Behemoth und Leviathan — Wunder der Schöpfung
„WER ist es, der den Rat verdunkelt mit Worten ohne Erkenntnis?“ fragte Gott der Allmächtige Hiob. (Hiob 38:2) Hiob hatte zwar bis dahin an seiner Lauterkeit Gott gegenüber festgehalten, dennoch hatte er den Rat durch Worte, die nicht auf einer genauen Erkenntnis beruhten, verdunkelt. Er hatte aufgrund des Vorgehens des Schöpfers dessen Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit in Zweifel gezogen. Er hatte sich selbst mehr gerechtfertigt als Gott und wurde nun zu Recht getadelt. Jehova sprach mit Hiob aus dem Sturm und führte ihm seine unendliche Weisheit und Liebe, die sich in seiner Fürsorge für seine Geschöpfe zeigt, vor Augen. Durch die Fragen, die ihm der Allmächtige über seine Werke in der Tierwelt stellte, tief gedemütigt, bekannte Hiob, daß er nichts zu seiner Rechtfertigung sagen könne. Dann stellte ihm Jehova die Frage: „Hast du einen Arm wie Gott?“ und, um zu veranschaulichen, wie seine Stärke in der Natur zum Ausdruck kommt, beschrieb er den mächtigen Behemoth, ein wahres Wunder der Schöpfung.
„Sieh doch den Behemoth, den ich mit dir gemacht habe; er frißt Gras wie das Rind. Sieh doch, seine Kraft ist in seinen Lenden, und seine Stärke in den Muskeln seines Bauches. Er biegt seinen Schwanz gleich einer Zeder, die Sehnen seiner Schenkel sind verflochten. Seine Knochen sind Röhren von Erz, seine Gebeine gleich Barren von Eisen. Er ist der Erstling der Wege Gottes; der ihn gemacht, hat ihm sein Schwert beschafft.“ — Hiob 40:10-14.
Der Behemoth ist ein Riese von einem Tier, eine Schöpfung Gottes, die gewaltig ist an Kraft. Aufgrund der göttlichen Beschreibung dieses Tieres nimmt man allgemein an, daß es sich dabei um das Fluß- oder Nilpferd handelt, und in einigen Übersetzungen des Buches Hiob wird er im Haupttext oder in den Fußnoten direkt Fluß- oder Nilpferd genannt, um zu zeigen, von welchem Tier Gott hier spricht.
Das voll ausgewachsene Flußpferd ist ein richtiger Koloß: Seine Länge beträgt 3,5 bis 4 Meter und sein Gewicht bis 4000 Kilo. „Es ist kaum zu glauben, daß ein erwachsenes männliches Flußpferd eine solche Größe erreicht“, sagt der Zoologe Ivan Sanderson, „und selbst wenn man es im Zoo aus nächster Nähe sieht, kann man es kaum fassen.“ „Bei einer Betrachtung dieses Tieres wundert man sich, wie seine kurzen, formlosen Beine mit ihrem verhältnismäßig geringen Umfang es an Land überhaupt tragen können, aber mit diesen lächerlich kurzen Beinen überholt es in seinen heimatlichen Gewässern jedes Ruderboot und, wenn es sein muß, auch ein Motorboot, indem es mit ihnen paddelt wie ein Hund.“ — Living Mammals of the World.
Die kurzen Beine des Flußpferdes sind sehr stark gebaut. Ihre Knochen sind wie „Röhren von Erz“, stark genug, um vier Tonnen zu tragen. Seine Gebeine, die Rippen, sind wie „Barren von Eisen“. „Die Sehnen seiner Schenkel sind verflochten“, denn die Muskelfasern und die Sehnen seiner Schenkel sind miteinander verbunden und verschlungen wie starke Kabel. „Seine Kraft ist in seinen Lenden“, das heißt in den Muskeln seines Rückens, und „seine Stärke in den Muskeln seines Bauches“, ja, seine Bauchmuskeln sind von gewaltiger Stärke. Da das Flußpferd wegen seiner kurzen Beine beim Gehen den Bauch über den schlammigen, steinigen Grund des Flußbettes schleift, ist seine Haut am Bauch dicker als an anderen Körperstellen. Sein dicker Schwanz gleicht einer Zeder, nicht wegen der Länge, sondern weil es ihn wie einen Baum steif aufrichten oder hin- und herwiegen kann.
