Warum die vielen Regierungswechsel seit 1914?
WIR leben heute in einer Zeit, in der festgegründete gesellschaftliche Einrichtungen zerfallen oder ihre Grundsätze und ihren Aufbau radikal ändern, um diesem vollständigen Zerfall zu entgehen. Wir sind Zeugen davon, wie Kolonialsysteme zusammenbrechen und wie durch die steigenden Wogen des Sozialismus und des Kommunismus Unruhe und Unsicherheit aufkommen. Wer den Lauf der Weltgeschichte und das Weltgeschehen aufmerksam verfolgt, erkennt, daß das Jahr 1914 einen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte darstellt, und das besonders in bezug auf Herrschaft. Solche Beobachter äußern sich über das Jahr 1914 wie folgta: „Wendepunkt in unserer Zeit“; „eine Scheidelinie in der Geschichte“; „aus dem ‚goldenen Zeitalter‘ in eine vulkanische Epoche“; „das letzte vollständig ‚normale‘ Jahr in der Geschichte war 1913“; „seit dem Jahre 1914 ist die Welt wie ein Betrunkener unaufhaltsam der Katastrophe entgegengetaumelt“.
Wenig Trost würden wir aus diesen Worten schöpfen können, bestünde nicht die Tatsache, daß Jehova, der Gott allen Trostes, die in Verbindung damit auftauchenden Fragen beantwortet: Was ist die Ursache dieser Wechsel? Steuern sie einem bestimmten Ziel entgegen oder nicht? Wie ist der Ausgang? Gott bewahrte den Bericht über das traurige Ende des Königreiches Juda nicht nur um der Geschichte willen. Er tat es, um uns eine genaue Antwort auf gerade diese Fragen zu geben und uns eine sichere und zuverlässige Richtschnur in einer Zeit zu geben, in der nichts als Unsicherheit zu finden ist.
Gott offenbarte durch sein Vorgehen mit Juda, wie er in einem weit größeren Rahmen vorgehen würde. Er war es, der den Thron Davids in Jerusalem befestigte, und diesen Thron nannte man den „Thron Jehovas“. Das war aber lediglich ein Vorbild, denn kein irdischer Thron könnte je der Thron des souveränen Herrschers des Universums, der Thron Gottes, sein. Dadurch wurde veranschaulicht, daß jemand kommen würde, der weit größer wäre als David und der den Thron der Weltherrschaft für immer einnehmen würde. David bestätigt das in seinen prophetischen Worten über das kommende Königreich. — Ps. 110:1, 2; Luk. 20:41-44; Apg. 2:32-36.
Jehova war im Besitz der Herrschaft oder Souveränität über diese Erde. Solange die Könige von Juda an ihrer Treue festhielten, konnten sie von keiner Regierung der Welt gestürzt werden. Nun aber kam die Zeit, in der Jehova den Sturz Judas beschloß, weil es gleich den Heidennationen verderbt geworden war und nicht mehr die gerechten Merkmale seiner Souveränität widerspiegelte. Das brachte natürlich Schmach auf den Namen Gottes und gab den Nationen anscheinend guten Grund, Jehova zu schmähen. (Hes. 36:20) Jene, die wirklich danach verlangten, unter Gottes gerechter souveräner Herrschaft zu leben, waren tief bekümmert darüber, daß unter Gottes Zulassung Babylon Juda gefangen wegführen und schmähen konnte. Dieser traurige Zustand wurde in gefühlvollen Worten von ihrem Psalmisten beschrieben:
„An den Flüssen Babels, da saßen wir und weinten, indem wir Zions gedachten. An die Weiden in ihr hängten wir unsere Lauten. Denn die uns gefangen weggeführt hatten, forderten daselbst von uns die Worte eines Liedes, und die uns wehklagen machten, Freude: ‚Singet uns eines von Zions Liedern!‘ Wie sollten wir ein Lied Jehovas singen auf fremder Erde? Wenn ich dein vergesse, Jerusalem, so vergesse meine Rechte! Es klebe meine Zunge an meinem Gaumen, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich Jerusalem nicht erhebe über die höchste meiner Freuden! ... Tochter Babel, du Verwüstete! Glückselig, der dir dasselbe vergilt, was du uns getan hast! Glückselig, der deine Kindlein ergreift und sie hinschmettert an den Felsen!“ — Ps. 137:1-9.
