein aus allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein; und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein.“ (2. Mose 19:5, 6) Jesus bezog sich auch auf sie als die „Kinder des Königreiches“ und enthüllte uns, wer sie waren, indem er sprach: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! weil ihr das Königreich der Himmel vor den Menschen verschliesset; denn ihr selbst gehet nicht hinein, noch lasst ihr die auf dem Wege sind, hineinzugehen, hineingehen.“ Wegen dieser Handlungsweise sagte Jesus: „Das Königreich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden, die dessen Früchte hervorbringt“; und die Oberpriester und die Pharisäer merkten, dass er von ihnen redete. (Matth. 8:12; 23:13; 21:43, 45, NW). So wird uns schon hier der reiche Mann gekennzeichnet als Vertreter der heuchlerischen Pharisäer, Schriftgelehrten und Oberpriester, wozu auch die Sadduzäer gehörten; und diese bildeten die jüdische Geistlichkeit oder die religiösen Führer.
8. Was stellte es dar, dass er sich selbst in Leinwand kleidete?
8 Der reiche Mann kleidete sich nicht allein in Purpur, sondern auch in Leinwand. Dies ist bedeutsam, denn in der Schrift versinnbildlicht Leinwand Gerechtigkeit: „die feine Leinwand stellt die gerechten Taten der Heiligen dar.“ (Off. 19:8, NW) Wenn es eine Klasse auf Erden gab, die auf Gerechtigkeit, auf selbsterworbene Gerechtigkeit, Anspruch erhob, so waren es diese jüdischen Religionisten. Als nun die Pharisäer über Jesus hohnlachten, sagte er zu ihnen, gerade bevor er vom reichen Mann und Lazarus erzählte: „Ihr seid es, die sich selbst gerechtsprechen vor Menschen, doch Gott kennt eure Herzen; denn was erhaben ist unter Menschen, ist ein Abscheu in Gottes Augen.“ (Luk. 16:15, NW) So sagte er ihnen, sie hätten ihr Äusseres, bildlich gesprochen, in Leinwand gehüllt, hätten es aber getan, um ein abscheuliches Inneres zu verdecken. Später wies er darauf hin mit den Worten: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! denn ihr gleichet übertünchten Gräbern, die äusserlich zwar schön erscheinen, inwendig aber voll sind von Totengebeinen und von allerlei Unreinigkeit. So erscheint auch ihr äusserlich zwar vor Menschen gerecht, inwendig aber seid ihr voll Heuchelei und Gesetzlosigkeit.“ (Matth. 23:27, 28, NW) Aus diesem Grunde gab er das Gleichnis vom Pharisäer und dem verachteten Steuereinnehmer, weil die von der pharisäischen Menge „auf sich selbst vertrauten, dass sie gerecht seien und . . . die übrigen für nichts achteten.“ (Luk. 18:9-14, NW) Der Steuereinnehmer aber ging heim und war in Wirklichkeit gerechter als der Pharisäer.
9. Warum fehlte ihrer Gerechtigkeit die richtige Grundlage?
9 Ihre feine Leinwand zur Schau stellend, paradierten sie öffentlich mit ihrer Gerechtigkeit, um von Menschen gesehen zu werden, welche vor ihnen herposaunten, wenn sie ihre Wohltätigkeitsgaben austeilten, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und Beifall zu ernten. (Matth. 6:1, 2) Der Apostel Paulus war einst ein eifriges Glied der strengen Sekte der Pharisäer und betrachtete sich selbst als untadelig, soweit es die Gerechtigkeit auf Grund des Mosaischen Gesetzes betraf. Doch verliess er den falschen Weg der Selbstgerechtigkeit, um wirkliche Gerechtigkeit zu erlangen: „nicht meine eigene Gerechtigkeit, die sich aus dem Gesetz ergibt, sondern die durch Glauben an Christus ist, die Gerechtigkeit, die von Gott aus kommt auf Grund des Glaubens.“ (Phil. 3:4-6, 9, NW) Als Christ beklagte er den Lauf der Israeliten unter der Führerschaft ihrer Geistlichkeit und sagte: „Israel, obwohl es einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebte, erreichte das Gesetz nicht. Aus welchem Grunde? Weil es ihm nicht durch Glauben, sondern als durch Werke nachstrebte . . . Denn ich gebe ihnen Zeugnis, dass sie Eifer für Gott haben, doch nicht gemäss genauer Erkenntnis; denn weil sie die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten, sondern ihre eigene aufzurichten suchten, unterwarfen sie sich nicht der Gerechtigkeit Gottes. Denn Christus ist das vollendete Ende des Gesetzes, so dass jeder, der Glauben übt, Gerechtigkeit haben kann.“ (Röm. 9:31, 32; 10:2-4, NW) So war denn die Leinwand, womit sich die Klasse des „reichen Mannes“ bekleidete, nicht von der Art, die Gott durch Christus gibt. Es war Selbstgerechtigkeit, und mutig stellte Jesus sie als solche bloss.
