Die Jungfrauengeburt — Kann man daran glauben?
WURDE Jesus, der Sohn Gottes, tatsächlich von einer Jungfrau geboren, dann mußt du zugeben, daß es zweifellos das Wunder der Geschichte war. Ist der Bericht darüber aber glaubwürdig? Ist die Jungfrauengeburt für dein Leben in irgendeiner Hinsicht von Bedeutung?
Einige, die nicht an die Jungfrauengeburt glauben, sagen, sie sei unwissenschaftlich und stimme nicht mit den Naturgesetzen überein. Ist das der Standpunkt der Wissenschaftler? Haben kürzlich gemachte Entdeckungen in der Genetik die Sache etwas beleuchtet?
Wissenschaftlich möglich?
Die Fortpflanzung ohne ein männliches Wesen ist als Parthenogenese [griechisch: parthénos, was „Mädchen“ bedeutet, und genesis] bekannt. Wissenschaftler haben kürzlich bei Säugetieren erfolgreich Versuche mit der Parthenogenese durchgeführt. In The Economist vom 1. August 1981 hieß es: „Die Entwicklung des Embryos ohne Sperma ist bei vielen niederen Tierarten die natürliche Art und Weise der Fortpflanzung. ... Die Parthenogenese wurde im Labor an Mäusen genauer untersucht. Man kann die unbefruchtete Eizelle einer Maus auf verschiedene Weise künstlich aktivieren.“
Dr. M. B. V. Roberts vom Marlborough College (England) schrieb etwas Ähnliches: „Man entnahm einem Kaninchenweibchen ein unbefruchtetes Ei, aktivierte es und setzte es dann in die Gebärmutter ein. Das Kaninchen war vorher mit Hormonen behandelt worden, so daß die Gebärmutterschleimhaut auf das Einsetzen vorbereitet war. Danach erfolgte eine normale Entwicklung, und es wurde ein normales Junges zur Welt gebracht.“
Ist daraus zu schließen, daß Gott bewirkte, daß Marias Kind aus einer unbefruchteten Eizelle hervorging? Nein. Aus der Skizze ist zu erkennen, warum. Hätte Marias erstgeborenes Kind beide Chromosomen (X) von ihr erhalten, wäre es mit Sicherheit ein Mädchen geworden.
Folglich muß bei der Empfängnis Jesu mehr geschehen sein. Der Engel erklärte Joseph, was es war: „Was in ihr gezeugt worden ist, ist durch heiligen Geist“ (Mat. 1:20). Wir wissen nicht genau, wie das geschah. Wir müssen aber zugeben, daß es für den Schöpfer des Universums und Lebengeber bestimmt nicht zu schwer war, die Lebenskraft seines Sohnes vom Himmel in die Eizelle einer Jungfrau zu übertragen, wenn schon der Mensch in der Lage ist, den Befruchtungsprozeß im Labor begrenzt zu manipulieren.
Religiöse Ausschmückungen
Wie bereits erwähnt, bringen einige aber hinsichtlich der Jungfrauengeburt eine ganz andere Art Einwand vor. Bei diesem Einwand geht es darum, daß der Bibelbericht während der vergangenen Jahrhunderte ausgeschmückt wurde. Es scheint, daß die katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen nicht bereit gewesen sind, anzuerkennen, daß Maria, nachdem sie ihre Rolle, den Sohn Gottes zu gebären, erfüllt hatte, in der Christenversammlung keine besondere Stellung bekleidete. Während der vergangenen Jahrhunderte wurde sie immer mehr erhöht und dem dreieinigen Gott der Christenheit fast gleichgestellt.
Im Jahre 553 u. Z. wurde Marias „immerwährende Jungfrauschaft“ verkündet, was bedeuten würde, daß sie, obwohl mit Joseph verheiratet, mit ihm niemals Geschlechtsverkehr gehabt hätte und daß sie keine Kinder zusammen gehabt hätten. Im Jahre 1854 verkündete Papst Pius IX. die „Unbefleckte Empfängnis“ Marias. Diese Lehre besagt, daß sie vor der Erbsünde bewahrt worden sei, was auch die Freiheit von der Sündenneigung einschließe. Papst Pius XII. stellte 1950 die Glaubenslehre vor, Maria sei „mit Leib und Seele in die Glorie aufgenommen“ worden. Und seit 1950 denkt der Vatikan darüber nach, ob die Jungfrau Maria überhaupt den Tod erlitten hat.
Obwohl die Kirche offiziell die „immerwährende Jungfrauschaft“ Marias lehrt, fragen wir, ob dies der Wahrheit entspricht. Oder hatte sie mit Joseph nach der Geburt Jesu noch andere Kinder? Ist das von Bedeutung? Für denjenigen, der an der Wahrheit interessiert ist, ganz bestimmt. Was sagt also die Bibel darüber?