DER AUFMARSCH DER WELTMÄCHTE
Diese Juden wußten aus den Prophezeiungen Jesajas und Jeremias, daß Babylon gestürzt werden würde. (Jes. 47:1-3; Jer. 51:1-4) Aus den Prophezeiungen Daniels erfuhren sie weitere Einzelheiten. Daniel gehörte zu den jungen jüdischen Gefangenen, die mit König Jojakin im Jahre 617 v. Chr. in das Exil geführt worden waren. Als Daniel und drei seiner Gefährten nach einer dreijährigen Sonderschulung vor Nebukadnezar gebracht wurden, um ihm als Ratgeber zu dienen, wurden sie als äußerst befähigt befunden. (Dan. 1:1-21) Das war im zwölften Jahr der Herrschaft Nebukadnezars oder im Jahre 614 v. Chr. Im zweiten Jahr nach der Zerstörung Jerusalems im Jahre 607 v. Chr., dem zwanzigsten Jahr der Herrschaft Nebukadnezars über Babylon, im zweiten Jahr seiner Weltherrschaft, hatte Nebukadnezar einen Traum, der eine von Gott kommende Prophezeiung darstellte. (Dan. 2:1) In diesem Traum sah er ein mächtiges Standbild. Das Haupt dieses Standbildes war aus Gold, Brust und Arme bestanden aus Silber, Leib und Hüften aus Kupfer, die Beine aus Eisen und die Füße aus Eisen und Ton. Daniel, der den Traum deutete, erklärte, das goldene Haupt stelle Nebukadnezar (einschließlich seiner Dynastie) in der Stellung als Weltherrscher dar. Er sagte aber auch: „Und nach dir wird ein anderes Königreich aufstehen, niedriger als du.“ (Dan. 2:37-39) Offensichtlich sollte demnach Babylon fallen, jedoch nicht durch das Kommen des Königreiches Gottes, das gemäß der Voraussage gegen die Füße des Standbildes schlagen und es zermalmen würde. Der Fall Babylons sollte von einer Weltmacht herbeigeführt werden, die durch die Brust und Arme des Standbildes dargestellt wurde und die Babylon als Weltmacht ablösen sollte. Diese vier Weltmächte, die auf Babylon folgen sollten, würden nicht von Dauer sein, sondern von dem ewigdauernden Königreich, das Gott aufrichten würde, abgelöst werden.b Daniel sagte:
„Und in den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, welches ewiglich nicht zerstört, und dessen Herrschaft keinem anderen Volke überlassen werden wird, es wird alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber ewiglich bestehen: weil du gesehen hast, daß von dem Berge ein Stein sich losriß ohne Hände und das Eisen und das Erz [Kupfer, NW], den Ton, das Silber und das Gold zermalmte. Der große Gott hat dem Könige kundgetan, was nach diesem geschehen wird; und der Traum ist gewiß und seine Deutung zuverlässig.“ — Dan. 2:44, 45.
Gibt es irgendwelche Aufzeichnungen, die uns der allmächtige Gott, der diese Zeiten und Zeitereignisse beherrscht, überlassen hätte, so daß wir die für diesen welterschütternden Wechsel festgesetzte Zeit ermitteln könnten? Jawohl, und das dank des Gottes des Trostes. Wir haben eine klare und unumstößliche Offenbarung, die für Erforscher der Bibel äußerst tröstlich ist. Derselbe Prophet Daniel berichtet nämlich von einem weiteren Traum Nebukadnezars. Darin sah Nebukadnezar einen mächtigen Baum, der auf den Befehl eines Engels, der vom Himmel herkam, umgehauen wurde. Der Wurzelstock des Baumes wurde daraufhin mit Fesseln aus Eisen und Kupfer eingefaßt und mußte in diesem Zustand „sieben Zeiten“ „im Grase des Feldes“ bleiben. „Sein menschliches Herz werde verwandelt und das Herz eines Tieres ihm gegeben; und sieben Zeiten sollen über ihm vergehen.“ Was sollte damit erreicht werden? „Auf daß die Lebenden erkennen, daß der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er will.“ — Dan. 4:1-18.