Das Flußpferd ist wirklich ein vorzüglicher Beweis für Gottes Macht und Stärke! Er ist sein Schöpfer. Er gab ihm seine Stärke. Wer wollte diesem Tier mit einem Schwerte nahen, um es zu töten? Das Flußpferd hat in seinen Kinnladen und Zähnen eine solch ungeheure Kraft, daß es einen Menschen ohne weiteres zermalmt. Mit seinen halbkreisförmigen Eckzähnen sägt es mit Leichtigkeit ein Loch in den Einbaum eines Eingeborenen oder beißt die Metallverkleidung eines Flußbootes durch. Nicht umsonst heißt es in einer alten ägyptischen Inschrift aus der Zeit Thutmosis III.: „Das Flußpferd, der Herr der Schrecken des Wassers, dem der Mensch nicht in die Nähe kommen darf.“a Über diesen Behemoth sagte Jehova weiter zu Hiob:
„Denn die Berge tragen ihm Futter, und daselbst spielt alles Getier des Feldes. Unter Lotosbüschen legt er sich nieder, im Versteck von Rohr und Sumpf; Lotosbüsche bedecken ihn mit ihrem Schatten, es umgeben ihn die Weiden des Baches. Siehe, der Strom schwillt mächtig an — er flieht nicht ängstlich davon; er bleibt wohlgemut, wenn ein Jordan gegen sein Maul hervorbricht. Fängt man ihn wohl vor seinen Augen, durchbohrt man ihm die Nase mit einem Fangseile?“ — Hiob 40:15-19.
Der mächtige Behemoth ist ein Amphibium. Er geht auch an Land, ja selbst die steilsten Flußufer erklimmt er, um sich das Futter zu holen, das ihm „die Berge tragen“. „Gras“ ist sein Futter, und da er so gefräßig ist, scheint es, als ob das Gras ganzer Berge nötig sei, seinen Hunger zu stillen. Mit den Zähnen reißt er die Pflanzen ab, mit der riesigen Schnauze schaufelt er sie zusammen, und zwischen den Kiefern zermalmt er sie. Etwa 100 bis 200 Kilo Pflanzen wandern täglich in seinen ungeheuren Magen. Geht das Flußpferd an Land, um sein Grünfutter zu holen, so brauchen sich die anderen Tiere jedoch nicht zu fürchten, denn dieses Ungeheuer tut ihnen nichts.
Nach seiner Mahlzeit legt sich das Flußpferd unter den Lotosbüschen oder in einem Versteck an einem sumpfigen Ort im Schatten der Weiden nieder. Es macht sich keine Gedanken, wenn der Fluß, in dem es wohnt, anschwillt und über die Ufer tritt. Es kann den Kopf dennoch über dem Wasserspiegel halten und schwimmt auch gegen die gewaltigste Strömung unentwegt weiter.
Hätte Hiob, nachdem er all das über den Behemoth gehört hatte und nun wußte, wie stark er war und welch gewaltiges, mit gefährlichen Hauern ausgestattetes Maul er hatte, wohl noch die Kühnheit besessen, diesem Ungeheuer vor die Augen zu treten und ihm seine Nase mit einem Haken zu durchbohren?
LEVIATHAN
Nun befragt Gott Hiob, der durch die Beschreibung der Stärke und der Kraft des pflanzenfressenden Behemoth bereits demütiger geworden ist, noch über ein anderes Amphibium, das im Gegensatz zum Flußpferd ein Fleischfresser und sehr gefährlich ist:
„Ziehst du den Leviathan herbei mit der Angel, und senkst du seine Zunge in die Angelschnur? Kannst du einen Binsenstrick durch seine Nase ziehen und seinen Kinnbacken mit einem Ringe durchbohren? Wird er viel Flehens an dich richten oder dir sanfte Worte geben? Wird er einen Bund mit dir machen, daß du ihn zum ewigen Knechte nehmest? Wirst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel und ihn anbinden für deine Mädchen? Werden die Fischer-Genossen ihn verhandeln, ihn verteilen unter Kaufleute? Kannst du seine Haut mit Spießen füllen und seinen Kopf mit Fischharpunen? Lege deine Hand an ihn — gedenke des Kampfes, tue es nicht wieder!“ — Hiob 40:20-24.
