„Den Gefangenen Freilassung“ predigen
„Er hat mich ausgesandt, um den Gefangenen die Freilassung zu predigen und den Blinden die Wiederherstellung des Augenlichts, um die Zerschlagenen als Freigelassene wegzusenden, um Jehovas annehmbares Jahr zu predigen.“ — Luk. 4:18, 19.
1. Worum, außer um Freilassung, geht es heute, und welches warnende Beispiel haben wir aus der Zeit vor 1900 Jahren?
RECHTZEITIGE Freilassung oder unabwendbare Vernichtung — darum geht es heute! Entweder die Menschen werden befreit, oder sie werden mit der Einrichtung, die sie gefangenhält und unterdrückt, vernichtet! So schwerwiegend ist diese Angelegenheit! Die Geschichte liefert uns für die Lage, der wir uns jetzt gegenübersehen, ein warnendes Beispiel. Vor 1900 Jahren sah sich eine Gruppe von dreizehn Männern einer ähnlichen Lage gegenüber. Diese Männer gingen mutig zu Werke und bemühten sich sehr, die Freilassung ihres Volkes herbeizuführen, bevor die furchtbare Vernichtung kam. Einige denkende Menschen hörten auf die Verkündigung der Freilassung, nahmen die angebotene Hilfe an und wurden aus der Organisation, die sie gefangenhielt und unterdrückte, rechtzeitig befreit. Sie waren nicht unter den mehr als eine Million Menschen ihres Volkes, die in den wenigen Monaten der Belagerung starben, und auch nicht unter den Zehntausenden, die in die Gefangenschaft weggeführt und zu Sklaven heidnischer Herren gemacht wurden. Alles das war prophetisch, und wir sollten daraus etwas lernen. Diese in die Geschichte eingegangenen Ereignisse wiederholen sich in unseren Tagen auf ähnliche Weise, nur in weltweitem Ausmaß. Auch heute geht es um Freilassung oder Vernichtung!
2. Welcher nationalen Lage sahen sich Jesus und seine Apostel in bezug auf die Religion gegenüber, und war das Volk, zu dem Jesus gehörte, ein freies Volk?
2 Betrachten wir einmal die nationale Lage, der sich Jesus Christus und seine zwölf Apostel vor 1900 Jahren gegenübersahen. Jesus Christus mußte, abgesehen davon, daß ihm Gott beistand, ganz allein beginnen. Er kam zu seinem Volk, das tief religiös war. Es hielt sich streng an seine Religion, die etwas ganz anderes war als der Hinduismus, der Buddhismus, der Zoroastrismus und die Religionen der Griechen und Römer sowie der Goten und Druiden, die damals über weite Gebiete verbreitet waren. Diese heidnischen Religionen zeichneten sich durch Götzendienst aus. Wegen dieses Unterschiedes in der Religion hätte das Volk Jesu, mindestens in religiöser Hinsicht, ein freies Volk sein sollen. Es hatte 39 heilige Bücher, die in drei Gruppen unterteilt waren, die als das Gesetz oder die Thora, die Propheten und die Psalmen bekannt waren. Diese Bücher hatte es von Gott, dem Schöpfer, erhalten. Hätte es also nicht frei sein sollen? Es war jedoch nicht frei!
3. Wodurch waren die Angehörigen des Volkes Jesu versklavt worden?
3 Diese Menschen waren nicht durch das Gesetz, die Propheten und die Psalmen in einen Zustand religiöser Unterdrückung geraten. Auch das Römische Reich hatte sie in religiöser Hinsicht nicht versklavt, obwohl es ihr Land schon seit dem Jahre 63 v. u. Z. beherrschte. Sie waren durch die vielen menschlichen Überlieferungen und Vorschriften, die später gesammelt und im jüdischen Talmud schriftlich niedergelegt wurden, zu Sklaven gemacht worden.
4. Durch wen gerieten sie in diese Knechtschaft, und wie? Und zu welcher Handlungsweise gegenüber den Propheten Gottes wurden sie dadurch veranlaßt?
