Behüte dein Denkvermögen
„Behüte dein Denkvermögen und bewahre praktische Weisheit, und sie werden Leben sein für deine Seele.“ — Spr. 3:21, 22, NW.
1. Woher stammt das Denkvermögen, und warum ist es wichtig, es zu behüten?
JEHOVA Gott ist die große denkende Persönlichkeit, die von Ewigkeit her existiert und der Quell oder Schöpfer aller bestehenden Dinge ist. Als Kundgebung seiner Weisheit hat er andere denkende Persönlichkeiten mit geistigen Leibern und mit fleischlichen, menschlichen Körpern erschaffen. Im menschlichen Körper entsteht der Sinn einer denkenden Persönlichkeit durch die Funktion des lebenden Gehirns. Das Dasein intelligenter Persönlichkeiten, die also einen Sinn haben, der Vernunftschlüsse ziehen kann, ist ein Beweis davon, daß der Mensch von einer höheren Intelligenz, einem persönlichen Gott, erschaffen worden ist; denn eine bloß vernunftlose oder unpersönliche, nicht intelligente Kraft könnte niemals die vernunftbegabten, intelligenten, individuell denkenden Persönlichkeiten hervorbringen, die als Menschen existieren. Obwohl Wissenschaftler das physische Gehirn wägen, messen und analysieren und auch gewisse seiner Funktionen ermitteln können, können sie doch mit allen ihren Instrumenten nicht den Sinn oder die Intelligenz des Menschen ergründen. Ihre Bemühungen, den Sinn des Menschen dadurch zu beurteilen, daß sie sein Benehmen auf Grund gewisser Theorien zu erklären suchen, sind weder exakt noch wissenschaftlich. Und doch ist es wichtiger als irgend etwas anderes, daß man seinen Sinn schult und sein Denkvermögen behütet, weil das ewige Leben davon abhängig ist. „Behüte dein Denkvermögen und bewahre praktische Weisheit, und sie werden Leben sein für deine Seele.“ (Spr. 3:21, 22; Matth. 15:18-20; Röm. 8:6, NW) Gesunder Rat darüber, wie man sein Denkvermögen behüten kann, findet sich in dem Worte Jehovas, dem Worte dessen, der die Gedanken des Menschen zu ermessen vermag. „Jehova kennt die Gedanken der Menschen.“ — Ps. 94:11.
2. Welche Beispiele veranschaulichen die Anwendung des Denkvermögens?
2 Das Denkvermögen setzt den Menschen instand, mehr zu tun als nur einer Anzahl einzelner Regeln zu folgen. Aber gleichwie es nötig war, daß der vollkommene Mensch Wasser und Nahrung zu sich nahm und Luft einatmete, damit sein unwillkürliches Verdauungssystem funktionierte, so mußte er auch Erkenntnis in sich aufnehmen, bevor sein willkürliches Denkvermögen funktionierte. Adam wurden gewisse Anweisungen gegeben, aber er mußte über diesen Aufschluß nachsinnen und ermitteln, wie er diese Anweisungen ausführen, zum Beispiel, wie er den Garten bebauen und die Tiere benennen konnte. Desgleichen Noah, ein unvollkommener Mensch. Gott gab ihm bis ins einzelne gehende Anweisungen über den Bau der Arche, doch mußte Noah über diese Anweisungen nachdenken, sie mit anderen Dingen vergleichen, von denen er Kenntnis erhalten hatte, als er mit Gott wandelte, und dann mußte er Pläne aufstellen und sie ausführen, indem er Baumaterialien bereitmachte, die Arche baute, die Tiere zusammenrief und für ihre Ernährung sorgte. Jehova erwartete, daß Menschen ihr Denkvermögen anwandten. — 1. Mose 2:15, 19; 6:13-21.
