Mißachte nicht das Bedürfnis nach Vergnügungen
ZUWENIG IST EBENSO SCHÄDLICH WIE ZUVIEL
FRÜHER, als unermüdlicher Fleiß hochgeschätzt wurde, hielten viele Leute Vergnügungen für Zeitverschwendung. Heute dagegen sieht manch einer in der Jagd nach Vergnügungen den eigentlichen Lebenszweck. Indes sollten Arbeit und Vergnügen im richtigen Verhältnis zueinander stehen.
Eine erfüllende Tätigkeit gibt dem Leben Sinn und Zweck. Doch Spiel und Spaß erfrischt den von der Arbeit Ermüdeten, ist eine willkommene Abwechslung und weckt die Lust zu weiterer Arbeit. Angestrengtes Arbeiten über eine recht lange Zeit kann zu Erschöpfung und zu Depressionen führen. Dehnt man andererseits die Ferien länger aus, als zur Erholung notwendig ist, werden sie langweilig. Man darf das eine nicht übertreiben, während man das andere ignoriert.
Wir sollten nicht den Fehler begehen, den die Puritaner machten, und glauben, jegliches Vergnügen sei ein Unrecht. Das Essen wird ja auch nicht verurteilt, weil die Möglichkeit der Schlemmerei besteht, und das Trinken wird nicht verboten, weil die Gefahr der Trunkenheit besteht. So sollten auch Vergnügungen nicht mißbilligt werden, nur weil manch einer übertreibt. Wir sollten Vergnügungen nicht in Bausch und Bogen ablehnen, sondern vielmehr die zuträglichen Arten und das richtige Maß ermitteln.
Die Natur genießen
Heute suchen so viele Leute am Strand, in den Bergen und in Naturparks Erholung, daß manche Gegenden hoffnungslos überlaufen sind. Doch gerade an solchen Orten gibt es viele Möglichkeiten, sich zu vergnügen: Wandern, Schwimmen, Zelten, Naturbeobachtung usw.
Um die Natur zu beobachten, braucht man allerdings nicht sehr weit zu fahren. Manch einer wohnt schon in der Nähe von Wäldern. Man kann auch im Garten Nistkästen anbringen und ein Vogelfutterhaus aufstellen. Ferner kann man sich ins Gras legen und alles belauschen, was da kreucht und fleucht. Das Treiben der Käfer, Ameisen und Spinnen wird dich faszinieren. Wohnst du in einer Großstadt, in einem Asphaltdschungel? In solchen Städten gibt es in der Regel Parks und zoologische Gärten. Auch der Besuch von Museen und Planetarien kann Freude bereiten und lehrreich sein.
Eltern, organisiert solche Ausflüge für eure Kinder! Leitet sie an! Regt sie an, indem ihr sie auf die vorhandenen Möglichkeiten aufmerksam macht! Ihr könnt den Kindern vielleicht die verschiedenen Entwicklungsstadien eines Schmetterlings oder einer Ameise erklären. Befriedigt das Verlangen eurer Kinder, mehr über Jehovas Schöpfung zu erfahren! So wird in euren Kindern das Interesse an Jehova Gott und an seinen irdischen Geschöpfen geweckt, und auf fast spielerische Weise lernen sie so manches über das, was er mit der Erde und den Menschen, denen er die Erde anvertraut hat, vorhat. Beherzigt die Aufforderung, die wir in Hiob 12:7-10 finden: „Frage doch bitte die Haustiere, und sie werden dich unterweisen, auch die geflügelten Geschöpfe der Himmel, und sie werden es dir kundtun. Oder befasse dich mit der Erde, und sie wird dich unterweisen, und die Fische des Meeres werden es dir verkünden.“
Manchmal kann man sich auch bei einer Arbeit erholen. Wer den ganzen Tag im Büro sitzt oder die ganze Woche über studieren muß, mag körperliche Arbeit im Freien erholsam finden. Einen kleinen Garten zu haben und diesen in der Freizeit zu betreuen kann ebenfalls befriedigend sein. Selbst in einer Großstadt ist es manchmal möglich, ein kleines Grundstück zu diesem Zweck zu pachten (Schrebergärten). Oder man kann sich einen Blumenkasten vor das Fenster stellen und darin Blumen oder Kräuter ziehen. Für manch einen ist die Zucht und die Pflege von Zimmerpflanzen ein faszinierendes Hobby, das zudem noch zur Verschönerung der Wohnung beiträgt. Eine andere Möglichkeit ist das Halten von Käfigvögeln. Auch die Aquarienliebhaberei ist ein Hobby, das viele begeistert.