Matthäus berichtet, daß Joseph „keinen ehelichen Verkehr mit ihr [hatte], bis sie einen Sohn [Jesus] gebar“ (Mat. 1:25). In einem Kommentar über die Bedeutung des Wortes „bis“ sagt die katholische Revised Standard Version, herausgegeben von der Londoner Catholic Truth Society: „Das bedeutet nur, daß Joseph nichts mit der Empfängnis Jesu zu tun hatte. Es enthält keinen Hinweis auf das, was danach geschah.“
Es gibt jedoch in der Bibel keine Grundlage für die Annahme, daß Maria und Joseph nach der Geburt Jesu niemals eine normale Ehe geführt hätten. In den Prophezeiungen wurde nichts dergleichen angedeutet; es war kein göttliches Erfordernis. Ihr Geschlechtsleben und die daraus resultierenden Nachkommen beeinflußten den irdischen Dienst Jesu oder seine Tätigkeit danach im Himmel nicht im geringsten. Nein, die Bibel unterstützt nicht die Lehre von der „immerwährenden Jungfrauschaft“ Marias, sondern aus den Evangelien geht hervor, daß Jesus der Erstgeborene Marias war und daß er Halbgeschwister hatte. Markus berichtet, daß Jesus in der Synagoge seiner Heimatstadt Nazareth predigte und die Leute ihn erkannten. Die meisten waren über Jesu Art des Lehrens erstaunt und sagten: „Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns?“ (Mar. 6:2, 3, Einheitsübersetzung; Luk. 2:7).
Katholische Theologen behaupten, daß diese ‘Brüder und Schwestern’ in Wirklichkeit seine Cousins und Cousinen gewesen seien. Doch die New Catholic Encyclopedia (Bd. 9, S. 337) gibt zu, daß „die griechischen Wörter ..., die gebraucht werden, um das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Jesus und diesen Verwandten anzuzeigen, die Bedeutung von wirklichen Brüdern und Schwestern haben“. Diese Wörter sind adelphós und adelphḗ. Das Wort für Cousin ist jedoch anepsiós und für Verwandte syngenéis (Kol. 4:10; Luk. 1:36). Es ist nicht vernünftig, anzunehmen, daß die Schreiber der Evangelien diese Wörter verwechselt hätten. (Vergleiche Markus 6:4; Lukas 14:12.) Auch besteht kein Grund, zu bestreiten, daß Joseph und Maria nach der Geburt Jesu Kinder hatten.
War Jesus ein Gottmensch?
Der einfache Bibelbericht über die Jungfrauengeburt wurde auch dadurch ausgeschmückt, daß man lehrte, das Kind sei nicht völlig Mensch gewesen, sondern eine Inkarnation. Das Athanasianische Glaubensbekenntnis sagt darüber: „Unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, [ist] Gott und Mensch zugleich. ... und ob er zwar Gott und Mensch ist, so sind doch nicht zwei, sondern nur EIN Christus.“
Religionsorganisationen, die die Dreieinigkeit lehren, vertreten den Standpunkt, daß Jesus, als er auf der Erde war, zwei Naturen in sich vereinigt habe. Die Bibel unterstützt diesen Standpunkt aber nicht. Der Apostel Paulus sagte über Jesus: „Da nun die Kinder Menschen von Fleisch und Blut sind, hat auch er in gleicher Weise Fleisch und Blut angenommen ... Darum mußte er in allem seinen Brüdern gleich sein“ (Heb. 2:14, 17, Einheitsübersetzung). Wie hätte er „in allem seinen Brüdern gleich sein“ können, wenn er ein Gottmensch gewesen wäre? Paulus schrieb an die Philipper über ‘Christus Jesus, der, obwohl er in Gottesgestalt existierte, sich selbst entäußerte und Sklavengestalt annahm und den Menschen gleich wurde’ (Phil. 2:5-7). Dieser himmlische Sohn Gottes entledigte sich also völlig der „Gottesgestalt“, um die menschliche Natur anzunehmen, um Mensch zu werden. Und warum er tatsächlich Mensch sein mußte und nicht ein Gottmensch sein konnte und in welchem Zusammenhang die Jungfrauengeburt damit steht, werden wir im folgenden Artikel behandeln.
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(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
In einer weiblichen Eizelle befinden sich zwei X-Chromosomen und in einer männlichen Samenzelle ein X- und ein Y-Chromosom. Von jedem Elternteil stammt ein Chromosom. Kommen zwei X-Chromosomen zusammen, so entsteht ein Mädchen. Kommen ein X- und ein Y-Chromosom zusammen, dann entwickelt sich ein Junge.
Eine im Labor verursachte Parthenogenese bewirkt, daß sich eine weibliche Eizelle teilt und sich vermehrt. Das Ergebnis ist ein weibliches Wesen.
Maria kann nicht eine solche Art der Parthenogenese erfahren haben, denn ihr erstgeborenes Kind (Jesus) war männlich. Da sie eine Jungfrau war, muß das Y-Chromosom, wie die Bibel erkennen läßt, durch ein Wunder hinzugefügt worden sein.