3. Was ist unter „Denkvorgang“ zu verstehen, und warum ist es notwendig, ihn zu schulen?
3 Was ist dieses Denkvermögen? Es ist der Vorgang, durch die Sinne Kenntnisse oder Aufschlüsse aufzunehmen, die aus erklärten Grundsätzen oder praktischen Beispielen bestehen, ferner, diese Gedanken alle zu zergliedern, miteinander zu vergleichen und zu verknüpfen und auf Grund dieses Denkvorganges Schlußfolgerungen zu ziehen, sich ihrer später wieder zu erinnern und dann das Notwendige aus solchen Gedanken und Folgerungen zu schöpfen, um Entscheidungen zu treffen, Probleme zu lösen oder auch um konstruktive und fortschrittliche Pläne für künftige Fortschritte zu machen. Der Denkprozeß beginnt schon gleich nach der Geburt, sobald nämlich die Sinne dem Gehirn Meldungen zu vermitteln beginnen. Mit zunehmenden Kenntnissen und Erfahrungen wächst auch die Fähigkeit, zu denken und Vernunftschlüsse zu ziehen. Niemand wähne, diese Sache der Entwicklung seines Denkvermögens sei nur für Personen, die gerne studieren, bestimmt. Jeder normale Mensch hat einen vorzüglichen Denkapparat erhalten, und sein Leben lang sammelt er Aufschlüsse, indem er Dinge liest, sieht, hört und erfährt; und die Art und Weise, wie jemand all diese Kenntnisse in sich aufnimmt und darauf reagiert, dient zur Gestaltung seiner Persönlichkeit. Weil aber viele Menschen ihren Sinn für nicht viel mehr als das zum täglichen Leben gerade Notwendige gebraucht haben, ist es notwendig, daß sie lernen, dieses Denkvermögen zu schulen, zu entwickeln und zu behüten, wenn sie ewiges Leben erlangen möchten.
UNTERWIRF DEIN DENKEN DEM SCHÖPFER
4. (a) Was ist erforderlich, damit das Denkvermögen funktioniert? (b) Welche Erkenntnis ist für richtiges Denken unerläßlich und weshalb?
4 Damit jemand sein Denkvermögen entwickeln kann, muß er vor allem anderen Erkenntnis in sich aufnehmen. „Mein Sohn … wenn Weisheit in dein Herz einkehrt und Erkenntnis deiner Seele angenehm wird, wird Denkvermögen über dich wachen, Unterscheidungsvermögen wird dich behüten, um dich von dem schlechten Wege zu erretten.“ (Spr. 2:1, 10-15, NW) Man sollte hier die Anwendung der Ausdrücke „Erkenntnis“, „Weisheit“ und „Unterscheidungsvermögen“ oder „Verständnis“ beachten. Da Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf, folgt, daß man nur dadurch das Denkvermögen wirklich schulen kann, daß man Gottes Vorsätze mit in Betracht zieht. Niemand kann Erkenntnis erlangen, ohne sein Verhältnis zu Gott zu erkennen. „Die Furcht Jehovas ist der Anfang der Erkenntnis.“ (Spr. 1:7, NW) Erkenntnis über Gottes Vorsätze ist in der Bibel zu finden. — Ps. 19:7-11; Joh. 17:17; 2. Tim. 3:16, 17, NW.
5, 6. (a) Weshalb sollte man unabhängiges Denken meiden? Wieso führt dies nicht zur Massenpsychose? (b) In welcher Hinsicht sollte man in Übereinstimmung mit anderen Brüdern zu denken suchen und warum?
5 Heute neigt diese Welt dazu, das unabhängige Denken als ein ideales Ziel zu betrachten, aber ebenso wie ein unrealistisch denkender Wissenschaftler, der das Gesetz der Schwerkraft außer acht zu lassen sucht, keinen Erfolg haben würde, verspricht die unrealistische Denkweise von Personen, die die Tatsache außer acht lassen, daß der Mensch von Gott abhängig ist, keinen Erfolg. „Nicht beim Menschen [steht] sein Weg, nicht bei dem Manne, der da wandelt, seinen Gang zu richten.“ (Jer. 10:23; Spr. 16:1-3) Sobald die Menschen unabhängig von Gott zu denken suchen, setzen sie den vollkommenen Maßstab dessen, was gut und gerecht ist, den Maßstab der Tugend und Treue, beiseite und fallen ihren selbstischen, sündigen Neigungen zum Opfer und verringern ihr Denkvermögen. — Röm. 1:21-32; Eph. 4:17-19.