Es gibt manche Möglichkeiten, sich ein Stück Natur, etwas Lebendiges, was Jehova geschaffen hat, ins Haus zu holen, um sich daran zu erfreuen und um Beobachtungen anzustellen. Die Eltern müssen sich nur etwas einfallen lassen und die Kinder anleiten.
Hobbys
Kleine Kinder „backen“ mit Begeisterung „Sandkuchen“. Viele Mütter sind gar nicht so glücklich darüber. Aber es ist doch nur Sand, und dieser läßt sich leicht mit Wasser beseitigen. Wenn das Kind größer wird, kann das Spielen mit Sand in ein Hobby verwandelt werden. Anstatt Sand wird Lehm genommen, und anstatt „Kuchen zu backen“, wird etwas modelliert. Die Töpferei ist ein interessantes Handwerk, das schon seit uralter Zeit von verschiedenen Wespenarten instinktiv betrieben wird (eine dieser Wespenarten heißt sogar „Töpferwespe“). Ein weiteres Hobby wäre die Herstellung von Leder oder Knüpfarbeiten oder Schneidern, Stricken, Kochen und vieles mehr.
Ein „Schaufensterbummel“ ist ein Vergnügen, vor dem sich manch ein starker Mann fürchtet, das aber viele Frauen und Mädchen genießen. Eine Mutter kann ihn dazu benutzen, ihre Kinder über Preise, Qualität, Gelegenheitskäufe und Wirtschaftlichkeit zu belehren. Ein solcher Bummel ist ein billiges Vergnügen, besonders wenn man ihn nach Ladenschluß unternimmt.
Eine interessante Freizeitbeschäftigung, die zudem recht lehrreich sein kann, ist der Besuch eines Betriebes. Man kann mit den Kindern eine Druckerei besichtigen, eine Textilfabrik, eine Schokoladenfabrik, ein Autowerk oder eine Kohlengrube. Es gibt viele Werke, in denen Besucher durch den Betrieb geführt werden, so daß sie zusehen können, wie Dinge, die man tagtäglich braucht, hergestellt werden. Das ist sowohl interessant als auch unterhaltsam. Die Besichtigung eines Stahlwerks zum Beispiel könnte das Thema eines schriftlichen oder mündlichen Berichts in der Schule bilden.
Nur zum Zeitvertreib
Es ist nicht nötig, die Freizeit stets so zu verbringen, daß man gleichzeitig etwas dabei lernt. Man kann etwas auch lediglich zum Zeitvertreib tun, Das ist nicht unnütz, denn jung und alt kann sich dabei erholen, um nachher wieder leistungsfähig zu sein.
Doch die Menschen haben unterschiedliche Interessen. Was den einen begeistert, mag den anderen langweilen. Frauen und Mädchen interessieren sich meist für etwas anderes als Männer und Jungen. Ferner spielt das Alter eine Rolle. Ältere Leute dürfen nicht denken, daß Kinder immer so wie sie stillsitzen und sich miteinander unterhalten, lesen oder Dame spielen möchten. Jugendliche besitzen überschüssige Kräfte, die sie abreagieren müssen. Ihnen ist vielleicht nichts lieber als ein Bewegungsspiel wie Federball, Handball, Korbball und Fußball.
