Jehova — ein Gott der Liebe und Geduld
„Jehova ist hinsichtlich seiner Verheißung nicht langsam, ... sondern er ist geduldig mit euch, weil er nicht will, daß irgend jemand vernichtet werde, sondern will, daß alle zur Reue gelangen.“ — 2. Petr. 3:9.
1. (a) Wieso hat der zweite Brief des Petrus Ähnlichkeit mit Maleachis Prophezeiung? (b) Auf welche Weise betonten Jesus und Petrus die Zuverlässigkeit des Wortes Gottes?
IN DEN Schlußworten seines zweiten Briefes schrieb Petrus warnend, „daß in den letzten Tagen Spötter mit ihrem Spott kommen“ und höhnisch fragen würden: „Wo ist diese seine verheißene Gegenwart?“ Wie einst der Prophet Maleachi weist auch Petrus auf einige bedeutsame Wahrheiten über „den Tag des Gerichts und der Vernichtung der gottlosen Menschen“ hin. Vom menschlichen Standpunkt aus mag Jehova „hinsichtlich seiner Verheißung“ langsam zu sein scheinen. Man täusche sich aber nicht. „Jehovas Tag wird kommen wie ein Dieb“, das heißt, er wird völlig unerwartet über die gottlosen Spötter hereinbrechen. Interessanterweise verbindet Petrus das Vergehen der symbolischen „Himmel“ und der symbolischen „Erde“, die „jetzt sind“, mit der Zuverlässigkeit der göttlichen Verheißung. Auch Jesus sagte in Verbindung mit seiner großen Prophezeiung: „Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden auf keinen Fall vergehen.“ Wir sollten daher dem Worte Gottes und der Botschaft, die es für unsere Tage enthält, die größte Aufmerksamkeit schenken. „Glücklich der Mann, der ... nicht auf dem Sitze der Spötter gesessen hat, sondern seine Freude am Gesetz Jehovas findet.“ — 2. Petr. 3:3-10; Luk. 21:33; Ps. 1:1, 2, NW.
2. Wofür ist Jehovas scheinbare Langsamkeit ein Beweis?
2 Jehovas scheinbare Langsamkeit ist in Wirklichkeit ein wunderbarer Beweis seiner Liebe und Geduld, denn er will nicht, „daß irgend jemand vernichtet werde, sondern will, daß alle zur Reue gelangen“. Wir sollten auch „die Geduld unseres Herrn als Rettung“ betrachten. (2. Petr. 3:9, 15) Ohne die Liebe und Geduld Jehovas und Jesu Christi würden wir heute nicht sehen, wie sich das erfüllt, was schließlich mit dem verlorenen Sohn geschah. Einigen, die zu dieser Klasse gehören, ist heute dank der Geduld des Herrn bereits Rettung zuteil geworden. Ist es noch Zeit, auch andere zu retten? Können wir dabei irgendwie behilflich sein? Könnte uns etwas daran hindern, freudig und bereitwillig zu helfen?
3. (a) Wieso ist das Leben ein Beweis der Liebe Gottes? (b) Wie hat es sich gezeigt, daß Zeit ein Beweis seiner Geduld ist? (c) Wie sind diese beiden „Mittel zum Lebensunterhalt“ sowohl richtig gebraucht als auch mißbraucht worden?