6 Da durch die Predigt des Wortes Gottes jeder Gedanke unter den Gehorsam gegenüber Christus gebracht werden soll, sollte man Unabhängigkeit im Denken als Ziel ablehnen. (2. Kor. 10:5) Der Christ muß eine neue Persönlichkeit anziehen, die gemäß Gottes Willen geschaffen wird. (Eph. 4:20-24, NW) Das wird dazu führen, daß alle Christen in ihrem Denken sowohl mit Gott als auch miteinander eins werden. (1. Kor. 1:10; Röm. 15:5) Das führt nicht etwa zu einem kollektiven Denken oder zur Massenpsychose, wie einige behauptet haben. Es führt dazu, daß jeder Gott hingegebene Gläubige sich dazu schulen läßt, sein Denkvermögen nicht unabhängig, doch individuell und dennoch Gott gegenüber unterwürfig und in Zusammenarbeit mit seinen Mitmenschen zu gebrauchen. Zu dieser Entwicklung der individuellen Persönlichkeit hat Gott den menschlichen Sinn und das menschliche Herz erschaffen und hat alle notwendigen Kenntnisse und die nötige Unterweisung vorgesehen, damit zahllose Millionen Menschen, obwohl sie individuelle Persönlichkeiten bleiben, doch in Einheit und Frieden leben, weil sie ihre Abhängigkeit von Gott und die Abhängigkeit aller Glieder der menschlichen Familie Gottes voneinander erkennen. — Röm. 12:4, 5; 1. Kor. 12:12-14, 25; Gal. 5:26; Eph. 4:16; 1. Joh. 4:7, 20, 21.
WIE MAN ETWAS LERNEN, ES BEHALTEN UND WIEDER INS GEDÄCHTNIS RUFEN KANN
7. Mit welcher Einstellung sollte man Erkenntnis in sich aufnehmen?
7 Wer Erkenntnis in sich aufnimmt, sollte es mit Ernst und Fleiß tun und dabei so lernbereit sein wie ein Kind. ‚Rufe dem Verstand‘, ‚suche ihn wie Silber‘. (Spr. 2:1-5) „Ein Weiser wird hören und mehr Belehrung in sich aufnehmen, und ein Verständiger ist der, der sich geschickt Lenkungsfähigkeit aneignet.“ (Spr. 1:5, NW) Das erfordert die Bereitschaft, neue Gedanken verstehen zu lernen und seine eigenen Gedanken der neuen Erkenntnis anzupassen, sie, wo nötig, zu korrigieren und auch mit alten Ideen aufzuräumen, wenn sie sich als falsch erweisen. An dieser Stelle machen viele einen Fehler. Wenn sie Gottes Wort studieren, nehmen sie nur die Gedanken an, die mit ihren bisherigen Ansichten übereinstimmen, jeden Gedanken aber, der erfordern würde, daß sie ihre Meinung ändern, weisen sie zurück. Wenn man so handelt, sucht man nicht sein eigenes Denken mit Gottes Denken in Harmonie zu bringen, sondern man schaut nur in die Bibel, um zu sehen, ob sie mit den eigenen Ideen übereinstimme. Man sollte dem Beispiel des Psalmisten folgen, der seine Einstellung in Psalm 119 zum Ausdruck brachte. Man beachte, wie oft er studierte und über Gottes Wege, seine Mahnungen, seine Vorschriften, seine Gebote, seine Sprüche, sein Gesetz, seine richterlichen Entscheidungen, seine Satzungen und sein Wort nachsann und sie annahm. — Ps. 25:9; Matth. 18:3; Röm. 12:2; 1. Pet. 2:1-3.
8, 9. (a) Wie kann man seine Fähigkeit, etwas zu behalten und ins Gedächtnis zurückzurufen, verbessern? (b) Welcher biblische Rat wird darüber gegeben, wie man sich an Gelerntes erinnern kann?
