Kapitel 11
Den Gedankenaustausch aufrechterhalten
1, 2. Was ist Gedankenaustausch, und warum ist er wichtig?
GEDANKENAUSTAUSCH bedeutet mehr, als nur zu reden. Der Apostel Paulus sagte einmal sinngemäß: „Wenn dein Zuhörer deine Worte nicht versteht, dann wirst du in die Luft reden“ (1. Korinther 14:9). Verstehen deine Kinder, was du ihnen sagst, und verstehst du wirklich, was sie dir sagen möchten?
2 Echter Gedankenaustausch erfordert, daß man miteinander über seine Gedanken, Ideen und Gefühle spricht. Wenn man die Liebe als das Herz eines glücklichen Familienlebens bezeichnet, dann könnte man vom Gedankenaustausch als von seinem Lebensblut sprechen. Reißt der Gedankenaustausch zwischen Ehepartnern ab, so gibt es Schwierigkeiten; genauso schwerwiegend, wenn nicht noch schwerwiegender, ist es, wenn Eltern und Kinder nicht mehr miteinander reden.
AUF LANGE SICHT PLANEN
3. Während welcher Zeit im Leben eines Kindes sollten Eltern Schwierigkeiten in Verbindung mit dem Gedankenaustausch erwarten?
3 Am gefährdetsten ist der Gedankenaustausch zwischen Eltern und Kindern nicht in den ersten Lebensjahren eines Kindes, sondern in den Entwicklungsjahren. Die Eltern müssen sich schon im voraus darauf einstellen. Es wäre unrealistisch, zu erwarten, daß diese Jahre ohne Schwierigkeiten vorübergingen, nur weil die ersten Jahre der Kinder verhältnismäßig problemlos waren. Probleme wird es bestimmt geben, doch ein guter Gedankenaustausch kann wesentlich dazu beitragen, sie zu lösen oder zu verringern. Eltern, die dies erkennen, müssen daher vorausblicken und vorausdenken, denn „besser ist das nachherige Ende einer Sache als ihr Anfang“ (Prediger 7:8).
4. Muß jeglicher Gedankenaustausch in der Familie in Form einer Unterhaltung stattfinden? Erkläre es.
4 Es gehört viel dazu, den Gedankenaustausch in der Familie herzustellen und aufrechtzuerhalten. Im Laufe der Jahre können Mann und Frau ein solch tiefes Vertrauen und ein solch gegenseitiges Verständnis entwickeln, daß ihnen sogar ohne Worte ein Gedankenaustausch möglich ist; schon ein Blick, ein Lächeln oder eine Berührung kann für sie Bände sprechen. Sie sollten versuchen, für den Gedankenaustausch mit ihren Kindern eine ähnlich starke Grundlage zu schaffen. Bevor ein Kind versteht, was gesprochen wird, vermitteln ihm seine Eltern ein Gefühl der Geborgenheit und Liebe. Wenn die Kinder dann größer werden, kann ein guter Gedankenaustausch hergestellt werden, indem die Familie zusammen arbeitet, spielt und, was noch wichtiger ist, Gott anbetet. Es erfordert jedoch echte Mühe und Weisheit, diesen Gedankenaustausch aufrechtzuerhalten.
ERMUTIGE DEIN KIND, SICH ZU ÄUSSERN
5—7. (a) Weshalb sollten Eltern es vermeiden, ihren Kindern das Wort abzuschneiden? (b) Wie könnten Eltern ihren Kindern Höflichkeit beibringen?
5 Eine alte Redewendung lautet: „Kinder sollte man sehen, aber nicht hören.“ Das stimmt — doch nur manchmal. Kinder müssen lernen, daß es, wie die Bibel sagt, „eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden“ gibt (Prediger 3:7). Aber Kinder verlangen nach Aufmerksamkeit, und Eltern müssen sich davor hüten, spontane Äußerungen ihrer Kinder unnötig zu unterdrücken. Erwarte nicht, daß ein kleines Kind Erlebnisse genauso auffaßt wie ein Erwachsener. Der Erwachsene betrachtet ein einzelnes Vorkommnis lediglich als einen Bestandteil des breiten Panoramas des Lebens. Ein Kind dagegen kann durch eine Angelegenheit von unmittelbarem Interesse so erregt werden und so darin aufgehen, daß es fast alles andere vergißt. Ein kleines Kind mag plötzlich ins Zimmer stürzen und seinem Vater oder seiner Mutter ganz aufgeregt etwas erzählen. Wenn die Eltern dann dem Kind das Wort abschneiden und gereizt sagen: „Sei jetzt still!“ oder sich sonstwie verärgert äußern, kann die Begeisterung des Kindes zerstört werden. Kindliches Gerede mag nicht viel zu vermitteln scheinen. Doch wenn du deine Kinder ermutigst, sich zu äußern, kannst du verhindern, daß sie später Dinge für sich behalten, die du wissen möchtest und solltest.