3 Jehovas Liebe und Geduld helfen uns erkennen, wie Jehova — ähnlich dem Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn — „seine Mittel zum Lebensunterhalt“ unter die durch die beiden Söhne dargestellten zwei Klassen — die Klasse mit himmlischer und die mit irdischer Hoffnung — teilte. (Luk. 15:12) Es geht dabei um zweierlei: um Leben und Zeit. Das Leben ist eine Gabe Gottes. Es bildet sozusagen einen Teil des wunderbaren Vermögens Gottes, das er unter seine Söhne teilt. Es ist ein Beweis seiner Liebe. Als Zeichen seiner Geduld hat uns Gott in diesen „letzten Tagen“ auch eine bestimmte Zeit zugeteilt oder zugemessen. (2. Tim. 3:1) Wie denn? Die Tage der Drangsal begannen für Satans Organisation im Jahre 1914 und hätten mit Recht ununterbrochen andauern können bis zu ihrem Höhepunkt, der in der Bibel beschriebenen Schlacht von Harmagedon. Wie Jesus aber sagte, sollten „jene Tage verkürzt“ werden, da sonst „kein Fleisch gerettet“ würde. (Matth. 24:22) Die kostbare Frist, durch die diese Drangsal unterbrochen wurde und die 1918 begann und mit Harmagedon enden wird, ist noch nicht abgelaufen, ja sie hat schon viel länger gedauert, als wir ursprünglich erwarteten. Während dieser Zeit widmeten die Glieder des treuen Überrests, die die himmlische Hoffnung haben, ihr Leben und ihre Zeit freudig dem Dienste ihres Vaters, wie es der ältere Sohn getan hatte. Auch viele der in Johannes 10:16 beschriebenen „anderen Schafe“ haben dies getan. Jene dagegen, die durch den jüngeren Sohn dargestellt wurden, haben diese Gaben Gottes, Leben und Zeit, für sich beansprucht und sie gewissermaßen in Dinge umgesetzt, durch die sie die niedrigen Begierden des gefallenen Fleisches befriedigen konnten.
WOHIN ES FÜHRT, WENN MAN DEN GERADEN PFAD VERLÄSST
4. Wie und warum hat die durch den „jüngeren Sohn“ dargestellte Klasse den geraden Pfad verlassen?
4 Petrus warnt vor Menschen, die willentliche Feinde des Volkes Gottes sind, mit den Worten: „Sie betrachten ein luxuriöses Leben bei Tage als ein Vergnügen ... Da sie den geraden Pfad verlassen haben, sind sie irregeführt worden.“ (2. Petr. 2:13, 15) Diese Worte sind eine treffende Beschreibung des Weges, den der jüngere Sohn einschlug. Er wurde eigentlich nie ein eigenwilliger Gegner, der sich jede Aussicht auf Erlösung verscherzt hätte. Die Glieder der durch ihn veranschaulichten Klasse schlagen heute diesen Weg ebenfalls nicht in dem Gedanken ein, jemandem zu schaden oder ihm etwas Böses zuzufügen. Sie wollen einfach das Leben genießen, wollen ungebunden sein und nicht ständig von jemand mißbilligend beobachtet werden. Die Welt mit ihrem Großstadt- und Nachtleben bietet viel Abwechslung und manche verlockende Gelegenheit. Sie gehen darum von zu Hause weg, vielleicht nicht buchstäblich, aber sie brechen ihre Verbindung mit Jehova oder seinem Volke ab. Sie reisen „in ein fernes Land“. — Luk. 15:13.
5. Warum braucht jemand, der sich in ein „fernes Land“ begibt, nicht unbedingt eine weite Reise zu unternehmen?
5 Das heißt nicht, daß sie buchstäblich eine lange Reise unternehmen müßten. Satans System der Dinge ist überall um uns herum, aber dessen Zustand und Geist sind weit von Jehova entfernt und seinem Geist fremd. Die Pharisäer, die zuhörten, als Jesus dieses Gleichnis sprach, dachten, der jüngere Sohn stelle die Sünder und Steuereinnehmer dar, die zwar in ihrem eigenen Land lebten, aber im Dienste des fernen Rom standen. Was noch schlimmer war, die Steuereinnehmer betrogen bei ihrer Arbeit oft ihre eigenen Landsleute. Sie waren deshalb in den Augen der Pharisäer verworfen und hoffnungslos verloren.
6. Was kann leicht geschehen, wenn jemand den geraden Pfad verläßt?
6 Als der junge Mann erst einmal in dem fernen Land war, hatte er „sein Eigentum“ sehr bald verschwendet, „indem er ein ausschweifendes Leben führte“. Es wird nicht genau gesagt, wie er es tat, aber wir können es uns ungefähr vorstellen. Der ältere Sohn sagte später von seinem Bruder: „Deine [des Vaters] Mittel zum Lebensunterhalt [hat er] mit Huren verpraßt“, und niemand widersprach ihm. Das ist eine deutliche Warnung. Die Glieder der durch den „jüngeren Sohn“ dargestellten Klasse sind zwar keine willentlich bösen Menschen, aber sie laufen Gefahr, es zu werden, weil sie dadurch, daß sie „den geraden Pfad verlassen haben“ und „ein luxuriöses Leben“ führen, mit bösen Menschen eng in Berührung kommen. Man täusche sich nicht! Kein Gleichnis behandelt jede Möglichkeit. Niemand sage: „Ich will das Leben mit meinen weltlichen Freunden eine Zeitlang genießen, dann werde ich wieder zur Besinnung kommen und das Leben ernst nehmen.“ Man braucht nur einen kleinen Stoß zu erhalten oder einen Schritt zu weit zu gehen, während man sich in solcher Gesellschaft befindet, und schon gerät man unmerklich in die Klasse hinein, für die es kein Zurück, keine Umkehr mehr gibt. Denke auch an folgendes: Angenommen, Harmagedon käme, während du dich in dieser Gesellschaft befindest. Was dann? Dann ist es für die Reue zu spät. — Luk. 15:13, 30; 2. Petr. 2:13, 15.
