Religion in der Politik bedeutet Krieg gegen Gott
„Du hast die Hure gespielt mit den Nationen.“ — Hes. 23:30, AÜ.
1. Warum sich fürchten vor einem Tropfen Wasser oder einem Stäubchen?
IST dir bange vor einem Tropfen Wasser? Erschreckt dich ein Stäubchen? Du stellst einen Eimer, nachdem du das Wasser daraus ausgegossen hast, beiseite und sagst, er sei leer, obwohl einige Tropfen inwendig noch dranhängen. Doch was sind bloß einige Tropfen am Eimer? Praktisch genommen ist er leer. Du stellst dich auf eine Waage, um gewogen zu werden. Nimmst du etwa ein Taschentuch und wischst den Staub von ihr ab? Was sind bloß einige Stäubchen? Sie zählen nicht, fallen nicht ins Gewicht, sind von keiner Konsequenz. Wenn man dich also fragt, ob dir bange sei vor einem Tropfen Wasser oder ob dich ein Stäubchen erschrecke, so antwortest du bestimmt und ohne zu zögern mit Nein.
2. In welcher Weise kämpfen einige gegen Gott?
2 Von deinem Gesichtspunkte aus gesehen, magst du recht haben, aber von Gottes Gesichtspunkt aus gesehen, magst du unrecht haben. Deine Furcht vor dem, was wie ein Tropfen Wasser und wie ein Stäubchen ist, mag dich veranlassen, gegen Gott zu kämpfen. Manche tun es, ohne es zu wissen. Wenn sie einer Gruppe, einer Religion, einem Volke oder einer Welt angehören, die gegen Gott kämpft, würden sie besser tun, sich von der Tätigkeit solcher Körperschaften zu trennen. Die Bibel stellt den Grundsatz auf, daß die Unterstützung oder Bevollmächtigung einer Person oder Gruppe den Unterstützer zu einem Teilhaber an den Sünden macht, die der Betreffende oder die Gruppe begehen mag. (1. Tim. 5:22) Es mag sich um die Sünde des Kampfes gegen Gott handeln, woran der Unterstützer zu seiner Bestürzung teilhat.
3. Was wird mit einem Tropfen Wasser und einem Stäubchen verglichen?
3 Der Apostel Paulus legte diesen Grundsatz nieder und schrieb auch: „Wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein?“ (Röm. 8:31, NW) Wer kann wider dich sein? Nun, dein Nachbar, deine Religion, deine Nation, die Welt, in der du lebst, sie alle können wider dich sein, doch was sind sie? Gott sagt uns in Jesaja 40:15, was sie seien: „Siehe, Nationen sind geachtet wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn [Stäubchen, Me] auf der Waagschale.“ Wenn Gott für dich ist, wer kann auf eine Weise wider dich sein, daß es zählt? Doch wenn Gott wider dich ist, wer kann so für dich sein, daß es zählt? Du kannst die ganze Welt auf deiner Seite haben, doch was hast du dadurch gewonnen, was macht es aus? Einen Tropfen Wasser, ein Stäubchen — welch starke Stütze für jemand, der gegen Gott kämpft!
4. Wie können wir Gottes Gedanken erkennen, und welcher Text wird angeführt, um uns zu zeigen, wie Gott über Religion in der Politik denkt?
4 Doch aus Furcht vor dem, was Jehova mit einem Wassertropfen und einem Stäubchen vergleicht, stellen sich Millionen Menschen auf die Seite der alten Welt und wider Gott. Deshalb warnt sein Wort: „Menschenfurcht legt einen Fallstrick.“ Anderseits heißt es: „Die Furcht Jehovas ist der Erkenntnis Anfang.“ (Spr. 29:25; 1:7) Seine Erkenntnis ist erhaben. Wie die Himmel höher sind als die Erde, so sind seine Gedanken höher als unsere Gedanken. (Jes. 55:8, 9) Wir müssen uns zu den seinigen erheben, denn wir können nicht die seinigen zu den unsrigen herabziehen. Er hilft uns, uns zu erheben, um seine Gedanken zu erfassen, indem er Worte und Bilder in der Bibel gebraucht, die seine Gedanken in eine Sprache kleiden, welche hier unten auf Erden verstanden wird. Es ist dies eine irdische Sprache, die die gefallene Menschheit verstehen kann, eine Sprache, welche den irdischen, menschlichen Sinn in den Bereich des Erfassens der Gedanken Gottes über Religion in der Politik zieht: „Kann man Feuer im Bausche des Gewandes tragen [in seinen Busen nehmen, Elb], ohne daß die Kleider versengt werden? Kann man auf glühenden Kohlen gehen, ohne die Füße sich wund zu brennen? So, wer zum Weibe des Nächsten geht: wer sie berührt, bleibt nicht ungestraft. Verachtet man nicht den Dieb, auch wenn er stiehlt, den Hunger zu stillen, und obschon er, ertappt, es siebenfältig ersetzen, alles Gut seines Hauses geben kann? Wer aber Ehebruch treibt, ist Verstandes bar; nur der tut’s, der sich selber verderben will. Schläge und Schande werden sein Teil sein, unaustilgbar ist seine Schmach. Denn stammt aus Eifersucht der Grimm des Mannes, so kennt er keine Schonung am Tag der Rache. Er sieht kein Lösegeld an; wie viel du auch schenken willst, er nimmt es nicht [du besänftigst ihn nicht, RS].“ — Spr. 6:27-35, ZB.
5, 6. Wie läßt Sprüche 6:27-35 Licht auf Religion in der Politik fallen?
5 Wenn eine Frau Ehebruch begeht mit einem anderen Mann, so bringt sie das nicht nur in Streit mit ihrem Mann, sondern bringt den Gatten auch in Streit mit dem anderen Mann. Gottes Gesetz bestimmte den Tod für Ehebrecher. (5. Mose 22:22) Ein Mensch, der etwas gestohlen hatte, um seinen Hunger zu stillen, mußte es zurückerstatten, auch wenn er dadurch bankrott wurde. Doch welche Zahlung kann einen ehebrecherischen Wandel sühnen? Das Verhältnis zwischen Mann und Weib ist intim und heilig, und wenn dieses Band zerrissen wird, ist Eifersucht und Wut die Folge. Eine Gabe ist kein Ersatz, eine Bestechung keine Besänftigung, die Schande wird nicht getilgt. Nur durch Barmherzigkeit kann Vergebung kommen.