6 Höflichkeit und Freundlichkeit tragen zu einem guten Gedankenaustausch bei. Kinder sollten lernen, höflich zu sein, und ihre Eltern sollten ihnen in dieser wie auch in anderer Hinsicht ein gutes Beispiel geben. Kinder brauchen Zurechtweisung, und sie sollte erteilt werden, wenn nötig mit Strenge (Sprüche 3:11, 12; 15:31, 32; Titus 1:13). Wenn die Eltern ihren Kindern jedoch jedesmal das Wort abschneiden, sie ständig korrigieren oder, was noch schlimmer ist, sie lächerlich machen, dann werden sie sich wahrscheinlich in sich zurückziehen — oder sie werden sich an jemand anders wenden, wenn sie das Bedürfnis haben, etwas zu sagen. Je älter der Sohn oder die Tochter wird, desto mehr wird dies der Fall sein. Tu doch einmal folgendes: Denke heute abend über die Gespräche nach, die du im Laufe des Tages mit deinem Sohn oder deiner Tochter geführt hast, und dann frage dich: Wie oft habe ich meinem Kind für etwas gedankt, es ermuntert oder es gelobt? Wie oft habe ich dagegen etwas Negatives gesagt, wodurch es herabgesetzt wurde, etwas, wodurch ich Unzufriedenheit, Gereiztheit oder Ärger zum Ausdruck gebracht habe? Du magst überrascht sein, wenn du dich einmal diesbezüglich überprüfst (Sprüche 12:18).
7 Die Geduld und Selbstbeherrschung der Eltern wird häufig auf die Probe gestellt. Viele Kinder neigen dazu, impulsiv zu sein. Sie mögen mit etwas herausplatzen, was sie gerade im Sinn haben, und dabei vielleicht eine Unterhaltung von Erwachsenen unterbrechen. Man könnte sein Kind dann einfach ausschimpfen. Doch manchmal mag es weiser sein, höflich zuzuhören und dadurch ein Beispiel für Selbstbeherrschung zu geben und dann, nach einer kurzen Antwort, das Kind freundlich darauf hinzuweisen, daß es höflich und rücksichtsvoll sein sollte. Auch hier findet wieder der Rat Anwendung, „schnell [zu] sein zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn“ (Jakobus 1:19).
8. Wie können Eltern ihre Kinder ermutigen, sich mit Problemen an sie zu wenden?
8 Du möchtest, daß sich deine Kinder an dich wenden, wenn sie Probleme haben. Du kannst sie dazu ermutigen, indem du ihnen zeigst, daß auch du Anleitung brauchst und dich jemandem unterordnen mußt. Ein Vater erzählte, wie er mit seinen Kindern einen guten Gedankenaustausch pflegt, solange sie noch klein sind:
„Fast jeden Abend bete ich zur Schlafenszeit mit meinen Kindern. Im allgemeinen sind sie dann im Bett, und ich knie daneben nieder und lege meinen Arm um sie. Ich spreche ein Gebet, und oft sprechen sie darauf auch eins. Es kommt nicht selten vor, daß sie mich dann küssen und sagen: ,Vati, ich liebe dich‘ und mir etwas offenbaren, was sie auf dem Herzen haben. In der Wärme ihres Bettes und in der Geborgenheit der Umarmung ihres Vaters erzählen sie dann ein persönliches Problem, bei dem sie Hilfe haben möchten, oder sie bringen einfach ihre Zuneigung zum Ausdruck.“
Bei Mahlzeiten und anderen Gelegenheiten kannst du durch deine Gebete, wenn sie keine Routinesache, sondern ausdrucksvoll sind, wenn sie aus dem Herzen kommen und ein echtes, persönliches Verhältnis zu deinem himmlischen Schöpfer und Vater widerspiegeln, sehr viel dazu beitragen, ein gutes Verhältnis zu deinen Kindern herzustellen (1. Johannes 3:21; 4:17, 18).