7. Was geschah mit dem jungen Mann, als eine Hungersnot entstand, und in welche Schwierigkeiten geriet er dadurch?
7 Doch kehren wir wieder zu dem Gleichnis zurück. Wir lesen nun, daß „eine schwere Hungersnot“ entstand und der junge Mann, nachdem er alles ausgegeben hatte, schließlich eine Stelle als Schweinehirt fand. (Luk. 15:14-16) Wir können uns vorstellen, daß das für ihn als Juden eine Erniedrigung und eine Schande war. Das Schwein war ein Tier, das die Juden weder tot noch lebendig berühren und dessen Fleisch sie nicht essen durften. „Unrein soll es euch sein.“ (3. Mose 11:7, 8; 5. Mose 14:8) Der verlorene Sohn mußte also sein Gewissen vergewaltigen. Er konnte nicht erwarten, daß sich sein Arbeitgeber, ein „Bürger jenes Landes“, mit einer Gewissensfrage eines völlig heruntergekommenen Schweinehirten beschäftigte. Ja, man gestattete ihm nicht einmal, sich mit den Johannisbrotschoten zu sättigen, die die Schweine fraßen! „Niemand gab ihm welche.“ — Luk. 15:16.
8. (a) In welchem Sinne herrscht in der Christenheit seit 1918 eine Hungersnot? (b) Wie hat das die durch den „verlorenen Sohn“ dargestellte Klasse berührt?
8 Es ist nicht schwer, die Erfüllung dieses Teils des Gleichnisses zu erkennen. Die Bibel spricht davon, daß ein Hunger entstehen werde, „nicht [ein] ... Hunger nach Brot und nicht [ein] ... Durst nach Wasser, sondern die Worte Jehovas zu hören“. Unter einem solchen Hunger leidet die Christenheit besonders seit 1918, und es kann von den religiösen Führern — wie einst von den religiösen Führern in Israel — gesagt werden: „Das Wort Jehovas haben sie verschmäht, und welcherlei Weisheit haben sie?“ Es ist so, wie Jesus zu den damaligen Religionsführern sagte: „Ihr [habt] das Wort Gottes um eurer Überlieferung willen ungültig gemacht.“ Heute leiden die Bewohner des ganzen Weltreiches der falschen Religion geistig Hunger. Die Herrscher oder offiziellen Bürger der Welt Satans haben nichts anderes anzubieten als die von den religiösen Führern unterstützten und von Menschen ausgedachten Einrichtungen, wie die Organisation der Vereinten Nationen. Da die Glieder der durch den „verlorenen Sohn“ dargestellten Klasse den Weg der Welt eingeschlagen haben, stellen sie sich ebenfalls hinter diese Einrichtungen und hoffen, dadurch ihre Lage zu verbessern und am Leben zu bleiben. Doch nichts ist vorhanden, was den geistig Kranken helfen würde; sie sind am Verhungern, hilflos und verlassen. Das ist die düstere Seite des Bildes. — Amos 8:11; Jer. 8:9; Matth. 15:6; 2. Kor. 4:4.
DER JÜNGERE SOHN KOMMT ZUR BESINNUNG
9. (a) Bringt Gott Böses über uns, um uns zur Besinnung zu bringen? (b) Was half dem jüngeren Sohn, zur Besinnung zu kommen?