6 Doch inwiefern besagt dies, daß Religion in der Politik Krieg gegen Gott bedeute? Indem sich Jehova Gott selbst als der Gemahl derer bezeichnet, mit denen er in Bundesbeziehungen steht. Als Zippora in ein Bundesverhältnis mit Jehova eintrat, da nannte sie ihn ihren Mann. (2. Mose 4:25, 26) Zufolge des Gesetzesbundes mit dem Volke Israel sagte Jehova von den Israeliten: ‚Ich hatte mich mit ihnen vermählt [war doch ihr Eheherr, Kautzsch].‘ (Jer. 31:32) Dies versetzte die Nation Israel gleichsam in die Lage eines Weibes gegenüber Jehova. Durch den Bund war sie verpflichtet, Jehova Gott gegenüber wahrhaftig zu sein, in politischer sowohl wie in religiöser Hinsicht: „Jehova ist unser Richter, Jehova unser Gesetzgeber, Jehova unser König; er wird uns retten.“ (Jes. 33:22, Fußn.) In ihm waren die richterliche, gesetzgebende und vollziehende Gewalt der Regierung vereint und auch die religiöse. Um also Jehova, dem großen Gemahl, treu zu sein, mußte die Nation Israel ihm nicht nur in religiösen Dingen, sondern auch in Regierungssachen gehorchen. Andere religiöse oder politische Verbindungen in Opposition zu Jehova zu bilden, bedeutete von seiten Israels geistige Hurerei, wie die Bibel es erklärt: „Treulos hatten sie Verkehr mit anderen Göttern.“ (Richt. 2:17, NW; 2. Mose 34:15, 16; Ps. 73:27; Hes. 6:9; Hos. 4:12) Also wie ein Weib, das Ehebruch begeht, mit ihrem Mann in Streit gerät, so bedeutet Religion in der Politik Krieg gegen Gott.
7. Wie suchen die Religionen der Christenheit sich dafür zu rechtfertigen, daß sie sich auf Politik einlassen?
7 Die Religionen der Christenheit erklären, in Bundesbeziehung mit Gott zu stehen und die jungfräuliche Braut Christi zu sein, doch sind sie so beschäftigt mit falschen Philosophien und mit Einmischung in die Politik, daß sie keine Zeit haben, Jehova zu dienen. (2. Kor. 11:2; Kol. 2:8; Off. 21:2, 9) Sie suchen sich zu rechtfertigen, indem sie sagen, sie nähmen an der Politik teil, um sie zu säubern. Dieser Trugschluß rechtfertigt sie bei Gott etwa so sehr, wie ein ehebrecherisches Weib sich rechtfertigen könnte, wenn sie zu ihrem Mann spräche: „Ich habe Beziehungen mit diesem unmoralischen Mann gehabt, um ihm zu einem reineren Leben zu verhelfen.“ Wenn jemand in einen Sumpf hineingeht, um eine Sau zu waschen, so ist der Waschende bald ebenso schmutzig wie die Sau. Der gesunde Verstand würde vorschreiben, daß man die Sau aus dem Morastloch herausholt, ehe man sie wäscht. Christus Jesus wurde kein Teil der verderbten Welt, um sie zu seiner Versammlung zu bekehren, sondern er erwählte seine Versammlung und verordnete, daß sie von der Welt abgesondert sein müsse, und reinigte „sie im Wasserbad mittels des Wortes, damit er die Versammlung in ihrer Herrlichkeit vor sich stelle, die da weder Flecken noch Runzel noch etwas dergleichen habe, sondern daß sie heilig und ohne Makel sei“. — Eph. 5:26, 27, NW; Joh. 15:19.
8. Für wen ist Einmischung in die Politik geistiger Ehebruch, und weshalb?
8 Die Bibel zeigt, daß Satan der Gott dieser Welt ist und daß seine menschlichen Herrscher von den Dämonen manövriert werden, die er aussendet, und wer sich irgend dem Dienste dieser Welt hingibt, ist auf listige Weise zu einem Sklaven Satans, ihres Gottes, gemacht worden. (Röm. 6:16; 2. Kor. 4:4; Off. 16:13, 14, 16) „Die ganze Welt liegt in der Gewalt des Bösen [dessen, der böse ist].“ (1. Joh. 5:19, NW) Wer irgend ein Teil der Welt ist, muß an ihren Sünden teilhaben und unter die Macht ihres Gottes, Satans, des Teufels, kommen, und diese Unterwerfung durch irgend jemand, der in einem Bundesverhältnis mit Jehova steht, bedeutet geistigen Ehebruch. Deshalb werden jene, die mit Gott im Bunde stehen, aber Freunde der Welt sind, in der Bibel als Ehebrecherinnen bezeichnet. „Ehebrecherinnen! wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer irgend daher ein Freund der Welt sein will, macht sich selbst zu einem Feinde Gottes.“ (Jak. 4:4, NW) Wenn also irgendeine Religionsorganisation in der Politik herumplanscht, während sie den Anspruch erhebt, mit Jehova in einem Bunde zu stehen, und während sie als die Braut Christi paradiert, so begeht sie geistigen Ehebruch. Das ist Grund zur Scheidung, und aus solchen Gründen schritt Jehova Gott zur Scheidung von der Nation Israel. — Jes. 50:1.
JUDA VERÖDET IM JAHRE 607 V. CHR.
9. Welche Ereignisse waren vorbildlich, und warum betrachten wir sie jetzt?
9 Jehovas Handeln mit Israel war vorbildlich und bietet belehrende Beispiele für uns heute. (Röm. 15:4; 1. Kor. 10:11) Zu diesen vorbildlichen Geschehnissen gehörten jene, die im Jahre 607 v. Chr. und 70 n. Chr. über die Nation hereinbrachen. Babylon verödete Jerusalem und Juda im Jahre 607 v. Chr.; doch nachdem Jerusalem zu bestehen aufgehört hatte und als Babylons Ruinen unter Staub- und Schmutzhaufen begraben waren, wird in der Bibel von einer künftigen Tätigkeit Jerusalems und Babylons gesprochen, was zeigt, daß diese Stätten ein Vorbild waren. In Matthäus 24, Markus 13 und Lukas 21 sagte Christus Jesus die verödenden Ereignisse voraus, die im Jahre 70 n. Chr. über Jerusalem hereinbrachen. Doch der Weltkrieg und das erdenweite Predigtwerk und die zweite Gegenwart, wovon er sprach, stellten sich damals noch nicht ein, was zeigt, daß das Jahr 70 n. Chr. nur eine Erfüllung im Kleinen kennzeichnete und daß eine künftige größere Erfüllung, bei der sich alle Einzelheiten der Prophezeiung vollständig erfüllen werden, noch kommen müßte. Wir betrachten jetzt die Ereignisse der Jahre 607 v. Chr. und 70 n. Chr. nicht nur, weil sie vorbildlich sind, sondern wir finden es auch besonders passend, diese geschichtlichen Geschehnisse wieder zu betrachten, weil sie die Folgen davon zeigen, daß Israel sich in weltliche Politik einließ. Jehovas Handeln mit jenem Bundesvolke, als es sich in die Politik verirrte, zeigt uns, wie er über solche Dinge denkt.