Zwei oder mehrere Familien können gemeinsam ins Grüne fahren und dort ein Picknick einnehmen. Nachher kann man sich zusammensetzen und miteinander plaudern, oder solche Teilnehmer, die überschüssige Kräfte besitzen, können sie bei einem Spiel „loswerden“. Ein friedlicher Wettkampf schadet nicht; aber wenn das Siegen zum Allerwichtigsten wird, mag es zu Meinungsverschiedenheiten kommen, und der Spaß ist verdorben.
Kleinere Kinder sind glücklich, wenn sie schaukeln oder in einer Sandkiste spielen können. Leere Kartons, ein paar Stecken oder einige Stücke Holz werden zu Häusern, zu Höhlen, zu Flugzeugen, zu Autos oder was immer die Kinder in ihrer Phantasie daraus machen. Manch ein teures Spielzeug bleibt unberührt, während das Kind den ganzen Nachmittag im Sandkasten oder mit einer großen Pappschachtel spielt und dabei seiner Phantasie freien Lauf läßt. Ein Feuerlöschfahrzeug aus Metall und Kunststoff, das über 10 Mark kostet, ist immer nur ein Feuerlöschfahrzeug. Aber eine große Pappschachtel — das ist etwas ganz anderes, die kann irgend etwas sein!
Erwachsenen gefällt es, Kinder beim Spielen zu beobachten, oder sie sehen gern bei einem Ballspiel zu, und wenn sie sich entsprechend fühlen, machen sie vielleicht sogar mit. Familien, die ihre Freizeit auf diese Weise verbringen, werden bessere Familien, sie kommen einander näher, und es gibt bei ihnen keinen Generationskonflikt. Auch besteht die Möglichkeit einer Beaufsichtigung, wenn erforderlich. Wenn alle, was die Anbetung des Schöpfers betrifft, gleich denken, besteht keine Gefahr, daß gute Gewohnheiten durch schlechte Gesellschaft verdorben werden (1. Kor. 15:33). Die Bruderliebe zwischen den Gliedern einer Christenversammlung und das Verständnis füreinander wachsen, wenn sie nicht nur gemeinsam die Bibel studieren und gemeinsam Predigtdienst verrichten, sondern auf sinnvolle Weise auch gemeinsam ihre Freizeit verbringen.
Musik und Tanzen
In manchen Familien mag der eine oder andere besonders musikbegabt sein. Ein Instrument spielen zu lernen ist faszinierend und gewährt eine gewisse Befriedigung, auch kann man andere damit erfreuen. Wenn zwei, drei oder mehr Glieder einer christlichen Familie ein Instrument spielen, können sie gemeinsam zur eigenen und zur Freude anderer musizieren. Das mag die Zuhörer sogar anregen, „das Tanzbein zu schwingen“.
Zu musizieren, zu singen oder zu tanzen ist nicht verkehrt. In Israel gehörte das Musizieren und Singen zur Anbetung Jehovas. Junge und Alte tanzten zur Musik. Manchmal wurden Einzeltänze, andermal Gruppentänze aufgeführt (2. Mose 15:20; Ps. 87:7; 149:3; 150:4; Ri. 11:34; Jer. 31:13; Matth. 11:17; Luk. 15:25). Bei einem solchen Anlaß wurde einmal jemand, der mit großer Hingabe tanzte, kritisiert, doch Jehova hieß diese Kritik nicht gut (2. Sam. 6:20).
Indessen ist es mit dem Tanzen wie mit dem Essen und dem Trinken, auf das bereits hingewiesen wurde: Es kann, je nachdem, wie man sich in der Gewalt hat, etwas Gutes oder etwas Schlechtes sein. Die Musik mag zart oder beschwingt sein, oder es mag flotte Musik mit kräftigem Rhythmus sein, doch sollte sie keinesfalls wild oder dröhnend sein. Ferner darf sie nicht so laut sein, daß sie das Gehör schädigt oder andere stört. Man kann nicht sagen, ein Tanz sei gut oder schlecht, je nachdem, ob er langsam oder schnell getanzt wird; aber bei Tänzen, die erotisieren, das heißt ein sinnliches Verlangen wecken, kann man nicht mehr von guter Unterhaltung sprechen.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß es notwendig ist, bei solchen Anlässen eine gute Aufsicht zu führen, natürlich nicht, um harmlose Vergnügungen einzuschränken, sondern nur extreme, die die christliche Moral gefährden würden. Selbst der Walzer kann in einer bestimmten Umgebung unmoralisch werden. An Volkstänzen, Quadrillen (Form des Kontertanzes) und an den meisten modernen Tänzen kann man sich zu Recht erfreuen, aber in einer unpassenden Umgebung können auch sie ausarten.