9 Was mit dem jüngeren Sohn geschah, zeigte Jesus, indem er dann einfach sagte: „Als er zur Besinnung kam ...“ Dann schilderte er, welche Überlegungen der junge Mann anstellte. (Luk. 15:17-19) Oft sagen Geistliche der Christenheit den Menschen, die von schwerem Leid betroffen wurden, Gott sende solche Dinge, um sie zu strafen und zur Besinnung zu bringen. Dadurch machen sie Gott für die Zulassung des Bösen verantwortlich und stellen ihn als Teilhaber am Bösen hin. Eine solche Lehre ist unbiblisch und bringt Schmach auf Gottes Namen. Gottes Wort sagt: „Gott kann nicht von üblen Dingen [vom Bösen, Me] versucht werden, noch versucht er irgend jemand“ mit üblen Dingen oder etwas Bösem. Gott prüft und nimmt in Zucht, aber nicht durch böse Mittel. Die Bibel sagt weiter: „Sondern jeder wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird.“ (Jak. 1:13, 14) So war es auch beim verlorenen Sohn. Solange er das Leben genoß, kam er nicht zur Besinnung, als er sich aber an manches erinnerte, was er noch im Gedächtnis hatte, begann er seinen Verstand wieder richtig zu gebrauchen. Es war wie bei den Israeliten, die auch wußten, an wen sie sich wenden mußten, als sie dem Feind ausgeliefert waren. Genauso erging es dem jungen Mann, wie das seine Überlegungen zeigen.
10. Was lassen die Worte des verlorenen Sohnes, die wir in Lukas 15:18, 19 lesen, erkennen, und welche Einstellung des Vaters verraten sie?
10 Als er erfuhr, daß in seiner Heimat keine Hungersnot herrschte, sagte er sich: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater ziehen und zu ihm sagen: ‚Vater, ich habe gegen den Himmel und gegen dich gesündigt. Ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn genannt zu werden. Mache mich zu einem deiner Lohnarbeiter.‘“ (Luk. 15:18, 19) Seine Worte verraten mehr als nur den Wunsch, dem Hunger zu entgehen und sich zu sättigen. Er gab in seinem Innern zunächst einmal zu, daß er gesündigt hatte, und zwar nicht nur gegen seinen Vater, sondern auch gegen Gott. Seine Worte lassen auch erkennen, daß er nur eines im Sinn hatte: nach Hause zurückzukehren und bei seinem Vater zu bleiben und ihm zu dienen. Er kannte seinen Vater und wußte, wie es zu Hause war. Wäre sein Vater damals, als er das Elternhaus verließ, wütend geworden und hätte er ihn angeschrien, dann wäre er bestimmt nicht so fest entschlossen gewesen, nach Hause zurückzukehren. Er hätte sich ebensogut für die Rückkehr in die Heimat entschließen können in der Hoffnung, dort an einem Ort Arbeit zu finden, wo er seinem Vater nicht begegnen würde. Doch daran dachte er nicht im entferntesten. Für ihn gab es nur noch eines: nach Hause! Einen schöneren Ort gab es für ihn nicht!
11. Wie kommen die Glieder der durch den „verlorenen Sohn“ dargestellten Klasse heute zur Besinnung?
11 Genauso verhält es sich auch mit den Menschen, die durch den jungen Mann dargestellt wurden. Da sie früher schon mit Jehovas Volk und mit der Wahrheitsbotschaft verbunden waren, haben sie eine Grundlage, die ihnen hilft, zur Besinnung zu kommen. Solange es ihnen gut geht, denken sie freilich nicht darüber nach. Sie haben aber immerhin, tief eingegraben im Gedächtnis, ein geistiges Bild davon, wie das Leben „zu Hause“, bei Gottes Volk in der theokratischen Organisation, war. Wenn sie von Satans Welt enttäuscht sind und erkannt haben, wie bettelarm sie ist, stellen sie den Unterschied fest. Wie aus dem Gleichnis hervorgeht, hören sie von der unter den ergebenen Dienern Jehovas herrschenden Wohlfahrt. Sie erfahren, daß diese, geistig gesprochen, „Brot in Fülle“ haben und den vielen beglückenden Beschäftigungen nachgehen können, die mit einem Elternhaus verbunden sind, in dem Überfluß herrscht. (Luk. 15:17) Ja, es ist allgemein bekannt, daß sich Jehovas Zeugen dieser Dinge in besonderem Maße erfreuen.