10. Wie wurde Juda vor dem Jahre 607 v. Chr. ehebrecherisch in den Augen Jehovas?
10 Während vieler Jahre vor 607 v. Chr. vernahm das Land Juda Warnungen von Jehova. Wiederholt sandte er seine Propheten, um auf die groben Sünden hinzuweisen, wodurch die Bewohner das Land verunreinigten. (Jer. 7:13, 25) Indem sich Juda in den Kult falscher Götter einließ, und auch, indem es politische Bündnisse mit den Nationen rundum schloß, wurde es in Jehovas Augen ehebrecherisch. Der Prophet Hesekiel sprach die Warnung aus, daß Juda Jehova durch seine offenkundige Anbetung von Götzen und Dämonengöttern und sogar der Sonne reize, wobei es die ganze Zeit sage: „Jehova sieht uns nicht, Jehova hat das Land verlassen.“ (Hes. 8:1-18) Wiederum zeigte der Prophet, wie Jehova der Nation zu Hilfe kam, als sie der Gefahr der Vernichtung ausgesetzt war. wie er sie reinigte und bekleidete und sie gleichsam zu seinem Weibe machte, nur daß sie danach die Hure spielte mit den heidnischen Nationen Ägypten und Assyrien und Babylon, so daß er von ihr sagte: „Das ehebrecherische Weib nimmt statt ihres Mannes Fremde an!“ Somit mußte diese Hure vor ihren Liebhabern ausgezogen und bloßgestellt und von ihnen gestürzt werden. „Ich werde dich richten nach den Rechten der Ehebrecherinnen und der Blutvergießerinnen, und dich machen zum Blute des Grimmes und der Eifersucht [das Blut der Wut und Eifersucht über dich bringen, Al]. Und ich werde dich in ihre Hand geben, damit sie deine Gewölbe zerstören und deine Höhen niederreißen und dir deine Kleider ausziehen und deine prächtigen Geschmeide nehmen und dich nackt und bloß liegen lassen. Und sie werden eine Versammlung [Menge Menschen, van Eß] wider dich heraufführen und dich steinigen, und werden dich mit ihren Schwertern durchbohren. Und sie werden deine Häuser mit Feuer verbrennen und Gerichte an dir üben.“ — Hes. 16:32, 38-41.
11. In welcher Weise war Juda unstet in seinem ehebrecherischen Wandel, und mit welchem Ergebnis?
11 Unter dem Bilde zweier Schwestern wird der abtrünnige Lauf der Zehn-Stämme-Nation Israel wie auch der Zwei-Stämme-Nation Juda in dramatischer Weise gezeigt. Ohola, die Israel darstellt, war vernarrt in die Assyrer und beging Hurereien mit ihnen, und schließlich sagte Jehova: „Darum habe ich sie in die Hand ihrer Buhlen gegeben, in die Hand der Söhne Assurs, gegen welche sie entbrannt war. Sie deckten ihre Blöße auf, nahmen ihre Söhne und ihre Töchter weg, und sie selbst töteten sie mit dem Schwerte, und so wurde sie berüchtigt unter den Weibern, und man übte Gerichte an ihr.“ Aber ihre Schwester Oholiba, die Juda darstellt, ließ sich nicht warnen und von einem so verderbten Laufe abbringen, als sie sah, daß Israel gestürzt und im Jahre 740 v. Chr. von den Assyrern gefangengenommen wurde. Statt dessen gab sie sich mit den Assyrern ab und mehrte später ihre Hurereien, indem sie sich mit den Babyloniern einließ. Aber selbst in ihren Hurereien war sie unstet und kehrte den Babyloniern den Rücken, um mit Ägypten Bündnisse zu schließen; so sagte Jehova denn zu ihr: „Ich erwecke wider dich deine Buhlen, von welchen deine Seele sich losgerissen hat, und lasse sie von ringsumher über dich kommen: die Söhne Babels und alle Chaldäer.“ (Hes. 23:9, 10, 22, 23) Nachdem Jehova die gänzliche Verödung beschrieben hat, die durch die Hand dieser früheren Liebhaber über Juda käme, fügt er bei: „Deine hurerische Blöße und deine Schandtat und deine Hurereien werden aufgedeckt werden. Solches wird dir geschehen, weil du den Nationen nachgehurt ... hast [mit den Nationen die Hure gespielt hast, AÜ].“ — Hes. 23:29, 30.
12. Wie gebrauchte Jehova Babylon, doch wie empfing Juda die Warnung?
12 Jehovas Prophet Jeremia legte lobenswerten Eifer an den Tag, indem er Juda wegen seiner Sünden und vor der Verödung warnte, die folgen werde, wenn nicht schnell eine Besserung eintrete. Hesekiel zeichnete diese Worte Jehovas über die Babylonier und ihre Genossen auf: „Ich will ihnen das Gericht [den Vollzug des Gerichts, AÜ] übertragen.“ (Hes. 23:24, Al) Jeremia zeigte dasselbe an, als er folgenden wiederholt von Jehova gemachten Ausspruch aufzeichnete: „Nebukadrezar, dem König von Babel, meinem Knechte.“ (Jer. 25:9; 27:6; 43:10) Jeremia lenkte die Aufmerksamkeit auf einige der besonderen Sünden Judas und ließ die Warnung ergehen, daß ihretwegen die Babylonier wider die Stadt Jerusalem kommen und diese Stadt dem Boden gleichmachen würden, und daß das Land Juda siebzig Jahre lang verödet daliege. (Jer. 25:11; 32:26-35) Aber die Juden stießen Jeremia als einen fanatischen Unglücksschreier beiseite, nahmen von seinen Warnungen keine Kenntnis und taten keine Schritte einer Besserung entgegen. Sie waren mit ihren Götzendienereien so lange ungestraft davongekommen, daß sie keine Notwendigkeit sahen, sich jetzt zu ändern. Ihre selbstzufriedene Einstellung war: „Jehova sieht uns nicht, Jehova hat das Land verlassen.“