4 Obwohl diese Überlieferungen, Regeln und Vorschriften nichtinspirierter Männer dem Gesetz, den Propheten und den Psalmen widersprachen und sie ungültig machten, setzten die religiösen Führer sie an die Stelle des inspirierten geschriebenen Wortes Gottes, und das Volk, das ihnen vertraute, ließ es zu. Dadurch geriet es in eine Knechtschaft, durch die es religiösen Führern hörig wurde, die für die aus früheren Zeiten überlieferten Lehren und Bräuche von Menschen mehr übrig hatten als für Gottes deutlich niedergeschriebene Gesetze und Anordnungen. Diese Knechtschaft machte die Menschen blind. Sie machte sie zu blinden Nachfolgern ihrer blinden religiösen Führer und zu Gegnern der inspirierten Männer, die Gott zu ihnen sandte. Wie die reinen geschichtlichen Tatsachen zeigen, machte diese Knechtschaft sie auch zu Gegnern ihres größten Propheten, der sich unverkennbar als Gottes Sohn erwies, ja sie bewirkte sogar, daß sie seine Tötung veranlaßten.
5. Wie verhielt sich das Volk gegenüber dem Schutz, den Jesus ihm anbot, und was geschah daher mit Jerusalem?
5 Denken wir zum Beispiel an das, was im Jahre 33 u. Z., im neunzehnten Jahr der Regierung des römischen Kaisers Tiberius, in der alten befestigten Stadt Jerusalem geschah. Drei Tage vor dem jüdischen Passah jenes Jahres stellte Jesus Christus die religiöse Sklaverei, in der sich das Volk damals befand, öffentlich bloß und sagte dann über dessen heilige Stadt: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind, — wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel versammelt! Ihr aber habt nicht gewollt. Seht, euer Haus wird euch verödet überlassen. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von nun an auf keinen Fall mehr sehen, bis ihr sagt: ‚Gesegnet ist, der im Namen Jehovas kommt!‘“ (Matth. 23:1-4, 15, 37-39) Das Volk, das seinen traditionsgebundenen religiösen Führern folgte, wollte sich nicht unter den Schutz begeben, den ihm Jesus Christus anbot, es wollte sich nicht versammeln lassen, wie ein Henne ihre Küken zum Schutz unter ihre Flügel versammelt. Das damalige Jerusalem sagte zu Jesus nie: „Gesegnet ist, der im Namen Jehovas kommt!“ Deshalb wurde diese jüdische Stadt im Jahre 70 u. Z. auf furchtbare Weise zerstört.
6. Wie veranschaulichte der Apostel Paulus durch einen Hinweis auf die Familie Abrahams die Sklaverei, in der sich sein Volk befand, und wie lange blieb Jerusalem in dieser Sklaverei?
6 Auch die Apostel Jesu Christi erkannten, daß die Menschen in religiöser Hinsicht Gefangene waren. Ungefähr zwanzig Jahre vor der Zerstörung Jerusalems durch die Römer schrieb der Apostel Paulus an einige Jünger in Galatien, die irregeführt worden und dadurch in die Knechtschaft religiöser Traditionen geraten waren, folgendes: „Abraham [erwarb] zwei Söhne ..., einen von der Magd und einen von der Freien ... Diese [Magd] Hagar ... entspricht dem heutigen Jerusalem, denn dieses befindet sich mit seinen Kindern in Sklaverei. Deshalb, Brüder, sind wir nicht Kinder einer Magd [Hagar], sondern der Freien. Für eine solche Freiheit hat Christus uns frei gemacht. Darum steht fest und laßt euch nicht wieder in ein Joch der Sklaverei spannen.“ (Gal. 4:21-25, 31; 5:1) Das heißt, daß Jerusalem, siebzehn Jahre nachdem Jesus außerhalb seiner Tore gestorben war, in religiöser Hinsicht immer noch versklavt war und es blieb in dieser Sklaverei, bis es im Jahre 70 u. Z. zerstört wurde und Zehntausende seiner versklavten Kinder in die Sklaverei der heidnischen Römer weggeschleppt wurden.
