Fragen von Lesern
● Über die Zeit der Empfängnis Johannes’ des Täufers durch Elisabeth sagt das Buch „Make Sure of All Things“ (S. 167, Spalte 1, unterster Abschnitt): „1. Chron. 24:10, 18 [Über die Priesterabteilungen]: ‚Für Hakkoz das siebente, für Abija das achte.‘ [Von den 24 Abteilungen würde die zweite Woche der achten in den späteren Teil des vierten jüdischen Monats fallen oder auf die Zeit früh im Juli, unserem Kalender gemäß.]“ Wie wird dies berechnet? — R. L., Mexiko.
Der Vater Johannes’ des Täufers, ein „Priester mit Namen Zacharias“, war „aus der Abteilung Abijas“, der achten Ablösung. (Luk. 1:5, 8, 9, NW) Abija war ein priesterlicher Israelit aus der Zeit des Königs David. Damals, ums Jahr 1050 v. Chr., wurden die Priester und die jeweiligen Leviten Israels zuerst von David in 24 Gruppen eingeteilt.a In Jerusalems ursprünglichem Heiligtum (Stiftshütte oder Zelt — 1. Chron. 16:1) dienten jene 24 Abteilungen zuerst abwechslungsweise, also jede je eine Woche auf einmal, nicht zwei Wochen nacheinander. Nachdem Davids Sohn Salomo den vorbildlichen Tempel für den Namen Jehovas erbaut und eingeweiht hatte, diente jede der 24 Gruppen abwechslungsweise zweimal im Jahr während der Zeit ihrer „Ablösung“ im Tempel. (1. Chron. 24:1-19, 31; 2. Chron. 8:14; 31:2; 35:4; Esra 3:10) Jeder wöchige Dienst von jeder Abteilung lief von Sabbat zu Sabbat. (2. Kön. 11:5-7; 2. Chron. 23:8) Offenbar besorgte die weggehende Abteilung das Morgenopfer am Sabbat und die hereinkommende Abteilung das Abendopfer, und so verbrachten die weggehende wie die hereinkommende Gruppe den Sabbat im Heiligtum. Priester anderer Abteilungen konnten in den Tempel kommen und priesterliche Handlungen vollziehen, solange sie nicht in die Funktionen der amtierenden Priester eingriffen. „Jede ‚Ablösung‘ der Priester und Leviten … hatte e i n e Woche Dienst, von einem Sabbat zum anderen.“ — Edersheim, The Temple, S. 66, 158.
Im Jahre 537 v. Chr., als die 70jährige Verbannung des treuen jüdischen Überrests in Babylon geendet hatte, wird die Abteilung Abijas als eine der über zwanzig Priesterabteilungen erwähnt, die mit dem Landpfleger Serubbabel oder später nach Jerusalem zurückkehrten. — Esra 2:36-39; Neh. 10:7, 8; 12:1-4.
Josephus schreibt über die Einteilung der Priester in 24 Ablösungen, die durch König David vorgenommen wurde, und fügt bei: „Und diese Einteilung hat bis auf den heutigen Tag bestanden.“ — Jüdische Altertümer (das Schreiben dieses Buches war ums Jahr 93 n. Chr. beendet), Buch 7, Kap. 14, Abschn. 7; siehe auch McClintock and Strong Cyclopædia, Bd. 8, S. 576, 577; Imperial Bible Dictionary, Bd. 2, S. 664, Sp. 2.
Da nun jede der 24 Abteilungen zweimal im Jahre diente (etwa sechs Monate auseinander), so macht dies insgesamt 48 Wochen Dienst aus. Indes war das jüdische (Mond-) Jahr etwa zehn Tage kürzer als unser Kalender- (Sonnen-) Jahr und bestand so aus etwa 51 Wochen. Um das Jahr voll zu machen, wurde demgemäß alle zwei bis drei Jahre eine Berichtigung nötig; man schaltete dann einen 13. Monat in den jüdischen (Mond-) Kalender ein, um ihn so mit der Sonnenzeit in Übereinstimmung zu bringen. Auch andere Berichtigungen wurden offenbar jedes Jahr vorgenommen, indem man all die Abteilungen während der drei jährlichen Hauptfeste gemeinsam dienen ließ. (2. Chron. 5:11; The Mishnah, „Sukkah“, Abschn. 5, ¶ 7, 8) Dreimal jährlich erschienen gemäß Jehovas Befehl alle Männlichen Israels, mit Einschluß der Priester und Leviten, vor Jehova im Tempel. Die viele Arbeit in Verbindung mit den Tausendenb von Tieropfern und die damit verbundenen Dienstleistungen erforderten die Mitwirkung sämtlicher Priester während mindestens einer ganzen Woche bei jedem der drei folgenden Hauptfeste:
(1) Dem Passah in dem von Gott verordneten ersten Monat Abibc folgte unmittelbar eine Woche lang das Fest der ungesäuerten Brote. — 2. Mose 34:18.