12. Welchen richtigen Entschluß fassen sie nun?
12 Nachdem sie zur Besinnung gekommen sind und den Unterschied erkannt haben, fassen sie den richtigen Entschluß. Ihre Erkenntnis und ihre Dankbarkeit bilden eine gesunde Grundlage, auf der sie sich nun Jehova hingeben. Sie können jetzt die beiden Fragen, die den Täuflingen vor jeder Taufhandlung gestellt werden, aus innerer Überzeugung und in aller Aufrichtigkeit beantworten. Wie der junge Mann bekennen auch sie ihren unreinen, sündhaften Zustand und geben sich dem himmlischen Vater bedingungslos hin, um seinen Willen zu tun und ihm zu dienen. Mit welchem Ergebnis? Was geschah mit dem jungen Mann im Gleichnis?
13. Welche Einzelheiten kennzeichnen die Heimkehr des verlorenen Sohnes?
13 Wir kommen nun zum ergreifendsten Teil des Gleichnisses. Stell dir das Bild vor. Die lange Reise in seine Heimat zurück wird für den jungen Mann zu einer qualvollen Prüfung, aber seine Entschlossenheit und der Gedanke an sein Ziel halten ihn aufrecht. Schließlich erblickt er, noch weit weg, sein Elternhaus. Was sieht er? Sein Vater, die Hand über die Augen haltend, schaut ihm entgegen! Ach, wie oft doch der Vater das getan haben muß! Obwohl er noch weit weg ist, erkennt ihn sein Vater und läuft ihm entgegen. Von Mitleid erfüllt, umarmt er ihn und küßt ihn zärtlich. Zu Hause angekommen, legt der Sohn sein Bekenntnis ab und bietet sich als „Lohnarbeiter“ an. Der Vater bestimmt jedoch, daß seinem Sohn zuerst die beste Kleidung gegeben werden müsse, damit er anständig aussehe. Dann lädt er jedermann zu einem Festmahl ein, „denn dieser mein Sohn war tot“, sagt er, „ist aber wieder zum Leben gekommen; er war verloren, ist aber gefunden worden“. — Luk. 15:20-24.
14. Welcher Grundsatz wird dadurch hervorgehoben, und was läßt sich daraus folgern?
14 Wie eindrucksvoll Jesus durch dieses Gleichnis doch den biblischen Grundsatz veranschaulichte: „Kehret um zu mir, so will ich zu euch umkehren“! (Mal. 3:7) Wenn doch nur alle, die in die Irre gegangen sind, erkennen würden, welch große Freude ihre Heimkehr bereitete! Bestimmt kehren viele nicht zurück, weil sie sich schämen. Könnte sich aber jemand darüber freuen, daß sie in Satans hungernder Welt bleiben und dort weiter darben? Gewiß nicht! Was können wir tun, um ihnen zu helfen? Wollen wir ihnen überhaupt helfen, oder begehen wir den gleichen schlimmen Fehler, den im Gleichnis der ältere Sohn beging?
15. (a) Wie läßt sich Jehovas Einstellung mit der Einstellung des Vaters des verlorenen Sohnes vergleichen? (b) Wie haben alle, die mit Jehova in Harmonie sind, ihre Dankbarkeit bewiesen?
15 Wir können Personen, die in die Irre gegangen sind, am besten helfen, wenn wir beachten, wie Jehova gemäß dem Gleichnis gehandelt hat, und seine Handlungsweise nachahmen. Aus der Erzählung Jesu geht deutlich hervor, wie der Vater eingestellt war und wie er handelte. Er wartete nicht, bis sein Sohn zu Hause angelangt war, und sagte auch nicht: „Womit willst du dein Verhalten rechtfertigen?“ Nein. Er hatte die Rückkehr seines Sohnes erwartet und nach ihm Ausschau gehalten. Jehova hat dieselbe Einstellung gezeigt, indem er in seinem Wort schon vor langer Zeit viele Prophezeiungen und Gleichnisse oder Veranschaulichungen niederschreiben ließ, die die Rückkehr dieser Klasse und die Freude, die ihm und allen Gliedern seiner einem Elternhaus gleichenden Organisation daraus erwachsen würde, voraussagten. Im Jahre 1943, gerade im richtigen Augenblick veranlaßte er, daß die betreffenden Bibeltexte verstanden werden konnten. Sie wurden durch die Klasse des „treuen und verständigen Sklaven“, den gesalbten Überrest, erklärt und bildeten einen Teil der geistigen Speise, die „zur rechten Zeit“ ausgeteilt wird. (Matth. 24:45-47) Alle, die mit Jehova in Harmonie, das heißt bei ihm „zu Hause“, waren, schätzten dieses Verständnis sehr. Sie behielten das Gelernte nicht für sich, sondern machten es durch jedes erdenkliche Mittel weit und breit bekannt und zeigten dadurch, wie sehr ihr Vater an allen, die erkennen lassen, daß sie zur Besinnung gekommen sind, interessiert ist und welch großes Mitleid er mit ihnen hat.