DIE FREILASSUNG GEPREDIGT UND ANGEBOTEN
7. Ging es in den Tagen Jesu um die Freilassung des Volkes oder um dessen Vernichtung, und was beweist in diesem Zusammenhang die jüdische Geschichte?
7 War also damals, vor 1900 Jahren, als Jesus Christus zu seinem Volke kam, eine Freilassung der Menschen nötig? Ging es damals tatsächlich um Freilassung oder Vernichtung? Kamen Menschen tatsächlich um, weil sie es abgelehnt hatten, in religiöser Hinsicht befreit zu werden? Jawohl! Gemäß dem jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus kamen damals 1 100 000 Menschen um. Ihre Priester, ihr prachtvoller Tempel und ihr Altar, ihre heilige Stadt und ihre in damaligem Hebräisch und Aramäisch abgefaßten heiligen Bücher, das Gesetz, die Propheten und die Psalmen, retteten sie nicht. Sie hatten die Freilassung, die ihnen Gott auf seine Weise angeboten hatte, abgelehnt. Ein Aufstand im Jahre 66 u. Z., bei dem sie sich heldenhaft bemüht hatten, von der römischen Herrschaft frei zu werden, hatte ihnen die Befreiung nicht gebracht. Gott hatte ihr „Haus“, ihren heiligen Tempel in Jerusalem, tatsächlich sich selbst überlassen. Er verhinderte nicht, daß es im Jahre 70 u. Z. zerstört wurde.
8. (a) Wie lange dauerte es bei Jerusalem, bis sich die schlechten Ergebnisse einer verkehrten Handlungsweise bemerkbar machten? (b) Als was kehrte Jesus nach Nazareth zurück, und was tat er dort am Sabbattag passenderweise?
8 Bevor sich die schlechten Ergebnisse einer verkehrten Handlungsweise bemerkbar machen, vergeht Zeit. So war es auch bei Jerusalem und seinem Tempel. In diesem Falle dauerte es mindestens vierzig Jahre. Zur Passahzeit des Frühjahrs 30 u. Z. reinigte Jesus Christus den Tempel von Geldmaklern und Verkäufern, die den Tempel in ein „Kaufhaus“ verwandelt hatten. (Joh. 2:13-17) Einige Monate später besuchte er seine Heimatstadt, Nazareth. Im vorhergehenden Jahr hatte er Nazareth als Zimmermann verlassen. Nun kehrte er als Prediger des Königreiches Gottes zurück. Am jüdischen Sabbat ging er nach seiner Gewohnheit in die Synagoge, nicht nur, um zuzuhören, sondern, um seine Botschaft der Freilassung zu überbringen. Er erhob sich, um den anwesenden jüdischen Anbetern einen Auszug aus der Heiligen Schrift vorzulesen. „Da wurde ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja gereicht, und er öffnete die Buchrolle und fand die Stelle, wo geschrieben stand: ‚Jehovas Geist ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, um den Armen gute Botschaft zu verkünden, er hat mich ausgesandt, um den Gefangenen die Freilassung zu predigen und den Blinden die Wiederherstellung des Augenlichts, um die Zerschlagenen als Freigelassene wegzusenden, um Jehovas annehmbares Jahr zu predigen.‘“ — Luk. 4:16-19.
9. Wo war die Prophezeiung, die Jesus vorlas, zu finden, und wer sollte bei ihrer ersten Erfüllung aus der Gefangenschaft befreit werden?