Gestützt auf Jehovas Beschreibung des Leviathan im Buche Hiob nimmt man an, daß es sich bei diesem Wunder der Schöpfung um das Krokodil, den Riesen unter den Kriechtieren, handelt. Einige Bibelübersetzer, unter anderem auch Menge und Bruns geben das hebräische Wort liwjatan deshalb mit „Krokodil“ wieder. Der etymologische Ursprung dieses Wortes ist nicht mit Sicherheit nachzuweisen; man erklärt es mit „der sich Windende“, „der Gewundene“ und „der sich Schlängelnde“. Das Wort an sich soll nichts Bestimmtes bedeuten, sondern sich auf jedes Seeungeheuer oder große Kriechtiere beziehen. Nach Jehovas Beschreibung, die wir im 40. und 41. Kapitel des Buches Hiob lesen, bezieht sich der Ausdruck jedoch auf ein großes, mit Schildern und Schuppen gepanzertes Kriechtier mit einem gefährlichen Gebiß. Das Krokodil paßt auf diese Beschreibung.
Hiob mochte zwar noch nie ein Krokodil gesehen haben, hatte aber bestimmt schon davon gehört, denn er war damals schon in vorgerücktem Alter. Im Nil wimmelte es von Krokodilen, und da er nicht weit vom Golf von Akaba entfernt wohnte, mochte er schon von dem wendigen Leviathan gehört haben. Was er über dieses Ungeheuer gehört hatte, genügte ihm, zu wissen, daß es viel zu gefährlich gewesen wäre, an ihm seine Fischerkünste vorführen zu wollen. Hätte sich Hiob den wilden, gefährlichen Leviathan dienstbar machen können wie seine Haustiere? Oder hätte er mit ihm spielen können? Hätte sich dieses Ungeheuer als Spielzeug für die Kinder gebrauchen lassen? Konnten Fischer es mit der Angel fangen? Hätten sie es verhandelt oder unter Kaufleute verteilt? Angenommen, der Mensch würde die Hand an dieses Meisterwerk der Schöpfung legen, das Jehova als den gefährlichsten Vertreter der Krokodile beschreibt, was dann? Es käme zu einem fürchterlichen Kampf, den der Mensch nie mehr vergessen würde, und er täte es nie mehr!
UND SEIN SCHÖPFER?
Ein Fischer, der einen Leviathan mit seinem üblichen Fischfanggerät fangen wollte, würde eine nicht geringe Überraschung erleben, denn Jehova sagte zu Hiob noch:
„Siehe, eines jeden Hoffnung wird betrogen: wird man nicht schon bei seinem Anblick niedergeworfen? Niemand ist so kühn, daß er ihn aufreize. — Und wer ist es, der sich vor mein Angesicht stellen dürfte? Wer hat mir zuvor gegeben? und ich werde ihm vergelten. Was unter dem ganzen Himmel ist, ist mein.“ — Hiob 41:1, 2.
Schon allein der Anblick eines Riesenkrokodils sagt uns: Halte dich fern, Hände weg! Wer wäre so kühn, daß er es wagte, einen Leviathan aufzureizen? Hiob etwa? Die meisten Riesenkrokodile, die Nilkrokodile und die im Salzwasser lebenden Arten, sind so geartet, daß es besser ist, man kommt ihnen nicht zu nahe und reizt sie nicht. Tierwärter in Zoologischen Gärten haben festgestellt, daß Alligatoren so zahm werden können, daß man auf ihnen herumspazieren kann, von Krokodilen aber wissen sie, daß es besser ist, Distanz zu halten. Raymond Ditmars, ein bekannter Reptilienforscher, schreibt in seinem Buch Reptiles of the World:
„Der Unterschied zwischen dem Wesen und Verhalten eines Alligators und eines Krokodils ist ungefähr so groß wie der Unterschied zwischen einer Schildkröte und einer Alligatorschildkröte. Ein wütender Alligator wirft seinen Kopf hin und her, schlägt seine Kiefer hörbar aufeinander und peitscht mit seinem Schwanz um sich, aber wer starke Nerven hat, kann sich ihm auf kurze Entfernung nahen, ihm eine Schlinge über den Kopf werfen, seine Kiefer zusammenbinden, eine Stange an seinen Körper heranschieben und ihn dann daran festbinden, indem er ihm vom Kopf aus nach hinten und vom Schwanz aus nach vorn eine Schlinge nach der anderen überwirft. Auf diese Weise macht man das Tier vollständig machtlos.“