16. Wie wurde nach und nach eine irdische Klasse erkannt, und wie wurde sie gefördert?
16 Ein kurzer Rückblick auf den Fortschritt, der in dieser Hinsicht gemacht wurde, zeigt, daß das Gleichnis von den Schafen und Böcken im Jahre 1923 zum erstenmal im Wachtturm (englisch; deutsch: 1924) richtig erklärt wurde. Es wurde gezeigt, daß die „Schafe“ eine irdische Klasse bilden, die zur Rechten des Königs versammelt werden und die Aussicht haben, unter seiner Herrschaft ewig zu leben. (Matth. 25:31-46) Im Jahre 1931 wurde gezeigt, daß diese Klasse mit den Menschen identisch ist, die „seufzen und jammern über all die Greuel“, die in der Christenheit geschehen. Diese Menschen erhalten „ein Zeichen“ an ihrer Stirn, das auf ihre Erkenntnis der Wahrheit und auf ihr öffentliches Bekenntnis zu ihr hinweist und zu ihrer Bewahrung in Harmagedon führt. (Hesekiel, Kapitel 9) Im Jahre 1932 wurde gezeigt, daß diese Klasse auch durch Jonadab dargestellt wurde, der sich einst König Jehu freudig anschloß, als dieser mit seinem Wagen zur Hinrichtung der Baalsanbeter unterwegs war, wodurch die Hinrichtung aller Anhänger der falschen Religion bei der Vernichtung Groß-Babylons und in der Schlacht von Harmagedon veranschaulicht wurde. Es wurde betont, daß wahrheitsliebende Menschen immer noch die Möglichkeit hätten, in den Dienst des Königs Jesus Christus, des größeren Jehu, in seiner einem Wagen gleichenden Organisation einzutreten. (2. Kö. 10:15-27) In den Jahren 1933 und 1934 erhielt diese Klasse praktische Hilfe durch die Einführung des Nachbesuchswerkes, das heißt der Rückbesuche bei Interessierten. Diese Besuche ermöglichten es, solche Menschen durch ein regelmäßiges Bibelstudium geistig zu nähren. Daß sie sich Gott ebenfalls hingeben und taufen lassen sollten, wurde im Jahre 1934 klargemacht.
17. Inwiefern waren die Jahre 1931 und 1935 in der Entwicklung dieser Klasse von besonderer Bedeutung?
17 Seit dem Jahre 1931 konnte man beobachten, wie sich immer mehr dieser schafähnlichen Menschen entschieden auf die Seite der gesalbten Zeugen Jehovas stellten und sich mit ihnen am Felddienst beteiligten. Viele von ihnen hätten schon früher die Gelegenheit gehabt, sich Jehova hinzugeben, um mit ihm in ein besonderes Verhältnis zu gelangen und ihm zu dienen, haben aber wie der verlorene Sohn diese Gelegenheit gewissermaßen verschwendet. Entscheidend für die Entwicklung und die Umkehr dieser Klasse war jedoch offenbar das Jahr 1935. In diesem Jahr geschah nämlich etwas, was der Rückkehr des verlorenen Sohnes und der großmütigen Aufnahme entsprach, die ihm sein Vater gewährte und die zu einer öffentlichen Anerkennung des lange verlorenen und wieder heimgekehrten Sohnes wurde. Er war tatsächlich gekommen und war so gekleidet worden, daß es angebracht war, ihm zu Ehren ein Fest zu feiern und sich seinetwegen zu freuen. Was geschah denn im Jahre 1935, was diesem Ereignis entsprach?