9 Das war die Prophezeiung aus Jesaja 61:1, 2, die spätestens im Jahre 732 v. u. Z. aufgezeichnet wurde, also mindestens 125 Jahre bevor die babylonischen Heere Jerusalem zerstörten und die meisten der überlebenden Juden in die Gefangenschaft nach Babylon, der Hauptstadt der falschen Religion, wegschleppten. In Babylon wurden die Juden bedrückt, und ihr Gott, Jehova, wurde verspottet. Das Wort des Propheten Jesaja erfüllte sich: „Seine Beherrscher jauchzen, spricht Jehova, und beständig, den ganzen Tag, wird mein Name gelästert.“ (Jes. 52:5) Babylon dachte nicht daran, die gefangenen Juden freizulassen. Das religiöse Babylon mußte gestürzt werden, damit die gefangenen Juden freigelassen werden konnten. Aus diesem Grunde erklärte Jesaja in seiner Prophezeiung über den Sturz Babylons, die Menschen würden folgende Frage über Babylons gestürztes Herrscherhaus stellen: „Ist das der Mann, der die Erde beben machte, Königreiche erschütterte; der den Erdkreis der Wüste gleich machte und dessen Städte niederriß, dessen Gefangene [aus dem Gefängnis, Br] nicht in die Heimat entließ?“ (Jes. 14:16, 17) Jesajas Prophezeiung über einen gesalbten Prediger deutete jedoch an, daß die jüdischen Gefangenen freigelassen würden. Und die Freilassung kam auch — im Jahre 537 v. u. Z.
10. Wie wurde die Frage, wer der von Jesaja vorhergesagte gesalbte Prediger sein würde, in der Synagoge von Nazareth beantwortet?
10 Wer war der gesalbte Prediger, auf den sich Jesaja bezog? Die in den Hebräischen Schriften aufgezeichneten prophetischen Worte lauten: „Der Geist des Herrn, Jehovas, ist auf mir, weil Jehova mich gesalbt hat, um den Sanftmütigen frohe Botschaft zu bringen, weil er mich gesandt hat, um zu verbinden, die zerbrochenen Herzens sind, Freiheit auszurufen den Gefangenen, und Öffnung des Kerkers den Gebundenen; um auszurufen das Jahr der Annehmung Jehovas und den Tag der Rache unseres Gottes, und zu trösten alle Trauernden.“ (Jes. 61:1, 2) Die Frage, wer dieser gesalbte Prediger war, wurde von Jesus Christus in der Synagoge in Nazareth beantwortet. Nachdem er Jesajas Prophezeiung vorgelesen hatte, gab er dem Diener die Buchrolle zurück, setzte sich und sagte zu allen in der Synagoge: „Heute hat sich dieses Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“ (Luk. 4:20, 21) Das bedeutete, daß Jesus der gesalbte Prediger war.
11. (a) Wieso war das, was Jesus dort sagte, richtig? (b) Warum suchte er außerhalb Nazareths Juden, die die Freilassung aus der Gefangenschaft herbeisehnten?
11 Was Jesus sagte, war richtig. Im vorangehenden Jahr war er von Johannes dem Täufer getauft worden, und als er damals aus dem Jordan heraufstieg, goß Gott seinen heiligen Geist auf den getauften Jesus aus. Der Herr Jehova salbte ihn mit heiligem Geist. Auf diese Weise wurde Jesus der Gesalbte, der den Gefangenen die Freilassung predigen sollte und denen, die durch die dichte Finsternis in ihrem religiösen Gefängnis blind geworden waren, die Wiederherstellung des Augenlichts. (Matth. 3:13-17) Jesus erklärte jedoch jenen Nazarenern in der Synagoge: „Wahrlich ich sage euch, daß kein Prophet in seinem Heimatgebiet aufgenommen wird.“ Jesus hatte recht, denn als er seine Predigt beendet hatte, versuchten sie ihn zu töten, obwohl er doch der Gesalbte, der Messias oder Christus, war. Jesus Christus sollte aber nicht so sterben, wie sie seinen Tod herbeiführen wollten. Mit Gottes Hilfe entkam er ihnen deshalb und predigte woanders weiter. (Luk. 4:22-30) Er suchte außerhalb seines Heimatgebietes Juden, die die Freilassung aus der Gefangenschaft herbeisehnten.
12. Erfüllte sich Jesajas Prophezeiung über den gesalbten Prediger an Jesus endgültig, und was bewies das, was danach zu Pfingsten geschah?