13. Wohin wandte sich Juda, indem es die Warnung verwarf, um Hilfe?
13 Durch Jeremia hieß Jehova Juda, sich dem Joch des Königs von Babylon zu unterwerfen, denn er werde dazu benutzt, das Gericht an der widerspenstigen Nation auszuüben. Hätten sich die Judäer unterzogen, so hätten sie nicht die Abschlachtung erlitten durch Schwert und Hunger und Pest, und ihre Stadt Jerusalem wäre nicht verödet worden. (Jer. 27:12-17) Statt aber an Jehova zu glauben und der Vernichtung zu entgehen, indem sie von ihren Götzendienereien umgekehrt wären und sich den Babyloniern unterworfen hätten, suchten die widerspenstigen Judäer Sicherheit in einem politischen Bündnis mit Ägypten. Als die Bedrohung durch die Babylonier wie eine düstere Wolke den Horizont verdunkelte, da blickten die Juden nach Ägypten aus und bauten darauf, daß es die Gefahr abwenden könne. Dies taten sie trotz einer Warnung, die etwa hundertfünfzig Jahre früher ergangen war: „Wehe den widerspenstigen Kindern, spricht Jehova, welche Pläne ausführen, aber nicht von mir aus [die ohne mich ratschlagen, Lu], und Bündnisse schließen, aber nicht nach meinem Geiste, um Sünde auf Sünde zu häufen; die hingehen, um nach Ägypten hinabzuziehen — aber meinen Mund haben sie nicht befragt —, um sich zu flüchten unter den Schutz des Pharao und Zuflucht zu suchen unter dem Schatten Ägyptens! Und der Schutz [die Stärke, Lu] des Pharao wird euch zur Schmach werden, und die Zuflucht unter dem Schatten Ägyptens zur Schande.“ „Wehe denen, welche nach Ägypten hinabziehen um Hilfe, auf Rosse sich stützen, und die ihr Vertrauen auf Wagen setzen, weil ihrer viele, und auf Reiter, weil sie zahlreich sind; und die auf den Heiligen Israels nicht schauen und nach Jehova nicht fragen! Aber auch er ist weise und führt Unglück herbei und nimmt seine Worte nicht zurück; und er steht auf wider das Haus der Übeltäter und wider die Helferschaft derer, welche Frevel tun. Und die Ägypter sind Menschen und nicht Gott, und ihre Rosse sind Fleisch und nicht Geist. Und Jehova streckt seine Hand aus, und es strauchelt der Helfer, und es stürzt der, welchem geholfen wird; und sie werden zunichte alle miteinander.“ — Jes. 30:1-3; 31:1-3.
14. Was ließ Juda denken, sein Bündnis mit Ägypten mache sich bezahlt, doch was bewies, daß Juda unrecht hatte?
14 Dieses politische Bündnis zeigt, daß Juda auf materielle, fleischliche Kraft als Abwehr vor einem von Gott kommenden Gericht ausblickte. Dies war Torheit, wie die sich entfaltenden Ereignisse es zeigten. Im Jahre 609 v. Chr. belagerten die Babylonierheere Jerusalem. Anscheinend zu dieser Zeit erschraken die Juden und leiteten verspätete Reformen ein, z. B. befreiten sie damals Sklaven, wie es das Mosaische Gesetz verlangte. Dann kamen die Heere des Pharaos von Ägypten herauf und bewirkten, daß die Babylonier ihre Belagerung Jerusalems aufhoben. Unverzüglich dachten die Juden, ihr politisches Bündnis mit Ägypten mache sich bezahlt, indem sie vor den Babyloniern beschützt und von ihnen frei würden, und sie vergaßen alle Reformen und holten eilends jene wieder zurück, um sie von neuem zu versklaven, die sie in Übereinstimmung mit dem Gesetz Moses erst vor kurzem freigelassen hatten. Jeremia warnte davor, daß die Belagerung nur vorübergehend aufgehoben werde und daß die Babylonier zurückkehren und die Stadt plündern und zerstören würden; aber die Juden vertrauten auf Ägypten und sagten, Babels Heere würden nicht wiederkommen. Aber sie kamen wieder, und im Jahre 607 v. Chr. wurden Jerusalem und Juda vollständig verwüstet und verödet. — 2. Kön. 25:1-12, 22-26; Jer. 34:1, 8-11, 21, 22; 37:5-10.
15. Welche Tatsachen sollten wir in bezug auf die Ereignisse des Jahres 607 v. Chr. im Sinn behalten?
15 Hier folgen einige wichtige Merkmale dieses geschichtlichen Ereignisses, die im Sinn behalten werden sollen. Die Judäer wurden wegen ihrer Sünden wider Gott gewarnt, doch beherzigten sie diese Warnung nicht, indem sie dachten, Jehova schaue nicht, er habe das Land verlassen; offenbar ungestraft hätten sie so lange sündigen können, daß keine Notwendigkeit bestehe, sich jetzt zu ändern. Statt sich dem Knecht Jehovas zu unterwerfen, vertrauten sie auf ein weltliches, politisches Bündnis. Sie hatten eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Flucht, nachdem sie die in Massen zusammengezogene Macht Babels erblickt hatten. Als die Belagerung vorübergehend aufgehoben war, hätten sie zu dem fliehen sollen, den Jehova gebrauchte, zu Nebukadnezar von Babylon, und hätten dadurch der Vernichtung entgehen können. Doch weigerten sie sich nicht nur, selbst zu fliehen, sondern sie hinderten auch alle anderen an der Flucht. Wer irgend die Stadt verließ, den klagten sie des Aufruhrs an! (Jer. 37:11-15) Übrigens bedeutet die bloße Tatsache, daß Jehova Nebukadnezar dazu gebrauchte, Juda zu strafen, und daß er ihn seinen Knecht nannte, nicht, daß Nebukadnezar oder die Babylonier unter ihm Anbeter Jehovas waren. Sie waren es nicht. Sie waren Dämonenreligionisten, und schon ehe Jehova sie gebrauchte, sagte er, er werde sie zu seiner bestimmten Zeit vernichten. (Jer. 25:12) Ein Bild könnte diese Sachlage erklären. Während des Zweiten Weltkrieges dienten die Kommunisten dem Zweck der Demokratien, indem sie Hitler stürzen halfen, und von diesem Gesichtspunkte aus gesehen, könnten sie als Knecht der Demokratien bezeichnet werden. Dies jedoch macht die Kommunisten nicht zu Anhängern der Demokratie und schließt nicht aus, daß die Demokratien je gegen die Kommunisten kämpfen. So könnte Jehova dämonenanbetende Babylonier gebrauchen und sie später dennoch vernichten.