(2) Zu Pfingsten, 50 Tage später, war ein weiteres dieser festlichen Ereignisse, das mit dem „Wochenfest“ verbunden war. — 2. Mose 34:22, Kautzsch.
(3) Yom Kippur (der „Tag der Versöhnung“) fiel in den von Jehova bestimmten siebenten Monat Ethanimd (10. Tag), und ihm folgte gleich darauf das Laubhüttenfest, vom 15. bis 21., mit einem besonderen Sabbat, „dem großen Tage des Festes“ am 22. des Monats. — Joh. 7:37; 2. Mose 34:22-24; 3. Mose 16:29-31; 25:9, 10, NW.
Außer den drei hauptsächlichen Festperioden, während denen Priester aller Abteilungen gemeinsam dienten, dienten Priester in jeder der 24 Abteilungen zu all den anderen Zeiten des Jahres nur, wenn die Reihe an ihnen war.
Zu welcher Zeit des Jahres begannen die Ablösungen, oder wann begann die erste Ablösung? Anscheinend war es unmittelbar nach dem oder am letzten (achten) oder „großen Tage des Festes“, nämlich „des Festes der Hütten“, der Feier, die das Festjahr abschloß. Jehova befahl: „Am Ende aller sieben Jahre, zur bestimmten Zeit des Erlaßjahres, am Feste der Hütten … wirst du dieses Gesetz lesen.“ (5. Mose 31:10, 11, NW) Beiläufig bemerkt, ist das Fest der Hütten das letzte der drei großen Feste, das seine Erfüllung im Gegenbilde findet, und „dieses Fest schloß den ursprünglichen Festkalender ab … Was der siebente Tag oder Sabbat für die Woche war, scheint der siebente Monat für das Jahr gewesen zu sein. Er schloß nicht nur den heiligen Zyklus ab, sondern auch das wirtschaftliche oder Arbeitsjahr. Er kennzeichnete auch den Wechsel der Jahreszeiten, den nahenden Regen sowie die Winter-Tagundnachtgleiche [eigentlich Winter-Sonnenwende oder Herbst-Tagundnachtgleiche] und bestimmte in gleicher Weise den Anfang und das Ende eines Sabbatjahres.“ (Edersheim, The Temple, S. 234, 235; siehe auch S. 179, 265.) Bedeutsam mag auch die Tatsache sein, daß die Einweihung des von David geplanten und von Salomo erbauten Tempels im siebenten Monat stattfand, so daß damals das priesterliche Werk offiziell in diesem einzigartig herrlichen Bau begann. (2. Chron. 7:10) Ebenfalls um diese Zeit des Jahres 537 v. Chr., als der treue Überrest der Israeliten im Vorbilde aus der Verbannung in Babylon nach Jerusalem zurückgekehrt war, begannen die ordnungsmäßigen Dienste an der Stätte des abgebrochenen herrlichen Tempels von neuem. — Esra 3:6.
Laßt uns zum Zwecke dieser Berechnung annehmen, daß die priesterlichen Abteilungen in dem von Jehova bestimmten siebenten Monat (der nach unserem gegenwärtigen Kalender spät im September oder früh im Oktober begann) zu zählen anfingen. Wenn dem so ist, dann mußten die erste Runde der 24 Ablösungen, plus die acht Ablösungen der zweiten jährlichen Runde (plus die erwähnten gemeinsamen Dienstperioden von zwei Festen aus den dreien) im allgemeinen in den dritten Monat des nächsten jüdischen Jahres hineinreichen, möglicherweise in dessen vierten Monat. Dies bedeutete, daß die zweite Runde der achten Ablösung (gemäß unserem Kalender) auf den Spätjuni oder den frühen Juli fiel.
