Die Macht der Güte
„Fahrt fort, eure Feinde zu lieben und Gutes zu tun und ohne Zins zu leihen, ohne etwas zurück zu erhoffen, und euer Lohn wird groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein, denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Erbarmt euch weiterhin, gleichwie euer Vater voller Erbarmen ist.“ — Luk. 6:35, 36, NW.
1. Warum und inwiefern ist Güte eine Macht?
GÜTE ist eine Macht, weil sie ihren Quell in Jehova Gott, dem Höchsten, hat, dem großen Geber ‚jeder guten Gabe und jedes vollkommenen Geschenkes‘. Jehova gibt uns das höchste Beispiel, indem er allen Güte erweist, selbst „Undankbaren und Bösen“. Weil die Güte dem Christen eine Hilfe ist, so zu handeln, wie sein Vater in den Himmeln handelt, ist sie eine sich lohnende Macht. Welchen Lohn bedeutet es doch, ein Sohn des Höchsten zu sein! Mit Recht hat Jesus gesagt: „Euer Lohn wird groß sein.“ Diese Worte erinnern uns an die vor langer Zeit dargelegte Regel bezüglich der Macht der Güte: „Ein Mensch von liebender Güte verfährt mit seiner eigenen Seele auf eine sich lohnende Weise.“ Der freundliche Mensch mag denken, er verschenke seine Güte; in Wirklichkeit kehrt sie wieder zurück, um den zu belohnen, der Güte liebt und pflegt, weil er seinem Vater im Himmel gleich sein möchte. — Jak. 1:17; Luk. 6:35; Spr. 11:17, NW.
2, 3. (a) Wieso bleiben Definitionen über Güte in weltlicher Literatur hinter dem, was Güte in Wirklichkeit ist, zurück? (b) Welches rechte Motiv sollte einen bewegen, jemandem Güte zu erweisen?
2 In der weltlichen Literatur liest man oft über den Lohn, den Güte einträgt. Sie ist eine Eigenschaft, die Philosophen und Schriftsteller, die über Umgangsformen, Etikette und Charme schrieben, gepriesen haben. Doch jene, die sich auf weltliche Werke stützen, bringen nicht die Früchte des Geistes Gottes hervor, und unter ihrer Hochglanzpolitur der Höflichkeit und Korrektheit verbirgt sich oft ein Herz, das mit dem Geiste Gottes ganz und gar nicht harmoniert. Was ist denn hieran falsch? Die Herzlichkeit und die Liebe fehlen, weil man Jehova und seinen Willen ganz aus dem Spiele läßt.
3 Da Jehova bei solch weltlichen Betrachtungen über die Güte außer acht gelassen wird, ist es kein Wunder, daß es Personen gibt, die sich in selbstsüchtiger Weise, also um sich selbst zu nützen, der Freundlichkeit bedienen. Sie erweisen anderen zwar Freundlichkeiten, hoffen aber, etwas dafür zurückzuerhalten, also durch irgendeine Gunsterweisung entschädigt zu werden. Sie benutzen die Güte wie Geld, um damit das zu „kaufen“, was sie haben möchten. Das ist ein falscher Beweggrund. Wenn der Christ seine Güte und Freundlichkeit in praktischer Weise offenbart, tut er es, „ohne etwas zurück zu erhoffen“. Er ist gütig, weil er seinen himmlischen Vater liebt. Wenn wir jemanden lieben, sind wir manchmal überrascht zu erkennen, wie wir anscheinend ohne große Anstrengungen die guten Züge und Eigenschaften dieser geliebten Person nachahmen. Somit sollte uns Liebe dazu treiben, zielbewußt die Eigenschaften zu pflegen, die Jehova Gott auszeichnen. „Werdet Nachahmer Gottes“, lautet das göttliche Gebot. Nur wer ein Nachahmer Gottes ist, kann sich als ein Sohn des Höchsten erweisen. Güte hilft dem Christen, seinen Vater im Himmel nachzuahmen. — Eph. 5:1, NW.