PERSONEN MIT EINEM STAMMBAUM
10, 11. a) Welche Abstammung stärkte ihre Selbstsicherheit? b) Was aber erkannten sie nicht in bezug auf die Ungewissheit ihrer Stellung?
10 Etwas, was die Klasse des „reichen Mannes“ in ihrer Selbstsicherheit und ihrem Hochmut stärkte, war die Tatsache, wie das Gleichnis später zeigt, dass deren Glieder die natürlichen Nachkommen Abrahams waren. Dem Abraham hatte Jehova Gott unter seinem eigenen Eide die Verheissung gegeben: „Ich schwöre bei mir selbst, spricht Jehova, . . . ich [werde] deinen Samen sehr mehren, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist; und dein Same wird besitzen das Tor seiner Feinde; und in deinem Samen werden gesegnet werden alle Nationen der Erde.“ (1. Mose 22:16-18, Fussn.) Folglich sagten sie zu Jesus: „Wir sind Abrahams Nachkommen, und niemals sind wir irgend jemandes Sklaven gewesen.“
11 Jesus erwiderte: „Ich weiss, dass ihr Abrahams Nachkommen seid; doch sucht ihr mich zu töten, weil mein Wort keinen Fortschritt unter euch macht.“ Er sagte, dass sie auch Abrahams Werke tun sollten, wenn sie Abrahams Kinder wären. Doch schon vor Jesus hatte Johannes der Täufer sie davor gewarnt, sich zuviel auf die natürliche Abstammung vom treuen Freunde Gottes zu verlassen. Als er die vielen Pharisäer und Sadduzäer erblickte, die zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: „Ihr Vipernbrut . . . masset euch nicht an, bei euch selbst zu sagen: ‚Als Vater haben wir Abraham.‘ Denn ich sage euch, dass Gott dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken kann.“ (Joh. 8:33, 37, 39 und Matthäus 3:7-9, NW) Sie stammten von Natur aus dem Geschlecht Abrahams gleich den natürlichen Zweigen eines edlen Ölbaums. Doch erkannten sie nicht, dass sie von diesem Stamm ausgebrochen werden konnten, weil sie nicht an den Sohn Gottes glaubten, den hauptsächlichen Samen Abrahams, Jesus Christus. Zudem konnten Zweige eines wilden Ölbaums auf übernatürliche Weise in die durch sie frei gewordenen Stellen eingepfropft werden. Noch etwas: Abraham hatte zwei natürliche Söhne, Ismael und Isaak; und sie konnten verworfen werden gleichwie Ismael, wodurch Isaak der volle Erbe blieb, weil er in Erfüllung der göttlichen Verheissung an Abraham durch ein Wunder geboren wurde. — Röm. 11:1, 17-24; Gal. 4:29, 30.
12. Zufolge welches Besitzes konnten sie an einem reichgedeckten Tische schwelgen?
12 Da die Israeliten zufolge ihrer Abstammung von den treuen Vorfahren, Abraham, Isaak und Jakob, von Natur so hoch begünstigt waren, erfreuten sie sich Tag um Tag eines grossartigen Lebens. Die Klasse des „reichen Mannes“ konnte sich an einem reich gedeckten Tisch erlaben, weil sie geistig reichlich versorgt war, wie das Gleichnis Jesu es uns zeigt: sie hatte „Mose und die Propheten“. Mose stellte das Gesetz und die von ihm geschriebenen ersten fünf Bücher der Bibel dar, während die Propheten die Schriften der frühen und späteren Propheten enthielten, und damit verbunden waren die Psalmen oder eine Sammlung biblischer Bücher, denen die Psalmen vorangingen. Alle diese zusammen bildeten die Hebräischen Schriften, und aus diesen zitierte Jesus beständig, um zu beweisen, dass er der Messias oder Christus, der verheissene Same Abrahams, sei. „Und beginnend bei Mose und allen Propheten legte er ihnen in all den Schriften die Dinge aus, die ihn betrafen.“ Er sagte: „Alle Dinge müssen erfüllt werden, die im Gesetz Moses und in den Propheten und Psalmen über mich geschrieben sind.“ — Luk. 24:27, 44, NW.