DIE ÜBERGANGSJAHRE
9. Was kann über die Probleme und Bedürfnisse eines Jugendlichen im Vergleich zu denen eines Kindes gesagt werden?
9 Die Jugend ist eine Übergangszeit, eine Zeit, in der dein Sohn oder deine Tochter kein Kind mehr, aber auch noch kein Erwachsener ist. Der Körper eines Jugendlichen macht Veränderungen durch, und das wirkt sich auf seine Gefühle aus. Die Probleme und Bedürfnisse eines Jugendlichen sind anders als die eines Kindes. Die Eltern müssen daher ihre Methoden ändern, wenn sie auf solche Probleme und Bedürfnisse eingehen, denn was bei einem Kind hilft, hilft nicht unbedingt bei einem Jugendlichen. Ein Jugendlicher will mehr Gründe haben, und das bedeutet, daß der Gedankenaustausch vermehrt und nicht verringert werden sollte.
10. (a) Weshalb sind einfache Erklärungen zu geschlechtlichen Fragen für Jugendliche nicht ausreichend? (b) Wie könnten Eltern die Sprache auf sexuelle Vorgänge bringen?
10 Die einfachen Erklärungen, die du deinem Kind zu geschlechtlichen Fragen gegeben hast, werden den Bedürfnissen Jugendlicher nicht mehr genügen. Sie verspüren einen Geschlechtsdrang, aber oft stellen sie ihrem Vater oder ihrer Mutter aus Verlegenheit keine Fragen. Die Eltern müssen hier die Initiative ergreifen, und das wird nicht leicht sein, wenn sie keinen guten Gedankenaustausch hergestellt und gepflegt haben, besonders indem sie ihren Kindern bei der Arbeit und beim Spiel gute Gefährten gewesen sind. Das Einsetzen der Samenergüsse beim Jungen oder der Menstruation beim Mädchen wird viel weniger beunruhigend sein, wenn man ihnen diese Vorgänge im voraus erklärt hat (3. Mose 15:16, 17; 18:19). Ein Vater kann vielleicht auf einem Spaziergang mit seinem Sohn das Problem der Masturbation zur Sprache bringen und erwähnen, daß die meisten jungen Männer mehr oder weniger Probleme damit haben. Er könnte dann fragen: „Wie denkst du denn darüber?“ oder: „Ist das ein Problem für dich?“ Auch im Familiengespräch kann man Probleme behandeln, die mit der Jugend zusammenhängen, und Vater und Mutter können sich in einer entspannten Atmosphäre frei dazu äußern.
DIE BEDÜRFNISSE DER JUGENDLICHEN VERSTEHEN
11. In welcher Hinsicht unterscheiden sich Jugendliche von Erwachsenen?
11 „Erwirb Weisheit; und mit allem, was du erwirbst, erwirb Verständnis“ (Sprüche 4:7). Eltern, seid weise im Umgang mit Jugendlichen; habt Verständnis für ihre Gefühle. Vergeßt nicht, wie es war, als ihr noch jung wart. Denkt auch daran, daß jeder Erwachsene einmal jung war und weiß, wie es ist, jung zu sein, doch daß kein junger Mensch weiß, wie es ist, erwachsen zu sein. Der heranwachsende Jugendliche möchte nicht mehr wie ein Kind behandelt werden, aber er ist noch kein Erwachsener und hat viele Interessen noch nicht, die Erwachsene haben. Der Wunsch zu spielen ist bei ihm noch ziemlich ausgeprägt, und er braucht etwas Zeit dafür.
12. Wie möchten Jugendliche von ihren Eltern behandelt werden?
12 Es gibt gewisse Dinge, die Jugendliche in diesem Stadium des Lebens besonders von ihren Eltern erwarten. Sie möchten verstanden werden; sie möchten mehr denn je zuvor als Individuen behandelt werden; sie wünschen Richtlinien, die konsequent und ihrem Alter angepaßt sind; sie brauchen das Gefühl, benötigt und geschätzt zu werden.
