Willst du dich vor Schande bewahren, dann hüte dich vor Vermessenheit!
EIN vermessener Mensch bringt sich in Gefahr. Er versteift sich auf Ideen, die seinen Wünschen entsprechen, und widersetzt sich dann jeder anderen Ansicht. In seiner Vermessenheit schlägt er einen Weg ein, der ihn zu unbesonnenen Taten und schließlich zur Schande führt. Einem solchen Menschen kann selten geholfen werden, denn seine Vermessenheit macht ihn anmaßend, frech und unvernünftig.
So gibt es zum Beispiel Menschen, die sagen, es gebe keinen Gott. Sie würden nie daran denken zu sagen, ein Haus sei ohne einen Erbauer entstanden. Weist man sie aber auf die weit komplizierter gestaltete „Natur“ und ihre Vielfalt hin, so hört jede vernünftige Überlegung für sie auf, und sie behaupten, es gebe keinen Schöpfer, sondern alles in der Natur — sogar sie selbst als vernunftbegabte Wesen — sei durch das Wirken blind waltender Kräfte der vernunftlosen, unbelebten Materie entstanden.
Noch vermessener sind Geistliche, die sich hochtönende Titel zulegen, von anderen erwarten, daß sie ihnen Ehre erweisen, die ferner behaupten, die geistlichen Führer und Machthaber der zu ihrer Kirche gehörenden Gläubigen zu sein, und die ihre Worte und Überlieferungen anmaßend über das Wort Gottes, die Bibel, stellen. — 2. Thess. 2:3, 4.
Diese Männer wären entsetzt, wenn man ihnen sagte, sie seien Sklaven, und zwar die Sklaven eines falschen Gottes. Das sind sie jedoch, denn nach der Regel der Bibel ist jemand der Diener dessen, dem er dient. (Röm. 6:16) Sie haben sich, wenn vielleicht auch unwissentlich, Satan, dem Teufel, unterworfen, den die Bibel den „Gott dieses Systems der Dinge“ nennt. (2. Kor. 4:4) Die Bibel berichtet, wie der Teufel in den Tagen Hiobs, der im Lande Uz wohnte, vermessen vor Jehova Gott hintrat und ihm sein Recht auf die Oberhoheit und den Anspruch auf ausschließliche Ergebenheit streitig machte. Überheblich behauptete er, daß niemand Jehova ganzherzig diene, auch Hiob nicht, der ein sehr gottesfürchtiger Mann war. Als Jehova auf eine Entscheidung der Streitfrage drang, konnte der Teufel keine konkreten Beweise gegen Hiob vorbringen. Um seine anmaßende Behauptung zu stützen, nahm er zu Verleumdung Zuflucht. Er erklärte, Hiobs gerechte Handlungsweise sei sozusagen auf eine Art göttliche Bestechung zurückzuführen und Hiobs Herz sei keineswegs in Ordnung. Um seine verleumderische Anschuldigung aufrechtzuerhalten, wurde er zum Mörder; aber seine Bemühungen schlugen fehl, und er wurde zu seiner Schande zum gemeinen Lügner gestempelt. — Hiob 1:8-22.
BABYLON HANDELT VERMESSEN GEGEN GOTT
Eines der besten Beispiele, das zeigt, welche Gefahr eine vermessene Handlungsweise mit sich bringt, ist die alte Stadt Babylon, das Zentrum der nach der Flut der Tage Noahs aufgekommenen falschen Religion Satans. Das ist keine bloße Behauptung, denn die Bibel und die Weltgeschichte, die jedermann zugänglich sind, berichten über die arglistigen, überheblichen Taten, die Babylon gegen Gott verübte, und zu welcher Demütigung sie schließlich führten. (Interessanten Aufschluß finden wir in Hiob 1:17, wo berichtet wird, daß der Teufel die Chaldäer [Babylonier] als Werkzeug gebrauchte, um seine verleumderische Anschuldigung gegen Jehova und dessen Knecht Hiob zu stützen.)