12 Erfüllte sich Jesajas Prophezeiung über den gesalbten Prediger an Jesus Christus endgültig? Nein! Die Botschaft der Freilassung wurde nicht nur bis zum Passah des Jahres 33 u. Z., das heißt bis zu dem Tag, an dem Jesus starb, gepredigt. Jerusalem, die jüdische Hauptstadt, befand sich auch nach Jesu Tod „mit seinen Kindern [noch] in Sklaverei“. (Gal. 4:25) Jesus hatte jedoch zwölf Männer um sich geschart, die die meiste Zeit bei ihm sein sollten. Nach seiner Auferstehung und vor seiner Rückkehr in den Himmel sagte er zu seinen treuen Aposteln: „Ihr werdet jedoch Kraft empfangen, wenn der heilige Geist auf euch gekommen sein wird, und ihr werdet Zeugen von mir sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis zum entferntesten Teil der Erde.“ Zehn Tage später, am Pfingstfest, kam der heilige Geist dort in Jerusalem tatsächlich auf sie. (Apg. 1:1-9; 2:1-21) Auf diese Weise begann der Herr Jehova, die getauften Nachfolger Jesu Christi mit Geist zu salben. (2. Kor. 1:21; 1. Joh. 2:20, 27) Dadurch erfüllte sich Jesajas Prophezeiung auch an ihnen, und das verpflichtete sie, „den Gefangenen die Freilassung“ zu predigen.
13. Wie zeigte der Apostel Petrus am Pfingsttag, wie notwendig die Freilassung für jene Menschen war?
13 Die Juden und Proselyten, die sich zu Tausenden versammelt hatten, um Petrus und die übrigen Apostel zu hören, die an jenem Pfingsttag unter dem Einfluß des heiligen Geistes predigten, mögen nicht völlig erkannt haben, wie wichtig und zeitgemäß diese Freilassung aus religiöser Gefangenschaft war. Petrus hatte es jedoch erkannt und sagte zu denen, die mehr wissen wollten: „Laßt euch aus dieser verkehrten Generation retten.“ In seiner vorangegangenen Rede hatte er auch Joels Prophezeiung über die Ausgießung des Geistes Jehovas in den letzten Tagen angeführt und dann seine Ausführungen fortgesetzt, indem er den Rest von Joels Prophezeiung zitierte: „Und ich [Jehova] will Wunder hervorbringen im Himmel droben und Zeichen auf der Erde unten, Blut und Feuer und Rauchdunst, die Sonne wird in Finsternis verwandelt werden und der Mond in Blut, ehe der große und glanzvolle Tag Jehovas gekommen sein wird. Und ein jeder, der den Namen Jehovas anruft, wird gerettet werden.“ (Apg. 2:16-21, 40; Joel 2:28-32) Das bedeutete, daß die Ausgießung des heiligen Geistes und das Predigen der Freilassung Vorboten einer außergewöhnlich schweren Zeit sein würden, in der die „verkehrte Generation“ und alle, die den Namen Jehovas nicht anrufen würden, vernichtet werden sollten.
WAS DER GEISTSALBUNG FOLGEN MUSSTE
14, 15. Was sollte nach der Geistsalbung über jenes Volk kommen, und wie hatte Gabriel dies dem Daniel vorhergesagt?
14 Schwere Zeiten waren für das irdische Jerusalem, das „mit seinen Kindern in Sklaverei“ war, im Anzug. Das ging auch aus einer anderen prophetischen Äußerung über die Salbung hervor. In dieser Prophezeiung gab der Engel Gabriel dem Propheten Daniel genau das Jahr an, in dem Jesus mit heiligem Geist zum „Messias, dem Fürsten“, gesalbt werden und auch die Salbung seiner Nachfolger vor sich gehen sollte. Danach sollten schwere Zeiten kommen, denn der Engel Gabriel sagte unter anderem:
15 „Siebenzig Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Abschluß zu bringen ... und ein Allerheiligstes zu salben ... der Messias [wird] weggetan werden und nichts haben. Und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und das Ende davon wird durch die überströmende Flut sein; und bis ans Ende: Krieg, Festbeschlossenes von Verwüstungen.“