13. Wie könnten Jugendliche auf Einschränkungen reagieren, und warum?
13 Eltern sollten nicht überrascht sein, wenn Jugendliche beginnen, sich in gewissem Maße gegen Einschränkungen aufzulehnen. Das liegt daran, daß die Jugendlichen auf dem Weg zur Selbständigkeit sind und den normalen Wunsch nach größerer Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit haben. Hilflose Säuglinge sind ständig auf die Obhut ihrer Eltern angewiesen, auch Kleinkinder brauchen sorgfältigen Schutz. Doch je älter Kinder werden, desto mehr erweitert sich ihr Betätigungsfeld. Die Beziehungen zu Personen außerhalb des Familienkreises nehmen zu und festigen sich. Aufgrund des Strebens nach Selbständigkeit mag ein Sohn oder eine Tochter etwas schwierig zu behandeln sein. Eltern dürfen — zum Nutzen ihrer Kinder — nicht zulassen, daß ihre Autorität ignoriert oder abgelehnt wird. Doch sie können sich auf ihre Kinder einstellen und den Gedankenaustausch aufrechterhalten, wenn sie im Sinn behalten, welche Ursache dieses möglicherweise beunruhigende Verhalten hat.
14. Wie könnten sich Eltern verhalten, wenn ein Kind größere Selbständigkeit wünscht?
14 Was sollen Eltern tun, wenn sie mit dem Drang ihres Sohnes oder ihrer Tochter nach größerer Selbständigkeit konfrontiert werden? Dieser Drang ist wie eine gespannte Feder, die man in der Hand hält. Läßt man sie plötzlich frei, so wird sie unkontrolliert in eine nicht vorauszusehende Richtung fliegen. Hält man sie zu lange fest, so ermüdet man selbst, und die Feder wird schwach. Läßt man sie aber allmählich und kontrolliert los, dann wird sie an der richtigen Stelle sitzen.
15. Was zeigt, daß Jesus unter der Anleitung seiner Eltern heranwuchs?
15 Ein Beispiel für das kontrollierte Streben nach Selbständigkeit finden wir bei dem heranwachsenden Jesus. Über seine Kinderjahre lesen wir in dem Geschichtsbericht in Lukas 2:40: „Und das kleine Kind wuchs heran und erstarkte, wurde mit Weisheit erfüllt, und Gottes Gunst war weiterhin auf ihm.“ Seine Eltern spielten bei seiner Entwicklung zweifellos eine große Rolle, denn obwohl er vollkommen war, erlangte er seine Weisheit nicht automatisch. Sie schufen stets die geistigen Voraussetzungen für seine Schulung, wie es der Bericht weiter zeigt. Mit zwölf Jahren, als die Familie in Jerusalem dem Passahfest beiwohnte, ging Jesus in den Tempel und unterhielt sich dort mit den religiösen Lehrern. Offensichtlich erlaubten seine Eltern ihrem zwölfjährigen Sohn so viel Bewegungsfreiheit. Sie reisten von Jerusalem ab, ohne zu wissen, daß er zurückgeblieben war. Vielleicht nahmen sie an, daß er sich bei Freunden oder Verwandten aufhielt, die ebenfalls heimreisten. Drei Tage später fanden sie ihn im Tempel bei den Ältesten, die er nicht etwa zu belehren suchte, sondern denen er zuhörte und die er befragte. Seine Mutter erklärte ihm, daß sie sich große Sorgen gemacht hätten, und Jesus erwiderte darauf, ohne respektlos zu sein, er habe gedacht, sie wüßten schon, wo sie ihn finden könnten, wenn sie abreisen wollten. Obwohl Jesus eine gewisse Bewegungsfreiheit in Anspruch genommen hatte, heißt es in dem Bericht, daß er „ihnen untertan“ blieb und sich als Jugendlicher an ihre Richtlinien und Einschränkungen hielt. Er „nahm fernerhin zu an Weisheit und Körpergröße und an Gunst bei Gott und den Menschen“ (Lukas 2:41-52).