4. Erkläre, wie man Güte zum Ausdruck bringt.
4 Wie bekundet man Güte? Auf verschiedene Weise: durch die Bereitschaft, allen Menschen Gutes zu tun, durch Barmherzigkeit und Mitgefühl, durch Wohlwollen, Geduld und Freundlichkeit, durch Gastfreundschaft und Freigebigkeit, durch Rücksichtnahme, Sanftheit und Entgegenkommen. Güte ist in der Liebe verwurzelt. Paulus sagt: „Die Liebe ist langmütig, ist gütig“ (1. Kor. 13:4), oder, wie sich die Neue-Welt-Übersetzung (engl.) ausdrückt: „Die Liebe ist langmütig und entgegenkommend.“ Noch mehr als Freundlichkeit und Höflichkeit ist die Güte entgegenkommend, da sie zu besonderen Anstrengungen bereit ist, um anderen sowohl in zeitlichen wie in geistigen Dingen Hilfe zu bieten.
EIN GÖTTLICHES ERFORDERNIS
5, 6. Gib Gründe an, weshalb Gott fordert, daß man Güte pflegt.
5 Güte wird in der Schrift eng mit Liebe verknüpft, wie zum Beispiel in dem Ausdruck „liebende Güte“. Diese Güte entspringt der Liebe, das heißt jener Art der Liebe, die standhaft und loyal bleibt. Eine Person von solch liebender Güte offenbart, daß der heilige Geist in ihr wohnt, denn zu den Früchten des Geistes Gottes gehören: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Glaube, Milde, Selbstbeherrschung.“ Gottes Geist wandelt eine Person um und befähigt sie, die „neue Persönlichkeit“ anzuziehen, wie dies von wahren Christen verlangt wird. „Kleidet euch mit der zarten Zuneigung des Mitleids, mit Güte, Demut, Milde und Langmut.“ Somit ist Güte ein überzeugendes Anzeichen christlicher Liebe und ein göttliches Erfordernis. — Gal. 5:22, 23; Kol. 3:12, NW.
6 Wir finden in der Heiligen Schrift eine Menge von Zeugnissen, wonach Jehova von allen, die seine Anerkennung erlangen werden, fordert, daß sie Güte lieben: „Er hat dir kundgetan, o Mensch, was gut ist; und was fordert Jehova von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu wandeln mit deinem Gott?“ Es befremdet uns nicht, daß Jehova von uns fordert, Güte zu lieben. Oft preisen die inspirierten Schreiber die liebende Güte Gottes! Wie sollten wir doch diese Eigenschaft des himmlischen Vaters schätzen! „Wie köstlich ist deine Güte, o Gott!“ Jehova fordert mit Recht, daß der Mensch diese Eigenschaft aufweise. „Das Begehrenswerte am Erdenmenschen ist seine liebende Güte.“ Wir können Gott nicht nur mit Opfern gefallen. Durch den Propheten Hosea sagt Jehova: ‚Ich wünsche Güte, und nicht Opfer.‘ Die Opfer, die der Christ im Dienste Gottes bringt, könnten noch so groß sein, doch ohne liebende Güte kann er sich nicht als ein Sohn des Höchsten erweisen. Das gibt einem zu denken, die Tatsache nämlich, daß Jehova Gott der liebenden Güte einen so hervorragenden Platz angewiesen hat. Ohne daß Liebe jemanden zu Kundgebungen der Liebe treibt, kann er keinen Lohn von Gott erwarten, ungeachtet, welch große Opfer er bringen mag. „Wenn ich meinen ganzen Besitz dahingebe, um andere zu speisen, und wenn ich meinen Leib dahingebe, um mich zu rühmen, aber nicht Liebe habe, so nützt es mir gar nichts.“ — Micha 6:8; Ps. 36:7; Spr. 19:22; Hos. 6:6, AS, Fußn.; 1. Kor. 13:3, NW.
7. Worauf blickt der himmlische Vater in erster Linie beim Menschen?
7 Wie klar zeigt sich doch, daß die Beweggründe und Herzenseigenschaften eines Menschen für Jehova Gott mehr bedeuten als seine Verstandeskraft. Wäre Jehova in erster Linie an Verstandeskraft interessiert, so hätte er die Weisen und Intellektuellen der Welt dazu auserwählt, das große Werk des Predigens der guten Botschaft vom Königreich auf der ganzen Erde durchzuführen. Aber er hat seinen Geist nicht auf die Stolzen und Weisen dieser Welt gelegt; der Apostel sagt, daß „nicht viele Weise nach dem Fleische berufen wurden, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle … damit sich vor Gott kein Fleisch rühme“. Jener, der seinem himmlischen Vater gleich zu sein sucht, ist es, den Gott gebrauchen kann und dessen „Lohn groß“ sein wird. — 1. Kor. 1:26-29, NW.