Somit lauschte Zacharias der „guten Botschaft“ Gabriels, des Engels Jehovas, als dieser Diener vom Himmel ihn beim Altardienst in der zweiten Runde der achten Ablösung unterbrach. Nachdem Zacharias seine Priesterpflichten in der Abteilung, der er zugeteilt war, vollendet hatte, kehrte er zu seiner Frau Elisabeth zurück, und dann wurde ihr Sohn empfangen. (Luk. 1:5, 19, 23, 24, NW) Dies wäre mindestens im Spätjuni oder früh im Juli des Jahres 3 v. Chr. gewesen. Etwa sechs Monate später (d. h. in unserem Monat Dezember) wurde Jesus empfangen. Neun Monate danach erfolgte Jesu Geburt als ein vollkommenes Kind um den 1. Oktober des Jahres 2 v. Chr. herum.e — Luk. 1:26, 36; 2:6, 7.
Warum sagen wir in der „zweiten Runde“ der achten Ablösung (d. h. jener des Zacharias)? Weil die e r s t e Runde der achten Ablösung auf die Zeit gegen Ende November oder zu Anfang des Monats Dezember fallen mußte. Dies brächte ungereimterweise Jesu Geburt (die etwa 15 Monate später erfolgte) in den Monat März. In diesem Falle müßte Jesu Taufe im Alter von dreißig Jahren ebenfalls im März stattgefunden haben. (Luk. 3:23) Diese Zeit im Frühjahr ist aber außer Harmonie mit Daniels Prophezeiung (Dan. 9:24-27). Diese zeigt, daß der Messias oder Christus am Ende der 69 Jahrwochen kommen sollte, welche im Herbst des Jahres 455 v. Chr. begannen und im Herbst des Jahres 29 n. Chr. endeten. (Auch steht es im Widerspruch mit derselben Prophezeiung, die voraussagte, daß der auferstandene Jesus im Himmel erscheine, um Jehova das Verdienst des Opfers auszuzahlen, das Jesus „zur Hälfte der Woche“ darbot, nämlich in Daniels prophetischer 70. Jahrwoche, folglich im Frühling.)
Da Jesus Christus aber tatsächlich im Frühling des Jahres 33 in den Himmel auffuhr und dort erschien, würden uns dreieinhalb Jahre (oder die Hälfte einer Siebenjahrwoche) für die Taufe des Messias zum Anfang der Woche in den Herbst des Jahres 29 zurückbringen und nicht in den Frühling.
Somit scheinen die vorhandenen Anzeichen vernünftigerweise folgende Berechnung zu begünstigen: Wenn man die 24 Ablösungen des Priesterdienstes als am Ende des Festes der Hütten beginnend rechnet, tat Zacharias in der zweiten Runde der achten Ablösung Dienst, und sein Sohn Johannes der Täufer wurde von Elisabeth spät im Juni oder früh im Juli empfangen, etwa sechs Monate vor Marias Empfängnis Jesu. — Luk. 1:26, 36.
So ist also aus dem Vorangegangenen ersichtlich, daß das Buch „Make Sure of All Things“ die ungefähre Zeit für die Empfängnis Johannes’ angibt, und diese wird zum Teil festgestellt, indem man von der Zeit der Geburt Jesu, die um den 1. Oktober erfolgte, zurückrechnet.
[Fußnoten]
a „Als ursprünglich die Stiftshütte in Silo war, gab es sechzehn Abteilungen, gleichmäßig aufgeteilt zwischen die Nachkommen Eleasars und Ithamars. Da es aber mehr Hauptleute von Eleasar gab, teilte David jede ihrer acht Abteilungen in zwei, was insgesamt sechzehn ergab, während die acht Abteilungen von Ithamar unverändert blieben.“ — Soncino Books of the Bible (1952, London, The Soncino Press), Bd. „Chronicles“, S. 130.
b Josephus berichtet, daß man bei einem gewissen jüdischen Passahfest in den Tagen des römischen Kaisers Nero ‚die Zahl der Opfer auf 256 500 berechnete, was — wenn man nicht weniger als zehn Personen rechnet, die zusammen Festmahl hielten — bis 2 700 200 Personen ausmacht, die rein und heilig waren‘. — Vom jüdischen Kriege, Buch 6, Kap. 9, Abschn. 3.
c Nisan genannt nach dem Jahre 537 v. Chr., als die 70jährige babylonische Verbannung endete. — 2. Mose 12:2; 13:4, NW, Fußnote b.
d Tisri oder Tischri genannt nach 537 v. Chr. Man vergleiche 1. Mose 8:13, NW, Fußnote b, mit 1. Mose 7:11, NW, Fußnote a.
e Man vergleiche damit „New Heavens and a New Earth“, S. 368.