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Welche Rolle spielt Barmherzigkeit in deinem Leben?Der Wachtturm 1971 | 1. Oktober
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barmherzig zu sein, völlig nachkommen? Jesus sagte: „Gebt ... als Gaben der Barmherzigkeit die Dinge, die darin sind.“ (Luk. 11:41) Du magst daran teilnehmen, anderen das Wort des Lebens zu überbringen; vielleicht gehst du direkt zu ihnen in ihre Wohnung. Doch warum tust du das, wenn du es tust? Hast du das Gefühl, daß du dich dadurch, daß du jeden Monat eine bestimmte Zahl Stunden damit verbringst, vor Gott als gerecht erweist? Oder sind deine Bemühungen vielmehr ‘eine Gabe der Barmherzigkeit, die von innen her kommt’, eine Äußerung der Barmherzigkeit aus einem liebevollen Herzen? Und gehst du nicht nur hin, Leute zu besuchen, die dir vielleicht fremd sind, sondern bemühst dich auch, denen Barmherzigkeit zu erweisen, die du kennst, deinen eigenen Familiengliedern und denen, die deine Brüder im Glauben sind?
Wir mögen uns daran erinnern, daß die Pharisäer der Tage Jesu dachten, sie ständen in Gottes Gunst, weil sie gewissenhaft den Zehnten zahlten, die erforderlichen Opfer darbrachten und an Sabbattagen von weltlicher Arbeit Abstand nahmen. Sie kritisierten andere, die ihrer Vorstellung, was der Gehorsam gegenüber dem Gesetz bedeutet, nicht entsprachen. Aber Jesus sagte zu ihnen: „Wenn ihr ... verstanden hättet, was es bedeutet: ,Ich will Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer‘, so würdet ihr die Schuldlosen nicht verurteilt haben.“ Wohl mußten sie unter dem mosaischen Gesetz die erwähnten Dinge beobachten, doch nicht bis zu dem Punkt, „die gewichtigeren Dinge des Gesetzes“, Barmherzigkeit inbegriffen, außer acht zu lassen. — Matth. 9:1-13; 12:1-7; 23:23.
Wie ist es mit uns? Wir mögen uns bemühen, Gott zu dienen, und zwar regelmäßig, ja in systematischer und routinemäßiger Weise; wir mögen eine bestimmte Zeit für den Dienst und für die Anbetung reservieren und mögen finanzielle Beiträge entrichten, um Gottes reine Anbetung zu fördern. Das ist vortrefflich; doch was ist dabei unser Beweggrund? Könnte uns so daran gelegen sein, Gottes Wohlgefallen für uns selbst zu erlangen, daß wir verfehlen würden, die Bedürfnisse anderer um uns her zu beachten?
Denken wir zum Beispiel an die, mit denen wir zusammenkommen, um Gottes Wort zu studieren? Spielt unsere Barmherzigkeit hier eine Rolle? Wie wir wissen, sind viele Menschen in der Christenheit wohl „Kirchgänger“, doch verraten sie keinen tiefen Beweggrund. Sie gehen hin, eine „religiöse Pflicht“ zu erfüllen, um des sozialen Nutzens willen und zur Unterhaltung oder um sich einer „ruhigen Atmosphäre, die der inneren Ruhe förderlich ist“, zu erfreuen. Ihr Interesse gilt ihnen selbst, nicht anderen. Wenn wir aber barmherzig sind, gilt unser Interesse anderen, nicht so sehr in bezug auf das, was sie für uns tun können, sondern in bezug auf das, was wir für sie tun können.
Geben wir acht, ob andere nicht so gesund sind, und bekunden wir Anteilnahme? Auferbauen wir sie, indem wir Wertschätzung bekunden für ihren Glauben, der sie veranlaßt hat, zur Zusammenkunft zu kommen? Und wie steht es mit denen, die scheu, einsam, bekümmert oder niedergeschlagen zu sein scheinen? Haben wir Mitgefühl mit ihnen, so daß es uns treibt, Interesse an ihnen zu bekunden und zu versuchen, sie glücklicher zu machen? Welch vortrefflichen Geist erweckt solche Barmherzigkeit in irgendeiner Gruppe von Dienern Gottes!
MATERIELLE „GABEN DER BARMHERZIGKEIT“
Wiewohl das Geben in geistiger Hinsicht das wichtigste ist, schließt dies keineswegs aus, daß wir Barmherzigkeit auf materielle Weise üben. Als Jesus in der Bergpredigt von „Gaben der Barmherzigkeit“ sprach, bezog er sich offenbar auf Gaben an Bedürftige, an solche, die arm sind, sich in widrigen Verhältnissen befinden oder an Krankheiten oder unter sonstigen Dingen, die Schwierigkeiten verursachen, leiden. Allerdings verurteilte Jesus die Heuchler, die solche Gaben dazu benutzten, sich selbst Lob zu bereiten. Doch sprach er nicht verächtlich oder geringschätzig vom Geben selbst. Im Gegenteil, er sagte zu seinen Jüngern: „Du aber, wenn du Gaben der Barmherzigkeit spendest, so laß deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut, damit du deine Gaben der Barmherzigkeit im Verborgenen spendest; dann wird dein Vater, der im Verborgenen zusieht, es dir vergelten.“ — Matth. 6:1-4.