8 Um richtig zu denken, ist es notwendig, die Erkenntnis sinngemäß aufzunehmen und sie im Gedächtnis zu behalten, wie Jesus dies im Gleichnis vom Sämann erklärte. (Matth. 13:23; Luk. 8:15) Damit wir Gedanken im Gedächtnis, auf dem das Denkvermögen direkt beruht, behalten können, um uns ihrer wieder zu erinnern, müssen wir achtgeben und genau beobachten. Jesus hob dies in demselben Gleichnis hervor, wenn er sagte: „Achtet darauf, wie ihr hört.“ (Luk. 8:18; Mark. 4:23, 24, NW) Laßt nie zu, daß eure Sinne so abgestumpft werden, daß wichtige Dinge eurer Aufmerksamkeit entgehen! (Röm. 11:7; 2. Kor. 3:15; 1. Pet. 5:8; 2. Pet. 3:5, 8) Als nächstes müssen wir die empfangenen Aufschlüsse unserem Gedächtnis fest einprägen, um uns ihrer zu erinnern und sie gebrauchen zu können. Das tut man nicht dadurch, daß man Worte auswendig lernt, sondern dadurch, daß man sich zum Beispiel Ereignisse und Illustrationen mit dem geistigen Auge so lebhaft wie nur möglich vorstellt. Dargelegte Grundsätze oder andere abstrakte Ideen sollte man mit Gedanken verbinden, die einem bereits bekannt sind, und sollte den neuen Aufschluß in das Muster der Wahrheiten einflechten, die man bereits versteht, sollte die Gedanken miteinander vergleichen und nach einer neuen, weiteren oder vollständigeren Aufklärung Ausschau halten, die erfordern mag, daß man schon bekannte Gedanken richtigstellt. Bei Beispielen hinsichtlich des menschlichen Benehmens suche man zu erkennen, welche Grundsätze dabei in Frage kamen. Sehr wichtig ist, festzustellen, was einem selbst all die Erkenntnis bedeutet, welche Verantwortung sie einem auferlegt und wie sie angewandt werden sollte. So arbeitet das Denkvermögen, und daraus zieht man wertvolle Schlußfolgerungen und behält die neugewonnene Belehrung auf diese Weise im Gedächtnis, so daß man darüber verfügen kann, wenn man sie benötigt. — 2. Pet. 1:15.
9 Um zu vermeiden, daß man etwas vergißt, muß man das Gedächtnis beständig wachrütteln. (Jak. 1:25) „An deinen Satzungen habe ich meine Wonne; deines Wortes werde ich nicht vergessen.“ (Ps. 119:16, 93) Beachte den Rat über die Wachrüttlung des Gedächtnisses: „Deshalb will ich Sorge tragen, euch immer an diese Dinge zu erinnern, wiewohl ihr sie wisset und in der gegenwärtigen Wahrheit befestigt seid. Ich halte es aber für recht, so lange ich in dieser Hütte bin, euch durch Erinnerung aufzuwecken.“ (2. Pet. 1:12, 13) „Geliebte, diesen zweiten Brief schreibe ich euch nun, in welchem, wie in meinem ersten, ich euch durch Erinnerung zum klaren Denken wachrüttle, damit ihr der Worte gedenkt, die zuvor von den heiligen Propheten gesprochen wurden, und des durch eure Apostel mitgeteilten Gebotes des Herrn und Erretters.“ (2. Pet. 3:1, 2, NW) Das Gedächtnis wird dadurch wachgerüttelt, daß man das wiederholt, was man gelernt und erfahren hat. Das tut man, indem man nachsinnt, mit anderen spricht, Versammlungen besucht und von Haus zu Haus predigt. — Ps. 119:52, 61; Röm. 15:14, 15; Heb. 10:32, 33.
BEWAHRE DEIN GLEICHGEWICHT
10. (a) Wie sollte man Zurechtweisung entgegennehmen? (b) Welche Hilfe ist das Unterscheidungsvermögen beim Denken?