JEHOVA HAT DIE WELTHERRSCHAFT IN SEINER HAND
Wen stellte der Baum dar? Nebukadnezar! So sagte es Daniel: „Das bist du, o König, der du groß und stark geworden bist; und deine Größe wuchs und reichte bis an den Himmel, und deine Herrschaft bis an das Ende der Erde.“ Zu der Zeit, da Nebukadnezar diesen Traum hatte, war er im Besitz der Weltherrschaft und diente als Werkzeug Jehovas oder als „Becher“ des Gerichts. Somit war der Baum, der diesen König der dritten Weltmacht darstellte, ein Bild für Souveränität oder Herrschaft über die Erde. Daniel 4:23 (SB) stützt diese Erklärung: „Weil aber vom Verbleiben des Wurzelstockes des Baumes die Rede war, so wird auch dir dein Königtum bleiben.“ Er sollte von seinem Thron verjagt und auf das Feld hinausgeschickt werden, um dort gleich dem Vieh von Gras zu leben. Gleich jenem Wurzelstock aber, der übrigblieb, sollte das Königtum für ihn bewahrt bleiben, bis er „sieben Zeiten“ draußen auf dem Feld gleich dem Vieh verbracht hätte. Dann würde er wieder zu Sinnen kommen und bekennen müssen, daß Gott, der Höchste, der oberste Herrscher sei und das Königtum der Menschen gebe, wem er möchte.
Ein Jahr später erfüllte sich diese Voraussage tatsächlich an König Nebukadnezar. Als er sich gerade seiner in Babylon vollbrachten Werke rühmte, kündigte ihm eine Stimme aus dem Himmel an, daß sich nun an ihm das, was er von dem Baum geträumt hatte, erfüllen werde. Er wurde von einer Geistesgestörtheit befallen, die das Kennzeichen von Lykanthropie trägt. Er verlangte nicht danach, auf seinem Thron zu sitzen, sondern wollte hinaus auf das Feld, um dort von Gras zu leben. Sein Thron wurde nicht von einem Thronräuber eingenommen, sondern durch die Macht Gottes für ihn aufbehalten, bis er nach Ablauf von „sieben Zeiten“ oder sieben buchstäblichen Jahren zurückkehrte. Als er auf seinen Thron zurückkehrte, anerkannte er Gott als universellen Souverän, „dessen Herrschaft eine ewige Herrschaft ist, und dessen Reich von Geschlecht zu Geschlecht währt“. „Und alle Bewohner der Erde werden wie nichts geachtet, und nach seinem Willen tut er mit dem Heere des Himmels und mit den Bewohnern der Erde; und da ist niemand, der seiner Hand wehren und zu ihm sagen könnte: Was tust du?“ Er sagte ferner, daß Gott die „zu erniedrigen vermag, die in Hoffart wandeln“. — Dan. 4:19-37.
Nebukadnezars Rückkehr zu seinem Königtum bedeutete nicht die Aufrichtung des Königreiches Gottes, denn Nebukadnezar war nie ein Anbeter des wahren Gottes gewesen. Er verehrte vielmehr babylonische Götzen, was daraus hervorgeht, daß er versuchte, die drei treuen Gefährten Daniels, Sadrach, Mesach und Abednego, zu zwingen, ein mächtiges goldenes Standbild, das er in der Ebene Dura hatte aufstellen lassen, anzubeten. Dafür, daß sie die Souveränität Jehovas hochhielten und sich weigerten, vor dem Götzenbild niederzufallen, warf er sie in einen überheizten Feuerofen. Dabei mußte er jedoch erkennen, daß Jehova mächtiger war, denn er beschützte die drei Anbeter, die sich weigerten, Kompromisse einzugehen. (Daniel, Kapitel 3) Nebukadnezar baute nie einen Tempel für Jehova Gott, auch nicht als er von seiner sieben Jahre lang dauernden Geisteskrankheit wiederhergestellt war. In Babylon jedoch baute er 54 Tempel für all die falschen Götter, die nichts anderes als die Eigenschaften Bels und seines Sohnes Marduk oder Merodach symbolisierten. Er leistete Großes auf dem Gebiet öffentlicher Einrichtungen. Er machte Babylon zu einer Wunderstadt der damaligen Welt, und um das Heimweh seiner aus Medien stammenden Königin zu stillen, baute er die berühmten hängenden Gärten von Babylon, die als eines der sieben Weltwunder der alten Zeit galten.