Lektüre und Gespräch
Es gibt gute und unterhaltende Bücher und Zeitschriftenartikel, aber es gibt auch solche, die einer guten Moral abträglich sind. Was darin geschrieben steht, sollte „unter euch [Christen] nicht einmal erwähnt werden“. Lesen sollten wir nur, was wahr, tugendhaft und lobenswert ist (Eph. 5:3; Phil. 4:8).
Dieser Grundsatz gilt auch für Film und Fernsehen. Es gibt noch einige Filme, die sauber und unterhaltsam sind, aber solche Filme sind nicht mehr die Regel, sondern werden allmählich die Ausnahme. Auch gibt es noch Fernsehprogramme, die erholsam und lehrreich sind. Dokumentationen berichten über wissenschaftliche und naturgeschichtliche Themen, über aktuelle Geschehnisse und über andere interessante Dinge. Solche Dokumentationen sowie gute Lektüre ermöglichen es uns, uns mit anderen angeregt zu unterhalten.
Unterhalten? Ja, das Gespräch ist noch nicht ausgestorben. Die Beliebtheit der „Talk-Shows“ zeigt, daß der Wunsch zum Gespräch immer noch vorhanden ist. Es gibt aber offensichtlich viele Leute, die nicht mehr imstande sind, ein interessantes Gespräch zu führen. Sie reden, übermitteln aber keine anregenden Gedanken. Doch selbst solche Personen können veranlaßt werden, Interessantes über sich selbst zu erzählen: über ihre Kindheit, ihre erste Arbeitsstelle, warum sie sich für den Beruf, den sie ausüben, entschieden haben oder wie sie zu ihrem Glauben gekommen sind. Wenn man ihnen die entsprechenden Fragen stellt, entwickelt sich meist ein überraschend interessantes Gespräch.
Aufmerksamkeit, Höflichkeit und Takt sowie aufrichtige Komplimente lösen die Zunge auch solcher Personen, die normalerweise schweigsam sind. Interessierst du dich für sie, wirst du für sie interessant. Bald kommt ein angeregtes Gespräch in Gang, an dem sich nicht nur zwei, sondern vielleicht vier oder gar sechs Personen beteiligen. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung ergötzten sich die Griechen und die bei ihnen weilenden Fremden daran, Gespräche zu führen: „In der Tat, alle Athener und die dort zugezogenen Ausländer verbrachten ihre Mußezeit mit nichts anderem als nur damit, etwas Neues zu erzählen oder anzuhören“ (Apg. 17:21).
Wer liest, beobachtet, zuhört und nachdenkt, hat immer etwas, was er zu einem unterhaltsamen Gespräch beisteuern kann. Man darf jedoch nicht rechthaberisch oder unduldsam sein. Das sind keine Voraussetzungen für ein gutes Gespräch. Vielmehr sollte man freundlich und liebenswürdig sein, ja man sollte sich als ein angenehmer Gesprächspartner erweisen (Spr. 15:1; 16:21-24; 25:11; Pred. 12:10; Kol. 4:6).
Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß man zweifelhafte Vergnügungen nicht einfach ablehnen, sondern dafür andere, geeignete Zeitvertreibe anbieten sollte. Wenn du einen Glauben vertrittst, der alle Vergnügungen ablehnt, werden deine Kinder dir und diesem Glauben so schnell wie möglich den Rücken kehren. Sorge also für angemessene Unterhaltung, so daß diesbezüglich kein Vakuum entsteht (Matth. 12:43 bis 45). In dem folgenden Artikel werden weitere Möglichkeiten, sich zu vergnügen, beschrieben.