Mit dem gefährlichen, wilden Krokodil könne man das niemals tun, schreibt Ditmars. Ein Krokodil könne noch so gutmütig erscheinen, es müsse stets mit größter Vorsicht behandelt werden. Ditmars schildert eine Begegnung, die er mit einem in Gefangenschaft lebenden Krokodil hatte, das ziemlich zahm zu sein schien:
„Ich stand, wie ich meinte, weit genug vom Schwanz des anscheinend träge daliegenden Tieres entfernt und begann es mit einem Stock zu reizen, um es zu veranlassen, in den Teich zu gehen. Darauf ereignete sich in wenigen Augenblicken folgendes: Das Tier wandte sich mit einem Ruck um, der eine Kraft verriet, die die Kraft eines Alligators weit übertraf, und versetzte mir mit dem Schwanz einen solch gewaltigen Schlag, daß ich in die Luft flog. Als ich keinen Boden mehr unter den Füßen verspürte, schwang ich mich fast unwillkürlich mit letzter Kraft von dem weitgeöffneten, zähnestarrenden Rachen, der mir bedrohlich näherkam, weg und landete mit einem dumpfen Schlag, aber unverletzt, wieder auf dem Boden. Ich rollte mich von dem gefährlichen Tier, das mich mit hochaufgerichtetem Körper verfolgte, weg. Einen Augenblick lang schien es, als ob das Krokodil gewinnen würde. Doch als ich plötzlich aufsprang und mich umsah, warf sich das Tier platt auf den Bauch, riß den Rachen weit auf und rührte sich nicht mehr vom Fleck. So ist das Krokodil im allgemeinen: wendig, bösartig und vor allem unberechenbar.“
Die wildesten und für den Menschen gefährlichsten Krokodile sollen nach Ditmars die Nilkrokodile und die sich im Meer aufhaltenden Krokodile sein. Diese riesigen, wendigen Leviathane haben eine gewaltige Kraft in ihrem biegsamen Schwanz. Obwohl der Leviathan seinen Schwanz hauptsächlich als Ruder beim Schwimmen gebraucht, dient er ihm auch als verheerend wirkende Angriffswaffe. Durch eine unwahrscheinlich schnelle Wendung des Schwanzes, reißt der Leviathan seine Beute vom Flußufer oder aus seichten Gewässern in den Fluß hinein, packt sie dann mit seinem gewaltigen Gebiß und verschlingt sie. Bei den im Meer lebenden Krokodilen sind selbst die Jungtiere unglaublich gefährlich. Ditmars beschreibt, wie er eine Lattenkiste öffnete, in der sich drei etwa meterlange Jungtiere befanden: „Ich staunte über die Wildheit dieser nur etwa einen Meter langen Tiere. Sie wollten mich um jeden Preis beißen ... Eines von ihnen schoß in unbändiger Wut fortwährend nach vorn und wieder zurück, und hielt ich die Hand über die Kiste, so richtete es sich auf und schnappte danach.“ Das seien die bösartigsten Reptile gewesen, die er je gesehen habe, schreibt Ditmars.
Diese Krokodile sind aber nicht nur die gefährlichsten Vertreter der Kriechtiere, sondern auch die Riesen unter ihnen. Sie erreichen durchschnittlich eine Länge von 5 bis 6 Meter. Nur wenige werden heute wahrscheinlich so lang wie jene, die in der Zeit lebten, als es noch keine Feuerwaffen gab. Im Britischen Museum ist das Skelett eines solchen Ungetüms zu sehen. Es hat eine Länge von 10 Meter und einen Umfang von etwa 4 Meter. Kein Wunder, wenn ein Fischer in den Tagen Hiobs beim Anblick eines dieser wendigen Riesenleviathane „niedergeworfen“ worden wäre!