10 Man muß sein Denkvermögen auch im Gleichgewicht bewahren. „Gürtet euren Sinn zur Tätigkeit, bewahrt völliges Gleichgewicht.“ (1. Pet. 1:13, NW) Dadurch verhindert man, daß man ‚höher von sich denkt als notwendig ist, sondern so denkt, wie es einem gesunden Sinn entspricht‘. (Röm. 12:3, NW) Dazu gehört die Bereitschaft, Tadel und Zurechtweisung anzunehmen. „Die Zurechtweisungen der Zucht sind der Weg des Lebens.“ (Spr. 6:23; Ps. 141:5) Wer nicht zu hoch von sich denkt, wird bereit, ja bestrebt sein, eine Zurechtweisung anzunehmen. (Heb. 12:5-11) Nicht alle Zurechtweisungen gelangen durch andere zu uns. Da jeder einzelne in der Lage ist, weit mehr von seinen eigenen Fehlern und Mängeln zu sehen als andere, und da er die Mängel seiner eigenen Denkweise erkennen kann, ist klar, daß die Zurechtweisung und der Tadel, die wir uns selbst geben, sehr wichtig sind. (Ps. 19:12, 13; 51:3; Spr. 28:13) Man sollte seine Gedanken und Taten beständig mit Gottes Wort vergleichen und prüfen, ob sie mit der Wahrheit in Einklang seien. (2. Kor. 13:5) Wer es lernt, sich im Lichte des Wortes Gottes selbst zu kritisieren, der kann aus viel Zurechtweisung Nutzen ziehen. (Ps. 119:59, 60, 71; 139:23, 24) Damit soll nicht zur Selbstverdammnis angeregt werden, sondern es wird nur auf die Fähigkeit einer Selbstkritik hingewiesen, die auferbauend und segensreich wirkt. Sie gehört mit zu unserem Unterscheidungsvermögen und befähigt uns, uns der wichtigeren Dinge zu vergewissern. (Phil. 1:9, 10; Kol. 1:9, 10) Ein solches Unterscheidungsvermögen hilft uns, Demut im Denken zu bewahren und der Tatsache eingedenk zu bleiben, daß unsere Kenntnisse begrenzt sind. Es verhindert, daß wir zu selbstsicher werden, eine zu hohe Meinung von uns selbst haben und andere leicht kritisieren. Es bewahrt uns vor voreingenommenen Meinungen, die sich auf eine nur stückweise Kenntnis stützen, was andere zu Fall bringen könnte. — Spr. 3:7; 26:12; Röm. 12:16; 1. Kor. 8:2; Gal. 6:3.
11. Wie können ältere Personen Neues lernen und mit welcher weiteren Anstrengung?
11 Wer sein Denkvermögen fortgesetzt betätigt, wird imstande bleiben, weiteres zu lernen und gesund zu denken, selbst wenn er an Jahren vorgeschritten sein sollte. Es gibt Menschen, die denken, man sollte, weil sie älter werden, ihnen nicht zumuten, noch Neues zu lernen. Das ist nicht richtig. Das Allerwichtigste ist, daß solche Personen den Willen zum Lernen nicht verlieren und ihren Geist stets tätig erhalten.a Sie müssen bereit sein, neue Gedanken in sich aufzunehmen und neue Wege einzuschlagen. Natürlich mag es für eine ältere Person, weil sie viel mehr Kenntnisse in ihrem Gedächtnis aufbewahrt, viel mehr Anstrengung und Zeit kosten, neue Gedanken mit den bisherigen zu vergleichen und sie am rechten Platze einzufügen. Neue und vollständigere Informationen werden bei älteren Menschen auf eine größere Zahl eingefleischter Ideen stoßen, und es wird für sie mehr Anstrengung erfordern, ihre Gedanken der neuen Erkenntnis anzupassen, die ungenauen Ideen aus dem Sinn zu entfernen und jene Schlußfolgerungen zu korrigieren, die sich auf falschen oder unvollständigen Aufschluß stützten. Indes sollten die Jahre der Schulung und der geistigen Tätigkeit, die ein Älterer hinter sich hat, ihn befähigen, dies zu tun. „Gib dem Weisen, so wird er noch weiser; belehre den Gerechten, so wird er an Kenntnis zunehmen.“ — Spr. 9:9.