8. Welchen Lohn trägt das Erweisen von Güte im Alltagsleben ein?
8 Wer Güte übt, erhält schon heute mannigfachen Lohn. Sie ist eine Macht, die uns so zu handeln hilft, wie es in allen Angelegenheiten des Lebens recht ist. Was zum Beispiel unter Takt zu verstehen ist, wird klarer, wenn wir erkennen, daß er in der Güte wurzelt. Wenn wir gütig und freundlich handeln, finden wir, daß wir auch taktvoll handeln. Wie viele talmudgleiche Regeln der Etikette werden unnötig, denn gute Umgangsformen beruhen auf der Güte! Höflichkeit könnte als Güte in geringfügigen, Gefälligkeit als Güte in kleinen Dingen definiert werden. Güte kommt sowohl in Worten wie in Taten zum Ausdruck. Man mag es als etwas Kleines ansehen, das Wort „bitte“ zu gebrauchen, doch wenn es nicht bloß kalte Formsache, sondern liebende Güte zum Ausdruck bringt, dann hat es einen tiefen Sinn. Wir können nicht annehmen, daß Abraham, Lot und Jehova das Wort bloß der guten Form wegen gebraucht hätten. — 1. Mose 12:11-13; 19:1, 2, 18-20; 15:5; 22:1, 2, siehe NW.
9. Wie hilft einem die Güte, dem Frieden nachzujagen?
9 Güte ist eine Macht, denn sie hilft den Christen, dem Frieden nachzujagen und die Eintracht zu bewahren. Sie verscheucht Mißverständnisse und macht die Bahn für Vergebung frei. In der schwierigen Kunst der Gedankenvermittlung kommt es vor, daß man Gedanken nicht immer mit der gewünschten Genauigkeit äußert, und es entstehen Mißverständnisse. Hier kommt Güte zu Hilfe und bewahrt den Frieden. Durch Geduld und Güte fällt es leicht, zum rechten Verständnis zu gelangen, und es fällt leicht, einer gütigen Person zu vergeben. Selbst wenn jemand unfreundlich behandelt worden ist, wird seine eigene Freundlichkeit und Güte der Unfreundlichkeit den Stachel nehmen. Güte und Freundlichkeit helfen jedem, folgendem Rat des Apostels entsprechend zu leben: „Ertragt einander weiterhin und vergebt einander bereitwillig, wenn jemand eine Ursache zu einer Klage gegen einen anderen hat.“ — Kol. 3:13, NW.
10. Welchen biblischen Grundsatz soll man anwenden, um Probleme lösen zu können?
10 Güte löst Probleme. Wenn der Christ vor einer Situation steht, die in der Schrift nicht genau beschrieben ist, sucht er nach einem Grundsatz, der ihm die Sache klären hilft. Diesen findet er in Epheser 4:32 (NW) aufgezeichnet: „Werdet gütig gegeneinander.“ Wenn daher jemand fragt: ‚Was gibt es da zu tun?‘, so ist die Handlungsweise deutlich vorgezeichnet: Tue das, was gütig ist, denn so zu handeln ist richtig.
GÜTE IST NICHT SCHWÄCHE
11. Was ist eine irrige Ansicht von Güte, und weshalb ist unter Güte nicht Schwäche zu verstehen?
11 Damit Güte sowohl in den Augen der Menschen wie in den Augen Gottes eine Macht zum Rechttun sei, muß sie ohne Schwäche geäußert werden. Es ist ein Fehler, anzunehmen, Güte bestehe darin, daß man die Dinge auf die leichte Schulter nehme, wodurch unrechte Bräuche oder Zustände in der Christenversammlung zugelassen würden. Der christliche Aufseher kann nicht einfach stillschweigend etwas übergehen, was nach der Schrift verkehrt ist, in der irrigen Auffassung, er handle gütig. Güte läßt sich dem Bösen gegenüber nicht die Augen verbinden, noch überhaupt Dingen gegenüber, die mit dem Willen Gottes außer Harmonie sind. Eltern zum Beispiel handeln nicht wahrhaft gütig, wenn sie ihre Kinder alles tun lassen, was sie gerade tun wollen. Eine falsch verstandene Güte hat zu weitverbreiteter Jugendkriminalität geführt. In einer Christenversammlung kann geistige Pflichtvergessenheit die Folge sein, wenn der Aufseher Güte mit Schlaffheit verwechselt. Wahre Güte tritt standhaft für das ein, was in Gottes Augen recht ist; sie beharrt auf dem Gehorsam gegenüber Gottes Geboten. Wahre Güte braucht nicht zu einem Mangel an Respekt zu führen, so daß sich jemand dadurch verleiten ließe, andere auszunutzen. Der Herr Jesus Christus hat uns ein vollkommenes Beispiel davon gegeben, wie Güte und Festigkeit gepaart sein sollen.