DAS KÖNIGREICH JUDA NIE MEHR WIEDERHERGESTELLT
Seitdem mit David und seiner Geschlechtslinie der Königreichsbund geschlossen worden war, saß immer jemand, der von Jehova das Recht auf Herrschaft hatte, auf dem Thron in Jerusalem. Das Königreich Juda war daher für die Heidennationen ein Hindernis, das sie auf ihrem Weg zu der vollständigen Beherrschung der Welt aufhielt. Als aber Juda fiel und im Jahre 607 v. Chr. in die Gefangenschaft geführt wurde, ging die durch das Königreich Juda symbolisch dargestellte Weltherrschaft in die Hände heidnischer Herrscher über, von denen Nebukadnezar der erste war. Das Königreich Juda wurde jedoch nicht nach Ablauf von sieben Jahren wiederhergestellt, auch nicht, als die Juden Jahre später wieder frei wurden und im Jahre 537 v. Chr. aus Babylon zurückkehrten, weil das alles unter der Autorität einer anderen heidnischen Macht, nämlich Persiens, geschah. Persien folgte Babylon als Weltmacht und wurde in dem Traum Nebukadnezars (Daniel, Kapitel 2) durch die Brust und die Arme des Standbildes — der Kopf aus Gold sollte ihm vorausgehen — dargestellt. Die Juden selbst gaben das später zu, und zwar 152 Jahre nachdem die Babylonier Jerusalem zerstört hatten, im Jahre 455 v. Chr. Vor den Menschen, die bei dem wieder aufgebauten Tempel versammelt waren, sprachen die Leviten öffentlich folgendes Gebet:
„Da gabst du sie in die Hand der Völker der Länder. Aber in deinen großen Erbarmungen hast du ihnen nicht den Garaus gemacht [sie ... nicht völlig vernichtet, Me] und sie nicht verlassen: denn du bist ein gnädiger und barmherziger Gott ... Siehe, wir sind heute Knechte: und das Land, welches du unseren Vätern gegeben hast, um seine Früchte und seine Güter zu genießen, — siehe, wir sind Knechte in demselben! Und seinen Ertrag mehrt es für die Könige, die du um unserer Sünden willen über uns gesetzt hast; und sie schalten [herrschen, Me] über unsere Leiber und über unser Vieh nach ihrem Wohlgefallen und wir sind in großer Bedrängnis.“ — Neh. 9:4, 5, 30-37.
Die langen Jahre der Heidenherrschaft über die Erde werden in der Bibel als die „bestimmten Zeiten der Nationen“ bezeichnet. Jesus sagte mehr als fünfhundert Jahre nach der Freilassung der Juden aus Babylon und nach der Wiederherstellung Jerusalems: „Jerusalem wird von den Nationen niedergetreten werden, bis die bestimmten Zeiten der Nationen erfüllt sind.“ (Luk. 21:24) Obwohl Jerusalem damals noch stand, war doch das Königtum nicht wieder in die Hand eines Königs aus der Linie Davids gekommen. Die Juden lebten unter der bedrückenden Hand der sechsten Weltmacht, dem Römischen Reich, und ihre Nation sollte einige Zeit später, im Jahre 70 n. Chr., von dieser Weltmacht vernichtet werden. So war mit Bestimmtheit das Recht auf das Königtum, das durch Jerusalem dargestellt wurde, niedergetreten, und das Volk war in den Händen heidnischer Herrscher.
Nebukadnezar war ein Heide und betete nie Jehova an und war somit als Person nicht von Bedeutung. Nach den sieben Jahren seiner Geistesgestörtheit erhielt er sein Königtum zurück. Dieses Drama spielte sich aber nicht um seinetwillen ab. Auch war Juda nur ein Vorbild-Königreich, und sein Königtum wurde nie wiederhergestellt. Demnach muß es eine größere Erfüllung geben. Das würde bedeuten, daß die „sieben Zeiten“ eine erweiterte Erfüllung hätten. Am Ende dieser „Zeiten“ würde das Königreich Gottes in die Hände Schilos gegeben werden. Wie lange dauerte eine solche symbolische „Zeit“, und wie lange dauerten die „sieben Zeiten“?