Wenn sich Hiob nicht einmal vor den behenden Leviathan hätte stellen können, wie hätte er dann erfolgreich mit Jehova, dem Schöpfer dieses Meisterwerks von Wildheit und Kraft, streiten oder sich vor ihn stellen können? Wenn es für den Menschen schon zu gefährlich ist, ein Schöpfungswerk Gottes anzugreifen, was wollte er dann erst gegen den Schöpfer all dieser Dinge unternehmen? Wie lächerlich kühn wäre es doch, wollte er mit dem Allmächtigen streiten und ihm vorschreiben, wie er das Universum regieren sollte! Der Leviathan ist ein solch anschaulicher Beweis für Gottes Macht und Stärke, daß Jehova sagt:
„Nicht schweigen will ich von seinen Gliedern und von seiner Kraftfülle und von der Schönheit seines Baues. Wer deckte die Oberfläche seines Gewandes auf? In sein Doppelgebiß, wer dringt da hinein? Wer tat die Pforte seines Angesichts auf? Der Kreis seiner Zähne ist ein Schrecken. Ein Stolz sind seine starken Schilder, jedes einzelne verschlossen mit festem Siegel. Eines fügt sich ans andere, und keine Luft dringt dazwischen; Stück an Stück hangen sie fest zusammen, greifen ineinander und trennen sich nicht. Sein Niesen strahlt Licht aus, und seine Augen sind gleich den Wimpern der Morgenröte. Aus seinem Rachen gehen Fackeln, sprühen feurige Funken hervor. Aus seinen Nüstern fährt Rauch, wie aus einem siedenden Topfe und Kessel. Sein Hauch entzündet Kohlen, und eine Flamme fährt aus seinem Rachen. In seinem Halse wohnt Stärke, und die Angst hüpft vor ihm her. Die Wampen seines Fleisches schließen an, sind ihm fest angegossen, unbeweglich. Sein Herz ist hart wie Stein, und hart wie ein unterer Mühlstein. Vor seinem Erheben fürchten sich Starke, vor Verzagtheit geraten sie außer sich.“ — Hiob 41:3-16.
EIN FURCHTERREGENDER ANBLICK
Wie schrecklich anzusehen und wie gewaltig an Kraft und dennoch wie wohlproportioniert ist doch der wendige Leviathan! Sein Rumpf ist schön gestreckt und stromlinienförmig, sein Gebiß aber ist furchterregend. Seine riesigen, lippenlosen Kinnladen, die mit ungleich langen und spitzen Zähnen besetzt sind, bieten einen fürchterlichen Anblick. Welch gewaltige Kraft steckt doch in diesem Gebiß! Bei Versuchen, die in Frankreich gemacht wurden, erzeugte ein 60 Kilo schweres Krokodil zwischen seinen Kinnladen einen Druck von 770 Kilo.
Jehovas poetische Beschreibung ist sehr treffend, wenn er zum Beispiel sagt, die Augen des Leviathan seien „gleich den Wimpern der Morgenröte“. Die blitzenden Augen des Krokodils, das bei Sonnenaufgang seinen Kopf aus dem Wasser erhebt, waren für die alten Ägypter etwas so eindrucksvolles, daß sie sie zum Symbol des Morgens machten. „Obwohl es sich um eine poetische Schilderung handelt“, heißt es in einem Kommentar über die göttliche Beschreibung des Leviathan, „ist sie nicht übertrieben.“ Der Schreiber verweist auf die Beobachtungen alter Naturforscher, die das Ungeheuer nach längerem Verweilen unter Wasser wieder auftauchen sahen: „Dann stößt es seinen lang zurückgehaltenen Atem mit einer solchen Wucht aus, daß es scheint, als ob es Flammen aus seinem Mund und seinen Nüstern speie.“b
Seine eng aneinander gefügten Schilder sind der Stolz des Leviathan. Die „Wampen seines Fleisches“ bilden einen fest angegossenen Panzer. Die wahren Schuppen dieses Wunders der Natur können ebensowenig leicht entfernt werden wie die Fingernägel eines Menschen. Welch ein Wunderwerk ist doch der aus Schildern und Schuppen bestehende Panzer des Krokodils — in die Haut eingebettete Knochenplättchen, die eine Hornschicht als Unterlage haben! Die in die dicke Lederhaut eingefügten Knochenschilder bilden einen Panzer, den gewöhnliche Kugeln nicht so ohne weiteres durchdringen, sondern oft prallen sie daran ab. Wie nutzlos wären da also Pfeil und Bogen! Jehova sagt weiter zu Hiob:
„Trifft man ihn mit dem Schwerte, es hält nicht stand, noch Speer, noch Wurfspieß, noch Harpune. Das Eisen achtet er für Stroh, das Erz für faules Holz. Der Pfeil jagt ihn nicht in die Flucht, Schleudersteine verwandeln sich ihm in Stoppeln. Wie Stoppeln gilt ihm die Keule, und er verlacht das Sausen des Wurfspießes. Unter ihm sind scharfe Scherben; einen Dreschschlitten breitet er hin auf den Schlamm. Er macht die Tiefe sieden wie einen Topf, macht das Meer wie einen Salbenkessel. Hinter ihm leuchtet der Pfad, man könnte die Tiefe für graues Haar halten. Auf Erden ist keiner ihm gleich, ihm, der geschaffen ist ohne Furcht. Alles Hohe sieht er an; er ist König über alle wilden Tiere.“ — Hiob 41:17-25.