12. Was wird über die Güte Jesu Christi gesagt?
12 Gab es jemals einen Menschen, der so gütig war wie der Herr Jesus? Als Nachahmer seines himmlischen Vaters gab er das vollkommene Beispiel, dem seine Nachfolger folgen müssen. Die Könige und Herrscher dieser Welt sind selten leicht zugänglich; auf jeden Fall sind sie allzu beschäftigt. Der Sohn Gottes aber war stets zugänglich und niemals so sehr beschäftigt, daß er anderen nicht in materieller wie in geistiger Weise beigestanden hätte. Welches Mitgefühl hat er doch bekundet! „Als er die Volksmengen sah, empfand er eine zarte Zuneigung zu ihnen; denn sie waren zerschunden und umhergestoßen worden wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ Menschen aus allen Lebensschichten hatten keine Hemmungen, zu Jesus zu gehen. Eltern zögerten nicht, ihre Kinder zu ihm zu bringen. „Und sie brachten Kindlein zu ihm, auf daß er sie anrühre. Die Jünger aber verwiesen es denen, welche sie herzubrachten. Als aber Jesus es sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasset die Kindlein zu mir kommen [und] wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes. Und er nahm sie in seine Arme, legte die Hände auf sie und segnete sie.“ Obwohl Jesus in jeder Weise gütig war, trat er doch mit Festigkeit für das ein, was recht war. — Matth. 9:36, NW; Mark. 10:13, 14, 16.
13. Warum handelte Jesus nicht unfreundlich, als er die heuchlerische Geistlichkeit bloßstellte? als er Petrus zurechtwies?
13 Einige mögen denken, der Herr Jesus habe es an Güte mangeln lassen, wenn sie das dreiundzwanzigste Kapitel des Matthäusevangeliums lesen, also darüber, wie Jesus die heuchlerischen religiösen Führer bloßstellte. In Tat und Wahrheit waren die religiösen Führer die unfreundlichen Personen, die die unverdiente Güte, welche Gott ihnen durch seinen Sohn erwies, verschmähten. Jesus sagte: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt wurden — wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt! Aber ihr wolltet nicht.“ Sie hatten Gottes liebende Güte verschmäht! Jesus beharrte auf dem Tun des göttlichen Willens und tadelte nicht nur die heuchlerische Geistlichkeit, sondern auch seine eigenen Jünger in den Fällen, wo es unfreundlich gewesen wäre, sie nicht zurechtzuweisen. Als Jesus zu seinen Jüngern frei heraus sagte, daß er „viele Leiden ertragen … und getötet werden“ müsse, erhob Petrus Einspruch. „Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm Vorhaltungen zu machen, indem er sprach: ‚Sei dir selbst gnädig [gütig], Meister; dieses Geschick wird dir gar nicht widerfahren.‘“ Aber Jesus antwortete ihm: „Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Stein des Anstoßes, weil du nicht Gottes Gedanken denkst, sondern die der Menschen.“ Jesus handelte nicht unfreundlich. Wahre Güte ist eine Macht, weil sie jemanden ermuntert, Gottes Willen zu tun. Niemand handelt jemals gütig, wenn er etwas tut, was nicht mit Jehovas Willen in Einklang ist, oder wenn er andere dazu ermuntert, solches zu tun. Jesus hatte Gottes Willen auf kraftvolle Weise zum Ausdruck gebracht; dennoch erhob Petrus starke Einwendungen. Diese verdienten eine entschiedene Zurechtweisung. — Matth. 23:37; Mark. 8:31, 32; Matth. 16:22, 23, NW.