13. Vor wem also besassen sie einen Vorteil? Wie wurde dies bezeugt?
13 Somit hatten die beschnittenen Israeliten, welche diesen ihnen von Gott gegebenen Schatz besassen, vor allen heidnischen Nationen einen Vorteil. Paulus fragt: „Was denn ist der Vorzug des Juden, oder was der Nutzen der Beschneidung? Viel in jeder Hinsicht. Fürs erste, weil ihnen die heiligen Aussprüche Gottes anvertraut wurden.“ (Röm. 3:1, 2, NW) Als Stephanus, der christliche Märtyrer, vor dem jüdischen Sanʹhe·drin stand, bei dem der Hohepriester präsidierte, sagte er zu ihnen: „Das ist der Mose, der . . . in der Versammlung in der Wüste weilte mit dem Engel, welcher auf dem Berge Sinai zu ihm und mit unsern Vorfahren redete, und er empfing lebendige heilige Aussprüche, um sie euch zu geben.“ (Apg. 7:37, 38, NW) Der Apostel Paulus sprach von ihnen als von „meinen Brüdern, meinen Verwandten gemäss dem Fleische, die als solche Israeliten sind, denen die Adoption als Söhne gehört und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der heilige Dienst und die Verheissungen; denen die Vorfahren gehören und aus denen Christus gemäss dem Fleische stammt.“ (Röm. 9:3-5, NW) Jehova Gott setzte seinem erwählten Volke tatsächlich ein Festmahl vor, das nur es erhielt, und daher sagte der Psalmist: „Er verkündet Jakob sein Wort, Israel seine Satzungen und seine Rechte. Keiner Nation hat er also getan; und die Rechte, sie haben sie nicht gekannt. Lobet Jehova!“ — Ps. 147:19, 20.
14. Wer besonders in Israel sass am Festmahl? Lagen sie am Busen Abrahams?
14 Dieses Vorrecht, am Festmahl zu sitzen, besassen insbesondere die religiösen Führer in Israel, die Klasse des „reichen Mannes“ von damals. Sie hatten somit den „Schlüssel der Erkenntnis“, und es war ihr Vorrecht, das gewöhnliche Volk zu lehren. Doch wenn sie auch am Tische des Reichen schwelgten, sich grossartig zurücklehnten und sich anmassten, Abrahams verheissener Same zu sein, lagen sie doch nicht am „Busen Abrahams“, noch erhielten sie dessen höchste Gunst. Jesus enthüllte den Grund hiervon, wenn er zu seinen religiösen Gegnern sagte: „Wehe euch, die ihr in dem Gesetz bewandert seid, weil ihr den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen habt; ihr selbst seid nicht hineingegangen, und die Hineingehenden habt ihr gehindert!“ (Luk. 11:52, NW) Bestimmt stellt der „reiche Mann“ eine selbstsüchtige Klasse Religionisten von damals und heute dar. Wiewohl sie versehen ist mit einem solch reichen Tisch voll geistiger Nahrung, lässt sie doch nur sehr wenig davon abfallen oder wegwerfen, damit die Armen sich daran erfreuen könnten.
DER ARME BETTLER LAZARUS
15. Wer wurde an das Tor des reichen Mannes gelegt? Und warum?
15 Jesus lenkt nun unsern Blick vom Innern des Palastes des Reichen weg und hinaus an dessen Tor mit den Worten: „Aber ein gewisser Bettler namens Lazarus pflegte an sein Tor gelegt zu werden, voller Geschwüre, und er begehrte, sich mit den Dingen zu sättigen, die vom Tische des reichen Mannes fielen. Ja, auch die Hunde kamen und leckten seine Geschwüre.“ (Luk. 16:20, 21, NW) Lazarus, der Bettler, hatte ein Recht, am Tor eines Reichen zu sein, denn Gottes Gesetz lehrte die Wohlhabenden ausdrücklich, für die Armen eine offene Hand zu haben. Wenn die Klasse des „reichen Mannes sich dem Gesetze Gottes gemäss selbstlos benommen, wenn sie Liebe zu ihrem Nächsten wie zu sich selbst bekundet hätte, so hätte es keine Armen im Lande gegeben. Jetzt aber, da wegen der selbstsüchtigen Einrichtung der Welt tatsächlich Arme im Lande waren, stand der Reiche unter den Pflichten des Gesetzes und auch unter der Warnung durch die Propheten, doch die Armen zu beachten und ihnen Hilfe zu gewähren. — 5. Mose 15:4, 7, 9, 11; Ps. 41:1, 2.