In seiner gegen Babylon gerichteten Prophezeiung, die wir im 50. Kapitel des Bibelbuches Jeremia lesen, spricht Jehova Babylon als das „Land Merataim“ und dessen Bürger als „Bewohner Pekods“ an. (Jer. 50:21, He) „Land Merataim“ bedeutet „Land doppelter Widerspenstigkeit [oder Rebellion]“ und „Bewohner von Pekod“ bedeutet „Bewohner des Landes der Heimsuchung [oder Strafe]“.a Durch diese Namen, die Jehova Babylon gab, beschrieb er dessen Vermessenheit und das Verderben, das diesem Land bevorstand.
Warum war Babylon ein „Land doppelter Rebellion“? Es war ursprünglich von Nimrod erbaut worden, der, nachdem er zum Gott erhoben worden war, Merodach genannt wurde. Dieser Name bedeutet nach Ansicht einiger „großer Rebell“. Nimrod war ein Rebell gegen Jehova gewesen, und Babylon war es in doppeltem Sinne, denn es hatte das Königreich des Volkes Jehovas mit Feuer und Schwert gestürzt, hatte seinen Tempel zerstört, viele Bewohner seines Landes umgebracht und Tausende von ihnen in das Land Sinear deportiert, aus dem der hebräische Patriarch Abraham auf Gottes Befehl hin gekommen war. Wie stolz Babylon auf diese Tat war! Es war also mehr als rebellisch; es war doppelt rebellisch. Darum verdiente es, von Gott heimgesucht oder bestraft zu werden.
Babylon betrachtete sich als die „Herrin der Welt“. Bestimmt würde Merodach, sein Gott, dafür sorgen, daß es in dieser erhabenen Stellung bliebe. Es wagte es deshalb, gegen Jehova, den großen universellen Souverän, vermessen zu handeln. In seiner Kühnheit und Unbesonnenheit ging es sogar so weit, daß es den Thron Jehovas, das heißt den Thron der Könige der Linie Davids, angriff und den Tempel Jehovas zerstörte. Wie erhaben fühlte es sich doch in seinem Hochmut, der seinem Fall vorausging! Gottes gerechte Verfügung lautete:
„Verwüste und vertilge hinter ihnen her ... Kriegslärm im Lande und große Zertrümmerung! Wie ist zerhauen und zertrümmert der Hammer der ganzen Erde [Babylon hatte viele Nationen vernichtet]! Wie ist Babel zum Entsetzen geworden unter den Nationen! Ich habe dir Schlingen gelegt, und du wurdest auch gefangen, Babel, ohne daß du es wußtest; du wurdest gefunden und auch ergriffen, weil du dich wider Jehova in Krieg eingelassen hast.“ — Jer. 50:21-24.
EIN UNERWARTETER STURZ
Kores II., der Perser, war es, der den Befehl erhielt, Babylon „zu zerhauen“, und er ging dabei sehr geschickt vor. Der Angriff kam so unerwartet, daß das mächtige, selbstherrliche Babylon nicht darauf gefaßt war und ihm seine Festungswerke nichts nützten. Kores’ Streitkräfte stießen auf keinen Widerstand, als sie wie durch ein Wunder aus dem Flußbett des Euphrat durch die unverschlossenen, schlecht bewachten inneren Tore in die Stadt eindrangen. Es war, als ob Jehova Babylon geschickt eine Schlinge gelegt hätte; und bevor es wußte, was ihm geschah, war es gefangen! Babylon war bestürzt. Warum hatte es nicht entrinnen können? Es hatte doch geschienen, als wäre es uneinnehmbar. Es war eben nicht das Verdienst der Heere des Kores. Nein, du vermessenes Babylon, du hättest nichts dagegen tun können, denn du hattest dich „wider Jehova in Krieg eingelassen“. Darum mußte dein Sturz aufsehenerregend sein. Jehova offenbart selbst, daß dieser Sturz unter seiner Leitung herbeigeführt wurde:
„Jehova hat seine Rüstkammer aufgetan und hervorgeholt die Waffen seines Grimmes [seine Kriegswaffen, besonders die Meder und Perser]; denn der Herr, Jehova der Heerscharen, hat ein Werk in dem Lande der Chaldäer. Kommet über dasselbe von allen Seiten her [sogar aus dem fernen Armenien und von dem Berg Ararat], öffnet seine Scheunen, schüttet es auf wie Garbenhaufen [häuft seine Reichtümer für die Plünderer außerhalb auf] und vertilget es [weiht es der Vernichtung, NW (wie etwas Gott ‚Geweihtes‘, was von den Menschen nicht mehr gebraucht werden darf)]; nicht bleibe ihm ein Überrest [an Nachfolgern]! Erwürget alle seine Farren [die führenden Männer des Reiches], zur Schlachtung sollen sie hinstürzen! Wehe über sie! denn ihr Tag ist gekommen, die Zeit ihrer Heimsuchung.“ — Jer. 50:25-27.