14. Was zu geben fand Paulus von Zeit zu Zeit als notwendig, und warum entsprach dies der wahren Güte?
14 Auch der Apostel Paulus gab strenge Verweise, und zwar in Fällen, in denen es unrecht und nicht gütig gewesen wäre, dies nicht zu tun. Er schrieb an die Korinther wie folgt: „Etliche aber sind aufgeblasen, als ob ich nicht zu euch kommen würde. Ich werde aber bald zu euch kommen, wenn der Herr [Jehova] will, und werde erkennen, nicht das Wort der Aufgeblasenen, sondern die Kraft; denn das Reich Gottes besteht nicht im Worte, sondern in Kraft. Was wollt ihr? soll ich mit der Rute zu euch kommen, oder in Liebe und im Geiste der Sanftmut?“ Bei aufgeblasenen, arroganten Friedensstörern sagte Paulus nicht: ‚Meine Güte verlangt, daß ich ihnen ihren Willen lasse.‘ Nein, er war mutig genug, mit dem Stabe seines Mundes die richtige Zucht darzureichen; und dies wirkte sich zum Guten aus, sowohl für die betreffenden Personen selbst als auch für die Christenversammlung. Die Ergebnisse der Zucht zeigen, daß diese ein Ausdruck der Güte ist. Jehova selbst hält sich nicht davon zurück, alle in Zucht zu nehmen, die seine Söhne sein möchten. „Gott handelt mit euch als mit Söhnen. Denn welchen Sohn wird ein Vater nicht in Zucht nehmen? Wenn ihr aber ohne die Zucht seid, die allen zuteil wird, seid ihr ja illegitime Kinder und nicht Söhne. Außerdem waren wir gewohnt, nach dem Fleische Väter zu haben, die uns in Zucht nahmen, und wir pflegten ihnen Respekt zu erweisen. Sollen wir uns nicht vielmehr dem Vater unseres geistigen Lebens unterwerfen und leben? Allerdings scheint keine Zucht für die Gegenwart erfreulich zu sein, sondern betrüblich; nachher aber bringt sie für jene, die durch sie geschult worden sind, eine friedsame Frucht hervor, nämlich Gerechtigkeit.“ — 1. Kor. 4:18-21, Elb; Heb. 12:7-9, 11, NW.
15. Wie behandelt der Aufseher die Herde Gottes richtigerweise, und wie kann er mit einem Übertreter verfahren?
15 Der christliche Aufseher wird heute die Herde Gottes milden Geistes und mit Liebe behandeln. Das hindert ihn jedoch nicht daran, jenen fest entgegenzutreten, die die Reinheit und den Frieden der Versammlung gefährden. Mit einem Übertreter verfährt er freundlich, doch wenn sich keine Besserung zeigt, mag der Aufseher eine entschiedenere Sprache zu führen haben. Wenn der Übertreter in seiner Ungerechtigkeit verharrt, mag es sein, daß der Aufseher auf unnachgiebig zurechtweisende Art zu ihm sprechen muß. Als Jesus und Paulus andere zurechtwiesen, gerieten sie nicht außer Fassung, noch redeten sie auf eine Weise, die einem Diener Gottes nicht geziemt. Somit ist der Aufseher auch heute konsequent, doch freundlich. An Titus schrieb der Apostel Paulus die Worte: „Ein Aufseher muß frei von Anklage sein als Gottes Verwalter, nicht eigenmächtig, nicht zornmütig … Fremde liebend, das Gute liebend, gesunden Sinnes, gerecht, gütig.“ Das Glück und die geistige Gesundheit einer Christenversammlung hängen in hohem Maße von der liebenden Güte des Aufsehers ab. — Titus 1:7, 8, NW.
16. (a) Wie behandelte Paulus die Herde Gottes, und welchen Rat gab er einem Aufseher, um zu zeigen, wie man Güte erweist? (b) Wie behandelt der Aufseher richtigerweise die Älteren und Gebrechlichen?