IM JAHRE 70 N. CHR. JERUSALEM VERÖDET
16. Welche Ereignisse führten zu jenen des Jahres 29 n. Chr.?
16 Wie vorausgesagt, erweckte Jehova Kores von Medo-Persien, um Babylon zu zerschmettern und die israelitischen Gefangenen zu befreien, damit sie heimkehren und den Tempel und ihr Heimatland wieder aufbauen konnten. (Esra 1:1-4; Jes. 44:28; 45:1-4; Dan. 5:30; 6:1) In den nachfolgenden Jahrhunderten häuften die Juden, während sie die groben Götzendienereien früherer Zeiten vermieden, eine Menge Überlieferungen auf und spalteten sich in verschiedene religiöse Sekten. Sie irrten weit vom Pfade wahrer Anbetung Jehovas ab. Im Frühling des Jahres 29 n. Chr. begann Johannes der Täufer ein Werk des ‚Bereitens des Weges Jehovas‘, um das Volk auf Jehovas Kommen, vertreten durch die Person des verheißenen Messias, aufmerksam zu machen. Johannes warnte sie vor ihren Sünden und zeigte ihnen die Notwendigkeit, zu bereuen, und wie Weizen und wie Bäume zu sein, die edle Frucht hervorbringen, statt wie Stroh und wie Bäume zu sein, die faule Frucht bringen und dazu bestimmt sind, ins Feuer geworfen zu werden, das niemand löschen könnte. Als Ergebnis erwarteten die Juden den Messias und blickten nach ihm aus. — Luk. 3:1-17, NW.
17. Welche Warnung ließ Jesus an die rebellischen Juden ergehen?
17 Im Herbst des Jahres 29 n. Chr. wurde Jesus im Jordan getauft und mit Jehovas Geist gesalbt und bot sich danach als der verheißene Messias an. In ihm erfüllten sich die Prophezeiungen der Hebräischen Schriften über den Messias. Aber die jüdischen Religionsführer nahmen ihn nicht an. Jesus nährte weder ihre Eitelkeit, noch eignete er sich für ihre politischen, ehrsüchtigen Pläne. Statt dessen warnte er sie vor ihren Sünden, sagte ihnen, daß sie Gottes Wort durch ihre Überlieferungen nichtig gemacht hätten, daß sie etwas sagten und das Entgegengesetzte täten, daß sie das gewöhnliche Volk bedrückten, persönlich zu glänzen suchten, nach schmeichlerischen Titeln Verlangen trügen, die wahre Anbetung selbst zurückwiesen und andere an deren Ausübung hinderten, daß sie die kleinen geringeren Dinge aussiebten und die großen, höheren Erfordernisse des Gottwohlgefälligseins unerfüllt ließen und sich auf eine äußere Erscheinung der Gerechtigkeit beschränkten, während sie ihre vielen groben Sünden zugedeckt hielten. Er nannte sie Schlangen und Vipernbrut und verlangte zu wissen, wie sie der Vernichtung wohl zu entgehen gedächten, und er kündigte ihnen an: „Siehe! euer Haus wird euch überlassen.“ — Matth. 23:1-39, NW; 15:3-9.
18. Welche abscheuliche Tat der Juden gereichte zur Erfüllung dessen, wovor Johannes und Jesus gewarnt hatten?
18 Die Juden beherzigten jedoch weder die Warnung Johannes’ des Täufers noch diejenige Jesu. Nicht nur auf Grund des Laufes, den die Ereignisse nahmen, sondern auch auf Grund der Bibelchronologie hätten sie den Messias erwarten und Jesus als diesen erkennen sollen. (Dan. 9:24-27) Doch zogen sie es vor, sich auf Politik mit dem Römischen Reiche einzulassen, und als Pilatus Jesus als ihren König vorstellte, verwarfen sie ihn zornig, verlangten seine Hinrichtung und schrien: „Wir haben keinen König außer dem Cäsar.“ (Joh. 19:14, 15, NW) Das heidnische Rom mit seinen falschen Göttern, seinen Dämonenreligionen und Götzendienststandarten, denen es opferte, war in Jehovas Augen ein Greuel, ein abscheuliches Ding, und daß sein angebliches Volk ein politisches Bündnis mit ihm machte, konnte ihm nur Vernichtung und Verödung bringen. Pilatus wurde zusammen mit den jüdischen Religionisten mitbeteiligt am Tode Jesu, und diese Verschwörung war eine erste Erfüllung von Psalm 2:1, 2. (Apg. 4:25-27) Die faulen Früchte dieses Bündnisses erwiesen sich für die Juden wie schlechte Bäume und wertlose Spreu, die nur zur gänzlichen Vernichtung, dargestellt durch Feuer, taugte, vor der sowohl Johannes wie Jesus gewarnt hatten. (Matth. 7:19) Ihre Warnungen erfüllten sich in den unheilvollen Ereignissen des Jahres 70 n. Chr., als die Verödung über Jerusalem kam wegen seines greulichen, abscheulichen Bündnisses mit dem Römischen Reiche. Solch folgenschwere Ereignisse erfordern eine genaue Untersuchung.
19. Was geschah im Jahre 66 n. Chr., und woran erinnert dies Christen?
19 Während einiger Jahre hatten Unruhe und Aufwiegelung Palästina erregt, aber im Jahre 66 n. Chr. brach eine wirkliche Revolte aus, und Cestius Gallus, der römische Prätor über Syrien, marschierte mit seinem Heere ein und schloß die Juden in Jerusalem ein. Ob die treulosen Juden an Jesu Ermahnung, zu fliehen, dachten oder nicht, dachten doch bestimmt Christen, die in Jerusalem sozusagen in der Falle saßen, daran: „Wenn ihr Jerusalem von Heeren umlagert seht, dann versteht, daß seine Verödung nahe gekommen ist. Dann mögen die in Judäa sind, zu den Bergen zu fliehen beginnen, und die in ihrer Mitte sind, entweichen, und die in den umgebenden Gebieten sind, nicht in sie hineingehen, denn dies sind Tage, da das Gericht zugemessen wird, damit alles erfüllt werde, was geschrieben steht.“ Ferner: „Wenn ihr das abscheuliche Ding erblickt, das Verödung verursacht, wovon Daniel, der Prophet, geredet hat, als an heiliger Stätte stehend (der Leser wende Urteilsvermögen an), dann mögen die in Judäa sind, zu den Bergen zu fliehen beginnen.“ — Luk. 21:20-22; Matth. 24:15, 16, NW.