16. Was war das „Allerheiligste“, das gesalbt werden sollte, und wann und wie wurde es gesalbt?
16 Das in diesen Worten aus Daniel 9:24-26 erwähnte „Allerheiligste“, das gesalbt werden sollte, stellt Gottes geistigen Tempel oder geistiges Heiligtum dar, das sich aus Jesus Christus und seinen 144 000 treuen Nachfolgern zusammensetzt, die zu „lebendigen Steinen“ des geistigen Tempels werden. Gott bewohnt seinen aus lebendigen Steinen bestehenden Tempel durch seinen Geist. (1. Petr. 2:5; Eph. 2:20-22; 1. Kor. 3:16, 17) Dieser gesalbte Tempel ist also etwas anderes als das „Heiligtum“, das durch das Volk des kommenden Fürsten zerstört werden sollte. Das verurteilte „Heiligtum“ war das Haus der Anbetung, der Tempel aus buchstäblichen, leblosen Steinen, von dem Jesus sagte, Gott habe ihn den ungläubigen Juden überlassen. (Matth. 23:38) Dieses „Heiligtum“ war nicht mit Gottes heiligem Geist gesalbt worden. Jesus wurde jedoch zu Beginn der siebzigsten Woche, im Jahre 29 u. Z., mit heiligem Geist getauft. Kurz nach der Mitte der siebzigsten Woche, am Pfingsttag, wurden in Jerusalem seine treuen Apostel und andere seiner Jünger mit heiligem Geist gesalbt, und gegen Ende der siebzigsten Woche wurden in Cäsarea, ungefähr 80 Kilometer nordwestlich von Jerusalem, die ersten heidnischen oder nichtjüdischen Gläubigen mit heiligem Geist gesalbt.a
17. (a) Was war das von Gott Festbeschlossene, das über die „Stadt und das Heiligtum“ kam? Was geschah jedoch mit dem „Allerheiligsten“? (b) Vor welchem Tag warnte Petrus also die Juden am Pfingsttag?
17 Dieses gesalbte „Allerheiligste“ blieb bestehen, als die „heilige Stadt“ und das „Heiligtum“ vierunddreißig Jahre nach Ablauf der siebzigsten Woche zerstört wurden. So, wie es der Engel Gabriel Daniel gesagt hatte, war bis zum Ende Jerusalems und seines Tempels Krieg, und Titus, der römische „Fürst“, brachte mit seinen Legionen schließlich das von Jehova Gott Festbeschlossene, nämlich „Verwüstungen“, über die „Stadt und das Heiligtum“. Das war für Jerusalem und seine Kinder bestimmt ein „Tag Jehovas“. In Verbindung damit gab es viel „Blut und Feuer und Rauchdunst“; die Sonne durchdrang bei Tag die Düsterheit der Stadt nicht, und der Mond, dessen Farbe auf vergossenes Blut hinwies, ließ bei Nacht sein friedliches, silbernes Licht nicht scheinen. Diese Dinge geschahen, nachdem Jehova Gott am Pfingsttag des Jahres 33 u. Z. in Jerusalem seinen heiligen Geist auf Fleisch von jeder Art ausgegossen hatte, was eine Erfüllung der Prophezeiung Joels gewesen war, die der Apostel Petrus bei dieser Gelegenheit vor Tausenden von Juden und Proselyten angeführt hatte. Petrus warnte damals diese beschnittenen Juden und Proselyten besonders vor dem „großen und glanzvollen Tag Jehovas“, der im Jahre 70 u. Z. kommen sollte.
18. Wie zeigte Jesus, als er nach Jerusalem ritt, durch seine Prophezeiung über diese Stadt, daß das Volk die Freilassung unbedingt hätte annehmen sollen?