16 Der Apostel Paulus hatte viel darüber zu sagen, wie in der Versammlung liebende Güte behandelt werden sollte. Er selbst gab allen Aufsehern ein ausgezeichnetes Beispiel. Er schrieb an die Thessalonicher: „Wir sind in eurer Mitte zart geworden, wie wenn eine nährende Mutter ihre eigenen Kinder pflegt. Ihr seid Zeugen, ebenso Gott, wie wahrhaft gütig und gerecht und untadelig wir uns gegen euch, die Glaubenden, erwiesen.“ In seinen Anweisungen darüber, wie man jeder Person in der Versammlung Güte erweisen sollte, schrieb Paulus an den Aufseher Timotheus wie folgt: „Übe an einem älteren Manne keine strenge Kritik. Im Gegenteil: ermahne ihn wie einen Vater, jüngere Männer wie Brüder, ältere Frauen wie Mütter, jüngere Frauen wie Schwestern, in aller Keuschheit. Ehre Witwen, die wirklich Witwen sind.“ In der Familie, in der wahre Liebe herrscht, behandelt jedes Glied das andere rücksichtsvoll und freundlich. So sollte es bei der Christenversammlung sein. Den einen sollen von den Aufsehern solcher Respekt und solche Güte erzeigt werden, als ob sie ihre Väter wären, anderen, als ob sie ihre Mütter wären, und wieder anderen, als ob sie ihre leiblichen Brüder und Schwestern wären. Ebenso wird der Aufseher wissen, wie er auf gütige Weise mit Kranken und Gebrechlichen umzugehen hat. Solche mögen nicht in der Lage sein, so viel zu tun, wie sie im christlichen Predigtdienste gerne täten; sie können nur das tun, was ihre Kraft erlaubt. Solche darf der Aufseher nicht so behandeln, als ob sie der Wahrheit Gottes gegenüber untreu wären; sie müssen ermuntert und dürfen nicht entmutigt werden. Der gütige Aufseher ist also voll „zarten Erbarmens“; er sucht zu verstehen, wodurch ein anderer eingeschränkt sein mag. Durch seine eigene liebende Güte spornt der Aufseher alle an, das zu tun, was sie tun können, um die gute Botschaft von Gottes Königreich zu fördern. „Erbarmt euch weiterhin“, sagte der Herr Jesus, „gleichwie euer Vater voller Erbarmen ist.“ Dadurch, daß der Aufseher die Probleme der Älteren und Gebrechlichen zu verstehen sucht und ihnen die Hilfe bietet, die er ihnen bieten kann, bekundet er Mitgefühl und liebende Güte. — 1. Thess. 2:7, 10; 1. Tim. 5:1-3; Eph. 4:32; Luk. 6:36, NW.
GÜTE, EINE ANZIEHENDE KRAFT
17. Wie verhält man sich angebrachterweise gegenüber der liebenden Güte Jehovas?
17 Güte zieht an, Unfreundlichkeit stößt ab. Wie fühlt man sich doch zu Jehova hingezogen, weil er voll liebender Güte ist! „Seine liebende Güte währt bis auf unabsehbare Zeit“ — das sichert uns jeder Vers des 136. Psalmes zu. Wenn also jemand im inspirierten Worte liest und von Jehovas freundlichen Eigenschaften und seiner gütigen Vorkehrung zur Vergebung von Sünden erfährt, fühlt er sich zu Jehova durch dessen Sohn hingezogen. Solche Güte veranlaßt jemanden zur Reue und zur Umkehr von einem weltlichen Lauf, wie Paulus dies in Römer 2:4 (NW) zeigt: „Verachtest du den Reichtum seiner Güte und Nachsicht und Langmut, weil du nicht weißt, daß Gottes gütige Art dich zur Reue zu führen sucht?“ Erkennend, daß die Güte eine solche Anziehungskraft hat, wünscht der Christ ernstlich und inbrünstig, seinem Vater im Himmel zu gleichen, damit er durch die eigene Güte andere Menschen zur Anbetung Gottes, Jehovas, hinführen könne.
18. Zeige den Gegensatz zwischen der Macht der Güte und der Unfreundlichkeit. Und wie kann eine christliche Ehefrau einen ungläubigen Mann für Gottes Wahrheit gewinnen?