16. Woran sollten Eltern denken, wenn sie mit einem Jugendlichen Probleme haben?
16 Ähnlich sollten Eltern ihren jugendlichen Söhnen oder Töchtern ein bestimmtes Maß an Freiheit zugestehen, und das um so mehr, je älter sie werden. Sie werden es ihnen immer mehr überlassen, unter ihrer Leitung und Aufsicht persönliche Entscheidungen zu treffen. Wenn Schwierigkeiten auftauchen und die Eltern die Ursachen verstehen, werden sie es vermeiden, aus Kleinigkeiten große Streitfragen zu machen. Oft rebellieren Jugendliche nicht absichtlich gegen ihre Eltern, sondern versuchen lediglich, ein gewisses Maß an Selbständigkeit zu erlangen, wissen aber nicht, wie sie dabei vorgehen sollen. Die Eltern können somit Fehler machen, indem sie zum Beispiel das Falsche zu einer Streitfrage machen. Wenn eine Sache nicht zu schwerwiegend ist, dann laß sie durchgehen. Ist sie aber schwerwiegend, so bleibe fest. Du solltest also weder ‘die Mücke aussieben’ noch ‘das Kamel hinunterschlucken’ (Matthäus 23:24).
17. Welche Faktoren sollten Eltern berücksichtigen, wenn sie heranwachsenden Kindern Einschränkungen auferlegen?
17 Eltern können dazu beitragen, ein gutes Verhältnis zu ihren jugendlichen Söhnen und Töchtern aufrechtzuerhalten, indem sie ausgeglichen sind, wenn sie ihnen Einschränkungen auferlegen. Die „Weisheit von oben“ ist zwar „vor allem keusch“, aber auch „vernünftig“, „voller Barmherzigkeit“ und „nicht heuchlerisch“ (Jakobus 3:17). Die Bibel zeigt, daß einiges völlig verkehrt ist, wie Diebstahl, Hurerei, Götzendienst und ähnliche schwere Vergehen (1. Korinther 6:9, 10). Bei vielen anderen Dingen hängt es oft davon ab, wie weit man geht, ob etwas richtig oder verkehrt ist. Speise ist gut, aber wenn wir zuviel essen, werden wir zu Schlemmern. So verhält es sich auch mit einigen Formen der Freizeitgestaltung, zum Beispiel mit dem Tanzen, mit Gesellschaftsspielen und Parties. Oft geht es nicht so sehr darum, was getan wird, sondern wie und in welcher Gesellschaft es getan wird. Genauso, wie wir nicht das Essen verurteilen würden, wenn wir in Wirklichkeit Schlemmerei meinen, so sollten Eltern nicht einfach etwas rundweg verurteilen, was Jugendliche tun möchten, wenn doch eigentlich nur gegen die extreme Form oder das Ausmaß, in dem einige es tun, oder gegen bestimmte unerwünschte Begleitumstände, die eintreten könnten, etwas einzuwenden ist. (Vergleiche Kolosser 2:23.)
18. Wie können Eltern ihre Kinder vor schlechtem Umgang warnen?
18 Alle Jugendlichen möchten Freunde haben. Nur wenige kann man als „ideal“ bezeichnen, doch frage dich, ob deine eigenen Kinder nicht auch ihre Schwächen haben. Du möchtest ihren Umgang mit gewissen jungen Personen vielleicht einschränken, weil du diese als möglichen schlechten Umgang ansiehst (Sprüche 13:20; 2. Thessalonicher 3:13, 14; 2. Timotheus 2:20, 21). An anderen Jugendlichen magst du einiges entdecken, was dir gefällt, aber auch einiges, was dir nicht gefällt. Statt den Umgang mit jemandem völlig zu verbieten, bloß weil er eine gewisse Schwäche hat, könntest du deinen Kindern erklären, daß du die guten Eigenschaften ihres Freundes schätzt. Du solltest sie aber gleichzeitig auch auf seine Schwäche aufmerksam machen und sie ermuntern, auf diesem Gebiet einen guten Einfluß auszuüben, was zum bleibenden Nutzen ihres Freundes beitragen kann.
19. Wie können Eltern ihren Kindern im Einklang mit dem Grundsatz aus Lukas 12:48 helfen, die richtige Ansicht über Freiheit zu haben?
19 Wenn du deinem jugendlichen Sohn oder deiner Tochter helfen möchtest, die richtige Einstellung zu vermehrter Freiheit zu bekommen, dann könntest du ihm oder ihr zeigen, daß mit größerer Freiheit auch größere Verantwortung verbunden ist. „Von jedem, dem viel gegeben wurde, wird viel verlangt werden“ (Lukas 12:48). Je mehr Verantwortungsbewußtsein die Kinder zeigen, desto größeres Vertrauen können ihnen die Eltern schenken (Galater 5:13; 1. Petrus 2:16).