18 War es also dringend notwendig, daß diese in religiöser Hinsicht Gefangenen die Freilassung, die ihnen Jesu Jünger predigten, annahmen, ja war es wirklich dringend notwendig, daß sie den Namen Jehovas durch Jesus Christus anriefen, um gerettet zu werden? Ganz bestimmt! Als Jesus zwei Monate vor Pfingsten als König nach Jerusalem ritt, hielt er unterwegs an, weinte über die Stadt und sprach: „Wenn du, ja du, an diesem Tage die Dinge erkannt hättest, die zu deinem Frieden dienen — doch nun sind sie vor deinen Augen verborgen. Denn es werden Tage über dich kommen, da werden deine Feinde eine Befestigung aus Spitzpfählen um dich bauen und werden dich ringsum einschließen und dich von allen Seiten bedrängen, und sie werden dich und deine Kinder in deiner Mitte zu Boden schmettern, und sie werden in dir keinen Stein auf dem anderen lassen, weil du die Zeit deiner Besichtigung nicht erkannt hast.“ — Luk. 19:41-44.
19, 20. (a) Was sagte Jesus bei einer Besichtigung des Tempels Jerusalems über dieses Gebäude voraus? (b) Welche Prophezeiung äußerte Jesus über Jerusalem als Antwort auf die Frage seiner Apostel, und welchen Tag predigte er dadurch?
19 Zwei Tage später — Jesus hatte den Juden gerade erklärt, ihr Tempel, ihr Haus der Anbetung, sei ihnen überlassen worden — besichtigte er den Tempel und sagte zu seinen Aposteln: „Seht ihr nicht alle diese Dinge? Wahrlich ich sage euch: Bestimmt wird hier nicht ein Stein auf dem anderen gelassen, der nicht niedergerissen werden wird.“ (Matth. 23:38; 24:1, 2) Wann sollte das sein? Seine Apostel stellten ihm später diese Frage.
20 Darauf äußerte er seine Prophezeiung über das Ende dieses Systems der Dinge. Er sagte: „Wenn ihr ... die Stadt Jerusalem von Heeren umlagert seht, dann erkennt, daß ihre Verwüstung nahe gekommen ist. Dann sollen jene, die in Judäa sind, in die Berge zu fliehen beginnen, und die in ihrer Mitte sind, sollen hinausgehen, und jene, die sich an Orten auf dem Lande befinden, sollen nicht in sie hineingehen; denn das sind Tage, in denen nach dem Recht verfahren wird, damit alles erfüllt werde, was geschrieben steht. Wehe den schwangeren Frauen und denen, die ein Kleinkind stillen in jenen Tagen! Denn dann wird große Not im Lande sein und Zorn über diesem Volk; und sie werden durch die Schärfe des Schwertes fallen und als Gefangene zu allen Nationen geführt werden; und Jerusalem wird von den Nationen niedergetreten werden, bis die bestimmten Zeiten der Nationen erfüllt sind.“ (Luk. 21:20-24) Damals predigte Jesus den Tag der Rache unseres Gottes.
21. Wie sagte Jesus auf seinem Weg nach Golgotha über Jerusalem und seine Töchter Unglück voraus?
21 Drei Tage später befand sich Jesus auf dem Wege nach Golgotha, gefolgt von Simon von Kyrene, der den Marterpfahl für Jesus trug. „Es folgte ihm aber eine große Menge Volkes und Frauen, die sich vor Leid beständig schlugen und um ihn wehklagten. Jesus wandte sich zu den Frauen und sprach: ‚Töchter Jerusalems, hört auf, meinetwegen zu weinen. Weint im Gegenteil euretwegen und wegen eurer Kinder; denn siehe, Tage kommen, an denen man sagen wird: „Glücklich sind die unfruchtbaren Frauen und die Schöße die nicht geboren, und die Brüste, die nicht genährt haben!“ Dann wird man anfangen, zu den Bergen zu sagen: „Fallet über uns!“ und zu den Hügeln: „Bedecket uns!“ Denn wenn man diese Dinge tut, wenn der Baum saftig ist, was wird geschehen, wenn er verdorrt ist?‘“ — Luk. 23:26-31.
22. Wieso hatte der symbolische Baum immer noch etwas Lebenssaft, und wie sollte er verdorren?
22 Die jüdische Nation hatte als Baum immer noch etwas Lebenssaft, weil immer noch ein gläubiger Überrest in ihrer Mitte war. Würde dieser christianisierte Überrest jedoch entfernt, so würde der Baum in geistiger Hinsicht absterben, das heißt, die nationale Organisation würde gewissermaßen verdorren. Dann würde Gottes Zorn in seiner ganzen Heftigkeit über die Juden hereinbrechen!
