Gott, Vernunft und Weisheit
◆ In einem Kommentar zu Sprüche 1:7: „Die Furcht Jehovas ist der Erkenntnis Anfang“, schreibt R. F. Horton in The Expositor’s Bible: „Es kann kein echtes Wissen, keine wahre Weisheit geben, die nicht mit der Anerkennung Gottes beginnt. Das ist eine jener Behauptungen, die in der Heiligen Schrift nicht selten zu finden sind und auf den ersten Blick als willkürliche Dogmen erscheinen, sich bei einer näheren Betrachtung jedoch als zuverlässige Darlegungen wohldurchdachter Wahrheiten herausstellen. Wir sehen uns heutzutage einer ausgesprochen atheistischen Philosophie gegenüber. Nach der Bibel ist eine atheistische Philosophie überhaupt keine Philosophie, sondern eine Torheit: ‚Der Tor spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott!‘
◆ Wir haben Denker unter uns, die sich dazu berufen fühlen, mit dem Gottesglauben, der angeblich den geistigen, sozialen und politischen Fortschritt hindert, aufräumen zu müssen. Nach der Bibel wird mit der Zerstörung des Gottesglaubens auch der Schlüssel der Erkenntnis zerstört und jedes folgerichtige Denken vereitelt. Wir haben es hier also mit zwei völlig gegensätzlichen Meinungen zu tun.
◆ Wenn das Universum, von dem wir ein Teil sind, das Ergebnis einer göttlichen Vernunft ist, das Werk Gottes, der Schauplatz göttlichen Wirkens, auf dem Gott allmählich sein großes Vorhaben verwirklicht, dann ist es selbstredend, daß jeder Versuch, das Universum zu erfassen, scheitern muß, sofern dieser grundlegende Gedanke außer acht gelassen wird. Es wäre ungefähr so, wie wenn man ein Gemälde verstehen wollte, sich aber weigerte anzuerkennen, daß der Künstler etwas Bestimmtes damit ausdrücken wollte, oder sogar behauptete, der Künstler existiere gar nicht …
◆ Wenn aber das Universum nicht auf das Wirken eines göttlichen Geistes zurückzuführen oder nicht das Ergebnis eines göttlichen Willens ist; wenn es lediglich dem Wirken einer blinden, vernunftlosen Kraft zuzuschreiben ist, die kein Ziel verfolgt, weil sie kein Ziel hat, das sie verfolgen könnte; wenn wir, das klägliche Endergebnis einer langen, nicht gerichteten Entwicklung, die ersten Geschöpfe im Universum waren, die denken konnten, und heute noch die einzigen sind, die denken können …: dann müßte man annehmen, daß es in einem solch vernunftlosen Universum für vernunftbegabte Wesen kein echtes Wissen und in einer solch unweisen Ordnung der Dinge keine Philosophie oder Weisheit gibt. Diese Tatsache kann keinem denkenden Menschen entgehen, und diese Wahrheit macht der besagte Text auch geltend. Das heißt nicht unbedingt, daß man ohne die Anerkennung Gottes nicht gewisse empirische Tatsachen erkennen könne, doch diese Erkenntnis ist keine Philosophie oder Weisheit. Es gilt zu beachten, daß wir ohne die Anerkennung Gottes keine Erklärung oder Bestätigung für unser Wissen hätten; daß unser Wissen ohne die Anerkennung Gottes nie vollständig oder abgerundet wäre, so daß wir es mit Recht als Weisheit bezeichnen könnten.
◆ Oder etwas anders ausgedrückt: Der denkende Mensch kann im Universum nur das Ergebnis einer Vernunft sehen. Wenn das Universum nicht das Ergebnis einer Vernunft ist, dann wird es für den denkenden Menschen stets unfaßbar bleiben und von ihm nie im wahrsten Sinne erforscht werden können. Zu bestreiten, daß das Universum das Ergebnis einer Vernunft ist, hieße bestreiten, daß es eine Weisheit gibt. Folglich ist die Behauptung, daß die Erkenntnis mit der Anerkennung Gottes beginnen müsse, kein Dogma, sondern eine vernunftgemäße Wahrheit.“