Dorkas war eine Christin, und sie war „überströmend an guten Taten und Gaben der Barmherzigkeit“. Worin bestanden diese? Als Petrus nach dem Tode der Dorkas eintraf, traten „alle Witwen ... weinend zu ihm und zeigten viele innere Kleider und äußere Kleider, die Dorkas gemacht hatte, während sie bei ihnen war“ (Apg. 9:36-41) Ja, sie war eine barmherzige Frau. Ob sie persönlich alle Auslagen zur Herstellung solcher Kleider für diese Witwen trug oder ob sie darauf nur Zeit, Kraft und ihr Talent verwendete, sagt der Bericht nicht. Heute besitzen einige von uns wenig, was materielle Mittel betrifft, doch wir können Zeit, Kraft und Talente dazu benutzen, Taten der Barmherzigkeit für andere zu tun.
Und da, wo unsere Mittel es erlauben, können wir in barmherziger Weise den Personen, die es würdig sind, in finanzieller Weise beistehen. Der Gesetzesbund legte besonders Nachdruck auf solche Barmherzigkeit und warnte davor, sein ‘Herz zu verhärten und seine Hand vor seinem Bruder, dem Armen, zu verschließen’. (5. Mose 15:7-10; vergleiche Sprüche 19:17.) Christliche Versammlungen des ersten Jahrhunderts hatten Listen von Witwen, denen materielle Hilfe geleistet wurde. Um würdig zu sein, auf dieser Liste eingetragen zu werden, mußten diese Frauen auch Taten der Barmherzigkeit aufweisen, indem sie Fremde beherbergten, denen halfen, die in Trübsal waren, und ähnliche gute Werke taten. (1. Tim. 5:9, 10) Sollten wir uns vor der Zukunft fürchten und zögern, unsere Mittel dazu zu gebrauchen, Bedürftigen zu helfen, in dem Gedanken, wir könnten selbst bedürftig werden? Der Apostel Paulus versicherte seinen Brüdern in Korinth, daß Gott ihr ‘fröhliches Geben’ segnen würde, indem er ihnen geben werde, was sie benötigten. — 2. Kor. 9:6-14.
Was für ein sinnvolles, befriedigendes und reiches Leben führen doch die Barmherzigen! Glücklich bist du, wenn du zu ihnen gehörst, denn Gott wird dich jetzt und in künftigen Tagen zum Gegenstand seiner Barmherzigkeit machen.
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Fragen von LesernDer Wachtturm 1971 | 1. Oktober
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Fragen von Lesern
● Welches sind die ‘elementaren Dinge der Welt’, die in Galater 4:3 und Kolosser 2:8, 20 erwähnt werden? — USA.
Nachdem der Apostel Paulus gezeigt hat, daß ein Kind wie ein Sklave ist, weil es bis zum Alter der Volljährigkeit unter der Aufsicht anderer steht, schreibt er in seinem Brief an die Galater: „Ebenso auch wir, als wir unmündig waren, waren wir den elementaren Dingen, die zur Welt gehören, beständig versklavt.“ (Gal. 4:1-3) Dann fährt er fort und zeigt, daß Gottes Sohn an der „Grenze der Fülle der Zeit“ kam und die Juden, die seine Jünger wurden, von dem Gesetz frei machte, damit sie „die Annahme an Sohnes Statt“ empfangen könnten. (Gal. 4:3-7) Ähnlicherweise warnte Paulus in seinem Brief an die Kolosser die Christen in Kolossä davor, sich „durch die Philosophie und leeren Trug“ wegführen zu lassen, „gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den elementaren Dingen der Welt und nicht gemäß Christus; denn in ihm wohnt die ganze Fülle der göttlichen Wesensart körperlich“. Sie hätten „mit Christus zusammen den elementaren Dingen der Welt“ sterben sollen. — Kol. 2:8, 9, 20.
Da die ‘elementaren Dinge der Welt’ in Gegensatz gestellt werden zu den Dingen, deren sich jene Christen nun erfreuten, sind es offenbar die fundamentalen oder Anfangs-Grundsätze, die diejenigen befolgen, die keine wahren Christen sind, also Personen, die zu der von Gott entfremdeten Welt gehören. An American Translation (Eine amerikanische Übersetzung) gibt den griechischen Ausdruck für die ‘elementaren Dinge der Welt’ mit den Worten „materielle Art und Weise der Betrachtung der Dinge“ wieder. Natürlich wird die Art, wie jemand die Dinge betrachtet, durch die Grundsätze bestimmt, die er befolgt.
Der Text, den wir betrachten, Kolosser 2:8, zeigt an, daß diese Anfangs-Grundsätze oder ‘elementaren Dinge’ die Philosophien und trügerischen Lehren einschließen, die sich auf menschliche Maßstäbe, Begriffe, Überlegungen und Mythen stützen, auf Dinge, an denen
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