23. Was sagte Paulus einige Jahre später über die Handlungsweise der Juden und über das, was über sie kommen sollte, und kam es tatsächlich über sie?
23 Ungefähr siebzehn Jahre nachdem Jesus die warnenden Worte über den verdorrten Baum ausgesprochen hatte, schrieb der Apostel Paulus, ein bekehrter Jude, an die Christenversammlung in Thessalonich (Mazedonien), die verfolgt wurde, folgendes: „Ihr, Brüder, wurdet Nachahmer der Versammlung Gottes, die in der Gemeinschaft mit Christus Jesus in Judäa sind, denn auch ihr habt von seiten eurer eigenen Landsleute dieselben Dinge erlitten, wie auch sie von seiten der Juden, welche sogar den Herrn Jesus und die Propheten getötet und uns verfolgt haben. Überdies gefallen sie Gott nicht, sondern sind gegen die Interessen aller Menschen, da sie versuchen, uns daran zu hindern, zu Leuten von den Nationen zu reden, daß diese gerettet würden, so daß sie das Maß ihrer Sünden allezeit vollmachen. Doch ist sein Zorn schließlich über sie gekommen.“ (1. Thess. 2:14-16) Wie zutreffend diese Worte doch waren! Denn zwanzig Jahre später brach der große und glanzvolle Tag Jehovas über die Juden herein, und Gottes Zorn wurde durch die römischen Heere über sie ausgegossen.
24. Was blieb den Bewohnern von Judäa und Jerusalem versagt, nachdem die christianisierten Juden geflohen waren, und hatte das etwas Bestimmtes zu bedeuten?
24 Den Rat Jesu befolgend, flohen die jüdischen Christen aus Jerusalem und aus der Provinz Judäa und überließen die ungläubigen Juden dem über sie vorhergesagten schrecklichen Ende. Von da an wurde auch Jehovas heiliger Geist nicht mehr auf Juden in Jerusalem und Judäa ausgegossen. Das war ein schlimmes Vorzeichen, ein Hinweis auf bevorstehendes Unheil!
25. Wie brachte die Verwerfung der von Jesu Nachfolgern gepredigten Freilassung für die Juden die Vernichtung mit sich?
25 Die ungläubigen Juden verwarfen die Botschaft von der Freilassung, die die mit heiligem Geist gesalbten Nachfolger Christi predigten. Sie zogen es vor, Gefangene des traditionsgebundenen Systems des Judentums zu bleiben. Ihr religiöser Tisch wurde ihnen zu einem Fallstrick, durch den sie in die Vernichtung gingen. (Ps. 69:22; Röm. 11:9) Sie verwarfen Jesus Christus als das „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“, und feierten weiterhin jedes Jahr ihr Passah in Jerusalem. Statt mit den Christen aus Jerusalem und Judäa zu fliehen, strömten sie im Frühjahr des Jahres 70 u. Z. zu Hunderttausenden nach Jerusalem. Da kehrten die römischen Legionen unter General Titus zurück und schlossen sie in Jerusalem ein, indem sie einen acht Kilometer langen Befestigungswall um die zum Untergang verurteilte Stadt bauten. Nach einer grausamen Belagerung fiel Jerusalem am 8. September des Jahres 70 u. Z. General Titus in die Hände. Wie der Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet, belief sich die Zahl der Toten auf 1 100 000, und 97 000 unglückliche Überlebende wurden in die Sklaverei weggeführt. Für mindestens 1 100 000 Menschen hatte die Ablehnung der Freilassung durch Jesus Christus grausame Vernichtung zur Folge.
[Fußnote]
a Siehe Der Wachtturm vom 1. April 1947, Seite 107, unter der Überschrift „Die guten Ergebnisse der siebzig Wochen“.
[Bild auf Seite 110]
„Bestimmt wird hier nicht ein Stein auf dem anderen gelassen, der nicht niedergerissen werden wird.“