DAS WAHRNEHMUNGSVERMÖGEN DURCH FORTSCHRITTLICHES DENKEN SCHULEN
12. Welchem wirklichen Zweck dient reifes Denkvermögen, und wie gelangt man dazu?
12 Die wirkliche Probe, durch die festgestellt wird, ob das Denkvermögen richtig geschult worden sei, beruht auf der Anwendung der Erkenntnis im Interesse aufbauenden Denkens und einer produktiven Tätigkeit. Wenn auch alle wie Kinder lernbereit sein sollten, sollten sie doch auch danach streben, an Reife, Verständnis und Produktivität vollerwachsen zu werden. (1. Kor. 14:20) „Die feste Speise aber ist für Gereifte, für jene, die ihr Wahrnehmungsvermögen durch Gebrauch geübt haben, um zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden.“ (Heb. 5:14, NW) Mit dem Ausdruck Wahrnehmungsvermögen wird die Fähigkeit bezeichnet, einen Gedanken oder eine Tat mit dem feinen Gefühl für das, was recht und unrecht ist, schnell und genau zu beurteilen. Wie schult man sein Wahrnehmungsvermögen? Nicht etwa, indem man nur objektiv studiert und über etwas nachdenkt, wobei man sich selbst außer acht läßt, sondern indem man beständig darüber nachdenkt, inwiefern diese Belehrung einem selbst gilt. (1. Kor. 10:6-12) Wenn man dann Entscheidungen zu treffen hat, lernt man, die Menge biblischer Grundsätze und Beispiele zusammenzutragen, zu beurteilen, wie sie auf das Problem anzuwenden sind, und entsprechend zu entscheiden. Das wird zuerst langsam gehen und schwerfallen, aber mit der Übung geht es immer schneller, und die Entscheidung fällt immer genauer aus.
13. Wie könnte man den Unterschied zwischen rechtem und falschem Denken veranschaulichen, und warum sind die Ergebnisse so verschieden?
13 Ein Beispiel übereilten Denkens haben wir in dem Falle, wo jemand eine Entscheidung darüber zu treffen hat, ob er seine Lauterkeit gegenüber Jehova bewahren will, wenn er dadurch sein Leben gefährdet. Sein Empfinden mag ihm sagen, daß er um jeden Preis sein Leben retten sollte, und wenn er den Text in Matthäus 12:1-12 liest, mag er schließen, daß Jesus die Verletzung des göttlichen Sabbatgesetzes ja auch gerechtfertigt habe, wenn dadurch ein Menschenleben gerettet werden konnte. Ein solch falscher Gedanke ergibt sich aus unvollständigen Aufschlüssen und ungenauen Beobachtungen. Der Weise wird folgende Texte in Betracht ziehen: Matthäus 10:28; 16:25; Apostelgeschichte 5:29; 2. Mose 20:8-11; 31:12-17; 35:1-3; 4. Mose 15:32-36; 5. Mose 5:12-14. Und er wird vor allem verstehen lernen, daß die Bewahrung der Lauterkeit bis in den Tod ein in Gottes Wort festgelegter Grundsatz ist. Ein sorgfältiger Vergleich der Worte von Matthäus 12:1-12 mit anderen Texten über den Sabbat wird zeigen, daß Jesus das Sabbatgesetz niemals übertrat; denn es verstieß niemals gegen das Sabbatgesetz, daß man Nahrung zu sich nahm, daß man ein Tier, das in eine Grube gefallen war, daraus befreite oder daß man Kranke heilte. Wer eine genaue Erkenntnis und dazu Unterscheidungsvermögen besitzt, vermag gesund zu denken und rechte Entscheidungen zu treffen.