18, 19. Was geschah auf den Kongressen, die 1935 stattfanden, wodurch das Bild erfüllt wurde, und welche Frage erhebt sich nun?
18 Unsere Aufmerksamkeit wird auf einen Kongreß gelenkt, der im Mai jenes Jahres in Washington, D. C., stattfand. Bezeichnenderweise wurden in den Vorankündigungen des Wachtturms besonders die „Jonadabe“ hierzu eingeladen.a Auf diesem Kongreß wurde anhand der Bibel klar und deutlich bewiesen, daß die in Offenbarung 7:9 erwähnte „große Volksmenge“ nicht eine Art zweitrangige geistige Klasse ist, wie früher angenommen worden war, sondern daß sie mit der irdischen Klasse identisch ist, auf die in den bereits erwähnten Schrifttexten hingewiesen wird. Ferner wurden alle Anwesenden, die sich als Glieder dieser „großen Volksmenge“ betrachteten, gebeten, sich von ihren Plätzen zu erheben, und viele folgten dieser Aufforderung. Es war wirklich ein herrliches geistiges Festmahl und eine Zeit großer Freude. Dasselbe wiederholte sich auf anderen Kongressen mit ähnlichen Ergebnissen. Die aus den „anderen Schafen“ bestehende „große Volksmenge“ war gekommen! Sie war da!
19 Du wirst nun sagen: „Das war aber doch vor dreißig Jahren. Wie ist es denn heute?“ Bevor wir diese Frage beantworten, wollen wir den letzten Teil des Gleichnisses Jesu betrachten, der besonders zeigt, wie der ältere Sohn auf die Rückkehr seines Bruders reagierte.
KEINE BERECHTIGTE URSACHE ZUM STRAUCHELN
20. Wie reagierte der ältere Sohn auf die Rückkehr seines Bruders, und wie redete ihm der Vater zu?
20 Der ältere Sohn war gerade abwesend, als sein Bruder zu Hause ankam. Als er sich dem Hause näherte, fragte er einen Diener, warum denn Musik gemacht und getanzt werde. Als man es ihm sagte, wurde er sehr zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater bat ihn dringend, hereinzukommen und an dem Fest teilzunehmen. Doch nein! Der ältere Sohn warf seinem Vater vor, ungerecht zu handeln. Diesen Taugenichts und Verschwender verwöhne und bevorzuge er; ihm dagegen gönne er nichts. Er habe ihm noch nie ein Böcklein gegeben, damit er mit seinen Freunden hätte fröhlich sein können. Der Vater redete ihm nochmals zu und wies gleichzeitig beide Anklagen, die der ältere Sohn gegen ihn erhoben hatte, zurück mit den Worten: „Kind, du bist immer bei mir gewesen, und alles, was mein ist, ist dein; wir mußten doch fröhlich sein und uns freuen, denn dieser, dein Bruder, war tot, ist aber lebendig geworden, und er war verloren, ist aber gefunden worden.“ (Luk. 15:25-32) Damit endet die Geschichte. Sie läßt dem älteren Sohn sozusagen die Tür offen, so daß er hereinkommen könnte, nachdem er sich die Sache überlegt hätte und zur Besinnung gekommen wäre.
21. Wer wird hier durch den älteren Sohn veranschaulicht, und welche Umstände müssen wir berücksichtigen?
21 In diesem Zusammenhang stellt der ältere Sohn nicht den ganzen noch auf der Erde lebenden Überrest der „kleinen Herde“ dar, sondern nur jene, die eine ähnliche Haltung einnehmen wie dieser Sohn. Wie zeigt sich das? Denken wir daran, daß bis zum Jahre 1931 die Aufmerksamkeit fast ausschließlich auf die Einsammlung derer gerichtet wurde, die die himmlische Hoffnung haben. Eine irdische Klasse wurde zwar vorausgesehen, aber man dachte nicht, daß sich Gott noch vor Harmagedon mit dieser Klasse besonders befasse und sie organisiere. Man dachte nicht daran, die „anderen Schafe“ vor Harmagedon einzusammeln und zu belehren, besonders nicht jene, die wie der verlorene Sohn ihre Gelegenheiten sozusagen verschwendet hatten. Darüber hinaus hatten manche extreme Ansichten darüber, wie Jehova sie für ihr himmlisches Erbe zubereite. Sie glaubten, bei allem was ihnen in Verbindung mit der Entwicklung eines angenehmen Charakters widerfahre, werde jede Einzelheit überwaltet. Das bewirkte, daß sie egozentrisch wurden und sich selbst viel zu wichtig nahmen. Sie stellten ihr Ich in einer betont demütigen Weise in den Vordergrund. Sie sahen nur sich selbst, wie das auch bei dem älteren Sohn der Fall war.