18 Die christliche Ehefrau, die einen ungläubigen Mann hat, mag ihren Gatten durch ihr rücksichtsvolles, gütiges Benehmen zur göttlichen Wahrheit hinziehen. Sie sucht nicht, ihrem Mann die Wahrheit aufzuzwingen, denn sie kennt Gottes Willen, wie er durch Petrus in folgenden Worten zum Ausdruck kommt: „Ebenso, ihr Frauen: seid euren Männern untertan, damit sie, wenn einige dem Worte nicht gehorchen, durch das Benehmen ihrer Frauen ohne ein Wort gewonnen werden, weil sie Augenzeugen eures keuschen Wandels und tiefen Respekts gewesen sind.“ Eine Frau mag einst ihren Gatten nicht als Haupt respektiert haben; sie mag tadelsüchtig und dominierend gehandelt haben, bei jeder Gelegenheit nörgelnd und Fehler findend. Wahrscheinlich kannte sie den inspirierten Spruch nicht, der sagt, daß „das Zanken einer Frau wie ein undichtes Dach“ ist, „das einen vertreibt“, und daß es ‚besser sei, in einem wüsten Land zu wohnen als ein zänkisches Weib und Ärger‘ zu haben. Sie mag den Kommentar, den Dr. Philip Lai, ein australischer Arzt mit zwölfjähriger Polarexpeditionspraxis, zu diesem Schrifttext abgab, nicht gelesen haben. Die New York Times vom 24. November 1959 berichtete über eine Rede, die er gehalten hatte, und sagte: „Schimpfende Frauen, zerrüttete Ehen und die ermüdende Anstrengung, ‚mit Meiers Schritt zu halten‘, wurden heute als einige der Gründe angeführt, warum Männer fortgingen, um in der Eiswüste der Antarktis zu leben.“ Unfreundlichkeit stößt ab, ja sie treibt einige, wie es scheint, bis zur fernen „Wüste“ des Südpols fort. Güte wirkt entgegengesetzt. Sie hat eine gewaltige Anziehungskraft. Die Ehefrau, die ‚die neue Persönlichkeit anzieht, die gemäß Gottes Willen in wahrhafter Gerechtigkeit und liebender Güte geschaffen wurde‘, mag ihren Gatten „ohne ein Wort“ für Gottes Wahrheit gewinnen. Diese Macht liegt der Güte inne. — 1. Pet. 3:1, 2; Spr. 19:13, NW; 21:19, Elb; Eph. 4:24, NW.
19. Erkläre, wie christliche Frauen die echte Anziehungskraft erlangen.
19 Der Rat, den der Apostel christlichen Frauen gibt, zeigt, was im Grunde genommen anziehend wirkt. In gewissen Ländern sendet man die Mädchen in Schulen, in denen sie die Kunst lernen können, sich mit Charme zu benehmen. Und was ist das Ergebnis? Allzuoft eine sogenannte bezaubernde äußere Erscheinung mit rein weltlichem Charme. Weltklugheit und eine blendende Aufmachung mögen jene täuschen, die nach Maßstäben der alten Welt urteilen, jene aber, die geistiges Unterscheidungsvermögen besitzen, lassen sich nicht betören; sie kennen die Eigenschaften des Herzens, Selbstlosigkeit, Wertschätzung, Güte, Mitgefühl und Milde. Auf diesen beruht die wahre Anziehungskraft, wie wir lesen: „Euer Schmuck sei nicht der äußere, indem, ihr die Haare flechtet und goldene Schmucksachen anlegt oder Obergewänder tragt, sondern er sei der verborgene Mensch des Herzens im unvergänglichen Gewand des stillen und milden Geistes, der in Gottes Augen [und auch in den Augen der Menschen] von hohem Werte ist.“ Wenn die christliche Frau die Früchte des Geistes pflegt, so besitzt sie einen Charme und eine Anmut, die kein weltlicher Zauber und keine traditionellen Umgangsformen je zu geben vermöchten. Wiederum fordert dies, daß man Gottes Willen an die erste Stelle setzt und sich stets bemüht, dem Vater im Himmel zu gleichen. — 1. Pet. 3:3, 4, NW.
20. Zu welchem Lohn führt die Macht der Güte?
20 Güte ist eine sich lohnende Macht. Sie ist eine Frucht des Geistes Gottes und gehört zur „neuen Persönlichkeit“. Sie ist ein göttliches Erfordernis. Sie hilft Probleme lösen. Sie ist eine Macht, die dem Takt, den guten Umgangsformen und der wahren Anziehungskraft zugrunde liegt. Sie verscheucht Mißverständnisse. Sie erleichtert die Vergebung. Sie tritt standhaft für das ein, was recht ist. Sie hilft dem Christen, dem Frieden nachzujagen und andere zu Jehova und seiner Wahrheit hinzuziehen. Sie hilft uns, dem Gebot zu gehorchen: „Werdet Nachahmer Gottes.“ Wenn wir daher der Güte, dem Mitgefühl und der Freundlichkeit nachjagen, werden sich Jesu folgende Worte bewahrheiten: „Euer Lohn wird groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein.“ — Eph. 5:1; Luk. 6:35, NW.