20. Was ermöglichte die Flucht, und wer ergriff die Gelegenheit dazu?
20 Wie aber konnten Christen in Jerusalem angesichts eines Heeres, das sie umringte, dem Gebot, zu fliehen, gehorchen? Der Weg zur Flucht wurde für sie geöffnet, als Gallus aus einem unerklärlichen Grunde sein Heer zurückzog. Der Geschichtsschreiber Josephus sagt von Cestius: „Bald würde er die Stadt, hätte er nur noch eine Weile mit Beharrlichkeit die Belagerung fortgesetzt, überkommen haben.“ Statt dessen zog er „ganz wider alle Erwartung ... aus der Stadt ab“.a Gleichwie der Rückzug der Heere Nebukadnezars die Flucht gestattete, ehe Jerusalem im Jahre 607 v. Chr. gestürzt wurde, so räumte der befremdende Rückzug des Gallus im Jahre 66 n. Chr. eine Gelegenheit zur Flucht ein, gab also Gelegenheit, die Warnung Jesu zu beherzigen. In recht buchstäblichem Sinne hatte das greuliche römische Heer mit seinen abscheulichen Götzendienst-Standarten die heilige Stätte Jerusalem samt dem Tempel umringt; bestimmt war es also an der Zeit, zu fliehen, um der Verödung zu entgehen, welche, wie Jesus es gesagt hatte, folgen mußte. Als sich somit das Heer des Gallus zurückzog, flohen die Christen nicht nur aus Jerusalem, sondern aus Judäa, überquerten den Jordan und nahmen Wohnung in den Bergen Gileads, indem sie sich besonders in Pella niederließen.b So entgingen sie der Verödung, die später als ein Ergebnis des abscheulichen politischen Bündnisses mit Rom folgte, der Katastrophe, die dadurch veranlaßt wurde, daß der Cäsar abscheulicherweise in die Stellung des Königtums eingesetzt wurde, die dem Messias allein vorbehalten war.
21. Wie und wann wurde das Gericht an Jerusalem schließlich vollzogen?
21 Wie aber ereilte das göttliche Gericht schließlich jene Juden, die sich in die Politik einmischten und die Ermahnung zur Flucht zurückwiesen? Christus Jesus, der Jerusalem eine feurige Vernichtung angekündigt hatte und dem das Gericht übergeben war, war es, den Jehova dazu gebrauchte, den Vollzug des Gerichts vom Himmel her zu überwachen; und Titus, der römische General und Fürst, Sohn des Kaisers Vespasian, war, zusammen mit seinen Heeren, das menschliche Werkzeug, sie herbeizuführen. Als der Prophet Daniel von der abscheulichen, greulichen Verwerfung des Messias und dem Vorziehen des Cäsars sprach, sagte er: „Er [der Messias] wird die Stadt und das Heiligtum zerstören mit dem Fürsten [Titus], der kommt.“ Oder: „Hernach soll er [der Messias] die Stadt und das Heiligtum verwüsten, durch den Fürsten [Titus], der kommen soll.“ (Dan. 9:26, LXX; Houbigant) Gemäß der Prophezeiung Daniels und den Worten Jesu über den Tempel, daß „keinesfalls hier Stein auf Stein gelassen werde, der nicht niedergerissen wird“, verödeten die römischen Heere unter Titus wirklich die Stadt und ihren Tempel im Jahre 70 n. Chr. — Matth. 24:2, NW.
AUFFALLENDE GESCHICHTLICHE EINZELHEITEN
22-24. Welche Warnungen ließen die Juden außer acht, und mit welchen Ergebnissen?
22 Als sich Cestius Gallus im Jahre 66 n. Chr. zurückzog und die Flucht in die Sicherheit möglich wurde, da galt von jener Zeit an folgende Warnung Jesu: „Mögen jene, die in den umliegenden Gebieten sind, nicht in sie hineingehen.“ (Luk. 21:21, NW) Die treulosen Juden ließen diese Worte außer acht, und demzufolge fand Titus, als er im Jahre 70 n. Chr. kam, die Stadt mit Besuchern aus ganz Palästina überfüllt: „Denn diejenigen, welche aus dem ganzen Lande zum Feste der ungesäuerten Brote gekommen waren, wurden plötzlich vom Kriege [von einem Heere] umringt ... diese so große Volkszahl hatte sich auch aus anderen Ortschaften gesammlet; damals aber war die ganze Nation, so war des Schicksals Schluß, gleichsam in ein Gefängnis eingesperrt, und kriegerische Scharen [römische Heerscharen] umzingelten die Stadt, welche von Menschen wimmelte.“c
23 Jesus warnte vor irgendwelcher Verzögerung beim Fliehen. (Matth. 24:16-18) Dieser Warnung jedoch trotzte man, und als viele Juden wirklich zu fliehen begehrten, war es zu spät, um Gelingen zu haben. Lukas 19:41-44 (NW) erklärt: „Und als er [Jesus] nahe hinzukam, betrachtete er die Stadt und weinte über sie, indem er sprach: ‚Wenn du, ja du, an diesem Tage die Dinge erkannt hättest, die zu deinem Frieden dienen — jetzt aber sind sie vor deinen Augen verborgen. Denn es werden Tage über dich kommen, da deine Feinde eine Befestigung von Spitzpfählen um dich aufbauen und dich umzingeln und dich von allen Seiten bedrängen werden, und sie werden dich und deine Kinder in dir zu Boden schmettern und werden keinen Stein in dir auf dem anderen lassen, weil du die Zeit, da du inspiziert wurdest, nicht erkanntest.‘“ Die jüdischen Religionisten erkannten die Dinge nicht, die mit dem Fürsten des Friedens in Verbindung standen, sondern schlossen widerspenstig Auge und Ohr für die ihn betreffenden Beweise und nahmen den Cäsar an. Sie erkannten nicht, daß die Zeit, da Jesus auf Erden war, eine Zeit der Musterung und des Gerichts für die Nation Israel war. Sie erwiesen sich als unfruchtbar, was edle Früchte zu Jehovas Lobpreis betrifft. (Jes. 6:10; 9:6; Matth. 13:14, 15; 21:19) Auch flohen sie nicht aus dem verurteilten Jerusalem, als sie die Gelegenheit dazu hatten, sondern schoben die Flucht auf, bis die römischen Heere wiederkehrten und nicht nur die Stadt selbst umzingelten, sondern sie mit einer Mauer oder „Befestigung von Spitzpfählen“ umgaben, genauso, wie Jesus 37 Jahre früher davon warnend geredet hatte. Diese 8 km lange Mauer wurde in drei Tagen vollendet. Josephus sagt darüber: „So war denn den Juden, nebst der Freyheit heraus zu gehen, zugleich alle Hoffnung zur Rettung abgeschnitten.“d Sie hatten die Flucht in die Sicherheit hinausgeschoben, bis sie unmöglich war!