16. Ist unter Lazarus eine buchstäbliche Person zu verstehen? Was zeigt dieser Name an?
16 Gleichwie der selbstsüchtige Reiche eine gewisse Klasse Menschen darstellte, so hat der Bettler oder Arme eine Klasse der Zeit Jesu wie auch der Gegenwart dargestellt. Die Klasse zur Zeit Jesu erkennend, können wir auch die Klasse erkennen, die heute das Gegenstück dazu bildet. Von 1881 bis Ende 1939 wurde gelehrt, der reiche Mann stelle die jüdische Nation als Ganzes dar, und der Bettler veranschauliche die Heiden oder alle Nationen ausserhalb Israels.a Doch gibt Jesus dem Bettler den Namen Lazarus, was ein jüdischer Name ist und anzeigt, dass er ein Jude, nicht ein Heide war. Es ist eine griechische Form des Namens „Eleasar“, der bedeutet „Gott ist Helfer“. Die Tatsachen zeigen, dass diese „Bettler“-Klasse mit Juden ihren Anfang nahm, jedoch erweitert wurde, um Heiden einzuschliessen, so dass sie heute grösstenteils aus Nichtjuden besteht. Lazarus war von derselben jüdischen Gemeinde wie der reiche Mann. Zwischen ihnen war keine Scheidewand wegen Rasse oder natürlicher Herkunft. Der Unterschied zwischen ihnen entstand zufolge des Vorzuges und der Vorrechte, welche die religiöse Geistlichkeit sich selbstsüchtig angemasst hatte.
17. Wen veranschaulicht Lazarus, und warum als Bettler?
17 Der Bettler Lazarus stellt daher das arme Volk dar, sowohl von den Juden von damals wie jetzt von der Christenheit. Die Religionsgeistlichen und Führer vorenthalten ihm eine richtige geistige Nahrung, Vorrechte und Aufmerksamkeit, auf die sie, gemäss Gottes Willen und Befehlen, ein Recht haben. Zur Zeit Jesu schloss die Klasse des „reichen Mannes“ die Pharisäer ein, und diese behandelten das gewöhnliche Volk mit äusserster Verachtung. Die Geschichte sagt uns, dass sie sie ‵am ha-arets oder Volk der Erde nannten, das unter ihren Füssen und ihrer Beachtung nicht wert sei. Einer Auferstehung zu ewigem Leben würdig? Solche Leute nicht! Menschen, welche die Jünger der jüdischen Rabbis oder Lehrer wurden, dachten, sie seien dazu weit besser geeignet. Dadurch, dass sie die Rabbis gut bezahlten, erkauften sie sich das günstige Urteil solcher Lehrer. Wie treffend sagt doch der Bericht des Lukas, dass die Pharisäer dem Gleichnis Jesu zugehört hatten und geldliebend waren und über Jesus von Nazareth hohnlachten, da sie dachten, aus dieser unbedeutenden Stadt könnte nichts Gutes hommen! Sie ‚vertrauten auf sich selbst, dass sie gerecht waren und . . . achteten die übrigen für nichts.‘ — Joh. 1:46; Luk. 18:9-11, NW.
18, 19. Weshalb wurde er als voller Geschwüre, als Genosse von Hunden veranschaulicht?
18 Solch religiöse Führer, die in ihre Leinwand der Selbstgerechtigkeit gekleidet waren, schauten herab auf das arme, ungelehrte Volk und betrachteten es als geistig krank, wie einen Lazarus, der mit Geschwüren bedeckt war. Sie betrachteten die Armen gleichwie Hiobs drei selbstgerechte Freunde ihn betrachteten, als Satan, der Teufel, ihn von Kopf bis Fuss mit Geschwüren geschlagen hatte, damit es aussehe, als ob Gottes Hand wider Hiob sei. Verächtlich sagten die Oberpriester und Pharisäer über das Volk, das an Jesus glaubte: „Diese Menge, die das Gesetz nicht kennt, sie sind verflucht.“ — Hiob 2:1-13; Joh. 7:49, NW.