Gewisse Stämme in Afrika schützen sich heute noch mit Schilden, die sie aus der gepanzerten Haut des Krokodils herstellen, vor Speeren und Pfeilen. Viele Tiere haben einen glatten, ungeschützten Bauch, das Krokodil jedoch nicht. Sein Bauch ist mit kantigen Schuppen bedeckt, die auf den Sandbänken die Spuren „eines Dreschschlittens“ zurücklassen. Die Gefräßigkeit des Krokodils hat schon Stoff zu vielen Greuelgeschichten geliefert. Der Leviathan wühlt das Wasser auf, daß es schäumt wie die Mischung in einem Salbenkessel. Der durch den Schaum hinter ihm leuchtende Pfad kann gut mit einer Strähne grauen Haares verglichen werden.
Wenn Gott in diesem Zusammenhang vom aufgewühlten Meer spricht, braucht er damit nicht unbedingt nur auf die sich im Meer aufhaltenden Krokodile Bezug genommen haben, denn das hebräische Wort jam bezieht sich nicht nur auf das Meer oder ein großes Gewässer, sondern wird oft auch auf einen großen Fluß angewandt. Aber die im Salzwasser lebenden Krokodile sind der Schrecken der tropischen Gewässer, die Riesen unter ihresgleichen und die wanderlustigsten Vertreter ihres Geschlechts. Sie unternehmen ausgedehnte Wanderungen von Küste zu Küste und können von Schiffen aus oft beobachtet werden, wenn das Land schon längst außer Sicht ist. Ihre lässigen Bewegungen erwecken den Eindruck, als ob sie niemals müde werden oder plötzlich untergehen könnten. Diese Meerungeheuer ziehen in den Flüssen aber oft auch weit landeinwärts, um dort aus einem Hinterhalt ein unachtsames Tier zu erbeuten.
Seine Größe, sein Panzer und seine Angriffswaffen an den beiden Enden seines Rumpfes machen das Krokodil zum König der Reptilien. Und die gefährliche Kobra? Sie ist für dieses Ungetüm lediglich ein schmackhafter Imbiß, eine pikante Vorspeise. Das Krokodil hat keine natürlichen Feinde auf freier Wildbahn und kennt keine Furcht. Nach dieser Beschreibung des Leviathan sagt Hiob zu Jehova:
„Ich weiß, daß du alles vermagst, und kein Vorhaben dir verwehrt werden kann. Wer ist es, der den Rat verhüllt ohne Erkenntnis? So habe ich denn beurteilt, was ich nicht verstand, Dinge, zu wunderbar für mich, die ich nicht kannte.“ — Hiob 42:2, 3.
Hiob bekennt, daß Gott alles tun kann; er sieht ein, daß sich in allem, was Gott tut, seine Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit offenbart. Er wiederholt deshalb die Frage, die ihm Jehova zu Beginn seiner Rede, in der er ihn über die Wunder der Schöpfung befragte, gestellt hatte. Hiob gibt damit zu, daß er diese Zurechtweisung verdiente. Er sagt gleichsam: „Ja, ich war es!“
Hiob hatte einiges gesagt, was er nicht hätte sagen sollen, aber nun bekennt er, daß er es in Unwissenheit getan habe. „Darum bekenne ich mich schuldig und bereue in Staub und Asche“, sagt er. Wir sollten uns diese Lektion genauso zu Herzen nehmen, wie Hiob es tat. Wir sollten stets scharf nachdenken, bevor wir uns durch die äußere Erscheinung unserer Verhältnisse dazu verleiten lassen, zu sagen, Gott sei für unsere Leiden verantwortlich, wir könnten sonst gegen Gott kämpfen. Denken wir an den Behemoth und den Leviathan! Sie und andere Wunder der Schöpfung sollten uns von der großen Weisheit und Macht Gottes überzeugen und uns helfen, die nachstehenden inspirierten Worte noch besser zu verstehen: „Den Allmächtigen, — wir erreichen ihn nicht, ihn, der an Kraft gewaltig ist; aber das Recht und die volle Gerechtigkeit beugt er nicht. Darum sollen die Menschen ihn fürchten.“ — Hiob 42:6; 37:23, 24, Me.
[Fußnoten]
a The Holy Bible, mit Kommentaren, herausgegeben von F. C. Cook, Band 4, S. 139.
b The Holy Bible, mit Kommentaren, herausgegeben von F. C. Cook, Band 4, S. 142.