Was soll aber mit seinen Gefangenen geschehen, die so lange unter seiner Vermessenheit gelitten haben? Gott sagt: „Horch! Flüchtlinge und Entronnene aus dem Lande Babel, um in Zion zu verkünden die Rache Jehovas, unseres Gottes, die Rache seines Tempels.“ (Jer. 50:28) Diese Aufforderung erging vornehmlich, als Kores der Große im ersten Jahr seiner Regierung (537 v. Chr.) einen Erlaß herausgab, der allen Juden, die willens waren, gestattete, nach Zion zurückzukehren und dort den Tempel ihres Gottes wieder aufzubauen. (Esra 1:1-4) Sie zogen geordnet aus, um das von Gott gebilligte Vorhaben auszuführen, aber sie taten es so eifrig und begeistert und waren so glücklich, daß es schien, als ob sie aus einem Gefängnis ausreißen wollten, in dem sie geknechtet worden waren und ihrem Gott nicht ausschließlich und wohlgefällig dienen konnten.
Während Babylon also beschämt war, frohlockten die Diener Gottes. Kores gestattete ihnen, die heiligen Geräte, die die Babylonier aus dem Tempel Jehovas gestohlen hatten, mitzunehmen. Auf königlichen Befehl hin konnten sie in Zion, wo früher der Tempel Salomos gestanden hatte, einen neuen Tempel errichten. Dorthin zurückgekehrt, konnten sie die Vermessenheit Babylons bloßstellen und von der Vergeltung erzählen, die Jehova über Babylon gebracht hatte, weil es den Tempel und die beim Gottesdienst benutzten Geräte entweiht hatte. Zu Merodachs Bestürzung mußten die aus dem Tempel Jehovas gestohlenen Geräte aus seinem Tempel herausgegeben werden. Jehova sagt weiter:
„Rufet Schützen herbei wider Babel ... belagert es ringsum, niemand entrinne! Vergeltet ihm nach seinem Werke, tut ihm nach allem, was es getan hat; denn es hat vermessen gehandelt gegen Jehova, gegen den Heiligen Israels. Darum sollen seine Jünglinge auf seinen Straßen fallen und alle seine Kriegsmänner umkommen an selbigem Tage.“ — Jer. 50:29, 30.
VERGELTUNG
Nach der Zerstörung Jerusalems durch Babylon (607 v. Chr.) hatte der Prophet Jeremia folgende Klage über Zion erhoben: „Sollen Weiber ihre Leibesfrucht essen, die Kindlein, welche sie auf den Händen tragen? Sollen im Heiligtum des Herrn ermordet werden Priester und Prophet? Knaben und Greise liegen am Boden auf den Straßen; meine Jungfrauen und meine Jünglinge sind durchs Schwert gefallen; hingemordet hast du am Tage deines Zornes, geschlachtet ohne Schonung.“ (Klag. 2:20, 21) Zur Vergeltung schossen die medischen und persischen Schützen jeden Babylonier, der zu entkommen versuchte, nieder. Sie drangen in die Stadt ein und töteten ihre Jünglinge auf den Straßen und brachten alle Kriegsmänner in ihr erbarmungslos um.