14. Wie bekundeten die drei Hebräer, daß sie ihr Denkvermögen behütet hatten?
14 Dies wurde in Babylon durch die drei Hebräer veranschaulicht. Sie kannten Gottes Gesetz, wußten, daß man sich nicht vor Bildern niederbeugen durfte, und verstanden den Grundsatz, der hier im Spiele war. Ein Götze war ein Götze, sei es nun ein politischer oder ein religiöser, und wenn Jehova ihnen auch gesagt hatte, sie sollten der Regierung dienen, so bedeutete das doch nicht, daß sie sein Gesetz übertreten durften. Ihre Stellungen, ihre persönliche Freiheit oder ihr Leben waren nicht so wichtig wie die Treue zu Gott. Die Grundsätze der Treue und Loyalität waren in ihrem Sinn verankert, und ihr Wahrnehmungsvermögen war gut geschult. Sie sannen nicht lange nach, ehe sie ihre Entscheidung fällten, sondern erwiderten sogleich, daß sie, ungeachtet, ob Gott sie befreien wolle oder nicht, sich nicht niederbeugen würden. Sie dachten vernünftig, nahmen eine entschiedene Haltung ein und erhielten Jehovas Segen. — Dan., Kap. 3; Heb. 11:34, 39, 40.
15, 16. (a) Was ist erforderlich, um richtig und entschieden denken zu können? Veranschauliche es. (b) Wie zeigten dies Jesus und Petrus?
15 Wer gesund und entschieden denken möchte, muß über solche Probleme nachgedacht haben, ehe sie auftauchen. Man darf nicht denken, man werde sich erst dann Sorgen machen, wenn einmal ein solcher Fall auftauche. Zu der Zeit, da man die Bibel oder den Wachtturm studiert, sollte man sorgfältig über alle in Frage kommenden Grundsätze nachdenken. Wenn man davon liest, wie treue Christen ihre Lauterkeit bewahrten, sollte man die Grundsätze abwägen, die mit im Spiele waren, und für sich selbst einen ähnlichen treuen Lauf bestimmen. (Heb. 12:1-3) Diese Art des gesunden, gründlichen, subjektiven Denkens beim Studium schult uns, damit wir in Zukunft rechte Entscheidungen treffen können. Wenn ein Christ dann unter dem Druck steht, eine Entscheidung treffen zu müssen, vielleicht unter schwerer Verfolgung und ohne eine Bibel zur Verfügung zu haben oder auch nur eine Gelegenheit zu besitzen, sich alle Argumente ins Gedächtnis zu rufen und sie sorgfältig abzuwägen, wird er dennoch vernünftige Entscheidungen treffen können. Wenn er schwer verletzt daniederliegt und ihm Angehörige, die Gott nicht hingegeben sind, zusetzen und wenn eine Reihe Ärzte ihn zu einer Bluttransfusion nötigen will, werden seine fortschrittliche Denkweise und sein fester Entschluß ihn befähigen, diesen ruhig darzulegen und daran festzuhalten. Wer nicht im voraus Gottes Wort studiert hat, dessen Gedankenwelt ist Gefühlen und Nützlichkeitserwägungen ausgesetzt, statt daß er sich von Grundsätzen leiten läßt.
16 Weil Jesus im voraus das richtige Denken gepflegt hatte, war er für seinen Lauf der Treue stark. Er kannte Gottes Wort und dessen Anwendung auf seine Person und war imstande, sich im voraus für seinen Entschluß, Leiden erdulden zu wollen, zu stärken. Als Petrus gegen diesen Lauf Einspruch erhob, ohne dem Willen Gottes hierin dieselbe Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, tadelte ihn Jesus mit den Worten: „Du bist mir ein Stein des Anstoßes, weil du nicht Gottes Gedanken denkst, sondern die der Menschen.“ (Matth. 16:23, NW) Derselbe Mangel an richtigem Vorausdenken war auch schuld daran, daß Petrus schwach wurde, so daß er Jesus verleugnete. (Matth. 26:33-35, 70-75) Wie vernünftig und gesund dachte er aber, als er, gestärkt durch Gottes Wort und Geist und nachdem er sein Denkvermögen geschult hatte, die Erklärung abgab: „Wir müssen Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg. 5:29, NW) Somit sollten wir alle unser Denkvermögen behüten, indem wir es stärken, wenn wir dazu Gelegenheit haben. Dann wird unser Denkorgan wach, gesund und gut imstande sein, uns in Zeiten der Schwierigkeiten vor Schaden zu bewahren.
