Fragen von Lesern
● Wie viele Passahfeste fielen in die Dienstzeit Jesu?
Das gemeinsame Zeugnis der Evangelien läßt erkennen, daß es vier Passahfeste waren und daß Jesu Dienstzeit daher dreieinhalb Jahre betrug.
Keines der Evangelien spricht ausdrücklich von vier Passahfesten. Matthäus, Markus und Lukas (häufig als synoptische Evangelien bezeichnet) erwähnen sogar kein anderes als das letzte Passahfest, an dem Jesus starb. Man muß daher in diesem wie in anderen Fällen die Einzelheiten aus allen Evangelienberichten miteinander in Verbindung bringen.
In Johannes 2:13 wird ein Passahfest erwähnt, das zu Beginn der Dienstzeit Jesu stattfand. Da Jesus im Herbst 29 u. Z. getauft wurde, muß dieses Passahfest im Frühjahr 30 u. Z. stattgefunden haben. Johannes erwähnt in seinem Evangelium auch noch ein Passahfest, und zwar in Kapitel 6, Vers 4, und ein weiteres, das letzte, dem Jesus vor seinem Tode beiwohnte (Kapitel 13, Vers 1). Doch es gibt gute Gründe, anzunehmen, daß noch eines zwischen die in Johannes 2:13 und in Johannes 6:4 erwähnten Passahfeste fiel. Wieso?
Nach dem Passahfest des Jahres 30 u. Z. predigte Jesus eine Zeitlang in Judäa. Als es noch vier Monate bis zur Ernte waren, zog er nach Norden, nach Galiläa (Joh. 4:35). Johannes macht uns in Kapitel 4 zwar nur mit dem Beginn des langen Dienstes Jesu in Galiläa bekannt, doch in Johannes 5:1 lesen wir: „Nach diesen Dingen fand ein Fest der Juden statt, und Jesus ging nach Jerusalem hinauf.“ Was für ein Fest war das?
Um einen Anhaltspunkt zu haben, können wir beachten, daß alle Evangelien davon berichten, daß Jesus bei Bethsaida 5 000 Personen durch ein Wunder speiste (Matth. 14:13-21; Mark. 6:32-44; Luk. 9:10-17; Joh. 6:1 bis 15). Sowohl die Erwähnung eines bevorstehenden Passahfestes in Johannes 6:4 als auch der Hinweis des Markus, daß das Gras grün gewesen sei, deuten darauf hin, daß dieses Wunder im Frühling geschah. Auch in den Berichten des Matthäus, des Markus und des Lukas wird dieses Wunder in eine spätere Zeit des Dienstes Jesu in Galiläa verlegt, und zwar in die Zeit, als er zum dritten Mal diese Gegend durchzog. In den synoptischen Evangelien werden zu viele Ereignisse berichtet, als daß sie sich in weniger als einem Jahr — der Zeit zwischen dem Beginn des Dienstes in Galiläa und dem in Johannes 6:4 erwähnten Passahfest — hätten zutragen können.
Harold W. Hoehner schreibt in einem Artikel zu dem Thema „Chronologische Gesichtspunkte des Lebens Christi“: „Eine Schwierigkeit in Verbindung mit einem zusätzlichen Jahr zwischen den in Johannes 2:13 und 6:4 erwähnten Passahfesten besteht darin, daß Johannes kein weiteres Passahfest erwähnt. Sie beruht auf dem Stillschweigen ... [Doch es ist bemerkenswert, daß] in Johannes nicht jedes Fest erwähnt wird, wie zum Beispiel das Pfingstfest. Auch die synoptischen Berichte bedingen ein weiteres Jahr zwischen den Passahfesten in 2:13 und 6:4“ (veröffentlicht in Bibliotheca Sacra, Band 131, April — Juni 1974, Seite 147—162).
Handelte es sich jedoch bei dem in Johannes 5:1 erwähnten Fest um ein Passahfest, so blieb genug Zeit für alle Ereignisse. Außerdem bezeichnen es einige Handschriften in Johannes 5:1 als „das Fest“, was wahrscheinlich heißen soll, daß es das Passahfest war. Das Passahfest war außerdem ein Fest, zu dem die Juden nach dem mosaischen Gesetz nach Jerusalem gehen mußten, was Jesus gemäß Johannes 5:1 tat.
Das deutet also darauf hin, daß in die Dienstzeit Jesu nicht drei, sondern vier Passahfeste fielen. Bezüglich der verschiedenen Theorien über die Länge des Dienstes Jesu fügt Harold W. Hoehner noch hinzu: „Die dreijährige Dienstzeit Jesu vom ersten Passahfest bis zum Passahfest seines Leidens ist am wahrscheinlichsten. Da die Taufe und der Beginn des öffentlichen Dienstes Jesu dem ersten Passahfest vorausgingen, dauerte sein Dienst natürlich insgesamt etwa dreieinhalb Jahre.“ Und das ist genau die Zeit, die in der Prophezeiung Daniels über die „siebzig [Jahr]Wochen“ erwähnt wird (Dan. 9:24-27).
Über die letzte ‘Jahrwoche’ schrieb Daniel: „Er [der ‘Messias, der Führer’] soll den Bund für die vielen [beschnittenen Juden und Proselyten] eine Woche [von sieben Jahren] lang in Kraft halten; und zur Hälfte der Woche [nach dreieinhalb Jahren] wird er [durch seinen Tod, durch den das mosaische Gesetz erfüllt wurde] Schlachtopfer und Opfergabe aufhören lassen“ (Dan. 9:27). Demnach wurde Jesus im Jahre 29 u. Z. getauft und mit Gottes Geist als Messias gesalbt. Er starb im Frühjahr 33 u. Z. nach einer Dienstzeit von dreieinhalb Jahren.