Babylon war die Vermessenheit in Person. Jehova sagte: „Siehe, ich will an dich, du Stolze [Vermessenheit, NW] ... denn gekommen ist dein Tag, die Zeit, da ich dich heimsuche. Dann wird die Stolze [Vermessenheit, NW] straucheln und fallen, und niemand wird sie aufrichten; und ich werde ein Feuer anzünden in ihren Städten, daß es alle ihre Umgebung verzehre.“ (Jer. 50:31, 32) Babylon hatte aus der Erfahrung Nebukadnezars, seines mächtigsten Königs, nichts gelernt. Nachdem Nebukadnezar durch die Macht Jehovas sieben Jahre wahnsinnig gewesen, dann wieder zu Verstand gekommen und wieder auf den Thron zurückgekehrt war, erkannte er den König des Himmels an und sagte: „Die in Hochmut Wandelnden vermag er zu demütigen.“ (Dan. 4:1-34, Me) Nun mußte Babylon gleichsam am eigenen Leib erfahren, daß folgende Sprüche zutreffen: „Jeder Hochmütige ist Jehova ein Greuel“, und: „Hoffart geht dem Sturze, und Hochmut dem Falle voraus.“ (Spr. 16:5, 18) Diese Worte wurden für König Belsazar, Nebukadnezars Enkel, zu einer unumstößlichen Tatsache, denn gerade zu der Zeit, als er sich gegen Jehova erhob und während eines Trinkgelages die Tempelgefäße entweihte, wurde er zum Straucheln und Fallen gebracht.
Babylons Sturz war so gewaltig, daß es nie wieder zu einer Weltmacht wurde. Die babylonischen Könige Nebukadnezar III. und Nebukadnezar IV. lehnten sich später zwar gegen die persische Herrschaft auf, aber ohne Erfolg! Warum? Weil sich Gottes Grimm weiter über Babylon ergießen mußte, bis es nur noch wie ein „verbrannter Berg“ war. (Jer. 51:25) Bevor es jedoch vollständig ausgebrannt wäre, sollte es Gottes Volk freilassen und sehen, wie Zion und sein Tempel wieder aufgebaut würden. Das sollte ein Teil der Vergeltung Gottes sein: „Die Kinder Israel und die Kinder Juda sind Bedrückte allzumal; und alle, die sie gefangen weggeführt, haben sie festgehalten, haben sich geweigert, sie zu entlassen. Ihr Erlöser ist stark, Jehova der Heerscharen ist sein Name; er wird ihre Rechtssache gewißlich führen, auf daß er dem Lande Ruhe schaffe und die Bewohner von Babel erzittern mache.“ — Jer. 50:33, 34.
VERMESSENHEIT UND GÖTZENDIENST FÜHREN ZU UNSINNIGEN HANDLUNGEN
Babylon hatte vergessen, daß Gott ihm sein Volk „verkauft“ hatte, es ihm dafür aber nichts bezahlt hatte. Gott hatte die Nation Israel wegen ihrer Sünde in Knechtschaft bringen lassen. (Jes. 52:3) Da ihm die ganze Schöpfung gehört und er das Recht hatte, sein Volk zu erlösen, zahlte er der Nation, die es befreite, einen bestimmten Preis. Er gab Persien im Austausch gegen sein Volk ein anderes Volk, nämlich Ägypten, das unter die Herrschaft des Kambyses, Kores’ des Großen Sohn, kam. Wie sehr Babylon erzitterte, als Jehova seine Rechtssache führte und Gerechtigkeit übte, geht aus folgenden Worten Gottes hervor:
„Das Schwert über die Chaldäer ... und über die Bewohner von Babel und über seine Fürsten und über seine Weisen! das Schwert über die Schwätzer, daß sie zu Narren werden! das Schwert über seine Helden, daß sie verzagen! das Schwert über seine Rosse und über seine Wagen und über das ganze Mischvolk, welches in seiner Mitte ist, daß sie zu Weibern werden! das Schwert über seine Schätze, daß sie geplündert werden! Dürre über seine Gewässer, daß sie austrocknen! Denn es ist ein Land der geschnitzten Bilder, und sie rasen [haben allen Verstand verloren, Fußnote] durch ihre erschreckenden Götzen [wegen ihrer schreckenerregenden Visionen, NW]. Darum werden Wüstentiere mit wilden Hunden darin wohnen, und Strauße darin wohnen; und es soll in Ewigkeit nicht mehr bewohnt werden, und keine Niederlassung sein von Geschlecht zu Geschlecht.“ — Jer. 50:35-39.