WIE MAN RAT UND ZURECHTWEISUNG VERMITTELT
20. Was ist außer Gewalt oder Autorität noch erforderlich, um einen Zusammenbruch des Gedankenaustauschs zu verhindern?
20 Wenn dir jemand einen Rat gibt, aber deinen Standpunkt nicht versteht, wirst du den Rat für unrealistisch halten. Wenn er die Gewalt hat, dich zu zwingen, seinen Forderungen zu gehorchen, magst du dies als ungerecht ablehnen. Eltern sollten daran denken, daß ein ‘verständiges Herz nach Erkenntnis forscht’ und daß ‘ein Mann von Erkenntnis Kraft verstärkt’ (Sprüche 15:14; 24:5). Du magst deinen Kindern deine Kraft zeigen können, doch wenn sie durch Erkenntnis und Verständnis verstärkt wird, wird es dir besser gelingen, mit ihnen zu sprechen. Zeigt man beim Zurechtweisen von Jugendlichen kein Verständnis, so kann dies zu einem „Generationskonflikt“ und zu einem Zusammenbruch des Gedankenaustauschs führen.
21. Wie sollten Eltern mit Kindern verfahren, die sich eines schweren Unrechts schuldig gemacht haben?
21 Was wirst du tun, wenn dein Kind in Schwierigkeiten gerät, einen schwerwiegenden Fehler macht oder ein Unrecht begeht, wodurch du völlig überrascht wirst? Du solltest das Unrecht niemals entschuldigen (Jesaja 5:20; Maleachi 2:17). Erkenne jedoch, daß dein Sohn oder deine Tochter jetzt mehr denn je verständnisvolle Hilfe und geschickte Anleitung braucht. Wie Jehova Gott könntest du gewissermaßen sagen: ‘Komm, laß uns die Sache bereinigen; die Situation ist ernst, aber nicht hoffnungslos’ (Jesaja 1:18). Durch Wutausbrüche oder scharfe Verurteilung kann der Gedankenaustausch zerstört werden. Allzu viele Jugendliche, die auf die schiefe Bahn geraten sind, haben später gesagt: „Ich konnte nicht mit meinen Eltern reden — sie wären wild geworden.“ In Epheser 4:26 heißt es: „Wen der Zorn packt, der soll zusehen, daß er sich nicht verfehlt“ (NT 68). Beherrsche deine Gefühle, während du dir anhörst, was dein Sohn oder deine Tochter zu sagen hat. Wenn du so fair bist zuzuhören, wird es ihm oder ihr nachher leichter fallen, deine Zurechtweisung anzunehmen.
22. Weshalb sollten Eltern niemals den Eindruck erwecken, sie hätten ihre Kinder aufgegeben?
22 Vielleicht handelt es sich nicht um einen einzelnen Vorfall, sondern um Schwierigkeiten, die sich über eine längere Zeit erstrecken, oder um ein Verhalten, durch das ein unerwünschter Charakterzug zum Ausdruck kommt. In diesem Fall ist Zucht zwar unerläßlich, doch die Eltern dürfen ihrem Kind niemals den Eindruck vermitteln, daß sie es aufgegeben haben. Deine Langmut wird zeigen, wie groß deine Liebe ist (1. Korinther 13:4). Bekämpfe das Böse nicht mit dem Bösen, sondern besiege es mit dem Guten (Römer 12:21). Wird ein Jugendlicher vor anderen gedemütigt, indem er als „faul“, „rebellisch“ oder als „hoffnungsloser Fall“ bezeichnet wird, kann nur Schaden angerichtet werden. Liebe gibt die Hoffnung nicht auf (1. Korinther 13:7). Ein Jugendlicher mag so weit gehen, daß er straffällig wird und das Haus verläßt. Seine Eltern werden dieses Verhalten zwar in keiner Weise gutheißen, doch sie können den Weg für seine Rückkehr offenhalten. Wie? Indem sie ihm zeigen, daß sie nicht ihn verwerfen, sondern seine Handlungsweise. Sie können ihm sagen, daß er bestimmt gute Eigenschaften hat und daß sie hoffen, daß diese Eigenschaften die Oberhand gewinnen. Ist dies der Fall, so wird er wie der verlorene Sohn in dem Gleichnis Jesu nach Hause zurückkehren können, in der Gewißheit, daß er bei seiner reuevollen Rückkehr nicht mit Härte und Kälte aufgenommen wird (Lukas 15:11-32).