22. Wie zeigte Jehova, daß er die durch den „jüngeren Sohn“ dargestellte Klasse anerkannte, und was bewirkte das?
22 War Jehova irgendwie verpflichtet, sein Wohlgefallen zurückzuhalten und zu warten, bis diese ichbetonten Personen den richtigen Standpunkt vertreten und den richtigen Geist bekunden würden? Keineswegs. Er ging voran und bereitete der durch den „jüngeren Sohn“ dargestellten Klasse ein Mahl von „Fettspeisen“, als die Zeit für ihre öffentliche Anerkennung gekommen war. Er bekleidete sie, geistig gesprochen, mit einem prächtigen Gewand, einem Ring und Sandalen, die ein Kennzeichen dafür waren, daß sie voraussichtliche irdische Söhne sind, daß sie jetzt einen würdigen Platz in seiner Organisation einnehmen und ihre „Füße beschuht [sind] mit der Ausrüstung der guten Botschaft des Friedens“. (Eph. 6:15) Die durch den „älteren Sohn“ dargestellte Klasse brachte kein Verständnis für diese Dinge auf und erkundigte sich in einer herausfordernden Weise danach. Sie wollte nicht in das Haus der Organisation Gottes hereinkommen und hatte nicht den Wunsch, eine Klasse willkommen zu heißen, durch die sie gleichsam aus dem Rampenlicht verdrängt wurde.
23. (a) Warum vertritt die durch den „älteren Sohn“ dargestellte Klasse einen verkehrten Standpunkt? (b) Welches ist der richtige Standpunkt?
23 Die Glieder jener Klasse vertraten in bezug auf beide Anklagepunkte einen verkehrten Standpunkt. Sie sollten, sofern sie sich als treu erwiesen, die Belohnung eines Erstgeborenen empfangen. Die Klasse des „jüngeren Sohnes“ war gegenüber niemandem bevorzugt worden. Wenn nun durch Gottes Liebe und Geduld, früher als erwartet, eine irdische Klasse gefunden wurde und zum Leben kam, sollten wir uns da nicht alle mit unserem himmlischen Vater darüber freuen? Bestimmt wäre es nicht am Platz, dagegen zu argumentieren und mißgünstig zu sein.
24, 25. (a) In welchem Sinne steht die Tür für die Glieder dieser Klasse immer noch offen? (b) Welche Fragen sind noch zu beantworten?
24 Obwohl Jesus das Gleichnis an dem Punkt abschloß, an dem der ältere Sohn noch draußen war, sollten wir nicht denken, daß niemand der Aufforderung Jehovas folgen werde. Die Tür steht immer noch offen. Denken wir daran, daß die Pharisäer und Schriftgelehrten Jesus veranlaßten, dieses Gleichnis darzulegen. Ihre überhebliche Einstellung den Sündern und Steuereinnehmern gegenüber glich der Einstellung, die der ältere Sohn seinem Bruder gegenüber hatte. Etliche dieser religiösen Führer kamen jedoch später zur Besinnung. Es wird sogar berichtet, daß „eine große Menge Priester ... dem Glauben gehorsam zu sein“ begannen. — Apg. 6:7.
25 Sind Jehovas Liebe und Geduld immer noch wirksam? Sind seit 1935 Dinge geschehen, die das bestätigen? Welchen Nutzen können wir aus den Fehlern der beiden Söhne ziehen? Und was können wir aus der Einstellung des Vaters lernen, die Jesus so lebhaft beschrieb? Wir sind an der gegenwärtigen Lage besonders interessiert und werden diese Fragen im folgenden Artikel behandeln.
[Fußnote]
a The Watch Tower 1935, S. 98, 110, 127, 130, sowie die Ausgaben vom 1. und 15. August. (Siehe Der Wachtturm 1935, S. 127, sowie die Ausgaben vom 1. und 15. September.)