17. Weshalb ist es heute so lebenswichtig, daß jemand sein Denkvermögen behütet, und welcher letzte Faktor wird erwähnt?
17 Heute, in diesen letzten Tagen, wird das Denkvermögen aller Menschen auf die größte Probe aller Zeiten gestellt, weil Satan, der Teufel, trügerischer vorgeht denn je zuvor. Daher sollten sich alle fleißig bemühen, genaue Erkenntnis in sich aufzunehmen, wach zu bleiben, um genau beobachten zu können, alte und neue Gedanken miteinander zu vergleichen und sie im Gedächtnis festzunageln, ihr eigenes Denkvermögen zu betätigen und sich allezeit dem Willen Gottes zu unterordnen. (Gal. 6:5) „Das vollständige Ende aller Dinge hat sich genaht. Seid daher gesunden Sinnes und wachsam im Hinblick auf Gebete.“ (1. Pet. 4:7, NW) Behüte dein Denkvermögen durch Studium und Gebet, und „der Friede Gottes, der alles Denken übertrifft, wird eure Herzen und eure Geisteskräfte durch Christus Jesus behüten“. — Phil. 4:6-9, NW.
[Fußnote]
a Die Tatsache, daß ältere Personen, obwohl sie an Jahren vorgerückt sind, ihr Denkvermögen tätig erhalten können, wurde gut in einem Artikel beleuchtet, der unter dem Titel „Geisteskräfte nehmen mit dem Alter zu“, zusammengefaßt aus The American Weekly, in The Reader’s Digest vom Januar 1959 [Das Beste, März 1959] abgedruckt wurde. Eine Gruppe von 127 Personen, die sich als Studenten des ersten Semesters in einem Staatscollege im Jahre 1919 einem Intelligenztest unterzogen hatten, machten denselben Test dreißig Jahre später von neuem. Nicht nur lagen die erreichten Punktzahlen bei den Fragen aus dem Gebiet der Allgemeinbildung — und was das praktische Urteilsvermögen betraf — in diesem Test höher, sondern auch bei Aufgaben, bei denen es auf klares, logisches Denken ankam. Eine andere Gruppe hat seit ihrer Kindheit regelmäßig „Begriffsbeherrschungstests“ mitgemacht. Ihre geistigen Fähigkeiten haben sich vom Alter von zwanzig bis zu über fünfzig Jahren ständig vermehrt, ohne daß wahrgenommen werden konnte, daß mit vorrückendem Alter dieses Wachstum aufhörte. Personen von Durchschnittsintelligenz haben immer höhere Punktzahlen erreicht, selbst während ihrer siebziger und achtziger Jahre. Ein Studium in einer Universität in Michigan zeigte, daß das Gedächtnis und die Fähigkeit, etwas zu lernen, mit vorrückendem Alter ebensowenig abnehmen wie die Intelligenz im allgemeinen. Es herrschte kein Unterschied zwischen der Fähigkeit junger Personen und solcher mittleren Alters oder älterer Leute, sich an besondere Einzelvorgänge zu erinnern. Und als man in einem Abschnitt ein Experiment mit sinnlosen Wörtern machte, erinnerten sich die Älteren genauer an die Wörter, wenn sie auch mehr Zeit dazu brauchten. Bei einem anderen Text im Lehrerseminar der Columbia-Universität könnten selbst Siebzigjährige Russisch und Stenographie ebenso leicht erlernen wie ihre jüngeren Klassenkameraden. Der wichtige Faktor ist, daß jemand sein Denkvermögen, wenn er jung ist, schult und es durch die Jahre hindurch ständig betätigt. Dies ist auch von dem jungen dänischen Arzt Niels A. Lassen strikt physisch getestet worden. Er zeigte, daß sich nicht — wie bei anderen Funktionen des Körpers, die mit dem Alter abnehmen — die Aufnahmefähigkeit des Gehirns und der Verbrauch des Sauerstoffs verringern würden, daß also die Möglichkeit geistiger Tätigkeit bei vorrückendem Alter bestehenbleibt.