ANERKENNUNG ERFORDERLICH
23. Weshalb ist es wichtig, daß Jugendliche das Gefühl haben, wertvolle Glieder der Familie zu sein?
23 Alle Menschen brauchen Anerkennung. Sie möchten akzeptiert und gebilligt werden und das Gefühl haben dazuzugehören. Um die Anerkennung und Gutheißung anderer zu finden, darf man natürlich nicht zu unabhängig werden. Man muß sich innerhalb der Grenzen der Verhaltensregeln bewegen, die von der Gruppe, zu der man gehört, gutgeheißen werden. Jugendliche haben das Bedürfnis, zur Familie zu gehören. Gib ihnen das Gefühl, daß sie wertvolle Glieder der Familie sind, zu ihrem Wohl beitragen und auch die Möglichkeit haben, an den Plänen und Entscheidungen der Familie einen Anteil zu haben.
24. Wovor sollten sich Eltern hüten, damit nicht ein Kind das andere beneidet?
24 „Laßt uns nicht ichsüchtig werden“, schrieb der Apostel Paulus, „indem wir miteinander wetteifern und einander beneiden“ (Galater 5:26). Wenn die Eltern ihre Kinder für das, was sie gut machen, loben, dann wird ein solcher Geist gar nicht erst aufkommen; vergleichen sie aber einen Jugendlichen mit einem anderen, den sie ihm als Vorbild hinstellen, dann wird Neid oder Ablehnung geweckt. Der Apostel Paulus sagte: „Jeder erprobe sein eigenes Werk, und dann wird er Grund zum Frohlocken im Hinblick auf sich allein und nicht im Vergleich mit einer anderen Person haben“ (Galater 6:4). Ein Jugendlicher möchte um seiner selbst und um seiner Fähigkeiten willen akzeptiert und von seinen Eltern geliebt werden.
25. Wie können Eltern ihren Kindern helfen, ein Wertempfinden zu entwickeln?
25 Eltern können ihrem Sohn oder ihrer Tochter helfen, ein Wertempfinden zu entwickeln, indem sie ihn oder sie dazu erziehen, auf allen Gebieten des Lebens Verantwortung zu übernehmen. Sie haben ihre Kinder von frühester Jugend an erzogen, ehrlich und aufrichtig zu sein und andere richtig zu behandeln; auf dieser früher gelegten Grundlage können sie nun aufbauen, indem sie ihnen zeigen, wie sie diese Eigenschaften in der menschlichen Gesellschaft anwenden können. Dazu gehört auch, daß die Kinder es lernen, wie sie in einem Beruf verantwortungsbewußt und zuverlässig sein können. Jesus, der als ‘Jugendlicher an Weisheit zunahm’, lernte offensichtlich bei seinem Stiefvater Joseph ein Handwerk, denn als er das Alter von 30 Jahren erreicht hatte und sein öffentliches Königreichswerk begann, bezeichneten ihn die Leute als den „Zimmermann“ (Markus 6:3). In den Jugendjahren sollten besonders Jungen lernen, was es bedeutet, zu arbeiten und einen Arbeitgeber oder einen Kunden zufriedenzustellen, selbst wenn es sich nur um einfache Arbeiten handelt, wie zum Beispiel um Besorgungen. Sie sollten wissen, daß sie durch fleißige, ernsthafte und zuverlässige Arbeit Selbstachtung und auch die Achtung und Wertschätzung anderer erlangen; daß sie dadurch nicht nur ihren Eltern und ihrer ganzen Familie Ehre machen, sondern auch „die Lehre unseres Retters, Gottes, in allen Dingen schmücken“ (Titus 2:6-10).
26. Welcher Brauch in alter Zeit ließ erkennen, daß eine Tochter ein wertvolles Glied der Familie war?
26 Töchter können die Kunst der Haushaltsführung lernen und dadurch innerhalb und außerhalb der Familie Anerkennung und Lob finden. Der Wert, den eine Tochter für ihre Familie hat, wurde in biblischen Zeiten durch den Brauch veranschaulicht, daß die Eltern einen Brautpreis forderten, wenn sie ihre Tochter einem Mann zur Ehe gaben. Dies wurde zweifellos als eine Entschädigung für den Verlust der Dienste, die sie ihrer Familie erwies, angesehen (1. Mose 34:11, 12; 2. Mose 22:16).