24 Dessenungeachtet versuchten gewisse Juden eine verspätete Flucht, doch bestanden sie immer noch darauf, gewisse Züge der Warnung Jesu außer acht zu lassen. Zum Beispiel hatte Jesus ihnen gesagt, sie sollten nicht versuchen, ihre materiellen Besitztümer mitzunehmen, da es ihre Flucht verlangsamen und deren Gelingen gefährden werde. (Mark. 13:15, 16) Als aber Überläufer die Stadt verließen, schluckten sie ihr Gold, um es mitzunehmen, ohne daß die Juden in der Stadt und die Römer draußen etwas davon wußten. Josephus sagt, was geschah: „Kaum war indessen dies wohlersonnene Mittel durch einen entdeckt worden, so ward das ganze Lager voll von dem Gerüchte, daß die Überläufer voller Gold wären; viele Araber und Syrer schnitten daher die um Schutz Flehenden auf, und durchsucheten ihre Magen. Nach meinem Bedünken ist den Juden kein größeres Leiden begegnet, als dieses; in einer Nacht wurden gegen zweytausend aufgeschnitten.“e Obwohl Titus jenen den Tod androhte, die sich dieser Schandtat schuldig machten, nahmen dennoch römische Soldaten an diesem grausigen Suchen nach Gold in den Bäuchen der Menschen teil. So „schlitzten sie dieselben auf, und zogen den schmutzigen Gewinn aus den Eingeweiden. In den wenigsten ward etwas gefunden, und die Hoffnung allein brachte dem Tode viele Schlachtopfer. Dieses Unglück indessen zog viele Überläufer wieder [in die Stadt] zurück.“f
25. Wie mehrten die Juden noch ihre Schwierigkeiten?
25 Was zu den Schwierigkeiten der Flucht ferner beitrug, waren die Juden selbst. Jahre zuvor hatten sie Jesus fälschlich des Aufruhrs wider den Cäsar angeklagt und meinten damit, daß die ihm Gewogenen auch von fragwürdigem Patriotismus seien. Sie beschuldigten die Nachfolger Christi des Aufruhrs, obwohl Jesu Jünger nur die Politik mieden und das Königreich Christi unterstützten. (Luk. 23:2; Joh. 19:12; Apg. 17:7; 24:5) Ums Jahr 70 n. Chr. aber waren die Juden aufrührerisch gegenüber Rom, und jeder, der durch die Flucht der Todesfalle in Jerusalem zu entrinnen suchte, wurde als aufrührerisch wider die Juden betrachtet und getötet. Wenn also die Juden Leute, die fliehen wollten, erwischten, lautete die Anklage auf Aufruhr und das Urteil auf Tod; entgingen aber die Fliehenden den Juden und erreichten sie die römischen Linien, so gab es für sie im besten Fall Gefangenschaft. Aber zurückzubleiben bedeutete den schließlichen Tod, sei es durch Schwert, Pest oder Hunger. Wenn die Juden nicht gegen die Römer kämpften, so kämpften sie unter sich selbst, da sie in verschiedene politische und religiöse Parteien aufgeteilt waren, von denen jede die verurteilte Stadt zu beherrschen suchte. Es war eine Lage, wo jedermanns Hand sich wider die Hand seines Bruders erhob. Bei ihren inneren Kämpfen zerstörten sie sogar ihre eigenen Lebensmittelvorräte und beschleunigten damit die Hungersnot und Pest und den römischen Sieg.
26, 27. Welche Katastrophe sagte Jehova für Ungehorsam voraus, und wann und wie erfüllte sie sich in auffallender Weise?
26 Fünfzehnhundert Jahre vor den katastrophalen Ereignissen des Jahres 70 n. Chr. hatte Jehova Gott vorausgesagt, daß diese als Folge des Ungehorsams kämen: „Und sie werden dich in der Tat belagern in allen deinen Toren, bis deine hohen und befestigten Mauern, auf die du vertraust, in deinem ganzen Lande fallen, ja, sie werden dich gewißlich belagern in allen deinen Toren in deinem ganzen Lande, das Jehova, dein Gott, dir gegeben hat. Dann wirst du die Frucht deines Leibes essen müssen, das Fleisch deiner Söhne und deiner Töchter, die Jehova, dein Gott, dir gegeben hat, wegen der Einengung und Bedrängnis, womit dein Feind dich bedrängen wird. Und Jehova wird dich gewißlich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde, und du wirst dort anderen Göttern dienen müssen, die du nicht gekannt hast, weder du noch deine Vorfahren — Holz und Stein. Und unter jenen Nationen wirst du keine Rast haben, noch wird sich für deine Fußsohle eine Ruhestatt finden, und Jehova wird dir dort in Wahrheit ein zitterndes Herz geben, Erlöschen der Augen und Verzagtheit der Seele. Und du wirst gewißlich in größter Lebensgefahr sein und in Schrecken Nacht und Tag, und du wirst deines Lebens nicht sicher sein. Und Jehova wird dich gewißlich auf Schiffen nach Ägypten zurückführen, auf dem Wege, von dem ich dir gesagt habe: ‚Du wirst ihn nie wieder sehen!‘ und ihr werdet euch dort euren Feinden als Sklaven und Sklavinnen verkaufen müssen, aber da wird kein Käufer sein.“ — 5. Mose 28:52, 53, 64-66, 68, NW.
27 Die Geschichte bezeugt, wie sich dieses Unheil an den Juden nach dem Jahre 70 n. Chr. in auffallender Weise erfüllt hat. Josephus gibt einen anschaulichen und erschreckenden Bericht über ein Weib während der Belagerung vom Jahre 70 n. Chr.: „Sie erwürgt ihren Sohn, verzehret selbst, wie sie ihn gekocht hat, die eine Hälfte, und verwahret unter einer Bedeckung den Überrest. Sogleich erscheinen die Aufrührer und drohen ihr, wie sie den Dampf in sich saugen, der ihnen von der ruchlosen That entgegenduftete, augenblickliche Ermordung, wenn sie das zugerichtete Essen nicht zeigen würde. Sie erwiedert: Sie habe ihnen ein gut Theil aufbewahrt und enthüllt ihrem Anblicke den Überrest ihres Kindes.“ Überrascht und entsetzt verließen die Männer zitternd die Ekel erregende Szene.g Als Titus schließlich die Stadt einnahm, war der Tribut 1 100 000 Tote und 97 000 Gefangene.h Die überlebenden Juden wurden nach allen Teilen der Erde zerstreut, und nirgends fanden sie Ruhe, sondern mit Furcht um ihr Leben, mit Herzen voller Verzweiflung und Schrecken irrten sie umher. Nicht nur das, sondern große Mengen dieser Gefangenen wurden in die Sklaverei nach Ägypten zurückgesandt und so wieder zum selben Stande erniedrigt, aus dem Jehova ihre Nation mehr als fünfzehnhundert Jahre zuvor befreit hatte. Josephus sagt, daß die sie Gefangennehmenden sie „gefesselt zur Arbeit nach den Bergwerken in Ägypten“ schickten.i Ein jüdischer Bibelkommentar, herausgegeben von J. H. Hertz, besagt bei der Betrachtung von 5. Mose 28:68, daß „bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer sowohl Titus wie Hadrian Mengen von Juden in die Sklaverei sandten“, und daß „Ägypten einen großen Teil dieser Sklaven“ erhalten habe. Es wird dort ferner gezeigt, daß die Römer im Mittelmeer eine Flotte hatten, womit sie die Judensklaven nach Ägypten abtransportierten, und daß es für viele Juden, obwohl sie sich als Sklaven zu verkaufen gedachten, keine Käufer gab, so verachtet waren sie, und so überfüllt war der Markt. Mit welcher Wucht erfüllte sich doch die Prophezeiung von 5. Mose fünfzehnhundert Jahre später!