19 Somit bezeichneten sie solche Leute als unter Gottes Fluch stehend und geeignet, nur in enger Verbindung zu sein mit Hunden, welche das Fleisch von Tieren essen durften, die von Tieren des Feldes zerrissen worden waren und welchen man nichts Heiliges vorwerfen durfte. Mochten sie in der Stadt umherstreifen wie hungrige Aashunde bei der Dämmerung und heulen, wenn sie nichts zu fressen fanden. Die unbeschnittenen Heiden bezeichnete man als Hunde; mochten diese die Geschwüre der Armen lecken und ihnen etwas Linderung verschaffen. (2. Mose 22:31; Matth. 7:6; 15:26, 27; Ps. 59:6, 14, 15; Mark. 7:27, 28) Da sie von den erhabenen Führern, die sie mit Geringschätzung behandelten, in geistiger Hinsicht vernachlässigt wurden, mussten sie natürlich voller Geschwüre und geistig krank werden. Zu solch Vernachlässigten und Kranken kam Jesus, um ihnen Gottes heilendes Wort auszuteilen. Als die Pharisäer sich bei seinen Jüngern beschwerten: „Wie kommt es, dass euer Lehrer mit Steuereinnehmern und Sündern isst?“ sagte Jesus: „Gesunde brauchen keinen Arzt, sondern die Leidenden. Gehet denn und lernet, was dieses bedeutet: ‚Ich will Barmherzigkeit und nicht Opfer.‘ Somit bin ich gekommen, nicht um Gerechte zu berufen, sondern Sünder.“ — Matth. 9:11-13, NW; Mark. 2:16, 17.
20. Wer legte den Bettler an das Tor des reichen Mannes, und warum dorthin?
20 Der Bettler Lazarus wurde an das Tor des Reichen gelegt, denn er wünschte, mit den Dingen gesättigt zu werden, die von des Reichen Tische fielen. Was immer von diesem reichgedeckten Tisch weggeworfen wurde, vermisste der Reiche nie. Es konnte dem Bettler gegeben werden ohne ein Fanfarengeschmetter, wodurch man die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf seine Wohltätigkeit gegenüber den Armen gelenkt hätte. Jemand von der Gemeinde hatte Lazarus an sein Tor gelegt. Gleichwie Lazarus dachte man, die religiöse Geistlichkeit sei es, von der allein geistige Nahrung von Gott erhältlich wäre, und so wies man die Lazarusklasse des armen, ungelehrten Volkes an, in bezug auf alle geistige Nahrung zu den religiösen Führern und Lehrern aufzublicken.
21. Womit wünschte die Lazarusklasse ernährt zu werden, doch was erhielt sie?
21 Die Lazarusklasse hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie ist sich ihres geistigen Mangels bewusst und wünscht geistige Nahrung, damit sie in einen gesunden Herzens- und Geisteszustand gelange und stark werde, um Gott richtig zu dienen. Sie wünscht mehr als nur die leeren, nichtigen Philosophien von Menschen; doch ist dies es, was die Klasse des „reichen Mannes“ ihr gibt. Sie gibt ihr die Vorschriften von Menschen und die Traditionen religiöser Ältesten, die über Gottes Befehle hinausgehen und sein Wort wirkungslos machen. Für sich selbst nach Wohlbehagen trachtend, bindet sie schwere Bürden und legt sie auf die Schultern der Menschen. Sie selbst will nicht durch Jesus Christus in das Königreich eingehen und sucht auch die Lazarusklasse am Hineingehen zu hindern. Demzufolge hat sie nur kleine Bissen von wirklich geistiger Nahrung im Interesse der Gesundheit und Kraft der Lazarusklasse fallenlassen. Diese hat nur wenig Trost aus Gottes Wort und Vorkehrungen empfangen, während die Klasse des selbstgerechten „reichen Mannes“ all die hauptsächlichsten Segnungen auf sich anwendet. (Kol. 2:8; Matth. 15:1-9; 23:4, 13, NW) Es ist daher nicht verwunderlich, dass Jesus die religiöse Klasse des „reichen Mannes“ öffentlich geisselte und sie „Heuchler, Toren, blinde Leiter, Schlangen, Vipernbrut“ nannte. Wie grossmütig, dass er die Sache der Armen in die Hand nahm und die Armen erhöhte und tröstete!
[Fußnote]
a Siehe „Lazarus getröstet“ im Wachtturm (engl.) vom 15. Dezember, deutsch vom 15. Januar 1940; ferner „Der Arme getröstet“ in der Broschüre Flüchtlinge, herausgegeben 1940.