DIE LÄNGE DER BESTIMMTEN ZEITEN DER NATIONEN
Nach dem jüdischen und dem babylonischen Kalender ist das Jahr unterschiedlich lang. Es umfaßt mindestens 354 und höchstens 385 Tage. Eine symbolische oder prophetische „Zeit“ der Bibel umfaßt jedoch unabänderlich 360 Tage. Sieben solcher Jahre würden 2520 Tage (= 7 × 360) ausmachen. Das stimmt mit der in Offenbarung 12:6, 14 getroffenen Feststellung überein, wo „eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit“ oder dreieinhalb Zeiten 1260 Tagen gleichgesetzt werden. Wenn wir 1260 Tage durch 3,5 teilen, ergibt es 360 Tage für eine „Zeit“ oder ein Jahr.
Was nun die längere Zeit betrifft, die durch diese 2520 Tage veranschaulicht wird, so finden wir in einer Prophezeiung des Propheten Hesekiel die Regel: „einen Tag für ein Jahr“. Hesekiel prophezeite zur selben Zeit wie Daniel und verband mit seiner Prophezeiung gleichfalls den Gedanken an „Fesseln“ („Stricke“). Dieselbe Regel trifft nach Ansicht von Bibelgelehrten auch auf eine weitere Prophezeiung Daniels zu, die sich auf das erste Kommen des Messias — hier ist die Rede von 70 Wochen — bezieht. — Hes. 4:6; Dan. 9:24, 25. Siehe auch 4. Mose 14:34, wo von einer Zeit der Strafe oder Ungnade die Rede ist.
Demnach würden die 2520 Tage der „sieben Zeiten“ in der Erfüllung 2520 Jahre umfassen. In ihrer Erfüllung würde es sich dabei nicht um Jahre von 360 Tagen, sondern um volle Kalenderjahre handeln, so, wie wir sie heute zählen. Wir müssen dabei berücksichtigen, daß die Schwankungen im jüdischen Kalender den Zweck hatten, das Mondjahr dem Sonnenjahr anzugleichen. So entstand gewissermaßen das „Mond-Sonnen-Jahr“ oder das „gebundene Mondjahr“. Von Zeit zu Zeit wurden Tage oder gar Monate eingeschaltet, um die Differenz von nahezu elf Tagen, die zwischen dem Mond- und dem Sonnenjahr auftritt, auszugleichen. Durch dieses Vorgehen bleiben die Jahreszeiten nach dem Kalender an der richtigen Stelle.c Der jüdische und babylonische Kalender würde demnach fast genau mit dem Gregorianischen Kalender gleichlaufen. Somit müssen die 2520 Jahre als Sonnenjahre gerechnet werden.
Diese 2520 Jahre begannen im Jahre 607 v. Chr., als Gott die durch sein Vorbild-Königreich auf Erden dargestellte Weltherrschaft aufgab. Es geschah zu der Zeit, in der Jehova Nebukadnezar gebrauchte, um Jerusalem und seinen Tempel zu zerstören, König Zedekia vom „Thron Jehovas“ zu verjagen und ihn in die Gefangenschaft zu führen. Als danach das niedere Volk, das zurückgeblieben war, aus Furcht vor den Chaldäern nach Ägypten hinabfloh, lag das Land Juda verödet da. Kein Statthalter blieb dort, so daß für Juda jegliche Möglichkeit der Einmischung abgeschnitten war. Damit hieb Nebukadnezar den „Baum“ um, der die Weltherrschaft symbolisierte, die nun auf Babylon überging. Die Verödung erreichte im siebenten Mondmonat im Jahre 607 v. Chr. ihren vollen Umfang. Erst zu diesem Zeitpunkt fing Jerusalem, das als Bild für das Königreich Gottes stand, an, niedergetreten zu werden. Das war der Anfang der „Zeiten der Heiden“, der „bestimmten Zeiten der Nationen“. Das bedeutete nun die Heidenherrschaft über die Erde ohne die Einmischung von seiten des Königreiches Gottes. Noch mehr, die heidnischen Weltmächte handelten gleich Tieren wie Nebukadnezar während der „sieben Zeiten“, als er geistesgestört war.
Diese 2520 Jahre würden vom siebenten Mondmonat (Tischri) des Jahres 607 v. Chr. an gerechnet in der Mitte des Monats Tischri (um den 1. Oktober) des Jahres 1914 n. Chr. enden. Das Jahr 1914 wird unvergeßlich bleiben, denn in jenem Jahr brach der Erste Weltkrieg aus, und das heidnische System der Dinge ist seitdem ganz anders geworden.