Jehova warnte die Babylonier, indem er dem Sinne nach zu ihnen sagte: „Ja, ihr vermessenen Babylonier, prahlt nur über die Unvergänglichkeit und ewige Größe Babylons. Eitles Geschwätz ist es! Stärkt euren Mut, ihr Helden. Zur Verzagtheit wird er werden. Rosse und Wagen werden nichts nützen. Ihr Söldner, zu Weibern werdet ihr werden. Eure Schätze werden geplündert werden. Der Euphrat, der umgeleitet wird, wird eure stolze Stadt nicht schützen. Eure geschnitzten Bilder werden euch nicht retten, denn Götzendienst ist nicht dazu angetan, ein Volk Vernunft zu lehren. Ihr werdet in dem Unglück, das unerwartet über euch kommen wird, nichts als schreckenerregende Visionen haben und werdet darob den Verstand verlieren.“
BABYLON SOLL SCHLIESSLICH VOLLSTÄNDIG VERÖDET SEIN
Da Babylon der Sünde des Götzendienstes noch die Sünde hinzufügte, in seiner Vermessenheit gegen Jehova zu kämpfen, sollte es so lange bestraft werden, bis es wie durch ein Feuer vollständig und für immer vernichtet wäre. „Gleich der Umkehrung Sodoms und Gomorras und ihrer Nachbarn durch Gott ... wird niemand daselbst wohnen und kein Menschenkind darin weilen.“ (Jer. 50:40) Jehova vermittelt uns ein erschreckendes Bild von den Eroberern Babylons. Wir lesen in der Prophezeiung weiter:
„Siehe, es kommt ein Volk von Norden her, und eine große Nation und viele Könige machen sich auf von dem äußersten Ende der Erde. Bogen und Wurfspieß führen sie, sie sind grausam und ohne Erbarmen; ihre Stimme braust wie das Meer, und auf Rossen reiten sie: gerüstet wider dich, Tochter Babel, wie ein Mann zum Kriege.“ — Jer. 50:41, 42.
Die Bewohner von Babylon mußten zusehen, wie Nabonid und seine Heere außerhalb Babylons geschlagen wurden und er nach Borsippa entfloh. Die Heere, die von dem äußersten Ende der Erde, von Norden her, kamen, hatten nur ein Ziel: Babylon einzunehmen. Die Bewohner von Babylon fühlten sich in ihrem Stolz jedoch immer noch sicher. Dem König, Belsazar, der in seinem Palast ein Festmahl hielt, wurde der Untergang Babylons allerdings mit Nachdruck angekündigt, als Daniel die Handschrift an der Wand deutete. (Dan. 5:25-28) Damals erfüllte sich die Prophezeiung Jeremias (50:43) an ihm in ihrer ganzen Tragweite: „Der König von Babel hat die Kunde von ihnen vernommen, und seine Hände sind schlaff geworden; Angst hat ihn ergriffen, Wehen, der Gebärenden gleich.“ Kein Wunder, daß Belsazars Knie wie Wasser wurden, als er erfuhr, daß die Stadt plötzlich eingenommen worden sei, und als er sah, wie seine Kriegshelden zu Weibern wurden und in ihrem betrunkenen Zustand flohen. Babylon hatte das Volk Jehovas grausam behandelt, und darum vergleicht Gott den von ihm bestimmten Eroberer, Kores, mit einem Jordan-Löwen. Er sagt:
„Siehe, er steigt herauf, wie ein Löwe von der Pracht des Jordan, wider die feste Wohnstätte; denn ich werde es plötzlich von ihr hinwegtreiben und den, der auserkoren ist, über sie bestellen. Denn wer ist mir gleich, und wer will mich vorladen [wer fordert mich heraus, Regensburger Bibel]? und wer ist der Hirt, der vor mir bestehen könnte? Darum höret den Ratschluß Jehovas, welchen er über Babel beschlossen hat, und seine Gedanken, die er denkt über das Land der Chaldäer: Wahrlich, man wird sie fortschleppen, die Geringen der Herde; wahrlich, die Trift wird sich über sie entsetzen! Von dem Rufe: Babel ist erobert! erzittert die Erde und wird ein Geschrei unter den Nationen vernommen.“ — Jer. 50:44-46.