27. Weshalb sollten Gelegenheiten, eine gute Schulbildung zu erlangen, genutzt werden?
27 Gelegenheiten, eine gute Schulbildung zu erlangen, sollten genutzt werden, damit Kinder ausgerüstet werden, den Anforderungen des Lebens im gegenwärtigen System der Dinge gewachsen zu sein. Auch für junge Leute gilt die Ermahnung des Apostels Paulus: „Laß unsere Leute auch lernen, unaufhörlich vortreffliche Werke zu tun [einer ehrlichen Beschäftigung nachzugehen, New English Bible], um so ihre dringenden Bedürfnisse zu befriedigen, damit sie nicht ohne Frucht seien“ (Titus 3:14).
DER SITTENMASS-STAB DER BIBEL — EIN SCHUTZ
28, 29. (a) Welchen Rat gibt die Bibel in bezug auf Gesellschaft? (b) Wie können Eltern ihren Kindern helfen, diesen Rat zu beachten?
28 Eltern sind natürlich besorgt, wenn ihre Kinder durch irgendwelche Umstände, vielleicht durch die Schule, die sie besuchen, gezwungen sind, mit Jugendlichen Umgang zu pflegen, die verkehrte Dinge tun. Sie mögen sich der Wahrheit der biblischen Aussage bewußt sein: „Schlechte Gesellschaft verdirbt nützliche Gewohnheiten.“ Daher sind sie nicht bereit, das Argument ihres Kindes zu akzeptieren: „Alle dürfen es. Warum darf ich es nicht?“ Wahrscheinlich darf es gar nicht jeder. Doch selbst wenn es so wäre, ist das noch kein Grund dafür, daß dein Kind es darf, wenn es falsch oder unweise ist. „Sei nicht neidisch auf schlechte Menschen [oder Kinder], und bekunde kein Verlangen, dich mit ihnen einzulassen. Denn Ausplünderung ist es, worüber ihr Herz ständig nachsinnt, und Unheil ist das, was ihre eigenen Lippen ständig reden. Durch Weisheit wird eine Hausgemeinschaft aufgebaut, und durch Unterscheidungsvermögen wird sie sich als fest gegründet erweisen“ (Sprüche 24:1-3; 1. Korinther 15:33).
29 Du kannst deine Kinder nicht die ganze Schulzeit und das ganze Leben hindurch am Gängelband führen. Doch dadurch, daß du ‘deine Hausgemeinschaft durch Weisheit aufbaust’, kannst du ihnen einen guten Sittenmaßstab und gute Grundsätze mit auf den Weg geben. „Die Worte der Weisen sind wie Ochsenstacheln“ (Prediger 12:11). Diese Stacheln waren lange, spitze Stäbe. Sie wurden benutzt, um die Tiere anzutreiben, sich in der richtigen Richtung weiterzubewegen. Die weisen Worte Gottes werden uns helfen, auf dem rechten Weg zu bleiben, und wenn wir auf Abwege geraten, wird uns das Gewissen schlagen und uns veranlassen, unseren Kurs zu ändern. Gib deinen Kindern zu ihrem ewigen Wohl diese Weisheit mit auf den Weg. Präge sie ihnen durch dein Wort und durch dein Beispiel ein. Vermittle ihnen echte Werte; sie werden diese Werte dann auch bei denen suchen, die sie als ihre Gefährten wählen (Psalm 119:9, 63).
30. Wie können Eltern ihren Kindern einen göttlichen Sittenmaßstab vermitteln?
30 Denke bei alledem daran, daß sich moralische Werte viel leichter vermitteln lassen, wenn zu Hause gute Grundsätze befolgt werden. Habe selbst die Einstellung, die du bei deinen Kindern wünschst. Achte darauf, daß deine Kinder bei dir zu Hause Verständnis, Liebe, Vergebung und ein sicheres Maß an Freiheit, verbunden mit Gerechtigkeit und Fairneß, finden sowie das Gefühl, anerkannt zu werden. Auf diese Weise kannst du ihnen einen göttlichen Sittenmaßstab vermitteln, den sie auch außerhalb der Familie anwenden. Du kannst ihnen kein besseres Erbe hinterlassen (Sprüche 20:7).