Gemäß dem Traum Nebukadnezars wurde der Wurzelstock des Baumes in der Erde gelassen. Das veranschaulichte, daß Jehova seinen mit der Linie Davids geschlossenen Königreichsbund nicht aufgelöst und nicht für ewig von der Ausübung seiner universellen Herrschaft Abstand genommen hatte. Starke Fesseln aus Kupfer und Eisen wurden um den Wurzelstock gelegt. Damit wurde Jehovas hemmende Kraft symbolisiert, sein vorübergehender Verzicht auf universelle Herrschaft oder auf die Einsetzung seines Königs, und das während der sieben Zeiten, da er den Heidennationen freie Hand ließ. Im Jahre 1914 war die Zeit gekommen, da diese Fesseln beseitigt werden sollten und der symbolische Wurzelstock erneut sprossen sollte. Jehova sollte also von seiner Souveränität Gebrauch machen und durch das Einsetzen seines theokratischen Königreiches die universelle Herrschaft aufnehmen. — Offb. 11:15-18; Luk. 21:24.
DIE INTHRONISIERUNG SCHILOS ERSCHÜTTERT DIE NATIONEN
Als Nebukadnezar auf seinen Thron zurückkehrte, nahm Gott die Ausübung seiner universellen Herrschaft nicht wieder auf, sondern empfing von Nebukadnezar lediglich das Bekenntnis, daß Jehova der Höchste sei und Rechtsgewalt über das Königtum der Menschen ausübe. Die im Jahre 1914 eingesetzte Regierung sollte nicht von vorübergehender Dauer, auch nicht nur ein Bild oder Vorbild sein, sondern sie war vielmehr das echte Königtum in der Hand Schilos, in der Hand dessen, dem es gehört. Er ist der königliche Nachkomme Davids, der gemäß dem Bund, den Jehova mit David für ein ewiges Königtum geschlossen hatte, das Anrecht auf das Königtum hat. Seit 1914 hat Schilo gleich Nebukadnezar damals öffentlich zum Ausdruck bringen lassen, daß er Jehova als „König des Himmels“ anerkennt. Auf Erden jedoch setzten die heidnischen Mächte ihr tierisches Verhalten auf eine noch verderblichere Weise fort. — 1. Mose 49:10; Hes. 21:32.
Jehova hatte diesen Schilo, Jesus Christus, als er ihn vor 1900 Jahren auferweckte, eingeladen, im Himmel zu seiner Rechten zu sitzen, bis er alle seine Feinde zu seinem Fußschemel gemacht habe. Als der im Jahre 1914 Inthronisierte hat er die Weltherrschaft angetreten und herrscht jetzt inmitten seiner Feinde. (Ps. 110:1, 2) Die Feinde, die die Absicht haben, ihre politische Herrschaft aufrechtzuerhalten und versuchen, illegal an der Weltherrschaft festzuhalten, werden nicht kampflos aufgeben. Sie werden jedoch schrecklich erschüttert werden. Christus läßt heute weltweit die Botschaft verkündigen, daß Jehova Gott seine souveräne Herrschaft erneut ausübt und daß das Königreich aufgerichtet worden ist. Er fordert alle Menschen auf, das Königreich anzuerkennen, denn es ist bereits aus dem Berg — „nicht durch Hände“ — herausgelöst worden und bewegt sich auf das große Standbild der Regierungen dieser Welt zu, um es in Harmagedon zu zermalmen und zu verwüsten. Damit wird jede Einflußmöglichkeit heidnischer Herrschaft ausgeschaltet werden. Die Ausübung der Souveränität Gottes durch sein Königreich wird mit der Bestialität und der Bedrückung weltlicher Regierungen aufräumen und der Menschheit für immer eine gesunde Regierung verleihen, zusammen mit den Segnungen ewigen Lebens und Friedens. In den nächsten Ausgaben dieser Zeitschrift werden wir Prophezeiungen kennenlernen, die uns weiter davon überzeugen, daß Gott zu seiner Zeit in vollem Umfang über diese Erde herrschen wird.
[Fußnoten]
a Als Quelle siehe Wachtturm vom 1. März 1955, Seite 135.
b Siehe „Dein Wille geschehe auf Erden“ veröffentlicht von der Watch Tower Bible & Tract Society, 1960. Dieses Buch behandelt ausführlich die Kapitel 2 und 4 des Propheten Daniel.
c Siehe The Jewish Encyclopedia unter „Kalender“.