Das „gedungene Schermesser“ — die eigentliche Gefahr
IM Laufe der Menschheitsgeschichte ist oft das Unerwartete eingetreten. Innerhalb weniger Jahre wurden Nationen, die einst andere in Schrecken versetzt hatten, selbst ihrer Macht beraubt. Es wäre schwierig gewesen, solche Ereignisse vorherzusagen. Doch Jehova Gott hat durch seine Propheten manchmal im voraus enthüllt, was geschehen sollte. Heute sind viele Ereignisse, durch die sich viele dieser Prophezeiungen erfüllt haben, bereits Geschichte und dienen dazu, unseren Glauben daran zu stärken, daß sich auch noch andere Prophezeiungen mit Gewißheit erfüllen werden.
Das Erstaunliche an biblischen Prophezeiungen ist, daß sie auf Geschehnisse hinweisen mögen, die den bestehenden Tendenzen völlig zu widersprechen scheinen. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist das Wort Jehovas, das durch den Propheten Jesaja an Ahas, den König von Juda, erging. Damals, im 8. Jahrhundert v. u. Z., hatte das Zehnstämmereich Israel mit Syrien ein Bündnis geschlossen. Durch diese syro-israelitische Verbindung sollte der König von Juda abgesetzt und durch einen Mann ersetzt werden, der nicht aus der königlichen Linie Davids stammte (Jes. 7:1, 2, 6). Aber Gott offenbarte durch den Propheten Jesaja, daß dieser Versuch fehlschlagen und die eigentliche Gefahr aus einer anderen Richtung drohen werde (Jes. 7:7-9, 17).
Im Buch Jesaja lesen wir: „Jehova [wird] durch ein gedungenes Schermesser in der Gegend des ,Stromes‘ [Euphrat], ja durch den König von Assyrien, das Haupt und das Haar der Füße scheren, und es wird sogar den Bart selbst wegraffen“ (Jes. 7:20). Weil Ahas nicht an das durch Jesaja ergangene Wort Jehovas glaubte, bat er Assyrien, ihm gegen die syro-israelitische Allianz zu Hilfe zu kommen. Er glaubte nicht daran, daß der König von Assyrien gleichsam wie ein Schermesser handeln und Vernichtung über das Königreich Juda bringen würde, indem er ihm sozusagen wie einem nackt ausgezogenen Mann sein ganzes Haar scheren würde.
Die Verwüstung, die die Assyrer im Land Juda anrichten würden, sollte sich sogar auf die Ernährung des Volkes auswirken. Jesaja prophezeite weiter: „Es soll an jenem Tage geschehen, daß jemand eine junge Kuh vom Großvieh und zwei Schafe am Leben erhalten wird. Und es soll geschehen, daß er wegen der Fülle der Milcherzeugung Butter essen wird; denn Butter und Honig wird jeder essen, der inmitten des Landes übrigbleibt. ... Und alle Berge, die man mit einer Hacke von lästigen Pflanzen zu säubern pflegte — dahin wirst du nicht kommen aus Furcht vor Dorngestrüpp und Unkraut; und es wird bestimmt ein Ort werden, wo man Stiere laufen läßt, und ein von Schafen zertretener Boden“ (Jes. 7:21, 22, 25).
Zufolge der assyrischen Invasion würde früheres Ackerland von Dornen und Unkraut überwuchert werden. Die überlebende Bevölkerung würde daher hauptsächlich auf Milchprodukte und wilden Honig angewiesen sein. Da es auf Grund der Verwüstung genügend Weideland geben würde, würden die Tiere, die am Leben geblieben wären, für die stark dezimierte Bevölkerung genügend Nahrung liefern.
Außerdem sollten in früheren Weingärten wildlebende Tiere hausen. Weil es notwendig sein würde, sich vor ihnen zu schützen, heißt es offensichtlich in Jesajas Prophezeiung: „Es soll an jenem Tage geschehen, daß jeder Ort, wo gewöhnlich tausend Weinstöcke im Werte von tausend Silberstücken standen, schließlich sein wird — für das Dorngestrüpp und für das Unkraut wird er schließlich sein. Mit Pfeilen und mit dem Bogen wird man dorthin kommen, weil das ganze Land nichts als Dorngestrüpp und Unkraut werden wird“ (Jes. 7:23, 24). Ja, man würde darauf vorbereitet sein müssen, sich mit Pfeil und Bogen gegen wilde Tiere zu verteidigen, die in diesen verlassenen Weingärten lauerten.
Trugen die Assyrer dazu bei, daß das Land Juda verwüstet wurde? Ja, während der Herrschaft Hiskias, des Sohnes des Ahas, fiel Sanherib, der Herrscher Assyriens, in Juda ein und nahm eine befestigte Stadt nach der anderen ein (Jes. 36:1). In seinen ausführlichen Annalen berichtet er: „Was Hiskia, den Juden, betrifft, er unterwarf sich nicht meinem Joch. Ich belagerte 46 seiner starken Städte, Festungen und zahllose kleinere Dörfer in ihrer Umgebung und eroberte (sie) ... Ich vertrieb aus (ihnen) 200 150 Leute, jung und alt, Männer und Frauen, Pferde, Maultiere, Esel, Kamele, Groß- und Kleinvieh in zahlloser Menge“ (Ancient Near Eastern Texts, herausgegeben von J. B. Pritchard S. 288). Sanheribs Beschreibung mag übertrieben sein, doch erhalten wir eine Vorstellung von der Verheerung, die mit den prophetischen Worten übereinstimmt.
Die Prophezeiung über das „gedungene Schermesser“ ist nur eine von vielen Prophezeiungen der Heiligen Schrift. Sie liefert zusammen mit den anderen einen überzeugenden Beweis dafür, daß die Botschaft der Bibel nicht menschlichen Ursprungs ist, sondern von Gott inspiriert worden ist. Wir sollten sie deshalb beachten. Wir können dann schon heute ein lohnendes Leben führen und auf ewiges Leben in einer gerechten neuen Ordnung hoffen, die Gott schaffen wird (2. Petr. 3:13; Offb. 21:3-5).