28. Welche Beobachtungen hat Josephus aufgezeichnet, und wie stand — wenn auch nur als Nebenerscheinung — ein Greuel in buchstäblichem Sinne an heiliger Stätte?
28 Diese Katastrophe ereilte eine Generation, die wegen ihrer Bosheit berüchtigt war. Darüber sagt Josephus: „So hat weder je eine andere Stadt ähnliche Leiden erfahren, noch ist je ein Menschengeschlecht, seitdem die Welt steht, schöpferischer an Bosheit gewesen.“j Josephus war der Überzeugung, daß Gott die Römer herbeigeführt habe, um die Juden zu strafen, und er zitiert Titus, der gesagt habe: „Ja, mit Gottes Beyhülfe haben wir den Krieg geführt! Gott war es, welcher die Juden aus diesen festen Schanzen warf! Was hätten wohl Hände oder Maschinen der Menschen gegen diese Thürme vermocht?“k Gottes Rache war fällig, und zwar als Vergeltung für das abscheuliche politische Bündnis, das die Juden mit dem heidnischen Rom gemacht hatten, um die Hinrichtung Christi Jesu zu sichern. Daß sie dem Cäsar die Stellung des Königtums zuwiesen, die dem Messias vorbehalten war, das war die große offenkundige Tat, die so abscheuliche, welche ihre Verödung herbeiführte; doch ist es auch interessant, folgendes zu beachten, das sich nach Jerusalems Sturz zutrug: „Die Römer trugen nun, da die Aufrührer sich in die Stadt geflüchtet hatten, und der Tempel, so wie alles ringsherum in Flammen stand, ihre Fahnen nach dem Tempel, und ... wie sie dieselben dem östlichen Thore gegenüber [nahe beim Altar] gepflanzt, und daselbst vor denselben geopfert [Opfer dargebracht] hatten ...“l So standen denn in ganz buchstäblicher Weise die abscheulichen Götzen an der heiligen Stätte der Juden.
29. Was für eine bemerkenswerte Parallele gibt es zwischen den Ereignissen des Jahres 607 v. Chr. und denen des Jahres 70 n. Chr.?
29 Es besteht eine bemerkenswerte Parallele zwischen gewissen Ereignissen des Jahres 607 v. Chr. und denen des Jahres 70 n. Chr., und dies zutreffenderweise, da die Ereignisse dieser beiden Zeiten Geschehnisse vorschatteten, die jetzt der heutigen Generation widerfahren. Vor der Katastrophe in diesen beiden Zeiten, dem Jahre 607 v. Chr. und auch dem Jahre 70 n. Chr., hatte sich das Volk, das im Bunde mit Jehova zu sein beanspruchte und sich als treues „Weib“ ausgab, vieler Sünden schuldig gemacht. Dadurch, daß es religiös abgeirrt war und sich in die Politik eingemischt hatte, hatte es geistigen Ehebruch begangen und war wiederholt gewarnt worden, daß Jehova es vernichte, wenn es sich nicht bessere, und daß er sich hierzu der Nationen bediene, mit denen es Bündnisse eingegangen, denen es nun aber entfremdet war. Es konnte von Jehova eine Heimsuchung erwarten und eine von ihm veranlaßte Verödung durch die früheren politischen Liebhaber Jerusalems. In beiden Fällen erschienen die verödenden Streitkräfte zur Vernichtung, zogen sich danach aber eine Zeitlang zurück, wodurch eine gelegene Zeit zur Flucht in die Sicherheit eingeräumt wurde. Die Rebellischen schoben die Flucht auf und brandmarkten jene als aufrührerisch, welche zu entfliehen suchten. Die Gelegenheit zur Flucht ging vorbei, die Zerstörer kehrten zurück, und die Verödung ereilte die Stadt nun als rächende Wirklichkeit. Wie aber vorausgesagt, wurden die Mächte, die dazu gebraucht wurden, diese Rache auszuüben, später selbst vernichtet. Babylon fiel, nachdem es im Jahre 607 v. Chr. benutzt worden war. Das Römische Reich zerfiel und brach zusammen, nachdem es im Jahre 70 n. Chr. benutzt worden war. Offenbarung 17:10 zeigte, daß jene sechste Weltmacht nicht bestehenbleiben, sondern daß ihr eine siebente Weltmacht folgen werde. Wie all jene folgenschweren Ereignisse der Vergangenheit Geschehnisse darstellen, die über die gegenwärtige Generation hereinbrechen, wird im nachfolgenden Artikel gezeigt werden.
[Fußnoten]
a Vom jüdischen Kriege, Buch 2, Kap. 19, ¶ 6, 7.
b Marstons The Bible Is True, S. 45; Albrights The Archaeology of Palestine, S. 242.
c Vom jüdischen Kriege, Buch 6, Kap. 9, ¶ 3, 4.
d Vom jüdischen Kriege, Buch 5, Kap. 12, ¶ 2, 3.
e Id., Buch 5, Kap. 13, ¶ 4.
f Id., Buch 5, Kap. 13, ¶ 5.
g Vom jüdischen Kriege, Buch 6, Kap. 3, ¶ 4.
h Id., Buch 6, Kap. 9, ¶ 3.
i Id., Buch 6, Kap. 9, ¶ 2.
j Id., Buch 5, Kap. 10, ¶ 5.
k Id., Buch 3, Kap. 7, ¶ 31; Buch 6, Kap. 9, ¶ 1.
l Vom jüdischen Kriege, Buch 6, Kap. 6, ¶ 1.