Jehova kann nichts im Wege stehen, und da Kores im Auftrage Jehovas handelte, konnte auch ihm nichts im Wege stehen. Die Bewohner Babylons waren jedoch so töricht, daß sie dachten, sie könnten den mit einem Jordan-Löwen verglichenen Eroberer, den Jehova ernannt hatte, aufhalten und ihn in die Flucht jagen. Sie hätten die Worte Jehovas beachten sollen: „Fürwahr, sie werden sie wegschleppen gleich schwachen Lämmern, ihnen verwüsten den Anger [Weideplatz].“ (Jer. 50:45, de Wette)b Ja, die Babylonier wurden vor dem symbolischen Jordan-Löwen wie Lämmer weggeschleppt und getötet. Ihre Hauptstadt, von der sie gedacht hatten, sie sei unvergänglich, wurde schließlich zu einer Öde. Die Erde, besonders das Land der Chaldäer, erzitterte, als Babylon mit gewaltigem Krachen fiel, und wie wir in weiteren Artikeln zeigen werden, sollte es sich von diesem Sturz nie mehr erholen. Babylons Geschrei der Bestürzung und Angst wurde unter allen Nationen, die es als dritte Weltmacht beherrscht hatte, vernommen. Das waren die unglücklichen Folgen seiner Vermessenheit gegen Gott.
Das sollte allen Menschen, die behaupten, Diener Gottes zu sein, zur Warnung dienen und sie lehren, daß sie vorsichtig sein und ihren Führern nicht folgen sollten, wenn diese vermessen handeln und sich auf Menschenworte und auf menschliche Überlieferungen, die Gottes Wort widersprechen, stützen oder erkennen lassen, daß sie nicht an Gottes Wort glauben. Es sollte uns auch zum Bewußtsein bringen, daß es Selbstmord bedeutet, sich auf die prahlerischen Behauptungen von Menschen, seien es nun Philosophen, Wissenschaftler oder Geistliche, zu verlassen, die uns sagen wollen, was der Mensch alles tun könne, um das gegenwärtige böse System der Dinge, das von Babylon der Großen, dem Weltreich der falschen Religion, beherrscht wird, zu erhalten. Wir wissen, was der weise Sprücheschreiber meinte, als er sagte:
„Kommt Vermessenheit, so kommt auch Schande, aber Weisheit ist bei den Bescheidenen.“ — Spr. 11:2, NW.
[Fußnoten]
a Auch die Wiedergabe der Zürcher Bibel unterstützt diesen Gedanken. Sie lautet (Jeremia 50:21): „Ziehe heran wider das Land ‚Doppeltrotz‘ und wider die Bewohner von ‚Heimsuchung‘!“
b In der Zürcher Bibel lautet der Text aus Jeremia 50:45 wie folgt: „Darum hört den Ratschluß, den der Herr über Babel beschlossen, und die Pläne, die er wider das Land der Chaldäer geplant hat: Fürwahr, weggeschleppt werden die Hirtenbuben! Fürwahr, es wird sich über sie entsetzen ihre Aue!“ — Vergleiche damit die Wiedergabe der Revised Standard Version und die englische Übersetzung von George Lamsa aus der aramäischen Peschitta.